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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
3 K 1478/14
Datum
22. April 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Mainz
Gesetz
Landestransparenzgesetz Rheinland-Pfalz (LTranspG)
Landestransparenzgesetz Rheinland-Pfalz (LTranspG)

Urteil: Verwaltungsgericht Mainz am 22. April 2015

3 K 1478/14

Das Verwaltungsgericht verneint den Anspruch gegenüber einer Stadtverwaltung auf Herausgabe von Informationen über ein Energieversorgungsunternehmen, an dem die Stadt beteiligt ist. Nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz besteht eine solche Informationspflicht nur, soweit die Stadt sich einer Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe bedient. Es besteht aber keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, als Energieversorgungsunternehmen am Markt teilzunehmen; diese Tätigkeit stellt daher nur eine öffentliche Aufgabe dar. Darüber hinaus ist die beklagte Stadt auch nicht verpflichtet, Informationen von Privaten zu beschaffen. Das Gesetz zielt vielmehr darauf ab, dem Bürger den Kenntnisstand zu vermitteln, über den auch die Behörde verfügt. Zudem besteht ein Vorrang der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Landesinformationsfreiheitsgesetz. Das gilt auch bei der Beteiligung von Kommunen an Privatunternehmen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Zuständigkeit

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3 K 1478/14.MZ gez. Klein Justizbeschäftigte als Urkunds- beamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT MAINZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit - Klägerin - Prozessbevollmächtigte: gegen - Beklagte - beigeladen: Prozessbevollmächtigte: wegen       Kommunalrecht; Auskunft nach Landesinformationsfreiheitsgesetz
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-2- hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2015, an der teilgenommen haben Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Lang Richter am Verwaltungsgericht Ermlich Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wabnitz ehrenamtlicher Richter Maschinenbautechniker Wildner ehrenamtliche Richterin Friseurmeisterin Bittner für Recht erkannt: Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beigeladenen gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abzuwenden, wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. T a t b e s t a n d Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Zugang zu Informationen nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz – LIFG –. Die Beigeladene ist ein als Aktiengesellschaft organisiertes Energieversorgungs- und Energieerzeugungsunternehmen. An diesem ist die beklagte Stadt über die Stadtwerke M. AG zu 50 % beteiligt. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen ist Unternehmenszweck die              Erzeugung,     Bereitstellung und Verteilung von Energie sowie die Entsorgung einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen auf vorgenannten Gebieten. Die Beigeladene beschloss im Jahr 2006 die Errichtung eines Kohlekraftwerks auf der I. Aue. Nach Widerstand in der Bevölkerung und auf kommunalpolitischer Ebene wurde dieser Plan im Jahr 2012 aufgegeben. -3-
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-3- Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr Informationen in schriftlicher Form zugänglich zu machen. Sie fragte nach den der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk entstandenen Kosten sowie nach eventuellen Vertragsstrafen oder Kompensationsgeschäften, nach der Schaffung     von    Arbeitsstellen  in    diesem    Zusammenhang      sowie     nach Rückstellungen und deren Auflösung sowie nach Gewinnabführungsverein- barungen. Zur künftigen Entwicklung der Beigeladenen fragte die Klägerin nach Vorstellungen    oder Planungen       zur   Verwendung    des für    das   Kraftwerk vorgesehenen Grundstücks, zur Nutzung des bestehenden GuD-Gaskraftwerks nach Auslaufen des bestehenden Gaslieferungsvertrags sowie zum Vorhanden- sein eines Konzepts zur Erzeugung und Bereitstellung von Energie und zu damit verbundenem Personalaufwand. Weiter stellte sie Fragen zur Dauer und etwaigen Verlängerung der Verträge der Vorstandsmitglieder der Beigeladenen. Die Beklagte leitete die Fragen an die Beigeladene weiter und bat um Prüfung und Stellungnahme. Im Februar 2013 erweiterte die Klägerin ihren Fragenkatalog. Unter Hinweis auf Medienberichte, nach denen die Beigeladene Karten für eine Fastnachtssitzung abgenommen und diese an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter verteilt haben solle, fragte die Klägerin, ob dies zutreffe, an wen die Karten verteilt worden seien, wonach die Auswahl erfolgt sei, wie teuer die Karten gewesen seien und ob weitere Kosten übernommen worden seien. Weiter fragte sie, ob der Vorstand informiert gewesen sei und selbst teilgenommen habe sowie ob und mit welchen Kosten die Beigeladene häufiger Gäste einlade und ob der Vorstand darüber informiert sei. Die Beigeladene nahm mit Schreiben vom 26. Februar 2013 gegenüber der Beklagten Stellung. Eine Pflicht zur Erteilung der begehrten Auskünfte bestehe nicht. Zwar stehe einer auskunftspflichtigen Behörde nach § 2 Abs. 3 LIFG eine Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediene oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen habe. Dies sei aber nicht der Fall. Eine öffentlich-rechtliche Aufgabe sei nur gegeben, wenn die Aufgabe der Kommune durch eine öffentlich-rechtliche Norm auferlegt worden sei. Bei der -4-
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-4- Energieversorgung handele es sich nicht um eine solche Aufgabe. Wegen der Liberalisierung des Energiesektors obliege die Energieversorgung nicht dem Staat. Kommunen hätten die Möglichkeit, nicht aber die Pflicht, in diesem Bereich tätig zu werden. Zudem stünden einer Auskunftserteilung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entgegen. Die Fragen beträfen sämtlich technisches und kaufmännisches Wissen. Die Beantwortung der Fragen würde Mitbewerbern Rückschlüsse auf die Betriebsführung, die Kostenkalkulation und Entgelt- gestaltung sowie auf die betrieblichen Verfahrensabläufe ermöglichen. Auch aus aktienrechtlichen Gründen ergebe sich eine Verschwiegenheitsverpflichtung des Vorstands. Die Fragen beträfen Finanzdaten sowie Details der Personal- und Unternehmensplanung, die unter die Verschwiegenheitsverpflichtung fielen. Mit Bescheid vom 18. März 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Es bestehe keine Informationspflicht. Sie bediene sich der Beigeladenen nicht zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe. Die Tätigkeit der Beigeladenen, insbesondere die unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des Kohlekraft- werks, sei keine Verwaltungstätigkeit, die sie, die Beklagte, ansonsten vorgenommen hätte. Anders als im Bereich der Wasserversorgung gebe es infolge der Liberalisierung des Energiemarkts keinen öffentlichen Träger der Stromversorgung mehr. Die Beigeladene sei ein privatrechtliches Unternehmen, das im Wettbewerb mit vergleichbaren Unternehmen stehe. Selbst bei Annahme einer Informationspflicht ergäben sich jedoch Ablehnungsgründe. Aus den aktienrechtlichen Vorschriften folge eine Verschwiegenheitspflicht. Einige Fragen bezögen sich nicht auf vorhandene amtliche Informationen. Das Landes- informationsfreiheitsgesetz gewähre keinen Auskunftsanspruch allgemeiner Art. Die Fragen zur Fastnachtssitzung beträfen keine dienstlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dürfe nur gewährt werden, wenn der Betroffene eingewilligt habe. Auch hieran fehle es. Unter dem 9. April 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein. Bei der Beigeladenen handele es sich um ein kommunales Unternehmen, die gestellten Fragen seien von öffentlichem Interesse. Die Erzeugung von Energie sei eine klassische Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, der die Beklagte über einen in privatrechtlicher Organisationsform eingerichteten Betrieb nachkomme. Eine -5-
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-5- Aufgabe werde bereits dann zu einer öffentlichen Aufgabe, wenn der Staat sich ihrer annehme, und zwar auch dann, wenn zu ihrer Übernahme keine besondere Verpflichtung bestehe. „Öffentlich-rechtlich“ erfasse nicht nur staatliche Aufgaben, die sich aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ableiten ließen, sondern auch solche gemeinwohlerheblichen Aufgaben, die der Staat durch eigene Initiative zur öffentlichen Aufgabe gemacht habe. Damit sei auch die Energieversorgung erfasst. Es handele sich vorliegend um eine Organisationsprivatisierung, die Beigeladene sei als „Werkzeug“ eingesetzt. Um den Informationsverlust durch die Einbindung des „Werkzeugs“, dessen Handeln sich die Behörde als Eigenes zurechnen     lassen   müsse,     auszugleichen,   unterliege   auch    das   private Unternehmen dem Informationsauskunftsanspruch. Ansonsten käme es zu einer „Flucht ins Privatrecht“. Es bestehe zwar kein Direktanspruch gegen Private, die Behörde müsse sich aber die Informationen von dort beschaffen. Zumindest hinsichtlich eines Teils der erbetenen Informationen verfüge die Beklagte auch über Aufsichtsratsprotokolle, Gutachten und Jahresabschlussberichte. Ausnahme- tatbestände seien nicht durchgreifend. Es sei bereits fraglich, ob der Beigeladenen eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse möglich sei. Gehe man davon aus, dass es sich dabei um einen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG – abgeleiteten Geheimnisschutz handele, könnten sich öffentliche Stellen nicht ohne weiteres darauf berufen. Dies gelte auch für juristische Personen des Privatrechts, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnähmen. Der Bescheid der Beklagten lasse zudem Ausführungen vermissen, welche Geheimnisse überhaupt konkret einer Auskunft entgegenstehen sollten. Die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung sei im Einzelnen darzulegen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Anwendungsbereich des Landes- informationsfreiheitsgesetzes sei nicht eröffnet, weil die Beigeladene nicht unter § 2 Abs. 3 LIFG falle. Maßgeblich sei, ob die Beigeladene als private Person zur Erfüllung einer Aufgabe eingesetzt werde, die der Behörde durch eine öffentlich- rechtliche Bestimmung auferlegt worden sei. Die Energieerzeugung und Energieversorgung sei nach der Liberalisierung des Strommarktes keine solche Aufgabe. Eine gesetzliche Grundlage für diese sei nicht ersichtlich, anders als etwa im Bereich der Wasserversorgung. Offen bleiben könne daher, ob die -6-
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-6- Beklagte eine Informationsbeschaffungspflicht bei der Beigeladenen habe, was tendenziell zu verneinen sei. Hinsichtlich der teilweise vorliegenden Informationen in Form von Aufsichtsratsprotokollen bestehe kein Anspruch auf Einsichtnahme. Die Ausschussprotokolle lägen der Beklagten auch nicht als auskunftspflichtiger Behörde vor, sondern ausschließlich dem Oberbürgermeister als Aufsichtsrats- mitglied der Beigeladenen. Mit ihrer unter dem 14. Mai 2013 – zunächst als Untätigkeitsklage – erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Auskunftsbegehren weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruch. Die Energieversorgung sei und bleibe trotz der Öffnung des Energiesektors eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Beklagte erfülle ihre Aufgabe der örtlichen Energieversorgung über eine Beteiligung ihrer Stadtwerke an der Beigeladenen. Die Beklagte habe auch durchaus Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen. Sie entsende mit dem Oberbürgermeister sechs Stadtratsmitglieder in den 18köpfigen Aufsichtsrat, so dass darüber aber auch über                   die Hauptversammlung durch die Stadtwerke M. AG Einfluss genommen werden könne. Es gehe im Übrigen gar nicht um § 2 Abs. 3 LIFG. Ihr Informations- anspruch ergebe sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 2. Alt. LIFG. Es handele sich um einen klassischen Fall der formellen Aufgabenprivatisierung, bei der die Beklagte eine von ihr einst übernommene Aufgabe in Form einer privaten Gesellschaft, an der sie weiterhin maßgeblich als Eigentümerin beteiligt sei, wahrnehme. Soweit die Beklagte nicht über die Informationen verfüge, müsse sie sich diese von der Beigeladenen beschaffen; ansonsten laufe der Informationsanspruch faktisch ins Leere. Jedenfalls im Innenverhältnis bestünde eine Pflicht zur Bereitstellung der Information durch die Beigeladene. Gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten seien dabei nicht maßgeblich. Da das Projekt Kohlekraftwerk nicht weiter verfolgt werde, sei insoweit ausgeschlossen, dass Wettbewerbsnachteile zu befürchten seien, die einen Geheimnisschutz rechtfertigen könnten. Die Klägerin hat mit bei Gericht am 5. Juni 2013 eingegangenem Schriftsatz ihre Klage – unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Antrag an die Beklagte – um eine Frage zur Fastnachtssitzung erweitert, nämlich wer die Einladungen angenommen habe. Mit Schriftsatz vom 8. August 2014 hat die Klägerin den -7-
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-7- Rechtsstreit hinsichtlich der in ihrer Klageschrift unter Ziffer II.2 aufgeführten Frage, wie das bestehende GuD-Gaskraftwerk nach Auslaufen des bestehenden Gaslieferungsvertrags genutzt werden solle, für erledigt erklärt. In einer Pressemitteilung der Beigeladenen sei über einen Anschluss-Gasliefervertrag informiert worden, in einem Zeitungsbericht über eine Generalüberholung des Kraftwerks. In der mündlichen Verhandlung haben Beklagte und Beigeladene den Rechtsstreit insoweit ebenso für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 20. April 2015 hat die Klägerin weitere Fragen zum Gegenstand ihrer Klage gemacht, die sich auf die (gestiegene) Anzahl der Vorstandsmitglieder sowie deren Verträge beziehen. Beklagte und Beigeladene haben in der mündlichen Verhandlung in die Klageerweiterung eingewilligt. Die Klägerin beantragt nunmehr, die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Novem- ber 2013 zu den in dem Schriftsatz vom 14. Mai 2013 genannten Fragen I., den Fragen II. 1., 3. und 4., den Fragen III. und IV., zu der im Schriftsatz vom 3. Juni 2013 genannten Frage und den im Schriftsatz vom 20. April 2015 genannten Fragen Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren. Die gestellten Fragen lauten wie folgt: …………………………. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie tritt der Klage entgegen. Ihr bisheriges Vorbringen ergänzend und vertiefend trägt sie weiter vor: Sie sei lediglich mittelbar an der Beigeladenen beteiligt, ohne rechtlichen Einfluss auf diese ausüben zu können. Zum Thema „Kohlekraftwerk“ verfüge sie lediglich über Aufsichtsratsprotokolle der Stadtwerke M. AG, kaum Protokolle von Aufsichtsratssitzungen der Beigeladenen, verschiedene Gutachten sowie Jahresabschlussberichte der Beigeladenen in Auszügen. Nach Durchsicht der Unterlagen seien die meisten Fragen der Klägerin hieraus nicht zu beantworten. Die Beigeladene beantragt, -8-
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-8- die Klage abzuweisen. Auch die Beigeladene tritt der Klage entgegen. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor: § 2 Abs. 1 2. Alt. LIFG sei hier nicht maßgeblich. Dort würden nur die möglichen Handlungsformen angesprochen, wenn die Behörde selbst unmittelbar tätig werde; die Beteiligung einer Behörde an einer juristischen Person des Privatrechts falle jedoch nicht darunter. Die Möglichkeit der Berufung auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bestehe auch zu ihren Gunsten. Die Frage der Grundrechtsfähigkeit spiele hier keine Rolle. Auch wenn das Projekt „Kohlekraftwerk“ beendet sei, beeinflussten diese Vorgänge weiterhin die wirtschaftlichen Verhältnisse und seien daher vertraulich. Die uneingeschränkte Offenlegung     der    begehrten    Informationen     würde    Rückschlüsse      auf Betriebsführung, Wirtschafts- und Marktstrategie und die Kostenkalkulation ermöglichen, z. B. Interna aus der Vertragsgestaltung, betriebliche Organisations- abläufe, Planungen und Strategien, Geschäftsausrichtung und Geschäftspolitik. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren analog § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einzustellen und nach § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten zu entscheiden. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO), gerichtet auf die Gewährung des Zugangs zu Informationen auf Grundlage des rheinland- pfälzischen Landesinformationsfreiheitsgesetzes – LIFG –, zulässig. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. April 2015 ihren ursprünglichen Fragenkatalog um -9-
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-9- weitere Fragen erweitert hat, ist die darin zu sehende Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da Beklagte und Beigeladene eingewilligt haben. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Informationsgewährung zu den von ihr gestellten Fragen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Klagebegehren kann nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG gestützt werden. Danach hat jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 LIFG genannten Behörden nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen. Der Klägerin steht dieser Anspruch nicht zu. Sie ist zwar anspruchsberechtigt, für die von ihr begehrten Informationen ist die Beklagte jedoch nicht anspruchsverpflichtet. Es fehlt auch an weiteren Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag. 1. Als natürliche Person ist die Klägerin nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG anspruchs- berechtigt, und zwar unabhängig davon, aus welchem Interesse der Informations- zugang      geltend    gemacht   wird.  Der   Informationsanspruch    nach     dem Landesinformationsfreiheitsgesetz         ist     insoweit      voraussetzungslos (vgl. LT-Drs. 15/2085, S. 9, 11, 12). 2. Die Beklagte ist für die von der Klägerin begehrten Informationen, die sämtlich auf die privatrechtlich organisierte Beigeladene und deren Geschäftstätigkeit gerichtet sind, jedoch keine anspruchsverpflichtete Behörde nach § 2 LIFG. Damit ist bereits nicht der Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetzes eröffnet. Die Beklagte ist weder nach § 2 Abs. 1 LIFG anspruchsverpflichtet noch ergibt    sich    eine   Anspruchsverpflichtung    aus   §   2   Abs.    3    LIFG (i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 LIFG). Nach § 2 Abs. 1 LIFG gilt das Landesinformationsfreiheitsgesetz (u.a.) für Behörden der Gemeinden, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben. § 2 Abs. 3 LIFG stellt den Behörden natürliche oder juristische Personen des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich einer solchen Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben - 10 -
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- 10 - übertragen wurde. Auch in diesem Fall ist der Antrag nach § 5 Abs. 1 Satz 3 LIFG an die Behörde zu richten, die sich der Person bedient. Eine Anspruchsverpflichtung der Beklagten aus § 2 Abs. 1 LIFG scheidet vorliegend aus. § 2 Abs. 1 LIFG bestimmt, dass es für das Bestehen der Informationspflicht unerheblich ist, ob sich die Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Handlungsformen bedient (vgl. LT-Drs. 15/2085, S. 11). Maßgeblicher Gehalt dieser Regelung ist somit, dass es für die Informationsgewährung ohne Bedeutung ist, in welcher Form die Behörde ihre Verwaltungstätigkeit ausübt. Aus der Systematik des § 2 LIFG, insbesondere aus der Gesamtschau mit § 2 Abs. 3 LIFG, ergibt sich, dass § 2 Abs. 1 LIFG dabei ein eigenes (Verwaltungs-)Handeln der Behörde, gleich in welcher Form, im Blick hat. Die Fälle, in denen sich die Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben hingegen selbständiger privater Personen oder Unternehmen bedient, werden von § 2 Abs. 3 LIFG erfasst (vgl. LT-Drs. 15/2085, S. 11). Diese Bestimmung enthält eine vorgehende „Sonderregelung“ bei der Einschaltung selbständiger privater Personen. Die Energieversorgung und der darauf gerichtete Geschäftsbetrieb der Beigeladenen stellt vorliegend keine eigene Tätigkeit der Beklagten dar, sondern wird von der als Aktiengesellschaft organisierten Beigeladenen ausgeführt. Die Beklagte ist zwar – mittelbar – an der Beigeladenen beteiligt; der Geschäftsbetrieb der Beigeladenen wird von dieser aber als selbständige private Person – wenn auch im Eigentum der öffentlichen Hand – wahrgenommen. Für diese Konstellationen ist nicht § 2 Abs. 1 LIFG, sondern § 2 Abs. 3 LIFG einschlägig (siehe in diesem Sinne auch Schoch, IFG Kommentar, 2009, § 1 Rn. 76). Die Beklagte ist indes auch nicht nach § 2 Abs. 3 LIFG anspruchsverpflichtet, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht gegeben sind. § 2 Abs. 3 LIFG setzt voraus, dass sich die Behörde einer Privatperson zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dass dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wurde. Da die Beigeladene mit ihrer Geschäftstätigkeit der Energieerzeugung und Energieversorgung keine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Beklagten erfüllt, kommt § 2 Abs. 3 LIFG vorliegend jedoch nicht zum Tragen. Die Energieversorgung ist keine der - 11 -
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