Informationsfreiheit gebündelt, verschlagwortet und digitalisiert.

Die Entscheidungsdatenbank setzt Rechtssprechung in den Fokus und ermöglicht fundierte Recherchen zu aktuellen und vergangenen Urteilen und Entscheidungen rundum Informationsfreiheit.

Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
12 B 20.12
Datum
6. März 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg (BbgUIG)
Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg (BbgUIG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 6. März 2014

12 B 20.12

Grundsätzlich zählen auch die Angaben zur Finanzierung eines umweltbezogenen Vorhabens (hier: Wasserversorgung und Schmutzwasserbeseitigung) und zur Finanzkraft des Vorhabenträgers zu den Umweltinformationen. Zu welchem Zweck der Kläger diese Informationen begehrt, hat keinen Einfluss auf ihre Qualifizierung als Umweltinformationen. Eine Aufbereitung von Daten kann von der Behörde aber nur verlangt werden, soweit dies im Rahmen einer Aussonderung von Daten, die einem Ausschlussgrund unterliegen, erforderlich ist. Von einer offensichtlich missbräuchlichen Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Beklagten ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht auszugehen. Auf eine noch nicht abgeschlossene Aufbereitung von Rohdaten kann sich die Behörde nur solange berufen, wie eine Aufarbeitung beabsichtigt und möglich ist und tatsächlich erfolgen soll. Die in digitalisierter Form vorliegenden Informationen sind auf Wunsch auf einem USB-Stick des Klägers abzuspeichern; ein unverhältnismäßiger Aufwand ist hiermit nicht verbunden. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt damit im Wesentlichen die Entscheidung der Vorinstanz. (Quelle: LDA Brandenburg)

Missbräuchliche Antragstellung Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung Entwürfe oder Vorarbeiten

/ 17
PDF herunterladen
Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL OVG 12 B 20.12                              Verkündet am 06. März 2014 VG 9 K 1617/11 Potsdam                      Schumann, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache , Klägers und Berufungsbeklagten, bevollmächtigt: , gegen den Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Komplexsanierung mittlerer Süden (KMS), OT Wünsdorf, Berliner Allee 30-32, 15806 Zossen, Beklagten und Berufungskläger, bevollmächtigt: hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014 durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Böcker, die ehrenamtliche Richterin Glogner und den ehrenamtlichen Richter Haubenthal für Recht erkannt: -2-
1

-2- Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zu- rückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Verwal- tungsgerichts Potsdam vom 10. September 2012 im zweiten Spiegelstrich hinsichtlich des Klammerzusatzes wie folgt gefasst wird: „(vorhandene Aufschlüsselung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach der jeweiligen Bau- maßnahme sowie vorhandene Unterlagen über den Erhalt und die Verwendung von Fördermit- teln)“. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheits- leistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Be- trages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicher- heit in Höhe des Vollstreckungsbetrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand Die Beteiligten streiten um den Zugang zu Unterlagen des beklagten Zweckver- bandes. Der Zweckverband Komplexsanierung mittlerer Süden – KMS – (im Folgenden: Zweckverband) betreibt im Verbandsgebiet für seine Mitgliedsgemeinden sowohl die zentrale Wasserversorgung als auch die zentrale Schmutzwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung. Der Kläger ist Eigentümer eines zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücks in R_____. -3-
2

-3- Mit Schreiben vom 10. Januar 2011 beantragte er unter anderem Akteneinsicht in die vollständigen Kalkulationsunterlagen, die den Beschlüssen der Verbandsver- sammlung über die Beitrags- und Gebührensatzungen im November und Dezem- ber 2010 zugrunde gelegen hätten. Am 18. Januar 2011 nahm er beim Beklagten Akteneinsicht in die Orig inalakten der Beitragskalkulationen zu den Wasseranschluss- und Schmutzwasseran- schlussbeitragssatzungen. Im Hinblick auf den Umfang der Materialien beantragte er während der Akteneinsicht, ihm die vollständigen Kalkulationsunterlagen gegen Kostenerstattung in Fotokopie zu überlassen. Nachdem die stellvertretene Ve r- bandsvorsteherin dem Kläger telefonisch mitgeteilt hatte, dass angesichts des seinerzeitigen Krankenstandes und des Umfangs der zu fotokopierenden Unterl a- gen mit einer zeitnahen Erledigung nicht gerechnet werden könne, änderte der Kläger seinen Antrag dahin, ihm die Kalkulationen einschließlich der Flächener- mittlungen und der Kartenmaterialien in digitaler Form auf einem USB-Stick zur Verfügung zu stellen. Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Soweit durch die Informationsgewährung personenbezogene Daten offenbart würden, sei der Antrag nach § 5 Abs. 1 AIG abzulehnen. Davon abgesehen sei dem Antrag auf Akteneinsicht durch die Gewährung der Einsicht in die Originalunterlagen in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden. Die Übermittlung von Vervie l- fältigungen oder die Zurverfügungstellung von Informationsträgern sehe das Ak- teneinsichts- und Informationsgesetz lediglich als Alternative vor, falls nicht die Einsichtnahme in die Originalunterlagen gewährt werden solle. Mit Schreiben vom 7. Juni 2011 legte der Kläger gegen den Bescheid W ider- spruch ein. Sein Anspruch auf Informationsgewährung sei nicht bereits durch die kurzzeitige Akteneinsicht erfüllt worden. Bei den Kalkulationsunterlagen ha ndele es sich nicht um personenbezogene Daten. Ihm seien die Informationen zur Ver- fügung zu stellen, um die beabsichtigte Normenkontrollklage gegen die Satzungen sachgerecht führen zu können. Er bitte um die Speicherung der Daten auf einem USB-Stick, den er selbst zur Verfügung stellen könne. -4-
3

-4- Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2011 half der Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte ihm Akteneinsicht in Form der Übersen- dung von Kopien, die keinen Rückschluss auf die beitragspflichtige Fläche einze l- ner Grundstücke zuließen. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Zu einer Übersendung dieser Kopien ist es in der Folge nicht gekommen. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen vom Kläger erhobenen Klage mit Urteil vom 10. September 2012 teilweise stattgegeben und den Beklagten unter teilwe i- ser Aufhebung des Bescheides vom 28. Februar 2011 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 21. Juli 2011 verpflichtet, dem Kläger - die Kalkulationsberichte, soweit darin Angaben zu dem in Ansatz g e- brachten Aufwand und zu Fördermitteln enthalten sind, sowie - die Aufwandsermittlungen (Aufschlüsselung der Anschaffungs- und Her- stellungskosten nach der jeweiligen Baumaßnahme unter Angabe der je- weils erhaltenen Fördermittel) zu den Kalkulationen der in § 3 Abs. 10 der Wasseranschlussbeitragssatzung vom 18. November 2010 und in § 3 Abs. 10 der Schmutzwasserbeitragssatzung vom 18. November 2010 festgelegten Beitragssätze in digitaler Form auf einem Date n- träger (USB-Stick) zu überlassen. Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 1 des Umweltinformationsgesetzes Bran- denburg (BbgUIG) i. V. mit § 3 Abs. 1 Satz 1 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) auf Zugang zu den Kalkulationsberichten, zu dem jeweils in Ansatz ge- brachten Aufwand und zu den jeweiligen Fördermitteln sowie zu den b ezeichneten Angaben zu den Aufwandsermittlungen zu. Bei den vorgenannten Angaben zur „Aufwandsseite der Kalkulation“ handele es sich um Umweltinformationen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG. Sie bezögen sich auf die wirtschaftliche Realisierbarkeit und Finanzierung der Anlagen zur Wasserversorgung und Schmutzwasserbeseitigung und somit auf Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG auswirkten bzw. wahrscheinlich auswirkten. -5-
4

-5- Dem Anspruch des Klägers könne der Versagungsgrund eines missbräuchlich gestellten Antrags im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG nicht entgegengehalten wer- den. Zwar werde in diesem Zusammenhang auch darauf abgestellt, ob das Infor- mationsbegehren in irgendeiner Weise dem Zweck diene, den Umweltschutz zu verbessern. Der Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen werde jedoch vo- raussetzungslos gewährleistet; das Anliegen des Klägers kollidiere mit den Be- langen des Umweltschutzes nicht. Der Schutz von personenbezogenen Daten oder von Betriebs- oder Geschäftsge- heimnissen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UIG stehe nicht im Raum. Ge- heimhaltungsgründe habe der Beklagte im Hinblick auf die hier in Rede st ehenden Informationen zur Aufwandsseite der Kalkulationen nicht vorgebracht. Der Beklagte könne den Kläger auch nicht auf die Möglichkeit der Akteneinsicht im Normenkontrollverfahren verweisen. Zwar könne die informationspflichtige Stelle den Antragsteller gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 UIG auf eine andere leicht zu- gängliche Art des Informationszugangs verweisen. Ungeachtet dessen, ob bzw. inwieweit die vom Kläger begehrten Informationen dem Oberverwaltungsgericht im Normenkontrollverfahren überhaupt vorgelegt worden seien, stehe einer Ver- weisung hierauf jedoch entgegen, dass § 3 Abs. 2 Satz 4 UIG sich bei richtlinien- konformer Auslegung nur auf bereits öffentlich zugängliche Informationen bezie- he. Dem Anspruch auf Aufschlüsselung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach der jeweiligen Baumaßnahme unter Angabe der jeweils erhaltenen Förde r- mittel stehe nicht entgegen, dass beim Beklagten eine solche Datei noch nicht vorhanden sei. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 UIG könne der Zugang zu Umweltinfor- mationen durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonst i- ger Weise eröffnet werden. Hiervon werde nach Auffassung der Kammer grund- sätzlich auch die Zusammenstellung und Ordnung bestimmter Umweltinformatio- nen umfasst. Dies dürfe nach den Sätzen 2 und 3 der Bestimmung nur aus g e- wichtigen Gründen verweigert werden, insbesondere bei deutlich höherem Ver- waltungsaufwand. Dass die Anfertigung der vom Kläger verlangten Aufstellung mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, habe der Beklagte substanti- iert nicht vorgetragen. -6-
5

-6- Der Kläger könne nach § 3 Abs. 2 UIG auch verlangen, dass ihm die Daten in di- gitaler Form auf einem – nach Wahl des Beklagten von ihm oder vom Kläger be- reitgestellten – USB-Stick zur Verfügung gestellt werden. Insoweit habe der Be- klagte keine gewichtigen Gründe für ein Abweichen von der vom Kläger g ewählten Zugangsart dargelegt. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Be- klagten, mit der er sich gegen die Verpflichtung zur Informationsgewährung wen- det. Bei den vom Kläger verlangten Informationen handele es sich nicht um Umweltin- formationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes. Dem Kläger gehe es aus- schließlich um die Überprüfung der nach den Satzungen erhobenen Beiträge. Auswirkungen auf Umweltbestandteile bzw. -faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UIG habe die Erhebung eines ggf. durch eine Kalkulation zu bestäti- genden Beitrags weder unmittelbar noch mittelbar. Selbst wenn es sich um Umweltinformationen handele, stehe dem Anspruch der Versagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG entgegen, weil der Antrag des Klägers offensichtlich missbräuchlich sei. Von einem solchen Antrag sei auszugehen, wenn das Informationsbegehren nicht dem Zweck diene, den Umweltschutz zu verbessern. Dem Kläger gehe es ausschließlich um eine Reduzierung der Bei- tragssätze. Dass dieses Begehren nicht mit Belangen des Umweltschutzes koll i- diere, sei angesichts des Gesetzeszwecks nicht ausreichend. Auch liege ein behördenbezogener Missbrauch vor. Hierfür reiche es aus, dass der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfüge, folglich die Arbeitszeit und -kraft der informationspflichtigen Stelle missbräuchlich in Anspruch nehme. Ein solcher Fall liege auch vor, wenn der Antragsteller die Informationen ohne unzumutbaren Aufwand auf andere Weise beschaffen könne. Vorliegend sei es dem Kläger möglich, sich die von ihm gewünschten Informationen mittels Ak- teneinsicht im Normenkontrollverfahren zu beschaffen. Die Unterlagen zur Bei- tragskalkulation einschließlich der Berechnungen des Aufwands seien dem Ober- verwaltungsgericht bereits vorgelegt worden. Soweit diese nach Ansicht des Kl ä- -7-
6

-7- gers nicht ausreichten, stehe es ihm frei, im dortigen Verfahren weitere Unterla- gen anzufordern. Desweiteren stehe dem Begehren des Klägers auch der Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG entgegen. Beim Beklagten sei keine Datei vorhanden, die die Anschaffungs- und Herstellungskosten aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Bau- maßnahme und unter Angabe der jeweils erhaltenen Fördermittel beinhalte. Die bei ihm vorhandenen Kalkulationsunterlagen enthielten zwar – gesondert für Trink- und Abwasser – die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie eine Übersicht über die erhaltenen Fördermittel. Desgleichen sei eine gesonderte Auf- stellung für die jeweiligen Orte bzw. Ortsteile vorhanden. Eine Zusammenstellung der Anschaffungs- und Herstellungskosten pro Baumaßnahme im Zusammenhang mit den für die jeweilige Baumaßnahme erhaltenen Fördermitteln sei jedoch nicht vorhanden. Insofern lägen dem Beklagten lediglich Rohdaten vor. Nur durch eine Aufbereitung der Daten sei es dem Beklagten möglich, dem Einsichtsverlangen des Klägers nachzukommen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Rohdaten bestehe nicht. Der Kläger könne auch nicht beanspruchen, die gewünschten Informationen in digitaler Form auf einem USB-Stick zu erhalten. Dem stünden Aspekte der Daten- sicherheit und damit ein gewichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 UIG entgegen. Eine unkontrollierte Verbreitung von Umweltinformationen entspreche nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Bei einer Informationsgewährung be i- spielsweise durch Übergabe einer CD-Rom könne eine unkontrollierte Verbreitung der Informationen mittels Kopierschutzes verhindert werden. Dies sei bei einer Speicherung der Daten auf einem USB-Stick nicht ohne größeren finanziellen und technischen Aufwand möglich. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. September 2012 teil- weise zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger beantragt, -8-
7

-8- die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung und macht ge l- tend, dass es ihm nicht allein um die Überprüfung der nunmehr beschlossenen Beitragssätze gehe; vielmehr versuche er bereits seit 2008, sich ein umfassendes Bild über die Aufgabenwahrnehmung des Zweckverbandes zu verschaffen. Der Antrag sei nicht rechtmissbräuchlich. Das UIG ziele darauf ab, den Kenntnisstand der Bürger in Hinblick auf Umweltinformationen zu vergrößern und so zu einer Sensibilisierung der Bürger in Umweltfragen und zu einer Verbesserung des Um- weltschutzes zu führen. Dazu dienten auch Kenntnisse zur finanziellen Machbar- keit umweltpolitischer Vorstellungen und etwa der Entwicklung von Ausgaben von Ver- bzw. Entsorgungskonzepten. Auch liege der vom Beklagten gerügte behör- denbezogene Missbrauch nicht vor. Er habe keine Möglichkeit, sich für den Be- reich der Schmutzwasserbeseitigung die erforderlichen Unterlagen anderweitig zu verschaffen, weil er ein diesbezügliches Normenkontrollverfahren nicht anhängig gemacht habe. In dem von ihm betriebenen Normenkontrollverfahren zur Trink- wasseranschlussbeitragssatzung (OVG 9 A 6/12) habe der Beklagte die auch im dortigen Verfahren beantragte Aufschlüsselung bis heute nicht vorgelegt . Davon abgesehen sei nicht gewährleistet, dass der Beklagte im Normenkontrollverfahren die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Unterlagen vollständig vorlegen werde. Der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, nur über Rohdaten zu verfügen. Die bei der Akteneinsicht am 18. Januar 2011 vorgelegten groben Auf- schlüsselungen zur „Aufwandsseite“ seien nicht ausreichend, um das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung in Bezug auf einzelne Erschlie- ßungsmaßnahmen zu überprüfen. Er könne auch die Übermittlung der Informationen auf einem USB-Stick verlan- gen. Da der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht im Raum ste- he, bedürfe es keiner Maßnahme des Beklagten zum Schutz der beantragten Da- ten. Ein erhöhter Verwaltungsaufwand sei bei der Übermittlung durch USB-Stick nicht zu erwarten. -9-
8

-9- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbrin- gens der Beteiligten wird auf die Streitakte sowie auf den Verwaltungsvorg ang des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind. Entscheidungsgründe Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsge- richt hinsichtlich der im Berufungsverfahren streitigen Informationen einen A n- spruch des Klägers auf Informationszugang aus § 1 BbgUIG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG angenommen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Gemäß § 1 BbgUIG gelten für den Zugang zu Umweltinformationen sowie für die Begriffsbestimmungen - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - die Vorschriften des UIG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend, soweit das BbgUIG ke i- ne abweichende Regelung trifft. 1.     Der Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle. Hierzu gehören gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 BbgUIG u. a. Behörden, Einrichtungen und Betriebe des La ndes, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände sowie sonstige Stellen der öffentli- chen Verwaltung. Der Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg – GKG). Vorschriften, die bestimmen, dass sie für Gemeindever- bände gelten, finden gemäß § 5 Abs. 2 GKG auf den Zweckverband entsprechen- de Anwendung, soweit sich aus ihnen oder aus dem GKG nichts anders ergibt. Dies ist hinsichtlich des Zugangs zu Umweltinformationen nicht der Fall. 2.     Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person und somit auch der Kläger nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformat i- onen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Int e- resse darlegen zu müssen. a) Bei den noch streitigen Informationen handelt es sich um Umweltinformationen. Dies sind gemäß § 2 Abs. 3 UIG unabhängig von der Art ihrer Speicherung unter - 10 -
9

- 10 - anderem alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Wasser und Boden (Nr. 1), Maßnahmen oder Tätigkeiten, die a) sich auf Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken o- der wahrscheinlich auswirken oder b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken (Nr. 3) sowie Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummer 3 verwen- det werden (Nr. 5). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Begriff der Umwel- tinformationen mit Blick auf die Zielsetzung des BbgUIG, des UIG und der beiden Gesetzen zugrunde liegenden Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 (Amt s- blatt der Europäischen Union L 41/26 – UIRL), einen erweiterten Zugang zu um- weltbezogenen Informationen sicherzustellen, weit auszulegen ist und alle Infor- mationen über Tätigkeiten und Maßnahmen erfasst, die sich unmittelbar oder mit- telbar auf Umweltbestandteile auswirken (BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 – BVerwG 4 C 13/7 – BVerwGE 130, 223 Rn. 11; Urteil des Senats vom 17. De- zember 2008 – OVG 12 B 23.07 – juris Rn. 44). Daran gemessen handelt es sich bei den Angaben „zur Aufwandsseite der Kalku- lation“ (UA S. 9), also den Angaben zu dem bei der Kalkulation der Beiträge in Ansatz gebrachten Aufwand und zu den Fördermitteln sowie bei den Aufwand- sermittlungen um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 a) und Nr. 5 UIG. Sowohl die öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung als auch diejenige zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung haben Auswirkungen auf den Umwelt- bestandteil Wasser und zumindest mittelbar auch auf den Bestandteil Boden. Da zu den Umweltinformationen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 5 UIG auch Kosten-Nutzen- Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen zählen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummer 3 verwendet werden, zählen grundsätzlich auch die Angaben zur Finan- zierung eines umweltbezogenen Vorhabens und zur Finanzkraft des Vorhabentr ä- gers zu den Umweltinformationen (BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008, a. a. O. Rn. 13). - 11 -
10

Zur nächsten Seite

Das Projekt „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“ wird gefördert von: