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Aktenzeichen
4 K 726/13
Datum
7. April 2014
Gericht
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)

Urteil: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 7. April 2014

4 K 726/13

Das Verwaltungsgericht verpflichtet eine Gemeinde, einem Anwohner Unterlagen über die Kostenkalkulation einer gemeindeeigenen GmbH zur Verfügung zu stellen, aus denen sich die Zusammensetzung der Endverbraucherpreise für die Nahwärmeversorgung ergibt. Die Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist der öffentlichen Hand grundsätzlich verwehrt. Der Staat kann nicht gleichzeitig Adressat und Berechtigter der Grundrechte sein. Dies gilt auch für juristische Personen des Privatrechts, soweit diese öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge - insbesondere unter Anschluss- und Benutzungszwang - wahrnehmen. Bei Monopolunternehmen und solchen der Daseinsvorsorge ist zudem in der Regel kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Wettbewerb gegeben. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten

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Vermerk: Nachstehende Entscheidung wurde 4 K 726/13.NW                                           durch Beschluss vom 06.05.2014 berichtigt. Neustadt/Wstr., 07.05.2014 Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. - Geschäftsstelle - gez. Groß, Justizbeschäftigte Verkündet am: 7. April 2014 gez. Groß Justizbeschäftigte als Urkunds- beamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn L., - Kläger - Prozessbevollmächtigte:     Nadeschdin I Leischner Rechtsanwälte, Dossenheimer Landstraße 11, 69121 Heidelberg, gegen die Gemeinde Haßloch, vertreten durch den Bürgermeister, Rathausplatz 1, 67454 Haßloch, - Beklagte - Prozessbevollmächtigte:     FPS Rechtsanwälte & Notare, Eschersheimer Landstraße 25-27, 60322 Frankfurt,
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-2- beigeladen: Gemeindewerke Haßloch GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Manfred Schlosser, Gottlieb-Duttenhöfer-Straße 27, 67454 Haßloch, Prozessbevollmächtigte:         Rechtsanwälte Patt Fischer Feuring Senger, Weststraße 21, 09112 Chemnitz, wegen          Verfahren nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2014, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Butzinger Richter am Verwaltungsgericht Kintz Richter am Verwaltungsgericht Bender ehrenamtlicher Richter Dipl. Ingenieur Chorosis ehrenamtliche Richterin Wirtschaftsleiterin Ehlgen für Recht erkannt: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 7. August 2012       in      Gestalt     des     Widerspruchsbescheids          des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 17. Juli 2013 verpflichtet, dem Kläger durch Überlassung von Kopien der Kostenkalkulation und der hierfür verwendeten Unterlagen, ersatzweise durch Gestatten der Anfertigung von Kopien der für die Kostenkalkulation      verwendeten    Unterlagen,    Zugang     zu   den behördlichen Informationen zu gewähren, wie die Beigeladene in dem Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 die Endverbraucherpreise für die Nahwärmeversorgung im Neubaugebiet „A" in Haßloch kalkuliert und welche Einzelpositionen die Beigeladene bei    der    Kostenkalkulation    und     Kostenrechnung    in    dieser Abrechnungsperiode        der  Verbraucherpreisbemessung       zugrunde gelegt hat. Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst. -3-
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-3- Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt detaillierte Informationen über die Preisbemessung der Nahwärmeversorgung von der Beklagten. Gemeinsam mit seiner Ehefrau ist der Kläger Eigentümer des seit dem Jahre 2011 mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks B-Straße .. in Haßloch, das im Neubaugebiet „A“ liegt. In diesem Gebiet wird die Wärmeversorgung durch ein Nahwärmenetz sichergestellt. Die Wärme wird zentral in einer Heizzentrale durch ein   erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk und einen          Gas-Brennwertkessel erzeugt. Für die Anwohner des Neubaugebiets besteht nach der Satzung der Beklagten über die Nahwärmeversorgung des Baugebietes „A, westliche Erweiterung - Teilplan 1“ vom 19. Februar 2009 ein Anschluss- und Benutzungszwang an die Nahwärmeversorgung. Das Baugebiet wurde mit einem Nahwärmenetz zur Bereitstellung von Heizwärme und Warmwasser für die geplanten Gebäude erschlossen. Die Aufgabe der Nahwärmeversorgung übertrug die Beklagte im November 2009 auf die Beigeladene. Grundlage des Anschlusses und der Versorgung aus dem Nahwärmenetz sowie der Entgeltregelungen ist ein mit den Beigeladenen     abzuschließender     privatrechtlicher   Wärmeliefervertrag.    Die Beigeladene betreibt die Versorgung von Endkunden mit Gas, Strom, Wärme und Wasser      für die    Beklagte.   Die    Beigeladene     betreibt     neben     der Nahwärmeversorgung für die Beklagte auch die Versorgung von Endkunden mit Gas,    Strom   und     Wasser.   An   der    Beigeladenen     sind  gemäß      dem Gesellschaftsvertrag vom 17. November 2009 die Beklagte mit 74,9 % und die Thüga Aktiengesellschaft München mit 25,1 % beteiligt. -4-
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-4- Mit Schreiben vom 23. Mai 2012 beantragte der Kläger, der zugleich stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Bürgerinitiative Nahwärme Haßloch“ ist, bei der Beklagten in eigenem Namen im Einzelnen spezifiziert Auskunft über den Inhalt der Kostenkalkulation und der Kostenrechnung bezüglich der Wärmepreise           im        Nahwärmegebiet          „A"       nach        dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG). Dabei wies der Kläger darauf hin, dass die Bürgerinitiative „Nahwärme Haßloch“ hinter ihm stehe. Diese ist ihrem Internetauftritt (www.nahwärme-hassloch.de) zufolge ein nicht eingetragener, nicht rechtsfähiger Verein, der das Ziel verfolgt, dass die Nahwärme für die Anwohner wirtschaftlich betrieben wird und die Kosten auf ein marktübliches Niveau gesenkt werden. Mit Bescheid vom 7. August 2012 lehnte die Beklagte das Informationsbegehren des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag des Klägers sei weitreichend      und  bedeute   eine  Offenlegung    der   Kostenkalkulation und Kostenrechnung auf der Ausgaben- und der Einnahmenseite. Da es sich bei der Beigeladenen um ein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen handele, das am Markt auftrete und im Wettbewerb zu anderen Energieversorgern stehe, würde ein Bekanntwerden dieser Informationen deren wirtschaftlichen Interessen nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 LIFG in erheblichem Umfang schaden. Insbesondere der Einkauf des Energieträgers für die Gewinnung der von der Beigeladenen erzeugten Wärme unterliege Verträgen, die ihrerseits nicht veröffentlicht werden dürften. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den Antrag zwar in eigenem Namen gestellt habe, hinter ihm jedoch die Bürgerinitiative Nahwärmeversorgung Haßloch stehe, weswegen zu befürchten sei, dass die Informationen über die Internethomepage der Bürgerinitiative auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten. Im Übrigen sei der Antrag des Klägers auch mit Blick auf § 11 Satz 2 LIFG abzulehnen, da es sich bei den begehrten Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handele und Zugang nur gewährt werden könne, wenn die Beigeladene dem zustimme. Eine solche Zustimmung habe die Beigeladene abgelehnt. Ferner bestehe schon kein Bedürfnis für den Informationsanspruch, da sie, die Beklagte, dem Kläger mehrfach angeboten habe, die geschützten Daten einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen zugänglich zu machen. -5-
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-5- Dagegen legte der Kläger am 5. September 2012 Widerspruch ein, den der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Bad Dürkheim mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2013 zurückwies. Zur Begründung führte der Kreisrechtsausschuss aus, das Offenlegen der gewünschten Informationen hätte wettbewerbsrechtliche und finanzielle Nachteilen für die Beigeladene zur Folge. Diese sei ein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen, das nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werde und in Konkurrenz zu anderen Energieversorgern stehe. Ferner stehe dem Antrag § 11 Satz 2 LIFG entgegen, da die Kostenkalkulationen und Kostenrechnungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellten. Der Kläger hat am 15. August 2013 Klage erhoben. Er trägt u.a. vor, auf die Auskunfts- und Verweigerungsrechte des §§ 9 Abs. 1 Nr. 6, 11 Satz 2 LIFG könne sich die Beklagte nicht berufen, da diese nach dem Zweck des LIFG, Verwaltungstransparenz und Kontrolle auch im Bereich öffentlicher Unternehmen sicherzustellen, einschränkend auszulegen seien. Gerade bei Bestehen eines Anschluss- und Benutzungszwangs sei die Beklagte aufgrund ihrer faktischen Monopolstellung verpflichtet, die Preiskalkulation transparent zu gestalten und die hierfür erforderlichen Informationen offenzulegen. Gründe, weswegen die Offenlegung der Informationen den wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen schaden würde, habe die Beklagte im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 6 LIFG nicht schlüssig dargetan. Eine Berufung auf § 11 Satz 2 LIFG schlage ebenfalls fehl. Zum einen sei eine Kalkulation für sich genommen kein absolut geschütztes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, sondern bloßes Rechenwerk. Zum anderen nehme die Beigeladene in ihrer Eigenschaft als öffentlicher kommunaler Energieversorger nicht    in  einer     Weise    am    Marktgeschehen      teil,   die   mit  privaten Wirtschaftsunternehmen            vergleichbar         sei.         Soweit        das Landesinformationsfreiheitsgesetz       auch    öffentliche     Unternehmen      dem Informationsanspruch unterwerfe, sei dies nur deklaratorischer Natur, ohne deren Gleichstellung     mit  privaten   Wirtschaftsunternehmen       zu   begründen.   Bei Anwendung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes müsse daher dem Umstand Rechnung getragen werden, dass einem kommunalen Versorgungsunternehmen -6-
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-6- nicht die „Flucht ins Privatrecht“ eröffnet werden solle, um sich unter Berufung auf den    Geheimnisschutz      dem    öffentlich-rechtlichen  Informationsanspruch   zu entziehen. Jedenfalls bei Vorliegen eines Anschluss- und Benutzungszwanges, der besonders stark in die Rechte des Benutzers aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 des Grundgesetzes eingreife, müsse von Seiten des öffentlichen Unternehmens plausibel    und   konkret   vorgetragen     werden,    weswegen    ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse an der Zurückhaltung der Informationen bestehe. Andernfalls würde der Informationsanspruch gegen in Privatrechtsform betriebene öffentliche Unternehmen völlig entwertet. Diesem Ergebnis stehe auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entgegen, da der Benutzer in diesen Konstellationen keine anderen Möglichkeiten der Informationsgewinnung habe und sich infolgedessen gegen gegebenenfalls unangemessene Preisgestaltungen nicht wehren könne. Deshalb müsse sein, des Klägers, Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten und der Beigeladenen überwiegen. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. August 2012 in Gestalt des     Widerspruchsbescheids      des   Kreisrechtsausschusses    bei   der Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 17. Juli 2013 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, durch Überlassung von Kopien der Kostenkalkulation und der hierfür  verwendeten    Unterlagen,     ersatzweise   durch   Gestatten  der Anfertigung von Kopien der für die Kostenkalkulation verwendeten Unterlagen Zugang zu den behördlichen Informationen zu gewähren, wie die Beigeladene in dem Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 die Endverbraucherpreise für die Nahwärmeversorgung im Neubaugebiet „A" in Haßloch kalkuliert und welche Einzelpositionen die Beigeladene bei der Kostenkalkulation und Kostenrechnung in dieser Abrechnungsperiode der Verbraucherpreisbemessung zugrunde gelegt hat. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. -7-
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-7- Sie führt aus, dem vom Kläger geltend gemachten Informationsanspruch fehle bereits das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Denn der Kläger benötige die begehrten Unterlagen nicht, um sich gegen eine zivilgerichtliche Zahlungsklage der Beigeladenen auf Begleichung offener Forderungen verteidigen zu können. Ungeachtet dessen habe der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Informationen. Die Beigeladene versorge ihre Kunden nicht nur mit Wärme, sondern auch mit Strom, Gas und Wasser sowie weiteren Dienstleistungen, wodurch diese im Wettbewerb mit anderen Energieversorgern stehe. Die vom Kläger angeforderten Daten, insbesondere zu Energiebezugskosten, Kosten für Roh-/Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Ertragserlöse bestimmten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beigeladenen maßgeblich und würden den Wettbewerbern bei Offenlegung ermöglichen, Schlussfolgerungen über die Kostenkalkulation und die wirtschaftliche Lage der Beigeladenen zu ziehen. Dies könne zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen      führen,  indem    Konkurrenten    eine  Zeitlang     mit Dumpingpreisen an den Markt gehen könnten, um die Beigeladenen von diesem zu verdrängen. Auch der Zweck des § 16 des Gesetzes zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich, landesrechtliche Hemmnisse für den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen zu überwinden, stehe diesem Ergebnis entgegen. Müsste ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das regelmäßig mangels Leistungsfähigkeit der Kommunen einspringe, mit der Preisgabe seiner Betriebsgeheimnisse     rechnen,   würde   sich  kein   Unternehmen    mehr     zur Übernahme der Wärmeversorgung finden. Da die Beigeladene als juristische Person des Privatrechts in Form einer GmbH tätig sei, sei die Beklagte zudem gehalten, die gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungspflichten zu beachten. Es sei daher für die Beklagte unmöglich, Informationen offenzulegen, deren Weitergabe das Gesellschaftsrecht verbiete und die ihr selbst nicht einmal in Gänze vorlägen. Im Übrigen habe die Beklagte ihre Wärmepreise eigenständig von einem Wirtschaftsprüfer gutachterlich überprüfen lassen, welcher bescheinige, dass die Preise betriebswirtschaftlich angemessen berechnet worden seien. Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen. -8-
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-8- Sie schließt sich dem Vortrag der Beklagten an und führt ergänzend aus, bei Vorliegen     eines     Betriebs-    und    Geschäftsgeheimnisses     hänge      der Informationszugang alleine von der Einwilligung des betroffenen Dritten ab. Eine Abwägung      zwischen     dem    Informationsinteresse des   Klägers    und   dem Geheimhaltungsinteresse des Dritten sehe § 11 LIFG im Gegensatz zu § 12 LIFG und § 5 LIFG gerade nicht vor. Eine derartige Einwilligung könne sie nicht erteilen. Für das berechtigte Interesse des Unternehmens an der Nichtverbreitung der Informationen müsse es genügen, wenn nachteilige Wettbewerbswirkungen plausibel dargetan würden. Diese Einschätzung sei notwendigerweise mit einem gewissen Grad an Unsicherheit verbunden. Potentieller Wettbewerb sei danach insbesondere vor dem Hintergrund denkbar, dass die Beigeladene nach §§ 19, 20 des    Gesetzes     gegen     Wettbewerbsbeschränkungen     verpflichtet  sei,    ihr Nahwärmeversorgungsnetz diskriminierungsfrei Dritten zwecks Durchleitung von Nahwärme zur Verfügung zu stellen. Es bestehe folglich die Möglichkeit, dass ein Konkurrent seine Nahwärmeerzeugungsanlagen an das von der Beigeladenen betriebene Versorgungsnetz anschließe und hierüber Grundstückseigentümer mit Nahwärme versorge. Im Übrigen enthielten die Verträge zwischen Beigeladenen und deren Vorlieferanten Verschwiegenheitsklauseln, die es ihr verbieten würden, Dritten Auskünfte der vom Kläger begehrten Art zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Entscheidungsgründe I. Die Klage ist zulässig. 1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm auf der Grundlage des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen – LIFG – vom 26. November 2008 (GVBl. Seite 296) Zugang zu den Kalkulationsgrundlagen der Beigeladenen über -9-
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-9- die Endverbraucherpreise für die Nahwärmeversorgung im Neubaugebiet „A" in Haßloch in dem Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011       zu      gewähren.       Für        Rechtsstreitigkeiten     nach      dem Landesinformationsfreiheitsgesetz     ist    gemäß    §     8   Satz   1  LIFG    der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. 2. Die nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt aus der Erwägung, dass die Möglichkeit einer Verletzung seines subjektiven Rechts auf Zugang zu den Kalkulationsgrundlagen der Beigeladenen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG aufgrund der Versagung der Beklagten nicht offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen ist. 3. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem Kläger auch nicht das Rechtsschutzinteresse abzusprechen, weil dieser die begehrten Unterlagen in einem späteren zivilgerichtlichen Verfahren möglicherweise nicht benötigt oder weil ein Wirtschaftsprüfer die Kalkulation der Wärmepreise nach Angaben der Beklagten bereits überprüft hat. Bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen folgt das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig aus der Bejahung der Klagebefugnis. Das Rechtsschutzbedürfnis        bedarf       als    nicht       normierte    allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung lediglich in besonderen Fällen der Begründung (Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 42 Rn. 335). Hier folgt das Interesse des Klägers bereits aus dem Recht aus § 4 Abs. 1 LIFG, das auf die eigene Einsicht in die begehrten Unterlagen zielt. Diesem Verlangen kann auch nicht durch ein Gutachten eines Dritten Rechnung getragen werden, denn dieses stellt gegenüber der Rechtsfolge des § 4 LIFG ein aliud dar. II. Die Klage ist auch in der Sache begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass diese ihm Zugang zu den Kalkulationsgrundlagen und Einzelpositionen für die Nahwärmepreise der Beigeladenen gewährt. Der ablehnende     Bescheid    der   Beklagten     vom    7.   August    2012   und   der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 17. Juli 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). - 10 -
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- 10 - Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG. Danach hat jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 LIFG genannten Behörden nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen. Der Kläger ist anspruchsberechtigt (1.), die Beklagte ist anspruchsverpflichtet (2.). Der vom Kläger geltend gemachte Informationsanspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 LIFG (3.). Der Informationsanspruch     des  Klägers     ist  weder   nach   §   4  Abs.    2   LIFG ausgeschlossen (4.) noch stehen dem Anspruch die Bestimmungen des § 11 Satz 2 LIFG (5.) und des § 9 Abs. 1 Nr. 6 LIFG entgegen (6.). 1. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG. Der Informationsanspruch ist voraussetzungslos und besteht unabhängig davon, aus welchem Interesse dieser geltend gemacht wird. Das LIFG soll ebenso wie das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes – IFG – die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern und die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen (vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz, BT-Drucksache 15/4493, Seite 6). Da der Kläger den Anspruch in eigenem Namen geltend macht, ist unbeachtlich, dass er gleichzeitig das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden bei der Bürgerinitiative „Nahwärme Haßloch“ innehat. Im Übrigen sind die Motive eines Antragstellers bei der Verfolgung des Anspruchs nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG für seine Anspruchsberechtigung unerheblich (vgl. Schoch, NJW 2009, 2987, 2990; Hess. VGH, Urteil vom 29. November 2013 – 6 A 1293/13 –, juris). 2. Die Beklagte ist als Gemeinde, die in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausübt, auch anspruchsverpflichtete Behörde im Sinne des § 2 Abs. 1 LIFG. Dieses gilt nach der genannten Norm für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben. - 11 -
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