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Information

Aktenzeichen
3 K 1317/12
Datum
21. April 2016
Gericht
Verwaltungsgericht Dresden
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Sachsen-Anhalt (UIG LSA)
Umweltinformationsgesetz Sachsen-Anhalt (UIG LSA)

Urteil: Verwaltungsgericht Dresden am 21. April 2016

3 K 1317/12

Gutachten und Dokumentationen, die ein Tagebaubetreiber zwecks Genehmigung von artenschutzrechtlichen Ausnahmen in Auftrag gegeben und seinem Antrag zugrunde gelegt hatte, können nicht, wie von der Genehmigungsbehörde erfolgt, aus Urheberrechtsgründen geheimgehalten werden. Die Weitergabe der Unterlagen ist trotz teilweiser Verletzung des Urheberrechts zulässig, da das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Information das private Nichtveröffentlichungsinteresse (Erstveröffentlichung) überwiegt. Lediglich Ortsangaben aus der Artenschutzdokumentation können geschwärzt werden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Interessenabwägung Urheberrecht

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beglaubigte Abschrift Az.: 3 K 1317/12 VERWALTUNGSGERICHT DRESDEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In der Verwaltungsrechtssache des Umweltgruppe C.       e.V. vertreten durch den Vorstand - Kläger - prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte gegen den Landkreis Görlitz vertreten durch den Landrat - Beklagter - prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt beigeladen: V.       E.   M.    AG vertreten durch den Vorstand wegen Umweltinformationen
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2 hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Bendner, die Richterin am Verwaltungsgericht Auf der Straße und die Richterin Björndal-Pedersen sowie die ehrenamtlichen Richter K.          und K. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2016 für Recht erkannt: Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger folgende Unterlagen in Kopie zu übermit- teln: - Artenschutzfachbeitrag 12/2011 - Artenschutzfachbeitrag 11/2009 - Abnahmeprotokolle zu den artenschutzrechtlichen Maßnahmen gemäß der Bescheide des Beklagten vom 17.12.2009 und vom 29.3.2012 - Artenschutzdokumentation 9/2011 - Artenschutzdokumentation 10/2013 In den Unterlagen enthaltene Ortsangaben und Koordinaten können unkenntlich ge- macht werden. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Beigeladene trägt ihre außerge- richtlichen Kosten selbst. Tatbestand Der Kläger, ein eingetragener Verein, begehrt vom Beklagten die Übermittlung von Umwel- tinformationen im Zusammenhang mit dem von der Beigeladenen betriebenen Tagebau N.     . Mit Schreiben vom 5.6.2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers namens und in Auftrag der Umweltgruppe C.          den Beklagten unter Berufung auf § 4 SächsUIG um Her- ausgabe von Informationen über den Zustand der Umwelt, insbesondere der Natur, im Ab- baubereich des Tagebaus N.          2006. Mit Schreiben vom 13.7.2012 übermittelte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zwei Genehmigungsbescheide in Kopie. Der Bescheid des Beklagten vom 17.12.2009 beinhaltet eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Beigelade-
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3 ne gemäß § 43 Abs. 8 Nr. 5 BNatSchG von artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG im Rahmen der Umsetzung des Hauptbetriebsplanes für den Tagebau N.     2010/2011. Dem Bescheid liegt der im Auftrag der Beigeladenen erstellte Fachbeitrag Artenschutz vom November 2009 zugrunde. Der Bescheid des Beklagten vom 29.3.2012 beinhaltet eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Beigeladene gemäß § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG von artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG im Rahmen der Umsetzung des Hauptbetriebsplanes für den Tagebau N.     2012/2013. Dem Bescheid liegt der im Auftrag der Beigeladenen erstellte Fachbeitrag Artenschutz vom Dezember 2011 zugrunde. Mit Schreiben vom 26.7.2012 konkretisierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Informationsgesuch und bat um die Übermittlung folgender im Zusammenhang mit den Be- scheiden stehenden Unterlagen: -   (1) Dokumentation zu den im Konzept Nr. 5.5 aufgeführten und weiter beauflagten Maßnahmen (Nebenbestimmung a) zum Bescheid vom 17.12.2009 -   (2) Dokumentation zu durchgeführten Beratungen und Ortsbegehungen betreffend Durchführung oder Abnahme der Artenschutzmaßnahmen (Nebenbestimmung b) zum Bescheid vom 17.12.2009 -   (3) Dokumentation der gutachterlichen Kontrolle einer Nutzung von Fledermauskäs- ten (Nebenbestimmungen d), e), g), k) zum Bescheid vom 17.12.2009 -   (4) Vorliegende Brutvogelkartierung (S. 4 des Bescheides vom 17.12.2009) -   (5) Maßnahmekonzept (in R.5.5) zum Bescheid vom 29.3.2012 (vgl. dort Ziff. 2.a) -   (6) Dokumentationen und Erfolgskontrollen zu vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) gemäß Ziffer 2.c) zum Bescheid vom 29.3.2012 -   (7) Artenschutz-Fachbeitrag (vgl. S. 3 des Bescheides vom 29.3.2012) -   (8) Unterlagen betreffend Vorkommen von Arten des Anhangs II oder des Anhangs IV sowie Lebensräumen nach Anhang I der FFH-Richtlinie im Bereich des Abbaufel- des des Tagebaus N.      . Am 10.8.2012 teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers per Mail mit, dass nach Rücksprache mit dem Justiziariat des Landkreises die Gutachten aus Daten- schutz- und Urheberrechtsgründen nicht herausgegeben werden könnten, da die Beigelade- ne als deren Eigentümerin ihre Zustimmung verweigere.
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4 Dem widersprach der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 16.8.2012. Versagungsgründe lägen nach seiner Auffassung nicht vor, er bitte um eine auf die einzel- nen Unterlagen bezogene konkrete Darlegung der Versagungsgründe. Mit Schreiben vom 25.9.2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass die in ihrem Auftrag erarbeiteten Artenschutzfachbeiträge individuelle Ausarbeitungen zu Genehmi- gungsverfahren mit eigenen geistigen Leistungen und damit urheberrechtsfähig seien. Einer Weitergabe der Unterlagen werde nicht zugestimmt. Bei dringendem Bedarf sei man aber bereit, gemeinsam mit den Fachbearbeitern die Herangehensweise und die Ergebnisse vor- zustellen. Dieses Schreiben leitete der Beklagte am 2.10.2012 an den Prozessbevollmäch- tigten des Klägers weiter. Der Kläger hat am 8.10.2012 Klage erhoben. Zunächst führt sein Prozessbevollmächtigter aus, dass die Klage nach § 75 VwGO zulässig sei. Eine formell ordnungsgemäße Bescheidung seines Widerspruchs vom 16.8.2012 habe er nicht abwarten müssen. Nach Übersendung des Schreibens der Beigeladenen vom 25.9.2012 durch den Beklagten sei der Erlass einer anderen Entscheidung des Beklagten ausgeschlossen gewesen. Die Klage sei auch begründet. Die vom Beklagten angeführten Ablehnungsgründe würden nicht greifen. Ein Ablehnungsgrund nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SächsUIG liege nicht vor, weil es sich bei den geforderten Unterlagen nicht um personenbezogene Daten handele. Die Ablehnung könne auch nicht auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 SächUIG gestützt werden, weil es sich bei den Unterlagen primär um den Nachweis der Kontrolle der Einhaltung bzw. Ausführung der in den Genehmigungsbescheiden ausgeführten Nebenbestimmungen handele, die aus- schließlich den Naturschutz tangieren würden. In diesem Zusammenhang sei die Verbindung zu persönlich geistigen Schöpfungen, die das Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 UrhG schütze, absolut unwahrscheinlich. Zudem seien Antragsunterlagen zu Genehmigungsverfahren, be- hördliche Prüfungsvermerke und Verfahrensschriftsätze von vornherein nicht urheberrecht- lich in dem Sinne geschützt, dass ein auf deren Herausgabe gerichtetes Informationsgesuch unter Berufung auf § 6 SächsUIG bzw. § 9 UIG zurückgewiesen werden könne. Insgesamt
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5 handele es sich bei den Informationen um eine objektive fachbehördliche Sachgrundlage, deren Herausgabe nichts im Wege stehe. Mit den begehrten Unterlagen werde auch kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 SächsUIG zugänglich gemacht. Der Kläger habe daher Anspruch auf Über- sendung der Unterlagen in Kopie. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hält die Klage bereits für unzulässig. Der Antrag vom 5.6.2012 sei im Auftrag der Umweltgruppe C.         gestellt worden. Anspruchsberechtigt nach § 4 SächsUIG könne aber nur eine Person sein. Schon daher habe außergerichtlich kein Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen bestanden. Es fehle auch an der Durch- führung eines Vorverfahrens. Bei dem Schreiben des Klägers vom 16.8.2012 handele es sich nicht um ein Widerspruchsschreiben, sondern es werde nur eine konkrete Darlegung der Ablehnungsgründe verlangt. Das Vorverfahren sei auch nicht entbehrlich, sondern ge- mäß § 8 Abs. 1 SächsUIG vorgeschrieben. Die Dreimonatsfrist des § 75 VwGO sei nie in Lauf gesetzt worden. Die Klage sei auch unbegründet. Aus dem Inhalt der Fachbeiträge ergebe sich, dass diese auf einem aufwendigen und umfangreichen methodischen Vorgehen beruhen würden. So- wohl die Vorprüfung als auch die Konfliktanalyse seien in wissenschaftlich fundierter Weise erstellt worden, welche sich konkret auf die gegebenen Verhältnisse und den gegebenen Sachverhalt beziehen würden. Die vom Kläger begehrten einzelnen Informationen würden im Ergebnis alle mit den erstellten Fachbeiträgen zusammenhängen, so dass der beantragte Informationsbezug insgesamt abzulehnen sei. Mit Schriftsatz vom 18.4.2016 führt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nunmehr aus, dass die Artenschutzdokumentation genaue Ortsangaben und genaue Koordinaten bezüg- lich der durchgeführten Maßnahmen enthalte. Auch in den Maßnahmekonzepten (Nr. 5.5) und in den Abrechnungen artenschutzrechtlicher Maßnahmen seien zum Teil Ortsangaben enthalten, mit denen ein Ortskundiger die Orte der jeweiligen Maßnahme feststellen könne. Bei den Abrechnungen artenschutzrechtlicher Maßnahmen handele sich um ein Protokoll über die Vorstellung der durchgeführten Maßnahmen durch die Beigeladene. Insofern han- dele es sich um eine Dokumentation im Sinne von Nr. 2 und zum Teil von Nr. 6 des Antra- ges.
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6 In der Vergangenheit sei es leider immer wieder zu Beschädigungen, Störungen und Dieb- stählen hinsichtlich der durchgeführten Maßnahmen gekommen. Deshalb bestehe ein star- kes öffentliches Interesse daran, dass die Ortsangaben und die Koordinaten der durchge- führten Maßnahmen nicht übermittelt würden. Bei der Bekanntgabe an einen größeren Per- sonenkreis könnten die Beeinträchtigungen der durchgeführten Maßnahmen zunehmen. Zudem lägen dem Beklagten noch nicht alle Unterlagen vor. Dies betreffe die unter Nr. 3 des Antrags genannten Unterlagen sowie die Dokumentation und Erfolgskontrolle zu den CEF- Maßnahmen (Nr. 6). Ebenso lägen keine Unterlagen betreffend Vorkommen der Arten des Anhangs II sowie von Lebensräumen nach Anhang I der FFH-Richtlinie vor. Diese würden auch in Zukunft nicht vorliegen, da sie für die vorliegenden Ausnahmegenehmigungen nicht relevant seien. Von dem unter Nr. 8 genannten Unterlagen lägen dem Beklagten lediglich Unterlagen zum Anhang IV der FFH-Richtlinie vor, als Teil der beiden Artenschutzfachbei- träge. Auch die unter Nr. 1 und Nr. 5 geforderten Maßnahmekonzepte zu den Genehmigun- gen seien Bestandteile dieser Fachbeiträge. Die Brutvogelkartierung (Nr. 4) sei ebenfalls Teil des Fachbeitrags Artenschutz vom Novem- ber 2009 (dortige Anlage 2). Die mit Beschluss vom 7.3.2013 zum Verfahren beigeladene V.           E.   M.     AG hält die Klage ebenfalls für unzulässig. Es fehle an der Durchführung eines Vorverfahrens. Der Kläger habe schon nicht in der ge- mäß § 70 VwGO erforderlichen Schriftform Widerspruch eingelegt. Ein Widerspruchsverfah- ren sei auch nicht entbehrlich gewesen. Insbesondere hätte die Durchführung eines Wider- spruchsverfahrens dazu geführt, dass von der Unteren Naturschutzbehörde die Gründe für eine Ablehnung näher darzulegen gewesen wären und nähere Überlegungen zum Urheber- recht anzustellen gewesen wären. Auch hätte bei einer Verletzung des Urheberrechts eine Interessenabwägung mit den Bekanntgabeinteressen stattfinden können. Indem ohne Durch- führung des Widerspruchsverfahrens Klage erhoben worden sei, sei die inhaltliche Beschäf- tigung mit dem Vorgang unzulässiger Weise vorschnell auf die Ebene eines Gerichtsverfah- rens gehoben worden. Die Klage sei aber auch unbegründet. Bei den in ihrem Auftrag erarbeiteten und vom Kläger verlangten Unterlagen handele es sich um individuelle Ausarbeitungen mit eigenen geistigen Leistungen, die dem Urheberrechtsschutz unterliegen würden. Bezüglich dieser Unterlagen
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7 bestehe durchaus eine Verbindung zu persönlich geistigen Schöpfungen, die das Urheber- recht schütze. Geschützt seien zu Antragsunterlagen gehörende Gutachten und sonstige Ausarbeitungen, die eine überdurchschnittliche, individuelle Eigenart als Ergebnis einer ei- genen geistigen Leistung beinhalten würden. Die hier im Auftrag der Beigeladenen erarbeite- ten Dokumentationen und Fachbeiträge seien zum Teil 100-seitige Ausarbeitungen, die auf- wendig unter wissenschaftlicher Methodik und Herangehensweise erstellt worden seien und zu individuellen wissenschaftlich fundierten und auf einen konkreten Sachverhalt bezogenen Ergebnissen führen würden. Beispielhaft werde dies durch die Inhaltsverzeichnisse des Fachbeitrags Artenschutz und der Dokumentation Fledermauserfassung veranschaulicht. Mit Schriftsatz vom 14.4.2016 hat die Beigeladene weiter vorgetragen, dass der Kläger die Kommentierung von Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer unvollständig zitiere, soweit er vor- trage, dass Antragsunterlagen zu Genehmigungsverfahren, behördliche Prüfvermerke und Verfahrensschriftsätze von vornherein nicht urheberrechtlich geschützt seien. Zum Verhältnis auf freien Zugang zu Umweltinformationen zum Urheberrecht sei auch auf das Gutachten von Prof. Dr. Wegener vom Mai 2010 zu verweisen (Wegener: Zum Verhält- nis des Rechts auf freien Zugang zu Umweltinformationen zum Urheberrecht, Gutachten für das BMU, 2010, http:///www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/appli- cation/pdf/gutachten_urheberrecht_bf.pdf, Rn. 43; im Folgenden: Gutachten Wegener). Danach könnten sich Beschränkungen des Informationszugangs zu geschützten Werken auch aus dem urheberrechtlichen Erstveröffentlichungsrecht, aber auch aus urheberechtlich gewährleisteten Verwertungsrechten ergeben. Solange eine Information als solche noch nicht veröffentlicht worden sei, könne sie dem Erstveröffentlichungsrecht des Urhebers un- terfallen und als solche von der Behörde zu schützen sein. Das Erstveröffentlichungsrecht erlösche auch nicht durch die Übergabe des Werkes an eine Behörde, da in dieser Überga- be keine Veröffentlichung liege. Schutzgegenstand des Urheberrechts seien nur Werke im Sinne von § 2 UrhG. Allerdings würden an die sog. Gestaltungshöhe keine besonderen Anforderungen gestellt und seien auch solche Werke urheberechtsfähig, die am unteren Rand der Gestaltungshöhe anzusie- deln seien. Bei den begehrten Unterlagen handele es sich weder um reine Auflistungen be- reits vorhandener Daten noch um standardisierte Unterlagen. Vielmehr seien die Unterlagen jeweils das Ergebnis einer individuellen geistigen Leistung, teilweise im hohen Maße (Unter-
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8 lagen Nr. 4, 5, 7 und 8), teilweise jedenfalls am unteren Rand der sog. Gestaltungshöhe (Un- terlagen Nr. 1, 2 und 6). Damit sei ihr Erstveröffentlichungsrecht zu schützen. Hinsichtlich der Unterlagen, die Verortungen von durchgeführten Maßnahmen beinhalten würden, sei zusätzlich auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 SächsUIG hinzuweisen. Ausweislich bisheriger Erfahrungen bestehe die zunehmende Gefahr der Störung der Schutzgüter, sei es durch die Geräuschkulisse oder gar das Drauftreten beim bloßen gutwilligen Nachsehen wollen, sei es durch böswillige Beschädigung, wie das Abmontieren von Nistkästen zur Verwendung zu eigenen Zwecken. Dies betreffe die Unterlagen Nr. 1, 2 und 6. Die Unterlagen Nr. 3 und Nr. 8 (bzgl. der Anhang I-Lebensraumtypen und Anhang II-Arten) seien dem Beklagten noch gar nicht übergeben worden. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die Beigeladene dem Kläger bereits im Jahr 2012 angeboten habe, bestimmte Unterlagen vorzustellen (Stichwort Erstveröffentlichungs- recht). Damit solle vermieden werden, dass einzelne Fakten öffentlichkeitswirksam aus dem Zusammenhang gerissen und möglicherweise falsch interpretiert würden. Dieses Angebot habe der Kläger bis heute nicht angenommen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat auf den weiteren Vortrag im Wesentlichen erwi- dert, dass nicht ansatzweise substantiiert sei, weshalb sich der Beklagte nunmehr auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit berufe. Die konkrete Gefahr müsse gerade durch die Bekanntgabe an den Antragsteller bestehen. Dies sei absurd, da sich der Kläger zugunsten des Schutzes und der Pflege der Natur engagiere. Im Übrigen könnten die Koordinaten in den Unterlagen geschwärzt werden. Soweit der Beklagte nunmehr vortrage, über bestimmte Unterlagen nicht zu verfügen, sei dies nicht glaubhaft. Dies hätte ihm schon bei Prüfung des Antrags auffallen müssen. Zudem benötige der Beklagte diese Unterlagen zur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter des Beklagten weiter erklärt, dass im Rahmen der beantragten Dokumentation der gutachterlichen Kontrolle der Nutzung von Fle- dermauskästen (Nr. 3 des Antrags) eine Vorort-Kontrolle durch den Beklagten stattgefunden habe. Das Abnahmeprotokoll liege ihm vor. Die weitere gutachterliche Stellungnahme liege ihm nicht vor; diese sei ihm von der Beigeladenen im Rahmen einer Veranstaltung präsen- tiert und mündlich erläutert worden. Gleiches gelte hinsichtlich der Dokumentationen und
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9 Erfolgskontrollen zu vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen zum Bescheid vom 29.12.2012 (Nr. 6 des Antrags). Zum Antrag Nr. 8 wird weiter vorgetragen, dass dem Beklagten keine Dokumentationen bzw. Erfassungen zum Vorkommen von Arten des Anhangs II sowie zum Vorkommen von Le- bensräumen nach Anhang I der FFH-Richtlinie vorlägen. Die Dokumentationen und Erfas- sungen zu Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie seien Teil der Artenschutzfachbeiträge 2009 und 2011. Der Kläger beantragt zuletzt, den Beklagten zu verpflichten, ihm die folgenden Informationen im Original gegen Rückgabe, in Kopie oder digital zu übermitteln: 1. Artenschutzfachbeitrag 12/2011 2. Artenschutzfachbeitrag 11/2009, hilfsweise Anlage 2 zum Artenschutz- fachbeitrag 11/2009 (Brutvogelkartierung) 3. Abnahmeprotokolle zu den artenschutzrechtlichen Maßnahmen gemäß der Bescheide des Beklagten vom 17.12.2009 und vom 29.3.2012 4. Artenschutzdokumentation 9/2011 5. Artenschutzdokumentation 10/2013. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Die Kammer hat sich zur Beurteilung möglicher urheberrechtlicher Schutzrechte der Beige- ladenen vom Beklagten die Fachbeiträge Artenschutz vom November 2009 und vom De- zember 2011 sowie die Artenschutzdokumentation vom September 2011 zur eigenen Ein- sichtnahme vorlegen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
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10 Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verpflichtungsklage ist nach § 75 Satz 1 VwGO zulässig. Ist danach über einen Wider- spruch oder einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig. Die Klage kann dabei grundsätzlich nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 75 Satz 2 VwGO). Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei der Mail des Beklagten vom 10.8.2012 um einen rechtbehelfsfähigen Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG, § 69 VwGO) handelt. Jedenfalls ist dem Schreiben des Klägers vom 16.8.2012 eindeutig zu entnehmen, dass er mit der Entschei- dung des Beklagten vom 10.8.2012, der begehrten Übermittlung von Umweltinformationen nicht nachzukommen, nicht einverstanden ist, und dass er an seinem Begehren festhält. In dem Schreiben setzt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Einzelnen mit den Ar- gumenten des Beklagten auseinander und bittet um eine positive Rückmeldung. Dies lässt hinreichend erkennen, dass er eine Nachprüfung und Änderung der Entscheidung begehrt. Im Übrigen erweisen sich die vom Beklagten an ein Widerspruchsschreiben gestellten An- forderungen vorliegend insbesondere auch deshalb als überzogen, weil er selbst den Antrag des Klägers lediglich per Mail abgelehnt hat, ohne einen entsprechenden förmlichen Be- scheid mit Rechtsbehelfsbelehrung zu erlassen (vgl. §§ 8, 9 SächsUIG). Soweit der Kläger bereits am 8.10.2012 und damit vor Ablauf der dreimonatigen Frist nach § 75 Satz 2 VwGO Klage erhoben hat, kommt es hierauf nicht mehr an. Denn die Frist ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung verstrichen. Ein zureichender Grund, dass der Beklagte über den Widerspruch des Klägers nicht entschieden hat, ist weder vorge- tragen, noch sonst ersichtlich. Im Übrigen hätte es ihm auch noch während der Anhängigkeit des Klageverfahrens freigestanden, den Widerspruch zu bescheiden und seine Ablehnung näher zu begründen.
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