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Aktenzeichen
3 Bf 275/13
Datum
23. Juni 2015
Gericht
Oberverwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Hamburg am 23. Juni 2015

3 Bf 275/13

Das Oberverwaltungsgericht bestätigt die Auffassung der Vorinstanz, nach der ein Antrag des Insolvenzverwalters auf Einsicht in die Vollstreckungsakte der Insolvenzschuldnerin abzulehnen ist. Es verweist auf die Begründung des Verwaltungsgerichts, das die Vollstreckungsakte als Vorgang der Steuerfestsetzung und Steuererhebung im Sinne einer entsprechenden Ausnahmevorschrift des Hamburgischen Transparenzgesetzes eingestuft hatte. Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung zurück. (Quelle: LDA Brandenburg)

Schutz besonderer Verfahren Prozessuales

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

3Bf_ 275/13
13 K 2072/11

Urteil

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsrechtssache

- Kläger -
Verkündet am . ,
23. Juni 2015 Prozessbevollmächtigte:
Fonseka
Justizangestellte

Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

gegen

- Beklagte -

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Probst,
Dr. Delfs und Dr. Frische sowie den ehrenamtlichen Richter Köhnke und die ehrenamtli-
che Richterin Poldrack für Recht erkannt:
1

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
30. Oktober 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zu-
rückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig voll-
streckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund
des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Voll-

streckung Sicherheit in Höhe der jeweils zu vollstreckenden Kosten leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

EEE 1m —— —

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (8 133
Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen
bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer der in $ 67 Abs. 2 Satz 1
VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt oder durch eine der in$3
RDGEG bezeichneten Personen bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübe-
ckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Juristische Personen des öffentlichen
Rechts und Behörden können sich durch die in $ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Be-
schäftigten mit Befähigung zum Richteramt oder als Diplomjuristen im höheren Dienst
vertreten lassen. In Rechtssachen im Sinne des $ 52 Nr. 4 VwGO, in Personalvertre-
tungs-angelegenheiten und in Rechtssachen, die im Zusammenhang mit einem Arbeits-
verhältnis stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in $ 67 Abs. 2
Satz 2 Nr. 5, 7 VwGO bezeichneten Organisationen bzw. juristischen Personen als Be-
vollmächtigte zugelassen. Sie müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt
handeln.

Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen ($ 133 Abs. 2 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils durch ei-
nen Vertreter, wie in Absatz 2 angegeben, zu begründen. Die Begründung ist beim Ham-
burgischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung muss die grundsätz-
liche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil
abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (88 133 Abs. 3, 132 Abs. 2 Nr.
1-3 VwGO).

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2

Tatbestand

Der mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 9. April 2009 als Insolvenzverwalter
über das Vermögen der GmbH (Schuldnerin) eingesetzte Kläger begehrt Zugang
zu den in der finanzbehördlichen Vollstreckungsakte betreffend die Schuldnerin enthalte-

nen Informationen, hilfsweise die Erteilung eines Kontoauszugs.

Die Beklagte informiert auf ihrer Internetseite, dass Steuerpflichtige oder deren steuerliche
Berater zur Klärung des Steuerkontos Kontoauszüge für einzelne Steuerarten oder das
gesamte Steuerkonto gegen eine Gebühr bei ihrem Buchhalter beim Finanzamt für Steu-
ererhebung in Hamburg anfordern können. Weiter heißt es dort: „Steuerpflichtige oder
deren steuerliche Berater haben alternativ die Möglichkeit, ihr bzw. das Steuerkonto des
Mandanten, online direkt und gebührenfrei einzusehen. Hierzu ist es erforderlich sich im
Internet unter www.elster.de für die EisterKontenAbfrage zu registrieren.”
(http://www. hamburg.de/behoerdenfinder/hamburg/ /, zuletzt am 23.6.2015 abgeru-

fen).

Mit Schreiben vom 22. April 2010 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten mit
Verweis auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz Akteneinsicht in die für oder
im Zusammenhang mit der Schuldnerin geführten finanzbehördlichen Vollstreckungsak-
ten. Mit Bescheid vom 24. März 2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Einsichtnahme
in die Vollstreckungsakte ab. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31. März
2011 Einspruch ein, den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2011
als unbegründet zurückwies: Der auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz ge-
stützte Anspruch auf Akteneinsicht sei aufgrund von &$ 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG ausge-
schlossen. Hiernach bestünden Ansprüche auf Informationszugang nicht für Vorgänge der
Steuererhebung und Steuerfestsetzung. Von diesem Ausschluss seien auch die Informa-
tionen in der Vollstreckungsakte erfasst, denn die Vollstreckung des Steueranspruchs sei
Teil des Steuererhebungsverfahrens. Hierfür spreche der Wortlaut, die Systematik und

Gesetzesbegründung. Ein etwaiger zivilrechtlicher Auskunftsanspruch aus $ 242 BGB
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i.V.m. 8 143 InsO sei ebenfalls nicht gegeben, weil der Kläger bisher keinen insolvenz-
rechtlichen Anfechtungsanspruch gegenüber dem Finanzamt Hamburg-Hansa geltend
gemacht habe. Ferner sehe die Abgabenordnung kein Recht auf Akteneinsicht vor, es
bestehe lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Akten-
einsichtsgesuch. Der Kläger habe jedoch nicht näher vorgetragen, dass er ein berechtig-

tes Interesse an der Akteneinsicht habe.

Der Kläger hat am 2. September 2011 Klage erhoben und seinen Anspruch nach Inkraft-
treten des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG) vom 19. Juni 2012 auf dieses
Gesetz gestützt. 85 Nr. 4 HmbTG nehme zwar Vorgänge der Steuerfestsetzung und
Steuererhebung von der Informationspflicht nach 8$ 1 ff. HmbTG aus, die Vorschrift sei
als Ausnahmevorschrift aber eng auszulegen und umfasse nicht Vollstreckungsakten.
Selbst wenn die Vollstreckungsakten Vorgänge der Steuererhebung und Steuerfestset-
zung wären, müsste die Beklagte eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung treffen,
wobei das Ermessen gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter,

mithin als Organ der Rechtspflege, zu seinen Gunsten reduziert sei.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2011 und der Ein-
spruchsentscheidung vom 24. August 2011 zu verurteilen, dem Kläger Informati-
onszugang durch Einsicht in sämtliche Vollstreckungsakten betreffend die Firma „
GmbH" unter der Steuernummer oder anderen Steuernummern zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Rechtauffassung festgehalten. Auch Vorgänge der Vollstreckung würden

zur „Steuerfestsetzung und Steuererhebung“ im Sinne von $ 5 Nr. 4 HmbTG gehören.
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Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil aufgrund mündlicher Verhand-
lung vom 30. Oktober 2013 als unbegründet abgewiesen: Ein Anspruch ergebe sich nicht
aus & 1 Abs. 2 HmbTG, weil dieser nach $ 5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen sei. Wortlaut,
Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck sprächen dafür, dass Vollstreckungsakten
unter den Begriff der Steuererhebung zu fassen seien. Auch ein Anspruch aus $ 242 BGB
i.V.m. $ 143 InsO auf Akteneinsicht in die Vollstreckungsakten stehe dem Kläger nicht zu.
Ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuld-
ners wegen möglicher Anfechtungsansprüche sei davon abhängig, dass ein Anfechtungs-
grund dem Grunde nach feststehe. Solange ein Rückgewährschuldverhältnis nicht fest-
stehe, habe sich der Verwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Schuldner zu
halten. Schließlich sei die Entscheidung der Beklagten, im Rahmen ihres Ermessens das
Akteneinsichtsgesuch abzulehnen, nicht zu beanstanden, weil der Kläger keine rechtli-

chen Interessen und keine Belange dargelegt habe, die besonders schützenswert seien.

Seine vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung begründet der Kläger im Wesentli-
chen damit, dass sein Anspruch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht
nach 8 5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen sei. Das Hamburgische Transparenzgesetz habe
einen systematisch anderen Anknüpfungspunkt als das Hamburgische Informationsfrei-
heitsgesetz. Der Gesetzgeber habe in $ 1 Abs. 2 HmbTG ein umfassendes Informations-
recht voraussetzungsfrei und generell gewähren wollen. Als Ausnahmevorschrift sei $ 5
Nr. 4 HmbTG eng auszulegen. Zum Zweck des Gesetzes gehöre nach $ 1 Abs. 1 letzter
Halbsatz die Kontrolle des staatlichen Handelns. Die erforderliche Kontrolldichte bestehe
nur, wenn Ausnahmen von der Informationspflicht eng umgrenzt blieben. Soweit Rechte
Dritter von einer Einsichtnahme betroffen sein könnten, schließe dies den Informationsan-
spruch nicht aus. Vielmehr sei in $ 12 Abs. 7 HmbTG vorgesehen, dass die auskunfts-
pflichtige Stelle auf Verlangen der antragstellenden Person den oder die Betroffenen um
Einwilligung ersuche. Die Begriffe „Steuerfestsetzung“ und „Steuererhebung“ seien daher
allein im begrifflichen Sinne des Inhaltsverzeichnisses der Abgabenordnung zu verstehen.
Es sei darauf hinzuweisen, dass die Steuererhebung über das Finanzamt für Steuererhe-
bung (Steuerkasse) erfolge, während die Vollstreckungsstelle des lokal zuständigen Fi-
nanzamtes wie eine eigene Behörde zu verstehen sei. Bei den Tätigkeiten der Vollstre-

ckungsstelle nach der Vollstreckungsanordnung handle es sich um Vorgänge der Voll-
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streckung, die sich in den Vollstreckungsakten der Vollstreckungsstelle befänden. Zudem
widersprächen die Verwaltungsvorschriften der Annahme einer vollständigen Be-
reichsausnahme in 85 Nr. 4 HmbTG. Denn in Abschnitt 44 Allgemeine Verwaltungsvor-
schrift über die Durchführung der Vollstreckung nach der Abgabenordnung heiße es, dass
die Vollstreckungsstelle dem Volistreckungsschuldner eine Bescheinigung erteile, dass
seine Rückstände in Höhe der vom Drittschuldner geleisteten Zahlungen getilgt worden
seien. Der Kläger verweist zudem auf die Vorschrift des 8 760 ZPO, die der Stärkung des
Vertrauens auf die Korrektheit des staatlichen Vollstreckungsorgans diene. Der leitende
Gedanke aus $ 760 ZPO sei auch für die Finanzverwaltung fruchtbar zu machen. Ferner
verweist der Kläger auf den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 9. Dezember
2014 (326 T 149/14, ZinsO 2015, 45), wonach das Insolvenzgericht den vorläufigen
schwachen Insolvenzverwalter durch Einzelermächtigungsbeschluss ermächtigen könne,
Steuerakten und deren Anlagen beim zuständigen Finanzamt der Schuldnerin im Rahmen
von Ermittlungen gemäß 85 InsO einzusehen. Der Anspruch auf Akteneinsicht in die
Vollstreckungsakten sei auch aus $ 18 Abs. 1 HmbDSG abzuleiten. Des Weiteren macht
der Kläger geltend, dass er einen Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs aus dem
Steuerkonto der Insolvenzschuldnerin habe. Denn die Beklagte werbe auf der Homepage
www.hamburg.de damit, dass Kontoauszüge durch den Steuerpflichtigen bezogen wer-
den könnten. Ferner verweist der Kläger darauf, dass in anderen Bundesländern die Er-
mittlung gerade auch im Hinblick auf Anfechtungsansprüche des Insolvenzverwalters an-

erkannt sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. Ok-
tober 2013 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2011 und der
Einspruchsentscheidung vom 24. August 2011 zu verpflichten, ihm Einsicht in

sämtliche Vollstreckungsakten betreffend Firma „ Hamburg, zu gewähren,

hilfsweise,
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die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Kontoauszug für das Steuerkonto der oben

genannten Firma zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und das Urteil des OVG Hamburg vom 17. De-
zember 2013 in der Sache 3 Bf 236/10, in dem der Senat einen Anspruch des Klägers als
Insolvenzverwalter auf Einsichtnahme in die eine Insolvenzschuldnerin betreffende fi-
nanzbehördliche Vollstreckungsakte aufgrund des Hamburgischen Transparenzgesetzes
verneint hat. Ferner führt sie aus, dass der Verweis auf $ 760 ZPO fehl gehe, da die Re-
gelungen der ZPO nur in bestimmten Fällen anwendbar seien. Die vom Kläger zitierte
Entscheidung des Landgerichts vom 9. Dezember 2014 betreffe eine andere Sachlage.
Soweit der Kläger sein Begehren nunmehr auf $ 18 Abs. 1 HmbDSG stütze, liege eine
Klageänderung vor, der widersprochen werde. Auch soweit der Kläger nunmehr einen
Antrag auf Erteilung eines Kontoauszugs stelle, werde der damit verbundenen Klageän-
derung widersprochen. Erläuternd führt die Beklagte zum Kontoauszug aus, dass dieser
generell alle festgesetzten Steuern, die noch offenen Steuerschulden sowie Verzugszin-
sen in chronologischer Reihenfolge aufliste. Es ließen sich mithin die an das Finanzamt
entrichteten Zahlungen des Insolvenzschuldners ablesen. Sogenannte „Verdichtungen"
würden vom IT-System in Einzelfällen automatisch zur Komprimierung der Datenmenge
durchgeführt, wobei bei komplexen Steuerfällen einzelne Buchungen zusammengefasst

würden.

In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Vertreter der Beklagten zur Praxis bei
der Zurverfügungstellung von Steuerkontenauszügen befragt. Für das Ergebnis der Be-
fragung wird auf die Verhandlungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelhei-
ten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie auf
die Sachakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhand-

lung gewesen sind.
7

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

l. Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Verpflichtungsklage in Form der Versa-
gungsgegenklage gem. 8 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig
(vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 17.12.2013, 3 Bf 236/10, juris Rn. 20).

ll. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die die Schuldnerin betreffende
finanzbehördliche Vollstreckungsakte aufgrund von $1 Abs.2 des Hamburgischen
Transparenzgesetzes vom 19. Juni 2012 (HmbG\VBl. S. 271), wonach jede Person nach
Maßgabe dieses Gesetzes einen Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informati-
onen der auskunftspflichtigen Stellen hat. Der Kläger ist als natürliche Person, unbescha-
det seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter, vom persönlichen Anwendungsbereich der
Anspruchsnorm erfasst, da & 1 Abs. 2 HmbTG „jeder Person“ Zugang gewährt (vgl. zu $ 1
Abs. 1 IFG (Bund) OVG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2012, 5 Bf 241/10.Z, juris Rn. 10).
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Der Informationsanspruch bezüglich der aus der Vollstreckungsakte ersichtlichen Informa-
tionen ist indes nach $5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht
kein Informationsanspruch nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz für „Vorgänge
der Steuerfestsetzung und Steuererhebung“. Der Senat hat diesen Ausschlussgrund in
seinem Beschluss vom 17. Dezember 2013 (3 Bf 236/10, juris Rn. 22) dahingehend ver-
standen, dass unter das Begriffspaar „Steuerfestsetzung und Steuererhebung" alle Vor-
gänge zu fassen sind, die unmittelbar die Bestimmung und Durchsetzung der Steuerfor-
derung im konkreten Einzelfall betreffen. Zur Begründung hat der Senat insbesondere
darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber mit den Ausnahmen von der Informationspflicht
in 85 HmbTG die Arbeitsfähigkeit der dort bezeichneten Stellen schützen wollte und im
Bereich der Steuerverwaltung ein Informationszugang zu den auf die Steuerpflichtigen
bezogenen Vorgängen der Ermittlung und der Bestimmung des jeweiligen Anspruchs so-
wie der Steuererhebung einschließlich der Vollstreckung regelmäßig mit erheblichem
Aufwand verbunden wäre, weil es sich ganz überwiegend um personenbezogene Daten
handle, die nach $ 4 HmbTG zu schützen seien. Hieran hält der Senat fest. Die vom Klä-
ger angeführte Rechtsprechung anderer Länder, wonach Insolvenzverwaltern aufgrund
der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze weitergehende Rechte gegenüber der Finanz-
verwaltung eingeräumt seien, führt zu keiner anderen Betrachtung, weil sie nicht die Aus-
nahmevorschrift des 85 Nr. 4 HmbTG, sondern anders ausgestaltetes Recht anderer
Länder betrifft. Wenn der Kläger den ‚leitenden Gedanken“ aus $ 760 ZPO für die Finanz-
verwaltung im Rahmen der Entscheidung über ein Informationszugangsbegehren auf-
grund des Hamburgischen Transparenzgesetzes fruchtbar machen will und meint, die
Finanzverwaltung könne sich dem in 8 760 ZPO verwirklichten Rechtsstaatsprinzip nicht
entziehen, vermag auch diese Argumentation keine andere Auslegung des $5 Nr. 4
HmbTG zu rechtfertigen. Denn ein voraussetzungsloses, umfassendes und jedermann
zustehendes Einsichtsrecht in Vollstreckungsakten ist weder durch $ 760 ZPO, das
Rechtsstaatsprinzip oder durch einen sonstigen Rechtsgrundsatz geboten. Soweit der
Kläger auf Verwaltungsvorschriften hinweist, wonach die Vollstreckungsstelle dem Voll-
streckungsschuldner eine Bescheinigung über vom Drittschuldner geleistete Zahlungen
erteilen müsse, führt dies nicht weiter, weil der Kläger nicht eine solche Bescheinigung

begehrt. Auch der vom Kläger herangezogene Beschluss des Landgerichts Hamburg vom

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9. Dezember 2014 (326 T 149/14, juris) ist nicht einschlägig. In dem vom Landgericht
Hamburg entschiedenen Fall hatte das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwal-
ter aufgrund von $ 5 InsO ermächtigt, die Steuerakten der Schuldnerin einzusehen. Dies
ist vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen beruft sich der Kläger nicht auf ein Akteneinsichts-
recht zu einem bestimmten Zweck (etwa der Ermittlung der für das Insolvenzverfahren
relevanten Umstände), sondern er nennt gerade keinen Zweck seines Gesuchs, weil er

sich auf das Informationsrecht als Jedermann-Recht beruft.

Das Hamburgische Transparenzgesetz begründet auch keinen Anspruch auf Entschei-
dung nach Ermessen in den von der Informationspflicht ausgeschlossenen Fällen (OVG
Hamburg, Urt. v. 17.12.2013, 3 Bf 236/10, juris Rn. 26).

2. Der Kläger hat ferner kein Auskunftsrecht als Insolvenzverwalter wegen möglicher
Anfechtungsansprüche nach Treu und Glauben gemäß $ 242 BGB (i.V.m. $ 143 InsO).
Dieses Auskunftsrecht greift nur, wenn der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach fest-
steht (BGH, Urt. v. 13.8.2009, IX ZR 58/06, juris Rn. 7; BFH, Beschl. v. 14.4.2011,
VII B 201/10, juris Rn. 16), was vorliegend nicht der Fall ist.

3. Des Weiteren kann der Kläger keinen Anspruch aufgrund einer im Ermessenswe-
ge zur Verfügung zu stellenden Information herleiten. In der Rechtsprechung ist aner-
kannt, dass ein Steuerpflichtiger, der um Akteneinsicht nachsucht, einen (insbesondere
aus dem Rechtsstaatsprinzip i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG hergeleiteten) Anspruch auf pflicht-
gemäße Ermessensentscheidung hierüber hat, wobei das Finanzamt im Rahmen einer
Interessenabwägung die Belange des Steuerpflichtigen gegen die Belange der Behörde
abzuwägen hat (siehe z.B. BFH, Beschl. v. 4.6.2003, VII B 138/01, BFHE 202, 231 = juris
Rn. 6 f. m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass die Akteneinsicht während eines Ver-
waltungsverfahrens genommen werden soll (BFH a.a.O.), oder dass die Auskunft jeden-
falls der Wahrnehmung von Rechten in einem bestehenden Steuerrechtsverhältnis dienen
kann (BFH, Beschl. v. 14.4.2011, VIl B 201/10, juris Rn. 14 m.w.N.). Beides ist vorliegend

nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

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