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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
12 B 14.13
Datum
6. November 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 6. November 2014

12 B 14.13

Das Oberverwaltungsgericht bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang. Es kann dahinstehen, ob, wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen war, dem Bundeskanzleramt die Verfügungsberechtigung an den Unterlagen fehlen könne, da der Informationszugang bereits nach einer Ausnahmevorschrift des Informationsfreiheitsgesetzes zum Schutz besonderer öffentlicher Belange - hier der Nachrichtendienste - ausgeschlossen ist. Diese Ausnahme gilt auch gegenüber dem Bundeskanzleramt als Aufsichtsbehörde über den Bundesnachrichtendienst. Mit der Bereichsausnahme soll sichergestellt werden, dass alle Tätigkeiten der Dienste vom Informationszugang ausgeschlossen sind. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Kosten Sicherheitsaspekte Aufsichtsaufgaben

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Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 6. November 2014 OVG 12 B 14.13                                          Schumann, Justizbeschäftigte VG 2 K 57.12 Berlin                                     als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache Klägers, Berufungsklägers und Berufungsbeklagten, bevollmächtigt: gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin, Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin, bevollmächtigt: hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Böcker, die ehrenamtlichen Richterinnen Köster-Brons und Kammler für Recht erkannt: Die Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurück- gewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 49/50 und die Beklagte zu 1/50. -2-
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-2- Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe das aufgrund des Urteils vollstreck- baren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstre- ckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des Vollstreckungsbetrages leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger ist als Journalist für eine bekannte deutsche Boulevardzeitung tätig. Er begehrt Zugang zu Informationen über die Rote Armee Fraktion - RAF - im Zu- sammenhang mit den Terroranschlägen während des sog. deutschen Herbstes. Im März 2011 beantragte der Kläger beim Bundeskanzleramt Einsicht in Kopien der dort vorhandenen Akten zu S_____ B_____, J_____ und H_____ S_____, zu der Entführung des Lufthansaflugzeugs „Landshut“ und zur Ausbildung von Terro- risten in Camps im Jemen bzw. Auskunft darüber, welche Unterlagen an das Bu n- desarchiv übergeben worden seien. Das Bundeskanzleramt gewährte dem Kläger zunächst in zwei Teilentscheidu n- gen Informationszugang zu insgesamt 9 bzw. 32 Unterlagen des Bundeskanzler- amtes und teilte in einer weiteren Teilentscheidung mit, welche Unterlagen es an das Bundesarchiv abgegeben habe. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 (Vierte Teilentscheidung) gewährte das Bundeskanzleramt Informationszugang zu 59 weiteren Unterlagen; teilweise stellte es die Entscheidung über den Antrag zu- rück. Im Übrigen wurde der Zugang hinsichtlich 421 Unterlagen versagt. Das Bundeskanzleramt berief sich dafür im Wesentlichen auf Versagungsgründe des Bundesarchivgesetzes mit Ausnahme der Dokumente 406 – 418 und 421. Urheber der Dokumente 406 - 411 sei das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Doku- mente 412, 413, 415 - 418 (später korrigiert auf 412 – 418) stammten vom Bun- desnachrichtendienst und seien im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht zu der zuständigen Abteilung 6 des Kanzleramts gelangt. Der Geheimhaltungsschutz gegenüber den Nachrichtendiensten müsse sich auch auf diese Unterlagen er- -3-
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-3- strecken, weil anderenfalls die maßgebliche Bereichsausnahme des Informations- freiheitsgesetzes (IFG) umgangen werden könne. Im Übrigen seien die Unterla- gen als Verschlusssachen eingestuft. Das Dokument 421 betreffe Inhalte e ines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens; insoweit seien Regelungen der Strafpro- zessordnung vorrangig. Auf den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers gewährte das Bundeskanzleramt mit „Schluss- und Widerspruchsbescheid“ vom 16. April 2012 über die Teilbescheide 1 – 4 hinaus Zugang zu weiteren Informationen. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab und wies den Widerspruch zurück. Zur Begrün- dung hieß es, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe auf Nachfrage an der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen festgehalten; auch hin- sichtlich der Dokumente des Bundesnachrichtendienstes müsse das Bundeskanz- leramt als dessen Dienst- und Fachaufsichtsbehörde wegen des umfassenden Schutzes des § 3 Nr. 8 IFG keine weiteren Versagungsgründe vortragen. Im Übr i- gen enthielten die Dokumente 412 – 417 Namen und Funktionen von Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes, das Dokument 418 den Klarnamen sowie ident i- fizierende Angaben eines Informanten des Bundeskriminalamtes. Mit dem Bescheid setzte das Bundeskanzleramt für den „Bereich, der ausschließ- lich nach dem IFG bearbeitet wurde“, eine Gebühr in Höhe von 231,25 Euro fest und erhob Auslagen in Höhe von 71,65 Euro. Ferner setzte es eine Wider- spruchsgebühr in Höhe von 135,00 Euro fest. Einen erneuten Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung des Zugangs zu drei ungeschwärzten Unterlagen, darunter die Passagierliste der entführten Luft- hansamaschine „Landshut“, wies das Bundeskanzleramt nachfolgend (bestands- kräftig) zurück. Am 3. Mai 2012 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 16. April 2012 (im Übr i- gen) Klage erhoben (VG 2 K 57.12). Soweit es die im Bescheid nach dem Bun- desarchivgesetz beurteilten Unterlagen betrifft, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren abgetrennt (VG 2 K 13.13). Die Klage gegen die Erhebung von Ausla- gen hat der Kläger zurückgenommen. -4-
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-4- In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Teile aus den Dokumenten 415 – 417 und 421 (in Ablich- tung) zugänglich zu machen. Im Umfang dieser Klaglosstellung haben die Betei- ligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die verbliebene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Mai 2013 überwiegend abgewiesen; lediglich hinsichtlich des Berichts des Generalbunde s- anwalts vom 10. August 1994 nebst Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bu n- desgerichtshofs (Dokument 421, S. 27 d. Bescheides vom 22. Dezember 2011) hat es die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet und die Festsetzung der Wi- derspruchgebühr aufgehoben, soweit sie 30 Euro übersteigt. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt: Die Dokumente 406 – 418 und 421 seien dem Bun- desarchiv bislang nicht als Archivgut übergeben worden, so dass die darin entha l- tenen Informationen nicht den Vorschriften des Bundesarchivgesetzes unterlägen, die das Informationsfreiheitsgesetz verdrängten. Für das Dokument 421 seien die §§ 474 ff. StPO nicht vorrangig. Sie regelten nur die Akteneinsicht in bzw. Aus- kunft und Übermittlung von Daten aus den dem (Straf-)Gericht vorliegenden oder im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegenden Akten. Ob insoweit der Versagungsgrund des Schutzes personenbezogener Daten eingreife, könne wegen der von der Behörde noch nicht durchgeführten Beteiligung der betroffenen Personen nicht abschließend beurteilt werden. Ohne deren Zustimmung überwi e- ge in der Abwägung die Schutzbedürftigkeit der personenbezogenen Daten. Über die Dokumente 406 – 418 sei das Bundeskanzleramt hingegen nicht verfügungs- berechtigt. Es habe die genannten Unterlagen im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben vom Bundesnachrichtendienst bzw. dem Bundesamt für Verfassungs- schutz erhalten. Damit sei ihm aber nicht zugleich die Verfügungsbefugnis über- tragen worden. Denn die Urheber dieser Unterlagen würden durch eine Be- reichsausnahme für das IFG besonders geschützt, was der Annahme einer Über- tragung der Verfügungsberechtigung entgegenstehe. Die auf 231,25 Euro festge- setzte Verwaltungsgebühr halte sich innerhalb des durch Teil A Nr. 2.2. des G e- bühren- und Auslagenverzeichnisses der Informationsgebührenverordnung (IFG- GebV) vorgegebenen Rahmens. Die Gebührenerhebung verstoße auch nicht ge- gen die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Pressefreiheit. Die Erhebung von Gebühren beeinträchtige die Pressefreiheit weder zielgerichtet, noch habe sie eine der Rechtfertigung bedürftige mittelbar faktische Wirkung. Das Information s- -5-
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-5- freiheitsgesetz forme nicht spezifisch die informationsrechtliche Stellung der Presse aus, sondern sei ein Jedermannsrecht, das bei Inanspruchnahme durch die Presse keine gebührenrechtliche Differenzierung erfordere. Die Presse genie- ße keine allgemeine persönliche Gebührenfreiheit nach dem Verwaltungskosten- gesetz. Die Widerspruchsgebühr dürfe jedoch den vorgesehenen Mindestbetrag nicht übersteigen. Soweit ein höherer Gebührenrahmen nach der Gebühr für den angefochtenen Verwaltungsakt eröffnet werden solle, gehe dies hinsichtlich des ablehnenden Verfügungsteils des Ausgangsbescheides vom 22. Dezember 2011 ins Leere, weil insoweit für den Ausgangsbescheid keine Gebühren zu erheben seien. Eine Auslegung von Teil A Nr. 5 des Gebühren- und Auslagenverzeichnis- ses der IFGGebV, wonach der Begriff „für den angefochtenen Verwaltungsakt“ nicht auf dessen belastenden Verfügungsteil beschränkt bliebe, sondern in einem allgemeinen Sinne an den Ausgangsbescheid einschließlich des eine Gebühren- pflicht auslösenden Verfügungsteils angeknüpfe, verstoße gegen das Äquivalenz- prinzip. Eine gebührenmäßige Gleichbehandlung von Ausgangs- und Wider- spruchsverfahren verbiete sich, wenn das Widerspruchsverfahren nur noch einen Teil des Ausgangsverfahrens betreffe. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und die darin gemachten Zusagen übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Juni 2013 u.a. das Dokument Nr. 421 an den Kläger, ohne darin die mit der Zusage verbundenen Schwärzungen vorzunehmen. Gegen das Urteil haben beide Beteiligte selbständig die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung seines Rechtsmittels macht der Kläger geltend, das Verwa l- tungsgericht habe die Verfügungsbefugnis der Beklagten über die noch im Streit befindlichen Dokumente aus dem Bereich der Nachrichtendienste zu Unrecht ver- neint. Das Bundeskanzleramt habe die Informationen als Aufsichts- und Koordina- tionsbehörde über diese Stellen, jedenfalls im Rahmen eigener Aufgaben erha l- ten, so dass kein Grund bestehe, von der Regel abzuweichen, wonach Überein- stimmung zwischen Besitz und Verfügungsberechtigung bestehe und bei einer gesetzlich geregelten oder zumindest stillschweigend vereinbarten Weitergabe die Verfügungsberechtigung auch bei der empfangenden Stelle liege. Die Frage der -6-
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-6- Verfügungsberechtigung dürfe nicht mit der Prüfung von Ausschlussgründen ve r- mengt werden. Die Ausschlussgründe seien eng auszulegen und lägen hier ge- genüber der Stelle, bei der der Informationszugang beantragt worden sei, nicht vor. Das Verwaltungsgericht beziehe die Ausschlussgründe contra legem in die Prüfung der Verfügungsgewalt ein. Die Verwaltungsgebühren nach dem Informa- tionsfreiheitsgesetz seien bei Presseanfragen im Hinblick auf die Aufgabe der freien Presse in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen „auf null“ zu redu- zieren, um eine abschreckende Wirkung hoher Gebühren und ein Unterlaufen der Zwecke des Gesetzes zu vermeiden. Anträge nach dem IFG seinen wegen der Authentizität der Originalunterlagen ein bedeutsames und vielfach eingesetztes Rechercheinstrument der Presse. Jedenfalls die Reduzierung der Widerspruchs- gebühr auf die Mindestgebühr sei nicht zu beanstanden. Der Kläger beantragt, 1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Mai 2013 teilweise zu ändern und a) die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundes- kanzleramtes vom 22. Dezember 2011 in der Fassung des Schluss- und Widerspruchsbescheides vom 16. April 2012 zu verpflichten, ihm Einsicht in die auf Seite 25 ff. des Bescheides vom 22. Dezember 2011 unter Nr. 406 bis 414, Nr. 416 und Nr. 418 bezeichneten Unterlagen zu ge- währen, b) den Schluss- und Widerspruchsbescheid vom 16. April 2012 hinsichtlich der Gebührenfestsetzung unter Ziffer 3. und 4. aufzuheben, 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt, 1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Mai 2013 teilweise zu ändern und die Klage auch hinsichtlich der Festsetzung der Widerspruchs- gebühr im Schluss- und Widerspruchsbescheid vom 16. April 2012, soweit sie den Betrag von 30 Euro übersteigt, abzuweisen. -7-
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-7- 2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Beklagte führt zur Begründung der von ihr erhobenen Berufung aus, dass das Äquivalenzprinzip einer Auslegung des Gebührenverzeichnisses zur Informations- freiheitsgebührenverordnung in Teil A Nr. 5 nicht entgegenstehe, wonach unter dem „angefochtenen Verwaltungsakt“ der Ausgangsverwaltungsakt insgesamt zu verstehen sei. Gegen eine Festlegung, nach der eine für den Ausgangsbescheid festgesetzte Gebühr die Höhe der Widerspruchsgebühr begrenze, bestünden kei- ne Bedenken. Anders als in der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fallkonstellation, in der sich der Kläger mit dem Widerspruch nur g egen die Ge- bührenfestsetzung wandte, werde hier die ablehnende Sachentscheidung ange- griffen. Der behördliche Aufwand für die Überprüfung der Ablehnung habe jeden- falls demjenigen für die gebührenpflichtige Amtshandlung im Ausgangsverfahren entsprochen, gleichwohl sei der eröffnete Gebührenrahmen nicht ausgeschöpft worden. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Insbesondere lege das Verwaltungsgericht die Vorschrift über die Verfügungsberechtigung nicht contra legem, sondern unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie des sys- tematischen Zusammenhangs aus. Die geregelte Bereichsausnahme dürfe nicht dadurch umgangen werden können, dass die geschützten Informationen von einer anderen Stelle, der sie im Rahmen ihrer Aufgabenstellung zugänglich gemacht worden seien, abgefragt würden. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte auf den Verwaltungsvorgang (zwei Bände), die vorgele- gen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. Entscheidungsgründe I. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen; die (verbliebene) Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig und -8-
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-8- der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Informationszugangs hin- sichtlich der noch im Streit befindlichen Unterlagen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 und 5 S. 1 VwGO). 1. Der Kläger kann sich zwar dem Grunde nach auf die für jeden geltende Berec h- tigung nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes für den Informationsz u- gang zu den noch streitigen Dokumenten des Bundeskanzleramts gemäß §§ 1 Abs. 1 und 3, 2 Nr. 1 IFG berufen. Der Zugang zu diesen Informationen ist aber nach § 3 Nr. 8 IFG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegen- über den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Siche r- heitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen. Die vom Antrag umfassten Dokumente stammen unstreitig vom Bundesamt für Verfassungsschutz und vom Bundesnach- richtendienst bzw. enthalten Informationen des Bundeskriminalamtes, die dieses im Rahmen seiner polizeilichen Aufgaben bei der Terrorismusbekämpfung erlangt hat (vgl. § 10 Abs. 3 SÜG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Feststellung der Behörden mit Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie der der Nachrichtendienste des Bundes und zur Feststellung der öffentlichen Stellen des Bundes und der nicht-öffentlichen Stellen mit lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen – Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung i.d.F. der Bek. vom 12. September 2007, BGBl. I S. 2294). Sie unterfallen damit der gesetzlich angeordneten Bereichsausnahme für die in der Vorschrift genannten Stellen. Das schließt auch die Gewährung des Informationszugangs durch andere Stellen aus, bei denen diese Informationen vorliegen; das gilt jedenfalls dann, wenn die von der Bereichsausnahme erfassten Dienste oder Sicherheitsbehörden die Geheim- haltung reklamieren oder die angerufene Stelle – wie vorliegend das Bundeskanz- leramt hinsichtlich eines Teils der Unterlagen – als Aufsichtsbehörde über den Bundesnachrichtendienst über das Eingreifen der Bereichsausnahme in eigener Zuständigkeit entscheiden kann. Für das Fehlen des Anspruchs auf Informationszugang ist es dabei nicht erheblich und kann im Ergebnis dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht das Bundeskanz- leramt zu Recht als schon nicht verfügungsberechtigt über diese Dokumente g e- -9-
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-9- mäß § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG angesehen hat. Danach entscheidet über den Antrag auf Informationszugang die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Infor- mationen berechtigt ist. Die Norm ist ausweislich der Begründung des Gesetzes als Zuständigkeitsvorschrift zu verstehen (vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 14; BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 – NVwZ 2012, 251, juris Rn. 27), regelt die Entscheidungszuständigkeit im Falle faktischer Verfügungs- möglichkeit über die Information aber nur unvollkommen, soweit sie auf die Be- rechtigung zur Verfügung abstellt. Insofern überzeugt die Argumentation des Klä- gers nicht, die Frage der Zuständigkeit sei völlig „entkoppelt“ von der sich allein nach den materiellen Vorschriften des Gesetzes zu beurteilenden Berechtigung zur Herausgabe der Information. In der Gesetzesbegründung wird synonym der Begriff „Verfügungsbefugnis“ gebraucht; diese soll jedenfalls über die eigene von der Behörde selbst erhobene Information bestehen. Bei von Dritten oder anderen Behörden erhobenen Informationen soll unbeschadet der Ausnahmen im Inform a- tionsfreiheitsgesetz maßgebend sein, ob die Behörde über diese Information kraft Gesetzes oder – gegebenenfalls stillschweigender – Vereinbarung ein eigenes Verfügungsrecht erhält (vgl. BT-Drucks. a.a.O.). Der Hinweis „unbeschadet der Ausnahmen im Informationsfreiheitsgesetz“ deutet darauf hin, dass die materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit der Information nicht schon die Frage der Verf ü- gungsberechtigung als Anknüpfungspunkt für die Entscheidungszuständigkeit über den Antrag regeln soll, sondern die Ausschlussgründe von der entschei- dungsbefugten Stelle gesondert von der Verfügungsbefugnis zu prüfen sind. Maßgeblich für die Verfügungsbefugnis über Informationen anderer Urheber dürf- te danach in erster Linie sein, inwiefern die Information der damit faktisch über sie verfügenden Stelle zur Wahrnehmung eigener Aufgaben überlassen worden ist. Denn das „Arbeiten“ mit der Information bedingt regelmäßig auch die Berecht i- gung, sie weiter zu verwenden und damit gegebenenfalls auch an andere Stellen weiterzugeben. Dies gilt namentlich im Verhältnis von Aufsichtsbehörden zu den ihnen nachgeordneten Behörden, zumal wenn es sich um Fachaufsicht handelt. Es gilt aber grundsätzlich auch im Verhältnis zu Behörden wie dem Bundeskan z- leramt oder den Staatskanzleien der Länder, deren Aufgabe die Vorbereitung des Regierungshandelns ist, die also im allgemeinen nicht unmittelbar exekutiv und verwaltend, sondern informierend, auf- und vorbereitend und koordinierend tätig werden. Auch insoweit werden eigene Aufgaben wahrgenommen und Informatio- nen anderer Behörden und Stellen berechtigt verwendet, so dass darüber angefa l- - 10 -
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- 10 - lene Vorgänge, die aus dem Bereich anderer Behörden stammende Informationen enthalten, regelmäßig den Gegenstand dessen bilden können, worauf sich ein an diese Stelle gerichtetes Informationszugangsbegehren richtet. Das Verwaltungs- gericht hat hieraus zutreffend abgeleitet, dass im Regelfall eine Übereinstimmung zwischen Besitz und Verfügungsberechtigung besteht. Ob vorliegend davon eine Ausnahme zu machen ist, weil die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG sich unabhängig von der einzelnen Information ausnahmslos daran orientiert, dass diese aus dem Bereich der Nachrichtendienste oder einer dem Schutzbereich der Norm zugehörigen Sicherheitsbehörde des Bundes stammt, erscheint fraglich. Führt das Bundeskanzleramt die Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst und koordiniert es die Zusammenarbeit der Nachric h- tendienste untereinander und mit den Sicherheitsbehörden, wird eine Verfü- gungsberechtigung über die bei Wahrnehmung dieser eigenen Aufgaben angefal- lenen Informationen nicht zu verneinen und der Behörde – abweichend von deren eigener Sicht in dem angefochtenen Bescheid – die Entscheidungszuständigkeit für den Antrag des Klägers nicht abzusprechen sein. Die Frage bedarf aber keiner abschließenden Beantwortung, weil die Bereichsausnahme nach § 3 Nr. 8 IFG den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang gegenüber der passivlegitimierten Körperschaft umfassend ausschließt, gleich welche Stelle sie vertritt und über den Antrag entscheidet. Der Senat schließt sich insoweit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsge- richts zur Auslegung des § 3 Nr. 8 IFG unter dem Gliederungspunkt 3 b) bb) (S. 11 – 13 des Urteilsabdrucks) an und nimmt darauf zur Vermeidung von Wie- derholungen gemäß § 130 b Satz 2 VwGO Bezug. Die abweichende enge Auslegung des Klägers, nach der die Bereichsausnahme nur gegenüber den ausdrücklich genannten Behörden gelten soll, führt zu einem nicht auflösbaren Wertungswiderspruch. Denn die Aufgabe der Nachrichtendiens- te liegt in der Beschaffung von Informationen, ohne deren Weitergabe und Aus- tausch eine effiziente exekutive Wahrnehmung des Staatsschutzes nach innen und außen nicht möglich ist. Könnten diese Informationen bei jeder Behörde, an die sie weitergegeben werden, nach dem IFG abgerufen werden, würde der auch nach Auffassung des Klägers gegenüber den von § 3 Nr. 8 IFG erfassten Stellen - 11 -
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