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Aktenzeichen
6 K 687/15
Datum
4. September 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Wiesbaden
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Wiesbaden am 4. September 2015

6 K 687/15

Das Verwaltungsgericht verpflichtet das Bundeskriminalamt, den beantragten Zugang zu einem Vertrag über die Beschaffung des "Bundestrojaners" (Quellen-Telekommunikationsüberwachung) in Bezug auf bestimmte Inhalte ohne Schwärzungen zu gewähren. Für die Zeit nach Abschluss des Vergabeverfahrens - das Gericht zweifelt allerdings an, dass ein solches überhaupt vorlag - werden die Rechte der privaten Vertragspartner nur durch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus dem Informationsfreiheitsgesetz berücksichtigt. Insbesondere können Angaben aber nur dann Geschäftsgeheimnisse sein, die wenigstens im Ansatz kalkulatorisch, preisgestalterisch und damit in sich schutzwürdig sind. Dies ist nur teilweise der Fall. In einigen Punkten besteht zudem kein Zugangsrecht, weil das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf Sicherheitsbelange haben kann. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Aussonderungen Interessenabwägung Konkurrierende Rechtsvorschriften Sicherheitsaspekte Prozessuales Ablehnungsbegründung Gefährdung des Erfolgs behördlicher Maßnahmen

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6 K 687/15.WI                                    Verkündet am: 04.09.2015 Schilling als Urkundsbeamtin d. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Wiesbaden VERWALTUNGSGERICHT WIESBADEN URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren …….. - Kläger - bevollmächtigt: …….. gegen Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskriminalamt Wiesbaden, ……. - Beklagte -
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-2- beigeladen: Firma …… bevollmächtigt: Rechtsanwälte ……. wegen Datenschutzrecht (Informationsfreiheitsgesetz) hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden durch Vorsitzenden Richter am VG Schild Richterin am VG Dr. Diehl Richterin Alms ehrenamtliche Richterin Gaedeke ehrenamtlichen Richter Große aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2015 für Recht erkannt: Der Bescheid des Bundeskriminalamtes vom 13.01.2015 und der Wider- spruchsbescheid vom 28.04.2015 werden insoweit aufgehoben, als das Bun- deskriminalamt verpflichtet wird, den Vertrag über die Erstellung eines Ge- samtsystems ohne die Schwärzungen der Nrn. 1, 3, 5, 15, 17, 20, 21, 24, 25, 28, 31, 34, 35, 39, 40, 41, 42, 45, bei Nrn. 46 bis 48 nur der Anlagennummern und bei Nr. 13 mit Ausnahme der Angaben zum Inhalt der Schulung und Preisangaben und bei Nr. 14 mit Ausnahme der Ankreuzmöglichkeiten, zur Verfügung zu stellen, wie sie in der Auflistung des Bundeskriminalamtes vom 07.08.2015 (Bl. 189 – 229 GA) in dem dortigen Vertrag gekennzeichnet sind.
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-3- Die Kosten des Verfahrens haben Kläger und Beklagte zu je ½ zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten trägt die Beigeladene selbst. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kos- tenschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hin- terlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der jewei- lige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leis- tet. Tatbestand Der Kläger begehrt vollständige ungeschwärzte Auskunft über den durch das Be- schaffungsamt des Bundesministeriums des Inneren mit der Firma A geschlossenen Vertrages den „Bundestrojaner“ - die Quellen-TKÜ - betreffend. Mit E-Mail vom 19.11.2014 bat der Kläger das Bundeskriminalamt um Übersendung des Vertrages mit der Firma A zur Quellen-TKÜ nach dem Informationsfreiheitsge- setz (IFG), dem Verbraucherinformationsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz. Mit Bescheid vom 18.01.2015 wurde der Vertrag dem Kläger zur Verfügung gestellt, jedoch wesentliche Teile geschwärzt. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch auf Informationszugang gemäß § 3 Nr. 1c i.V.m. § 3 Nr. 2 IFG dann nicht bestehe, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die innere Sicherheit habe bzw. die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Die Einsichtnahme in den vollständigen Vertrag würde den Erfolg der auf der Quellen- TKÜ basierenden polizeilichen Maßnahmen gefährden, weil Rückschlüsse auf das verwendete Gesamtsystem, dessen Hardware, eventuelle Schwachstellen sowie po- lizeiliche Methoden/Einsatztechniken möglich wären. Dies führe zu einer einge- schränkten Wirksamkeit polizeilicher gefahrenabwehrender sowie strafverfolgender
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-4- Maßnahmen der Quellen-TKÜ. Darüber hinaus bestehe ein Anspruch auf Informati- onszugang gemäß § 3 Nr. 4 IFG nicht, wenn die begehrte Information einer Geheim- haltungspflicht unterliege. Vorliegend sei der Vertrag mit der Firma A als Verschluss- sache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ gekennzeichnet. Die formelle Einstufung des Vertrages der Firma A als VS – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH gebiete vorliegend nicht schon per se die Versagung der begehrten Information. Vielmehr sei auf materieller Ebene eine Geheimhaltung nur dort angezeigt, wo tatsächlich den vorgenannten Verschlusssachengrad rechtfer- tigende Ausführungen im Vertrag enthalten seien. Schließlich bestehe gemäß § 6 IFG ein Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit der Schutz geistigen Eigen- tums entgegenstehe. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen dürfe nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt habe. Mit Ausnahme weniger Ver- tragsinhalte habe die Firma A zum damaligen Zeitpunkt ihr Einverständnis zur Teil- auskunft durch Schwärzung gegeben. Insoweit bestehe auch kein Grund für eine weitere Informationsversagung aus Gründen des § 6 IFG. Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 10.02.2015 Wi- derspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass nach Schwärzung des Vertrages nicht viel mehr übrig bleibe, als das Formular eines EVB-IT- Standardsystemvertrages. Es sei offensichtlich, dass dies den Anspruch des Klägers auf Informationszugang nicht erfülle. Diverseste Schwärzungen - welche im Einzel- nen benannt worden sind - erfüllten nicht den Ausschlusstatbestand der von dem Bundeskriminalamt angegeben sei. So sei nicht ersichtlich, wie die Hardwarevorga- ben des Bundeskriminalamtes geheim sein sollten. Aus der Kenntnis der Hardware- vorgaben lasse sich für niemanden irgendetwas ableiten, was den Einsatz der Quel- len-TKÜ gefährden könnte. Gleiches gelte für die Anpassung der Standardsoftware, da diese bereits nicht bekannt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine weitere Freigabe von Schwärzungen nicht erfolgen könne. So werde die öffentliche Sicherheit gefährdet. Sie umfasse die Unversehrtheit der Rechtsprechung und der grundlegenden Einrich- tungen und Veranstaltungen des Staates sowie die Individualrechtsgüter der Bürger wie Gesellschaft, Freiheit, Eigentum und sonstige Rechtsgüter. Diesem Schutz der
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-5- Unversehrtheit der Rechtsordnung unterfielen sachlogisch auch die präventiven und repressiven Vorkehrungen der Behörden. So seien insbesondere auch sensible ver- waltungsinterne Abläufe und Strukturen vor einem Bekanntwerden zu schützen. Der Vertrag enthalte ausdrückliche Informationen zur Hard- und Software des beim Bun- deskriminalamt eingerichteten Gesamtsystems. Folglich würde eine Veröffentlichung die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden beeinträchtigen, wodurch eine wirk- same Kriminalitätsverhütung mittels der Quellen-TKÜ und damit die innere bzw. öf- fentliche Sicherheit insgesamt beeinträchtigt wären. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen insoweit voll inhaltlich auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides (Bl. 63 – 71 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Juni 2015, eingegangen beim Verwal- tungsgericht Wiesbaden per Digi-Fax am selben Tage, hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger macht geltend, dass der Beklagte nicht eindeutig und nachvollziehbar das Vorliegen von Ausschlussgründen dargelegt habe, so dass diese geprüft werden könnten. Es werde lediglich im Widerspruchsbescheid ausgeführt „Aus dem Vertrag sind einzelne Entwicklungsschritte und detaillierte Leistungsmerkmale ersichtlich. Insbesondere enthält er kaufmännische Kalkulationen in Verbindung mit konkreten Leistungen oder Nichtleistungen. Diese konkreten, im Vertrag manifestierten Wil- lensübereinkünfte sind eigens im Hinblick auf die Materie der vertraglichen Vereinba- rungen grundsätzlich von einem berechtigten Interesse an der Geheimhaltung des Betroffenen gedeckt.“ Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse lägen jedoch ebenso wenig vor wie eine Ge- fährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 3 Nr. 2 IFG. Es sei nicht ersichtlich, wie das Bekanntwerden des Vertrages zwischen dem Beschaffungsamt des Bundesin- nenministeriums und der Firma A zu einer konkreten Gefahr für die öffentliche Si- cherheit führen könne. Die vom Bundeskriminalamt gegebene Begründung entziehe sich einer Überprüfung, weil sie nicht ausreichend konkret, sondern lediglich pau- schal und floskelhaft sei. So meine das Bundeskriminalamt „Bei Bekanntwerden des ungeschwärzten Vertrages würden empfindliche Ausstattungs- und Einsatzkonzepte des Bundeskriminalamtes veröffentlicht“. Dies sei fernliegend. Der Vertrag dürfte kei- ne Ausstattungs- und Einsatzkomponenten enthalten. Was die Schwärzungen im
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-6- Einzelnen anbelange, so verweise man zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Widerspruchsschreiben vom 10.02.2015. Der Kläger beantragt, 1. den Bescheid des Bundeskriminalamtes vom 13. Januar 2015 und den Wi- derspruchsbescheid vom 28. April 2015 aufzuheben, soweit der Antrag des Klägers auf Informationszugang zurückgewiesen wurde, ferner, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Vertrag zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Firma A in ungeschwärzter Form zur Verfügung zu stellen; 2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Das beklagte Bundeskriminalamt beantragt, die Klage abzuweisen. Es verweigerte die Aktenvorlage, weil diese eine Vorwegnahme der Hauptsache be- deute. Insoweit wurde lediglich eine Inhaltsangabe bekannt gegeben. Ferner wurde mitgeteilt, dass bereits einmal von einem anderen Vertreter des Internetportals „Netzpolitik.org“ Auskunft begehrt worden sei und unter Beteiligung der Firma A und Einbindung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in gleicher Weise, wie vorliegend, der Auskunftsantrag bestandskräftig beschieden worden sei. Seitdem habe sich an der Sach- und Rechtslage nichts geändert. Ein weiterer Anspruch auf Informationszugang bestehe nicht. Die Veröffentlichung der ungeschwärzten vertraglichen Vereinbarungen würde aufgrund der verminderten (bzw. nicht mehr vorhandenen) Einsatzfähigkeit der Quellen-TKÜ zu einer erhebli- chen Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit führen. Bei der Quellen-TKÜ han- dele es sich um eine verdeckte polizeiliche Einsatzmaßnahme, deren technische Funktionsweise aus einsatztaktischen und polizeilichen Gründen nicht offen gelegt werden dürfe.
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-7- Mit Beschluss vom 08.07.2015 wurde die Firma A dem Verfahren beigeladen. Unmittelbar vor dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung meldete sich der Vertreter der Beigeladenen. Er macht zunächst geltend, dass ein Rechtschutzin- teresse fehle. Denn vorliegend werde von der gleichen Institution das Rechtsschutz- ziel verfolgt. Die wiederholende Stellung gleichförmiger Anträge, die auf das gleiche Interesse gerichtet seien, verstoße gegen das Schikaneverbot. Die Klage sei auch unbegründet. Die Vertraulichkeit ergebe sich aus den allgemei- nen Grundsätzen des Vergaberechts. Danach hätten die Nachprüfungsinstanzen stets eine am konkreten Einzelfall orientierte Abwägung zwischen dem Recht auf wirksamen Rechtsschutz und dem Recht von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorzunehmen. Dabei sei insbesondere das Hauptziel des Kartellvergaberechts, die Herstellung und Wahrung eines fairen gemeinschaftsweiten Wettbewerbs zu beach- ten. Darüber ergäbe sich aus dem Vergaberecht die Pflicht des Auftraggebers zur vertraulichen Behandlung sowohl während des laufenden Vergabeverfahrens, als auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens. Auch seien sämtliche Bestandteile des Vertrages, die sich auf die Preiskalkulation auswirkten, nach § 6 IFG geschützt. Im vorliegenden Verfahren sei eine Beteiligung durch die Beklagte nicht erfolgt. In- soweit sei allenfalls ein Verbescheidungsurteil möglich. Unabhängig davon seien sämtliche geschwärzten Passagen Gegenstand der individuellen Preiskalkulation. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Auf Aufforderung des Gerichtes legte das beklagte Bundeskriminalamt eine Auflis- tung zu den einzelnen Schwärzungen des Vertrages vor, in der festgehalten wurde, ob der Versagungsgrund ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nach § 6 IFG sei oder ob Sicherheitsgründe gemäß § 3 Nr. 1c i.V.m. § 3 Nr. 2 und § 3 Nr. 4 IFG gege- ben seien. Dazu wurde jeweils eine knappe Begründung in einer Auflistung abgege- ben, welche allerdings eine substantiierte Tiefe vermissen lässt. Die vorgelegte Auflistung und der geschwärzte Vertragstext wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Einzelnen zu jeder einzelnen Schwärzung erörtert.
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-8- Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig. Gemäß § 1 Abs. 1 IFG hat jeder nach Maßgabe des Informa- tionsfreiheitsgesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zu- gang zu amtlichen Informationen. Der Kläger ist eine Individualperson. Daran ändert sich auch nichts, als er mit einer Organisation verbunden ist, aus der bereits eine andere Person einen Antrag auf Auskunft gestellt haben soll. Insoweit ist der Aus- kunftsanspruch nicht verwirkt. Dies mit der Folge, dass der Auskunftsanspruch und damit die Klage zulässig ist. Die Klage ist auch in dem im Tenor enthaltenen Umfang begründet. Das Bundeskri- minalamt verfügt über den streitgegenständlichen Vertrag, welcher vom Beschaf- fungsamt des Bundesministeriums des Inneren (BMI) und der Beigeladenen ge- schlossen worden ist. Insoweit ist das Bundeskriminalamt eine zur Auskunft verpflich- tete Behörde gemäß § 1 Abs. 1 IFG. Auch ist der Kläger als natürliche Person „Je- der“ im Sinne des Gesetzes und damit anspruchsberechtigt. Dem steht auch der Einwand des Vergaberechtes nicht entgegen. Vorliegend handelt es sich um kein Vergabeverfahren. Ob und inwieweit ein Vergabeverfahren durchge- führt worden ist, ist anhand der spärlichen Informationen durch das beklagte Bun- deskriminalamt und der Beigeladenen nicht erkennbar. Soweit vergaberechtliche Be- denken von Seiten des Beschaffungsamtes beim BMI bestanden hätten, hätte dieses im Rahmen der internen Beteiligung gegenüber der Beklagten die entsprechenden Bedenken geltend machen müssen. Dass dies erfolgt ist, ist offensichtlich nicht der Fall. Das beklagte Bundeskriminalamt lässt insoweit jegliche Informationen vermis- sen. Daraus kann das Gericht nur schließen, dass ein Vergabeverfahren im eigentli- chen Sinne nicht stattgefunden hat und wenn, dass das Vergabeverfahren abge- schlossen ist.
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-9- Dabei ist zu beachten, dass es nach den vergaberechtlichen Vorschriften keine Vor- schrift zu Informationsansprüchen nach dem Vergabeverfahren gibt. Zwar regelt § 14 Abs. 3 VOL/A 2009, dass die Angebote und ihre Anlagen sowie die Dokumentation über die Angebotsöffnung auch nach Abschluss des Vergabeverfah- rens sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln seien. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A enthält aber nichts über die Vertraulichkeit des sich aus dem Verfahren ergebenden Vertrags. Insoweit ist eine Kollision zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gerade nicht gegeben. Vergabebeteiligt ist auch nicht das Bundeskriminalamt. Für die Zeit nach Abschluss des Vergabeverfah- rens – so überhaupt eines stattgefunden hat – ist das Vergaberecht für die vorliegen- de Konstellation normativ aussagelos, dies mit der Folge, dass § 1 Abs. 3 IFG keine Sperrwirkung entfalten kann. Die Rechte der Beigeladenen werden vielmehr dadurch geschützt, dass, soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegeben sind, diese nur mit Einwilligung des Betroffenen (Beigeladene) mitgeteilt werden dürfen (§ 6 Satz 2 IFG). Dass eine entsprechende Beteiligung der Beigeladenen in dem vorliegenden Aus- kunftsantragsverfahren wohl im Verwaltungsverfahren durch das Bundeskriminalamt nicht erfolgte (trotz § 8 IFG - Verfahren bei Beteiligung Dritter), führt nicht dazu, dass das Gericht nicht durchentscheiden kann. Denn die Beigeladene hatte im Gerichts- verfahren ausreichend Gelegenheit ihr schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs darzulegen. Dem Zugang zu dem Dokument stehen jedoch teilweise Ausschlussgründe entge- gen. Nach den Ausführungen der Beklagten und des Beigeladenenvertreters in der mündlichen Verhandlung unterliegen zur Überzeugung des Gerichtes einzelne Punk- te des vorliegenden Vertrages dem Schutz gemäß § 3 Nr. 1c IFG bzw. den Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 Satz 2 IFG. Soweit sich die Beklagte auf § 3 Nr. 4 IFG (Geheimnis) beruft, erkennt diese selbst bereits im Widerspruchsverfahren, dass die Kennzeichnung „VS – NfD“ nicht zu einer Auskunftsverweigerung führt. Insoweit reicht die formelle Einstufung als Verschluss- sache vorliegend nicht aus. Begründungen, warum nicht zu veröffentlichende Punkte materiell die Einstufung als Verschlusssache rechtfertigen, hat das Bundeskriminal-
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- 10 - amt nicht vorgetragen. Es fasst die Ablehnungsgründe vielmehr in toto zusammen in § 3 Nr. 1c Nr. 2 und Nr. 4 IFG. Jeder Ausschlussgrund ist jedoch für sich selbst zu betrachten. Dezidierte Gründe, welche der Streichungen materiell die Einstufung als Verschlusssache rechtfertigen, wurden weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Der wohl von dem Bundeskriminalamt vorgenommene Umkehrschluss, alles was unter § 3 Nr. 1c IFG (Belange der inneren und äußeren Sicherheit) und § 3 Nr. 2 IFG (Bekanntwerden der Informationen, die die öffentliche Sicherheit gefährden kann) falle, führe auch zur Verschlusssache, lässt sich aus dem Gesetz nicht herleiten. Be- lange der inneren oder äußeren Sicherheit führen gerade nicht automatisch zu einer Verschlusssache. Diese zu bestimmen, obliegt vielmehr der zuständigen Behörde anhand objektiver Kriterien. Mithin liegt zur Überzeugung des Gerichtes kein Verwei- gerungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG vor. Gleiches gilt auch für § 3 Nr. 2 IFG (Bekanntwerden der Informationen, das die öf- fentliche Sicherheit gefährden kann). Denn zu keinem der benannten Punkte hat das Bundeskriminalamt darlegen können, dass das Bekanntwerden der Informationen die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Eine konkrete Gefährdung eines Schutzgutes und wenn ja, welches, hat das Bundeskriminalamt nicht dargelegt. Dass bei Be- kanntwerden näherer Informationen über den „Bundestrojaner“ dies zur Folge haben könnte, dass dieser möglicherweise in der bisherigen Form nicht oder nicht mehr eingesetzt werden kann, führt nicht zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit als konkrete Gefahrenlage, sondern lediglich dazu, dass dieses Instrument als Er- mittlungsmethode in dieser Form, wie sie vorliegend vereinbart worden ist, ausfällt. Dass diese Ermittlungsmethode aktuell zur Abwehr einer konkreten Gefahrenlage eingesetzt wird, hat das Bundeskriminalamt nicht dargetan; eine konkrete Darlegung, inwieweit ein zukünftiger Einsatz des Instrumentariums eine konkrete Gefahrenlage abwehren könnte, ebenfalls nicht. In diesem Fall liegt auch keine konkrete Gefahr vor. Soweit das Bundeskriminalamt selbst in der mündlichen Verhandlung insoweit keine weiteren Ausführungen gemacht hat, muss es sich dieses Verhalten zurechnen las- sen, da eine Sperrerklärung gemäß § 99 VwGO gerade nicht abgegeben worden ist.
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