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Information

Aktenzeichen
13 K 3809/13
Datum
25. Juni 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Köln
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Köln am 25. Juni 2015

13 K 3809/13

Die Klage eines Verlagshauses auf Einsicht in die Akten des Verteidigungsministeriums zu dem ehemaligen Soldaten und NSU-Mitglied Uwe Mundlos weist das Verwaltungsgericht ab. Bei den Unterlagen handelt es sich teilweise um Disziplinarakten von Soldaten, für die der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes nicht eröffnet ist. Im Übrigen kommen Ausnahmetatbestände dieses Gesetzes zum Tragen: Obwohl die Klägerin sich nicht an den Militärischen Abschirmdienst, gegenüber dem das Informationsfreiheitsgesetz keinen Anspruch eröffnet, gewandt hat, sondern an das Ministerium, stellt das Gericht fest, dass die entsprechende Ausnahmevorschrift des Gesetzes auch Anwendung findet, wenn Akten eines Nachrichtendienstes an eine weitere Behörde weitergegeben wurde. Zudem wirkt der Schutz für personenbezogene Daten auch auf Daten bereits verstorbener Personen. Auch steht die Einstufung mancher Unterlagen als Verschlusssache der Einsichtnahme entgegen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Interessenabwägung Personenbezogene Daten Schutz besonderer Verfahren Sicherheitsaspekte Verteidigung

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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                               Seite 1 von 22 Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13 Datum:                  25.06.2015 Gericht:                Verwaltungsgericht Köln Spruchkörper:           13. Kammer Entscheidungsart:       Urteil Aktenzeichen:           13 K 3809/13 ECLI:                   ECLI:DE:VGK:2015:0625.13K3809.13.00 Tenor:                  Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand                                                                                     1 Die Klägerin, die nunmehr als Axel Springer SE firmiert und unter anderem die                  2 Zeitung „Die Welt“ verlegt, begehrt von der Beklagten Auskunft nach dem IFG. Mit E-Mail vom 19. September 2012 beantragte die Klägerin bei dem                              3 Bundesministerium der Verteidigung Zugang zu Informationen, die dem Ministerium sowie den ihm unterstehenden Stellen, wie etwa dem Militärischen Abschirmdienst, über den mutmaßlichen Terroristen und ehemaligen Soldaten Uwe Mundlos vorliegen. Dieser Antrag war von einem Journalisten der Zeitung „Die Welt“ unterzeichnet und mit der Signatur der Zeitung versehen. Das Auskunftsbegehren untergliederte sich in die folgenden Teilanträge: Teilantrag 1):                                                                                 4 Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich die Unterlagen des                                   5 Verteidigungsministeriums zu Uwe Mundlos sind (genaue Angabe in Seiten). Teilen Sie uns zudem für jeden Aktenbestandteil in Stichworten mit, um welche Art von https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                           Seite 2 von 22 Unterlagen es sich handelt. (Für die dem Antragsteller bereits vorliegenden 78 Blatt müssen diese Angaben nicht gemacht werden.) Teilantrag 2):                                                                             6 Bitte stellen Sie uns dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehende               7 Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können. Teilantrag 3):                                                                             8 Per E-Mail vom 23. November 2011 hat die MDR-Redakteurin N.             T2.   einen        9 IFG-Antrag bei der Wehrbereichsverwaltung Ost gestellt (Blatt 62 und 63 des vorliegenden Konvoluts). Bitte stellen Sie dem Antragsteller alle Informationen zu dem Antrag zur Verfügung. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können. Teilantrag 4):                                                                           10 Bitte teilen Sie uns mit, welche Informationen dem Militärischen Abschirmdienst zu       11 Uwe Mundlos vorliegen. Falls solche Informationen vorhanden sein sollten, bitten wir um die Herausgabe in Kopieform – mit den erforderlichen Schwärzungen. Nicht von diesem Teilantrag erfasst sind die zunächst vom BfV aufgefundenen Unterlagen zu Mundlos (Paginier: 284-305 sowie 448-473 sowie 245-257; diese Unterlagen liegen dem Antragsteller bereits vor) Teilantrag 5):                                                                           12 Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium                13 vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung. Hintergrund des Informationsbegehrens sei es, den in der öffentlichen Diskussion         14 laut gewordenen Vorwurf aufzuklären, wonach das Bundesministerium der Verteidigung dem 2. Untersuchungsausschuss der 17. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (NSU-Untersuchungsausschuss) unvollständige Unterlagen über Uwe Mundlos zur Verfügung gestellt habe. Der NSU-Untersuchungsausschuss erließ in seinen Sitzungen am 9. Februar 2012,            15 5. Juli 2012, 13. September 2012 und 8. November 2012 unter anderem sieben Beweisbeschlüsse („BMVg-1“ bis „BMVg-7“), mit denen er das Bundesministerium der Verteidigung zur Übersendung verschiedener Akten des Ministeriums selbst sowie des diesem unterstellten Militärischen Abschirmdienstes im Zusammenhang mit der Aufklärung von Taten der NSU-Terrorgruppe verpflichtete. Im Anschluss daran übermittelte das Bundesministerium der Verteidigung entsprechende Akten. Darunter befanden sich Akten des Militärischen Abschirmdienstes, als Verschlusssachen verschiedener Geheimhaltungsgrade eingestufte Akten sowie Personal- und Disziplinarakten – teils über Uwe Mundlos, teils über andere Personen. Für den Umfang und die Inhaltsbezeichnung der Akten wird auf die von der Beklagten im Schriftsatz vom 4. Septem-ber 2013 vorgelegte und mit Schriftsatz vom 19. Juni 2015 ergänzte Liste der an den NSU-Untersuchungsausschuss übermittelten Akten (Gerichtsakte Bl. 131-142 und Bl. 219-222) Bezug genommen. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                          Seite 3 von 22 Mit Bescheid vom 13. November 2012, der im Adressfeld an die Zeitung „Die Welt“         16 gerichtet war, gab das Bundesministerium der Verteidigung dem Teilantrag 3) durch entsprechende Auskunft statt. Im Übrigen lehnte es den Antrag auf Informationszugang ab. Den ablehnenden Teil des Bescheides begründete es damit, dass hierfür insgesamt Ausschlussgründe des IFG vorlägen. Der Zugang zu den begehrten Informationen sei nach § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG ausgeschlossen. Der NSU-Untersuchungsausschuss habe alle von der Klägerin angefragten Unterlagen durch entsprechende Beweisbeschlüsse zum Untersuchungsgegenstand gemacht. Das Verfahren eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sei mit einem laufenden Gerichtsverfahren im Sinne des § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG vergleichbar. Es diene ebenso wie ein Gerichtsverfahren dazu, umstrittene Sachverhalte in einem rechtsförmlichen Verfahren unter rechtlichen und politischen Gesichtspunkten aufzuklären und zu bewerten. Zum Schutz der Unabhängigkeit des Untersuchungsausschusses sei es erforderlich, zu verhindern, dass zum Verfahrensgegenstand zugehörige Unterlagen öffentlich bekannt werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf das Verfahren sei für die Versagung des Informationszugangs nach § 3 Nr. 1 Buchstabe g ausreichend. Die Klägerin habe zudem gem. § 3 Nr. 8 IFG keinen Anspruch auf Zugang zu Informationen des Militärischen Abschirmdienstes; dieser sei ein Nachrichtendienst im Sinne dieser Vorschrift. Schließlich verwehre auch § 3 Nr. 4 IFG den Zugang zu den von der Klägerin begehrten Informationen, da die entsprechenden Unterlagen überwiegend als Verschlusssachen gem. § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Inneren zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VSA) eingestuft seien. Eine Überprüfung anlässlich des klägerischen Antrags habe ergeben, dass die Einstufung der begehrten Unterlagen als Verschlusssachen beibehalten werden müsse. Mit Schreiben vom 21. November 2012 legte die Klägerin anwaltlich vertreten             17 Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. November 2012 ein, soweit dieser die Teilanträge zu 1), 2) und 5) vom 19. September 2012 ablehnt. Zur Begründung führte sie an, dass der ablehnende Teil des Bescheides rechtswidrig sei, da keine Ausschlussgründe des IFG einschlägig seien. Der – wie alle Ausschlussgründe des IFG – eng auszulegende Tatbestand des § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG greife hier nicht, weil das Verfahren eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses weder formell noch materiell mit einem Gerichtsverfahren vergleichbar sei. Selbst wenn man von einer Vergleichbarkeit ausginge, müssten die Ausnahmetatbestände des IFG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG so ausgelegt werden, dass nicht die um Auskunft ersuchte Behörde über eine spätere Veröffentlichung der begehrten Information entscheiden dürfe. Allein die Bezeichnung der begehrten Dokumente als Verschlusssachen rechtfertige nicht die Annahme einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht und damit eines Ausschlussgrundes nach § 3 Nr. 4 IFG, da hierfür ein materieller Geheimnisbegriff gelte. Diesen Widerspruch wies das Bundesministerium der Verteidigung mit                      18 Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2013, der Klägerin am 22. Mai 2013 zugestellt, als unbegründet zurück. Zur Begründung ergänzte es die Ausführungen im Ausgangsbescheid wie folgt: Die von der Klägerin begehrten Unterlagen stellten mit Ausnahme von zwei Aktenstücken, welche Personalakten seien, Verschlusssachen dar. Es handele sich größtenteils um Quellenberichte, Erkenntnisübermittlungen, Informationen zur Terrorismusabwehr, Gesprächsvermerke und Dokumente zu Einzelpersonen. Würden diese Informationen bekannt, bestehe die Gefahr, dass die Arbeitsweise des Militärischen Abschirmdienstes nachvollzogen werden könne. Nachteilige Auswirkungen für sicherheitsempfindliche Belange der Bundesrepublik https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                           Seite 4 von 22 Deutschland im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG seien bei Offenlegung der Informationen aus diesen Verschlusssachen nicht auszuschließen. Der Zugang zu denjenigen beiden Aktenteilen, die aus den Personalakten von Uwe Mundlos stammen, sei wegen eines absolut geltenden Schutzes personenbezogener Daten durch § 5 Abs. 2 IFG zu versagen gewesen. Der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 8 IFG eröffne keinen Ermessensspielraum, sodass die Teilanträge der Klägerin bereits wegen dieser gesetzlichen Vorgabe hätten abgelehnt werden müssen. Die Klägerin hat am 24. Juni 2013, einem Montag, Klage erhoben. Ergänzend zu             19 ihren Ausführungen im Verwaltungsverfahren macht die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen Folgendes geltend: Selbst wenn der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG auch für laufende          20 Verfahren von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen gelten sollte, genüge nicht bereits eine bloße Gefahr für deren Unabhängigkeit, um den Informationszugang zu verweigern. Vielmehr bedürfe es einer anhand konkreter Fakten untermauerten Prognose für eine entsprechende Gefährdungslage, die hier nicht erstellt worden sei. Bei der Einstufung der Akten als „Verschlusssache – nur für den                          21 Dienstgebrauch“ („VS-NfD“) handele es sich um die geringste Geheimhaltungsstufe nach § 3 VSA, weshalb an die Darlegung der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit besonders hohe Anforderungen zu stellen seien. Das Bundesministerium der Verteidigung habe nicht hinreichend konkret dargelegt, weshalb ein Bekanntwerden von Informationen aus den entsprechenden Akten für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein könne. Um eine entsprechende Geheimhaltungsbedürftigkeit festzustellen, regt die Klägerin an, den 1. Ordner zu BMVg-1, Seiten 1-16 sowie den Ordner zu BMVg-4, Seiten 1-198 von der Beklagten beizuziehen. Weigere sich die Beklagte, diese Akten vorzulegen, sei ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO durchzuführen. Die Klägerin begehre Zugang zu Unterlagen des Bundesministeriums der                     22 Verteidigung, nicht des Militärischen Abschirmdienstes. Maßgeblich für die Zuordnung einer Information sei nicht deren Herkunft, sondern deren Besitz. Sofern die Beklagte vortrage, die Verfügungsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 IFG über die durch den Militärischen Abschirmdienst weitergegebenen Akten bestehe nicht bei dem Bundesministerium der Verteidigung als Adressat des klägerischen Informationsbegehrens, erhöhe die Beklagte die Vorschrift des § 7 Abs. 1 IFG gesetzeswidrig zu einem eigenständigen Ausschlusstatbestand und missachte damit den Zweck des IFG, mehr Transparenz bei behördlichen Entscheidungen zu schaffen. Ungeachtet dessen habe das Ministerium selbst jedoch über die entsprechenden Akten – zumindest aufgrund stillschweigender Vereinbarung – eine Verfügungsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 IFG von der ihm nachgeordneten Behörde des Militärischen Abschirmdienstes erhalten. Diese Annahme entspreche dem Verhältnis von Aufsichtsbehörde und beaufsichtigter Behörde. Zudem fielen in der Regel Besitz an und Verfügungsberechtigung über Akten zusammen. Das Bundesministerium der Verteidigung selbst gehöre als Adressat des Auskunftsbegehrens der Klägerin weder zum Kreis der Nachrichtendienste noch sei es eine sonstige öffentliche Stelle im Sinne des § 3 Nr. 8 IFG, die Aufgaben nach § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehme. Der durch § 5 Abs. 2 IFG gewährte Schutz von Personalakten gelte nicht absolut.          23 Auch bei einem Informationsbegehren aus Personal- bzw. Disziplinarakten sei eine Abwägung von Informationsinteresse und Datenschutzinteresse im Einzelfall https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                           Seite 5 von 22 anzustellen, da nicht alle Informationen aus diesen Akten im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden. Da die Beklagte die Vorschrift des § 5 Abs. 2 IFG als ein Abwägungsverbot interpretiert habe, leide der Ausgangsbescheid ebenso wie der Widerspruchsbescheid an einem Ermessensausfall. Angesichts der Tatsache, dass Uwe Mundlos eine absolute Person der Zeitgeschichte sei und Informationen über ihn ohnehin in einem aktuellen Gerichtsverfahren aufgearbeitet und durch die Medien verbreitet würden, überwiege das Informationsinteresse der Klägerin das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen. Das Informationsinteresse der Klägerin sei darüber hinaus wegen des grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG besonders zu gewichten. Der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 2 IFG sei insbesondere im Lichte der der Klägerin zustehenden Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einschränkend auszulegen. Demgegenüber komme dem Interesse des verstorbenen Uwe Mundlos nur ein eingeschränkter Schutz durch die über den Tod hinaus wirkende Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG zu. Dieser Schutz sei zudem abgestuft, weil Uwe Mundlos eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Da auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Tod ende, könne § 5 Abs. 2 IFG keine Anwendung auf Informationen über Verstorbene finden. Der durch § 29 Abs. 3 SG gewährte Schutz für Personal- und Disziplinarakten von Soldaten ende mit dem Tod der betroffenen Soldaten, weil diese Vorschrift an verschiedenen Stellen dessen Einwilligung voraussetze. Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres              24 ablehnenden Bescheides zu verpflichten, der Klägerin Einsicht in die mit den Teilanträgen zu 1), 2) und 5) vom 19. September 2012 begehrten Unterlagen zu gewähren. Nachdem die Beklagte den Teilantrag zu 1) der Klägerin mit der Liste der an den Untersuchungsausschuss übermittelten Akten (zu Uwe Mundlos) erfüllt hat, haben die Beteiligten das Verfahren in Bezug auf den Teilantrag zu 1) in der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt. Hinsichtlich des Zugangs zu den Informationen aus dem 1. Ordner zum Beweisbeschluss BMVg-3 (78 Seiten) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zudem die Klage zurückgenommen. Die Klägerin beantragt nunmehr,                                                          25 26 • 1. die Beklagte unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides des          27 Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2013 zu verpflichten, ihr Zugang zu den mit den Teilanträgen zu 2) und zu 5) vom 19. September 2012 begehrten Informationen zu gewähren, nämlich a) "Bitte stellen Sie uns dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehende         28 Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können." b) "Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium            29 vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung." 30 31 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                            Seite 6 von 22 • 2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Die Beklagte beantragt,                                                                   32 die Klage abzuweisen.                                                                     33 Ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid macht sie geltend, dass             34 § 3 Nr. 8 IFG nicht nur für einen gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst selbst begehrten Informationszugang gelte, sondern auch für den Fall, dass Zugang zu Akten begehrt werde, die dieser einer anderen Behörde vorgelegt habe. Grund hierfür sei das Geheimhaltungsbedürfnis für den Aufgabenbereich dieses Amtes. Auch durch die Übermittlung der Akten an das Bundesministerium der Verteidigung gehe der notwendige Bezug zu den Aufgaben des Militärischen Abschirmdienstes nicht verloren. Grund der Vorlage beim Ministerium sei einzig die aus den Beweisbeschlüssen des NSU-Untersuchungsausschusses folgende Pflicht gem. Art. 44 GG, §§ 17, 18 PUAG. Die Akten hätten lediglich die Behördenhierarchie durchlaufen, um die Beweisbeschlüsse des NSU-Untersuchungsausschusses, koordiniert durch das Bundesministerium der Verteidigung, zu erfüllen. Das Ministerium habe mit der Vorlage keine eigene Verfügungsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 IFG erhalten, da Einwirkungen auf die Akten nicht zulässig sein sollten. Die ihrer Auffassung nach von diesem Ausschlussgrund betroffenen streitgegenständlichen Akten hat die Beklagte aufgelistet; insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, S. 2 f. (Gerichtsakte Bl. 117 f.) Bezug genommen. Soweit die streitgegenständlichen Akten nicht bereits als solche des Militärischen        35 Abschirmdienstes geschützt seien, handele es sich um Personal- bzw. Disziplinarakten, in die die Klägerin gem. § 5 Abs. 2 IFG keine Einsicht nehmen könne. Auch diesbezüglich hat die Beklagte die ihrer Ansicht nach betroffenen Akten aufgelistet; insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, S. 4 (Gerichtsakte Bl. 119, 120) Bezug genommen. Im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 IFG bestehe für den Gesetzesanwender ein Abwägungsverbot. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Datenschutzinteresse des Dritten habe der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 IFG bereits vorweggenommen. Zudem sei der spezialgesetzliche Schutz der Informationen Personalakten von Soldaten aus § 29 Abs. 3 SG und § 9 WDO im Rahmen des § 5 Abs. 2 IFG zu berücksichtigen. Eine Auskunft hieraus sei außerhalb des Dienstbereichs nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG zulässig. Ohne Einverständnis des Betroffenen sei eine Auskunft nur im Rahmen einer auf das Wehrdienstverhältnis bezogenen Zweckbindung möglich. Der Schutz durch § 29 Abs. 3 SG und § 9 WDO ende weder mit dem Tod noch mit dem Ende des Dienstverhältnisses. Der auch durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Informationsanspruch der Klägerin reiche nicht so weit, dass auch der Zugang zu personenbezogenen Daten aus einem Dienstverhältnis verlangt werden könne. Der Gesetzgeber habe insoweit dem privaten Datenschutzinteresse den Vorzug gegeben. Auch gestützt auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG könne die Klägerin nicht den Zugang zu personenbezogenen Daten verlangen. Dies gehe über den von diesem verfassungsrechtlichen Auskunftsanspruch gewährleisteten Minimalstandard hinaus. Die restlichen Akten, die nicht von den vorangegangenen Ausschlussgründen erfasst 36 seien, unterfielen dem Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 4 IFG. Die als „VS-NfD“ https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                            Seite 7 von 22 eingestuften Akten und Aktenteile enthielten geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, die im öffentlichen Interesse schutzbedürftig seien. Die Beklagte erläuterte die Gefährdung sicherheitsempfindlicher Belange der Bundesrepublik am Beispiel von zwei streitgegenständlichen, als „VS-NfD“ eingestuften Akten: Der Einheitsaktenplan des Bundesministeriums der Verteidigung (1. Ordner zu               37 BMVg-1, Seiten 1-16) diene dazu, Regelungen und Vorgänge, die im Bundesministerium der Verteidigung und in der Bundeswehr zur Erfüllung des Verteidigungsauftrags bearbeitet werden, zu verwalten und einzuordnen. Dazu würden im Einheitsaktenplan besonders einordnende Schlüsselbegriffe verwendet, die Aufschluss über sicherheitsempfindliche Tätigkeiten der Bundeswehr geben könnten. Bei Bekanntwerden dieser Informationen könne die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr beeinträchtigt werden. Der Einheitsaktenplan lasse ebenfalls Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden des Militärischen Abschirmdienstes zu. Diese müssten aber geschützt werden, damit der Militärische Abschirmdienst auch künftig seine Aufgaben erfüllen könne. Ebenso sei die Einstufung der Dokumente zum Sachverhalt zum Diebstahl und                 38 Verbleib von Sprengstoff aus Munitionsdepots der NVA in den 1990er Jahren (Ordner BMVg-4) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS-NfD“ im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Aus diesen Dokumenten könne Aufschluss über die Arbeitsweise der Ermittlungen der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem Verlust von Waffen und Munition sowie über die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder erlangt werden. Diese Akte sei zusätzlich durch den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchstabe b IFG geschützt, weil in den Dokumenten auch Einschätzungen zu Gefährdungslagen und Sicherheitshinweisen enthalten seien, die zur Vermeidung von Ausspähversuchen nicht offengelegt werden könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf            39 den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Entscheidungsgründe                                                                       40 Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten den                 41 Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in direkter bzw. entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsge- richtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.                                      42 Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13. November 2012 in der Gestalt des             43 Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte die mit den Teilanträgen zu 2) und 5) vom 19. Septem- ber 2012 noch begehrten Auskünfte erteilt. Ein solcher Auskunftsanspruch der Klägerin folgt nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 des          44 Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                            Seite 8 von 22 Soweit das Zugangsbegehren Informationen aus Disziplinarakten von Soldaten -              45 auch betreffend den ehemaligen Soldaten Uwe Mundlos - betrifft, ist der Anwendungsbereich des IFG bereits gem. § 1 Abs. 3 IFG nicht eröffnet. Nach dieser Norm gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen vor. Für die Einsicht in Unterlagen über Disziplinarverfahren gegen Soldaten besteht in § 9 der Wehrdisziplinarordnung (WDO) vom 16. August 2001 (BGBl. I S. 2093), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3386), ein vorrangiger, spezialgesetzlicher Auskunftsanspruch, der wegen seines mit § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG identischen sachlichen Regelungsgegenstandes die Anwendung des IFG verdrängt. Dies betrifft die folgenden Akten: 5.                Ordner zu BMVg-3,                Seiten 176-288                        46 6.                Ordner zu BVMg-3,                Seiten 292-513 11.               Ordner zu BVMg-3,                Seiten 318-602 12.               Ordner zu BVMg-3,                komplett (einziger)        Ordner zu BMVg-6,                Seiten 1-59; 138-213 1.                Ordner zu BMVg-7,                Seiten 49-105 2.                Ordner zu BMVg-7,                Seiten 263-302 3.                Ordner zu BMVg-7,                Seiten 125-169 Im Übrigen ist die Klägerin nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zwar grundsätzlich                 47 anspruchsberechtigt. Das Rechtssubjekt „jeder“ im Sinne der Vorschrift setzt eine eigene materielle Rechtsfähigkeit voraus. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 53.                                                            48 Die Klägerin, die sich nach Klageerhebung von einer Aktiengesellschaft in eine            49 Societas Europaea umgewandelt hat, ist eine juristische Person des Privatrechts, die gem. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) 2157/2001 rechtsfähig ist. Auch wenn der Antrag vom 19. September 2012 von einem bei der Klägerin angestellten Journalisten unterzeichnet wurde, ist der Antrag als ein solcher der Klägerin selbst anzusehen. So verwendete der Unterzeichner die Pronomen „wir“ und „uns“ bei der Ausgestaltung des Antrags sowie die Signatur der von der Klägerin verlegten Zeitung „Die Welt“. Der Ausgangsbescheid vom 13. November 2012 war an die Zeitschrift „Die Welt“ und nicht den Journalisten persönlich adressiert. Nachdem der Widerspruch durch den Prozessbevollmächtigten ausdrücklich namens und in Vollmacht dessen „Mandantin, der Axel Springer AG“ (Beiakte I Bl. 218) und unter Vorlage einer durch die Klägerin erteilten anwaltlichen Vollmacht (Beiakte I Bl. 224) erhoben worden ist, hat das Bundesministerium der Verteidigung diesen mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2013 beschieden. 50 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                             Seite 9 von 22 Des Weiteren begehrt die Klägerin von einer anspruchsverpflichteten Behörde des Bundes, nämlich vom Bundesministerium der Verteidigung, Zugang zu amtlichen Informationen, § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Allerdings ist der Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ausgeschlossen, weil die von         51 der Klägerin begehrten Informationen in vollem Umfang Ausschlusstatbeständen nach dem IFG unterfallen. Dabei kann sich die Beklagte allerdings nicht auf den Ausschlusstatbestand des             52 § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG berufen. Danach besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann. Dieser Ausnahmetatbestand dient dem Schutz der Rechtspflege und des Gesetzesvollzugs. Schoch, IFG, 2009, § 3 Rn. 74.                                                             53 Die an den NSU-Untersuchungsausschuss übersandten Akten unterfallen diesem                 54 Schutzbereich nicht. Das Verfahren eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist weder von § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG unmittelbar geschützt noch mit einem der Schutzgüter der Vorschrift in einer Weise vergleichbar, die eine analoge Anwendung der Norm erforderte. Die Funktion eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses weicht stark von derjenigen eines Gerichtsverfahrens ab. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch den Bundestag dient zwar ebenso wie ein gerichtliches Verfahren dazu, einen Sachverhalt in einem förmlichen Verfahren aufzuklären. Allerdings übt ein Untersuchungsausschuss keine rechtsprechende Gewalt aus; er trifft nicht autoritativ verbindliche Entscheidungen. Vielmehr ist er ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle insbesondere von Regierung und Verwaltung. Auch wenn die gesetzliche Ausgestaltung des Untersuchungsausschussverfahrens den Eindruck eines objektiven und neutralen Verfahrens vermittelt – etwa dadurch, dass dem Untersuchungsausschuss strafprozessuale Beweiserhebungsbefugnisse eingeräumt werden –, bleibt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein hauptsächlich politisches Instrument des Parlaments. Dieses Instrument wird in der parlamentarischen Praxis nicht allein zur sachlichen Aufklärung, sondern gerade auch als taktisches Mittel der politischen Auseinandersetzung eingesetzt. Ziel und Aufgabe gerichtlicher Verfahren hingegen ist es, durch ein neutrales Verfahren Rechtsfrieden zu schaffen sowie Rechtsschutz und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses ist aus den gleichen Gründen auch             55 nicht mit den von § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG geschützten strafrechtlichen, ordnungswidrigkeitsrechtlichen oder disziplinarischen Ermittlungen vergleichbar. Schließlich dient die Arbeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses mangels Ausübung rechtsprechender Gewalt nicht dazu, dem Anspruch auf ein faires Verfahren nachzukommen, vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. Juni 2009 – 2 BvE 3/07           56 –, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 124, 78 (116), juris Rn. 111. 57 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13                                         Seite 10 von 22 Unabhängig davon, dass es bereits an der Vergleichbarkeit des Untersuchungsausschussverfahrens mit den Schutzgütern des § 3 Nr. 1 Buchstabe g IFG fehlt, ist auch der zeitliche Anwendungsbereich der Norm nicht mehr eröffnet. Dieser ist auf die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens bzw. die Dauer von Ermittlungen begrenzt. Zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nämlich der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts, ist die Arbeit des NSU- Untersuchungsausschusses abgeschlossen. Dessen Tätigkeit endete mit der Erstattung des Abschlussberichts am 22. August 2013 zum Ende der 17. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags, vgl. BT-Drs. 14/17600.                                                                  58 Soweit sich der Auskunftsantrag der Klägerin hingegen auf die folgenden Akten bzw.      59 Aktenteile bezieht, Ordner zu                                                                         60 1.                    Seiten 17-73 BMVg-1, Ordner zu 2.                    komplett BMVg-1, Ordner zu 3.                    komplett BMVg-1, Ordner zu 5.                    Seiten 1-3 BMVg-3, Ordner zu 6.                    Seiten 279-291 BMVg-3, Ordner zu 7.                    Seiten 1-28 BMVg-3, Ordner zu 8.                    Seiten 53-88 BMVg-3, Ordner zu 9.                    Seiten 130-146 BMVg-3, Ordner zu        Seiten 84-104; 148-156; 182-183; 235-256; 322-359; 433-450; 14. BMVg-3,          542-552; 586-591; 751-757 Ordner zu 15.                   Seiten 70-75; 162-164; 165-186; 252-276 BMVg-3, Ordner zu          Seiten 22-37; 101-107; 141-144; 150-174; 253-267;       61 17. BMVg-3,            317-350; 396-412 1.                             komplett https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2015/13_K_3809_13_Urteil_2015062... 07.08.2017
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