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Aktenzeichen
4 K 466/14
Datum
4. September 2014
Gericht
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 4. September 2014

4 K 466/14

Es besteht kein Anspruch auf Herausgabe einer Diensttelefonliste aller Mitarbeiter eines Jobcenters, weil das schutzwürdige Interesse der Mitarbeiter das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt. Der Kläger, ein ALG II-Empfänger, verfolgt insbesondere kein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den Informationen, es geht ihm nicht um die Kontrolle staatlichen Handelns, sondern um ein privates Informationsinteresse. Zwar komme den personenbezogenen Daten der Mitarbeiter wegen des dienstlichen Bezugs kein hoher Schutz zu, dem Kläger fehlt es jedoch an der spezifischen Nähe zu den begehrten Informationen. Das Jobcenter hat zudem keine größere Hürde in Bezug auf die telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter aufgebaut. Der Personenbezug entfällt auch nicht, wenn die Vor- und Nachnamen der Mitarbeiter geschwärzt werden. Die im Informationsfreiheitsgesetz vorgesehene Rückausnahme der Bearbeiterdaten vom Datenschutz kommt nicht zum Tragen, da der konkrete Bezug zu einem Verwaltungsvorgang fehlt. Zwar bedarf eine Behörde zur Veröffentlichung von Mitarbeitertelefonlisten keiner Ermächtigungsgrundlage (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008, 2 B 131/07). Daraus kann jedoch nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass ein Bürger einen Anspruch auf Herausgabe dieser Informationen hat. (Quelle: LDA Brandenburg)

Drittbetroffenheit Interessenabwägung Personenbezogene Daten

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4 K 466/14.NW                                        Veröffentlichungsfassung! VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn S., - Kläger - Prozessbevollmächtigte:      fsn-recht Rechtsanwälte, Georg-Schumann-Straße 179, 04159 Leipzig, gegen das Jobcenter Landkreis Kaiserslautern, Augustastraße 6, 67655 Kaiserslautern, - Beklagter - wegen         Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz
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-2- hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der Beratung vom 4. September 2014, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Butzinger Richter am Verwaltungsgericht Kintz Richter am Verwaltungsgericht Bender ehrenamtliche Richterin Schwesternhelferin Weber ehrenamtlicher Richter Schornsteinfegermeister Bauer für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm Zugang zur aktuellen 1 Diensttelefonliste aller Mitarbeiter          des Beklagten mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen bzw. Namen der betreffenden Mitarbeiter zu gewähren. Der Kläger ist in Braunschweig wohnhaft und bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – vom dortigen Jobcenter. Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung zwischen der Agentur für Arbeit und dem Landkreis Kaiserslautern und             betreut Bezieher von Arbeitslosengeld II im Landkreis      Kaiserslautern.     Im    Internet    veröffentlicht    der     Beklagte     unter http://www.arbeitsagentur.de/web/……….                die      beiden      Sammelrufnummern …………… (Markt und Integration) sowie …………. (Leistung) sowie die E-Mail- Adresse Jobcenter-Landkreis-Kaiserslautern@jobcenter-ge.de und im                        Internet unter der Seite http://www.kaiserslautern-kreis.de/verwaltung/………….. als erste Ansprechpartnerin für Leistungsberechtigte nach dem SGB II die individuelle 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die männliche Bezeichnung gilt jeweils für beiderlei Geschlecht. -3-
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-3- Durchwahlnummer von Frau R. Zur telefonischen Abwicklung seines Betriebs bedient sich der Beklagte nicht der Hilfe eines Servicecenters. Gebühren für Telefonate werden nicht erhoben. Die telefonische Erreichbarkeit während der Öffnungszeiten stellt der Beklagte dadurch sicher, dass die Mitarbeiter im Sammelruf     eingeloggt   sind. Die   leistungsberechtigten    Hilfeempfänger  im Zuständigkeitsbereich des Beklagten erhalten die Durchwahlen der jeweils mit einem Vorgang zuständigen Bearbeiter. Mit Schreiben vom 26. Dezember 2013 stellte der Kläger beim Beklagten den Antrag, ihm binnen Monatsfrist eine Liste mit allen Durchwahlnummern der Sachbearbeiter und Vermittler, sowie den sachbearbeitenden Mitarbeitern der Widerspruchsstelle (Diensttelefonliste) zur Verfügung zu stellen. Dazu führte er aus, er benötige nicht die Vornamen der Mitarbeiter. Die Nachnamen seien ebenfalls entbehrlich, soweit die Zuständigkeit der Mitarbeiter klar einer Telefonnummer zugeordnet werde. Grund seines Anschreibens sei, dass er in den ihm zugänglichen Informationsquellen, insbesondere dem Internet, keine bzw. keine aktuelle Diensttelefonliste gefunden habe bzw. diese zum Teil nur von Privatpersonen veröffentlicht worden seien, von denen er nicht wisse, ob sie tatsächlich die richtigen bzw. aktuellen Listen veröffentlicht hätten. Für den Fall, dass eine solche bereits veröffentlicht sei, bat der Kläger um Mitteilung der Fundstelle. Der Beklagte reagierte auf das Anschreiben des Klägers in der Folgezeit nicht. Daraufhin hat der Kläger am 17. Mai 2014 Klage erhoben. Er trägt vor, er habe einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten nach dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG). Die dienstlichen Durchwahlnummern der Mitarbeiter des Beklagten seien amtliche Informationen im Sinne dieses Gesetzes. Am Charakter als amtliche Information ändere sich nicht deshalb etwas, weil es vorliegend nicht um die dienstliche Telefonnummer eines einzelnen Mitarbeiters im Zusammenhang mit einem konkreten Verwaltungsvorgang, sondern losgelöst hiervon um die Telefondurchwahlen aller Sachbearbeiter mit Außenkontakt gehe. -4-
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-4- Seinem Informationsanspruch stünden keine Ausnahmetatbestände entgegen. Ausschlussgründe nach den §§ 3, 4 und 6 IFG seien nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht der Ausschlussgrund, dass das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könnte (§ 3 Nr. 2 IFG). Es spreche nichts dafür, dass die Funktionsfähigkeit des Beklagten bei Bekanntgabe der dienstlichen  Telefonnummern       infrage   gestellt wäre.  Es    sei   auch    nicht anzunehmen, dass die Arbeit einer ganzen Behörde lahm gelegt werde, wenn ihre Sachbearbeiter     direkt   telefonisch    erreichbar  seien.    Die     telefonische Kommunikation mit dem Bürger sei selbst Teil behördlicher Aufgabe. Zahlreiche Jobcenter in Deutschland hätten die Diensttelefonnummern ihrer Mitarbeiter ins Internet gestellt, ohne dass es Sicherheitsprobleme jeglicher Art für die betroffenen Jobcenter-Mitarbeiter gegeben hätte. Auch überwiege kein Interesse der Mitarbeiter des Beklagten das Interesse des Klägers am Informationszugang. Mit der Nennung des jeweiligen Nachnamens der Mitarbeiter und deren Telefondurchwahlnummern würden keine in irgendeiner Hinsicht schützenswerten personenbezogenen Daten preisgegeben. Es sei auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zulässig, dem außen stehenden Benutzer einer Behörde, für dessen Bedürfnisse sie eingerichtet worden sei, einen Hinweis darauf zu geben, welche natürlichen Personen als Amtswalter mit der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe betraut und damit in einer auf Außenkontakt gerichteten Behörde für das Publikum die zuständigen Ansprechpartner seien. Zudem spreche das allgemeine Verständnis von der datenschutzrechtlichen Relevanz einer dienstlichen Telefonnummer gegen die Schutzbedürftigkeit eines konkreten Mitarbeiters des Beklagten. Bedienstete einer Behörde hätten grundsätzlich keinen Anspruch darauf, von Publikumsverkehr und von der Möglichkeit,   postalisch   oder   elektronisch   von  außen     mit   ihm    Kontakt aufzunehmen, abgeschirmt zu werden. Seinem Informationsanspruch stehe nach derzeitigem   Kenntnisstand     kein   schützenswertes   Interesse    eines    Dritten entgegen. Mangels schützenswerter eigener Interessen seien die Mitarbeiter des Beklagten keine „Dritten“, die vor der Informationsweitergabe angehört werden müssten. -5-
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-5- Auch Organisationserwägungen fänden als Ausschlussgrund gegen seinen Informationsanspruch im Gesetz keine Stütze. Jedenfalls sei aber der Hilfsantrag, in dem keine Herausgabe von Namen der Mitarbeiter des Beklagten begehrt werde, positiv zu verbescheiden. So stelle die bloße    Herausgabe     einer   Diensttelefonnummer    keine   Herausgabe    von personenbezogenen       Daten    dar.    Anders   als   die  Herausgabe     einer Privattelefonnummer, die etwa durch Telefonanbieter einer konkreten Person ohne deren Mitwirkung zugeordnet werden könne, sei dies bei der Herausgabe einer Diensttelefonnummernliste ohne die Mitwirkungshandlung des jeweiligen Mitarbeiters nicht denkbar. Die Diensttelefonnummer sei regelmäßig nicht einem konkreten Mitarbeiter zugeordnet, sondern der Funktion, die von diesem als Amtswalter ausgeführt werde. Es bleibe dem jeweiligen Mitarbeiter überlassen, ob er bei einem Anruf sich nur mit dem Namen der Behörde oder auch mit seinem Familiennamen melde. Stehe aber eine solche autonome Handlung des potentiell Betroffenen der Personenbezogenheit entgegen, seien die herausgegebenen Daten      noch     nicht    einmal     personenbeziehbar    im    Sinne     des Bundesdatenschutzgesetzes. Der Kläger beantragt, den    Beklagten    zu  verpflichten  dem   Kläger   Zugang  zur   aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter zu gewähren hilfsweise den    Beklagten   zu   verpflichten,  dem  Kläger   Zugang  zur   aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Namen der betreffenden Mitarbeiter zu gewähren. -6-
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-6- Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält die Klage bereits für unzulässig. Der Kläger habe keine Fragestellungen im Sinne des SGB II an den Beklagten herangetragen. Der in Braunschweig wohnhafte Kläger sei kein Leistungsempfänger des hiesigen Jobcenters. Der Kläger benötige die Telefonliste des Beklagten nicht für eigene Zwecke. Insoweit fehle es vorliegend mangels eines konkreten Bearbeitungsvorgangs an der Regelung eines Einzelfalles sowie an einem Rechtschutzbedürfnis des Klägers auf Herausgabe von Durchwahlnummern sowie Mitarbeiternamen mit Zuordnung zu einer Funktion/ Abteilung. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Bei der begehrten Telefonliste handele es sich um keine amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG. Daneben würden die Schutzinteressen der betroffenen Mitarbeiter des Beklagten die Interessen des Klägers, der die Telefonliste des Beklagten nicht für eigene Zwecke benötige, überwiegen. Fragestellungen i.S.d. SGB II würden nicht vorgetragen. Er, der Beklagte, habe jedoch ein Interesse daran, persönliche Daten seiner Mitarbeiter nicht pauschal zur Verfügung zu stellen, ohne dass ein Zusammenhang zu einem konkreten Einzelfall oder Anliegen begründet werden könne. Damit würde den Hilfesuchenden nicht geholfen. Im Gegenteil, sofern veraltete Telefonlisten des Beklagten im Internet kursierten, führe dies zu einer negativen Außendarstellung sowie frustrierten unzufriedenen Ratsuchenden. Gerade deshalb liege es in ihrem alleinigen Ermessen, wie sie sich nach außen präsentiere. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen. -7-
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-7- Entscheidungsgründe Die Klage, über die das Gericht aufgrund des übereinstimmenden Verzichts der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – entscheiden konnte, ist im Haupt- und Hilfsantrag zulässig (1.), in der Sache jedoch in beiden Anträgen unbegründet (2.). 1. Die Klage ist zulässig. 1.1. Sie ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, 9 Abs. 4 Satz 1 IFG als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO statthaft. Der Kläger     begehrt    ausdrücklich    den   Erlass    eines   ihn   begünstigenden Verwaltungsakts. Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung des Zugangs zu der aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten, d.h. einer Telefonliste, in der die Durchwahltelefonnummern derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgeführt sind, die in ihrer amtlichen Tätigkeit Außenkontakt zum Bürger haben, erfolgt - wie § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG verdeutlicht - in Form eines Verwaltungsakts (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2011 – OVG 12 N 20.10 – juris; VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 – AN 4 K 13.01194 –, juris; VG Arnsberg, Urteil vom 31. März 2014 – 7 K 1755/13 –, juris). 1.2. Die Klage ist nicht deshalb unzulässig, weil bei dem Beklagten bislang kein Vorverfahren durchgeführt worden ist und er auch noch keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Grundsätzlich sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Verpflichtungsklage gilt dies entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist (§ 68 Abs. 2 VwGO). § 9 Abs. 4 IFG schreibt die Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Klage ausdrücklich vor. Eine Klage ist aber abweichend von § 68 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig, wenn u.a. über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich -8-
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-8- nicht entschieden worden ist (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 17. Mai 2014 war der Antrag des Klägers auf Informationsgewährung noch nicht beschieden. Der Kläger hat somit eine Frist von mehr als drei Monaten abgewartet, bevor er Klage erhob. 1.3. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus der Erwägung, dass seinem Vortrag nach eine Verletzung seines sich aus § 1 Abs. 1 IFG ergebenden subjektiven Rechts auf Zugang zu den Diensttelefonlisten   des    Beklagten     nicht   offensichtlich   und    eindeutig ausgeschlossen ist. 1.4. Der Beklagte ist als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis für das vorliegende Verfahren beteiligungsfähig gemäß § 61 Nr. 1 VwGO (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 – 26 K 4682/13 –, juris und VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013 – 5 K 981/11 –, juris). Mit Jobcenter wird nach § 6 d SGB II der zugelassene kommunale Träger (Optionskommune) oder die gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II der Bundesagentur für Arbeit und kommunalem Träger bezeichnet. § 6 d SGB II wurde durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 mit Wirkung ab 1. Januar 2011 neu in das SGB II eingefügt. Das Jobcenter steht damit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44 b Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II). 1.5. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dem Kläger auch nicht das Rechtsschutzinteresse abzusprechen, weil dieser in Braunschweig wohnt und kein Leistungsempfänger des beklagten Jobcenters ist, so dass er nach dessen Auffassung die Telefonliste des Beklagten nicht für eigene Zwecke benötige. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 IFG steht der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen jedem ohne Einschränkung zu. Daher sind die Motive des -9-
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-9- Antragstellers     bei   der     Verfolgung     dieses    Anspruchs    für    seine Anspruchsberechtigung unerheblich (s. z.B. Hess. VGH, Urteil vom 29. November 2013 – 6 A 1293/13 –, juris; Schoch, NJW 2009, 2987, 2990). 1.6. Die Klage ist auch nicht als mutwillig anzusehen, weil der Kläger identische Klagen gegen Jobcenter vor zahlreichen Verwaltungsgerichten erhoben hat, so auch bei sämtlichen anderen rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichten. Zwar hat das Informationsfreiheitsgesetz im Gegensatz zu sonstigen Regelungen des Informationszugangsrechts       des    Bundes     (s.   §   8  Abs.   2     Nr.   1 Umweltinformationsgesetz      –    UIG    –    oder    §   3  Abs.   4     Satz   1 Verbraucherinformationsgesetz – VIG –) oder entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen (s. z.B. § 7 Abs. 4 Landesinformationsfreiheitsgesetz Rheinland- Pfalz – LIFG – ) auf die Normierung einer allgemeinen Missbrauchsklausel verzichtet. Gleichwohl ist auch hier der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht ausgeschlossen. Dieser greift, da es wie ausgeführt auf die Motivation des Antragstellers ebenso wenig ankommen soll wie auf die Nützlichkeit der Information (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Auflage 2009, § 9 Rn. 50), aber nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein, beispielsweise bei Klagen, die allein dazu dienen, den Gegner zu schädigen oder das Gericht zu belästigen (vgl. Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014 § 42 Rn. 360). Dabei muss die Schädigungsabsicht des Klägers eindeutig erkennbar sein. Aufgrund der Ausgestaltung des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG und des Vortrags des Klägers ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für eine bewusste Schädigungsabsicht (vgl. VG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 2 K 294.12 –, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 2. Juni 2014 – Au 4 K 14.565 –; zweifelnd VG Dresden, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 6 K 2914/14 –; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Januar 2014 – 1 A 10999/13 –, juris zum Rechtsmissbrauch bei einer hohen Anzahl von Anträgen auf Zugänglichmachung von Umweltinformationen). 2. Die Klage ist in der Sache aber unbegründet. Der Kläger hat gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO weder einen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihm Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter gewährt (2.1.) noch darauf, dass der Beklagte ihm - 10 -
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- 10 - Zugang zu dieser Liste unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Namen der betreffenden Mitarbeiter verschafft (2.2.). Die Unterlassung des Beklagten, einen Bescheid mit dem vom Kläger gewünschten Ausspruch zu erlassen, verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. 2.1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste  aller   Mitarbeiter  des    Beklagten  mit  der Angabe      ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter ist § 1 Abs. 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang     zu    amtlichen     Informationen.     Der   Kläger    ist  grundsätzlich anspruchsberechtigt (2.1.1.) und der Beklagte ist anspruchsverpflichtet (2.1.2.). Der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG (2.1.3.). Zwar stehen dem Informationsanspruch des Klägers nicht die Schutzvorschriften der §§ 3, 4 und 6 IFG entgegen (2.1.4.). Es ist jedoch der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 IFG gegeben (2.1.5.). 2.1.1. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG. Der Informationsanspruch ist voraussetzungslos und besteht, wie oben bereits ausgeführt, unabhängig davon, aus welchem Interesse der Kläger diesen geltend macht. Das IFG soll die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern und die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes, BT-Drucksache 15/4493 Seite 6). 2.1.2. Der Beklagte ist nach § 1 Abs. 1 IFG anspruchsverpflichtet. Zwar ist das Jobcenter keine Behörde des Bundes bzw. ein sonstiges Bundesorgan oder eine sonstige Bundeseinrichtung, sondern gemäß § 6d SGB II eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 44 b SGB II (s. oben). Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ihm gegenüber richtet sich jedoch gleichwohl nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Denn insoweit wird die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes von § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II ausdrücklich angeordnet (s. auch VG Berlin, Urteil vom 5. Juni 2014 - VG 2 K 54.14 -). - 11 -
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