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Information

Aktenzeichen
13 K 2920/12
Datum
30. Oktober 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 30. Oktober 2013

13 K 2920/12

Die durch den Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrte Erteilung eines Auszugs über das Konto der Insolvenzschuldnerin ist als Vorgang der Steuererhebung im Sinne der entsprechenden Vorschrift des Hamburgischen Transparenzgesetzes zu sehen. Nach dieser Regelung besteht kein Anspruch auf Zugang zu solchen Vorgängen. Ein Kontoauszug ist nicht von den eigentlichen Entscheidungen der Steuerfestsetzung und Steuererhebung zu trennen, weil sich aus ihm alle festgesetzten Steuern, die noch offenen Steuerschulden sowie die angefallenen Verzugszinsen ergeben. Das Verwaltungsgericht weist die Klage gegen die verwehrte Herausgabe des Kontoauszugs ab. (Quelle: LDA Brandenburg)

Schutz besonderer Verfahren

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13 K 2920/12 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache XXX, - Kläger - Prozessbevollmächtigte: XXX, An Verkündungs statt zugestellt. gegen Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch das Finanzamt Hamburg-Hansa, dieses vertreten durch den Vorsteher, Steinstraße 10, 20095 Hamburg, , - Beklagte - hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 13, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2013 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht               XXX für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen.
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-2- Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht zu. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 134 VwGO wird hingewiesen. Tatbestand: Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter von der Beklagten die Übermittlung eines Kontoauszuges für das Steuerkonto der „X “. Über das Vermögen der vorgenannten Gesellschaft hat das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 8. April 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger ist zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die Beklagte meldete Insolvenzforderungen in Höhe von 22.646,06 € zur Tabelle an. Der Kläger machte im Jahre 2012 diverse Insolvenzanfechtungen gegenüber dem Finanzamt geltend. Daraufhin kehrte das Finanzamt 3.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 600,48 € aus. Mit Schreiben vom 4. Juni 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten Akteneinsicht in die bei ihr geführte Vollstreckungsakte der Insolvenzschuldnerin. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte er mit Schreiben vom 19. Juni 2012, er stütze sein Begehren auf das ihm       zustehende          Informationszugangsrecht            nach       dem         Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG). Zusätzlich beantragte er, ihm einen Auszug aus dem Steuerkonto der Insolvenzschuldnerin ab 1999 zur Verfügung zu stellen. -3-
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-3- Mit Bescheid vom 3. Juli 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Einsicht in die Vollstreckungsakten ab, da der Anspruch nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG ausgeschlossen sei. Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Juni 2012 Einspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist. Mit Schreiben vom 4. Juli 2012 bat die Beklagte den Kläger um Mitteilung, wofür er die Übersendung eines Kontoauszuges benötige. Mit Schreiben vom 9. Juli 2012 erwiderte der Kläger, er könne nicht erkennen, dass er verpflichtet wäre, seinen Antrag näher zu begründen. Er stütze seinen Anspruch auf Erteilung eines Auszuges aus dem Steuerkonto ebenfalls auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übersendung eines Kontoauszuges ab. Der Antrag sei unzulässig, da der Kläger einen Antrag auf Einsicht in die Vollstreckungsakte gestellt habe, der bereits mit Bescheid vom 3. Juli 2012 abgelehnt worden sei. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 6. August 2012 Einspruch ein. Bei den Anträgen auf Akteneinsicht in die Vollstreckungsakte und auf Erteilung eines Kontoauszuges handele es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Der Erteilung eines Kontoauszuges stehe nicht § 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG entgegen, da der Auszug aus dem Steuerkonto weder ein Vorgang der Steuerfestsetzung noch ein Vorgang der Steuererhebung sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2012 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Frage, ob ein Akteneinsichtsgesuch und ein Antrag auf Übersendung eines Kontoauszuges denselben Streitgegenstand betreffen, sei umstritten. Der Einspruch werde als zulässig betrachtet, denn er sei jedenfalls unbegründet. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Übersendung eines Kontoauszuges zu. Ein Anspruch auf Übersendung eines Kontoauszuges nach §§ 1, 3 Abs. 1, 4 HmbIFG sei aufgrund der Spezialregelung des § 30 AO sowie aufgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG ausgeschlossen. Ein etwaiger zivilrechtlicher Auskunftsanspruch aus § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO sei ebenfalls nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes komme ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber der Finanzverwaltung -4-
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-4- in Betracht, wenn ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststehe, es dem Insolvenzverwalter nicht zumutbar sei, sich diese Informationen selbst zu beschaffen und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs gehe. Im vorliegenden Fall seien geltend gemachte insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche des Klägers gegenüber dem Finanzamt Hamburg-Hansa weitgehend erfüllt worden. Das Finanzamt müsse dem Kläger bei der Beschaffung weiterer Unterlagen, die eine spätere zivilrechtliche Klage begründen könnten, nicht behilflich sein. Im Übrigen bestehe lediglich ein      Anspruch       auf    ermessensfehlerfreie        Entscheidung       über      das Informationszugangsgesuch. Sei ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, bestehe die Besonderheit, dass erfahrungsgemäß mit dem Informationszugangsgesuch versucht werde, anfechtungsrelevante Sachverhalte zu erforschen. Ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung habe der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage nicht dargelegt. Aufgrund der erst im Jahre 2012 gestellten Anfechtungsbegehren liege es nahe, dass der Kläger weitere Anfechtungsmöglichkeiten ausforschen wolle. Der Kläger hat am 31. Oktober 2012 Klage erhoben und vorgetragen, die Beklagte werbe damit im Internet, dass der steuerpflichtige Bürger jederzeit einen Steuerkontoauszug erhalten könne. Es liege kein Grund vor, dem Kläger diesen Anspruch zu versagen. Die Vorschrift des § 30 AO schütze den steuerpflichtigen Bürger, der seine Daten gegenüber den Steuerbehörden offenlegen müsse davor, dass die Steuerbehörden diese Daten an Dritte weitergebe. Der Kläger sei nicht Dritter in diesem Sinne. Vor ihm könne die Beklagte sich nicht auf das Steuergeheimnis berufen. In § 5 Nr. 4 des nunmehr geltenden Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG) seien von der Informationspflicht der Beklagten lediglich Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevisionen ausgenommen. Die Erteilung eines Kontoauszuges über ein Steuerkonto sei weder ein Vorgang der Steuerfestsetzung noch der Steuererhebung. Die Beklagte wolle den Steuerkontoauszug nicht erteilen, weil sie befürchte, durch den Kläger möglicherweise aus Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO in Anspruch genommen zu werden. Dies sei jedoch kein rechtlich schützenswertes Motiv. In anderen Bundesländern sei es kein Problem, Steuerkontoauszüge von Insolvenzschuldnern zu erhalten. Der Kläger beantragt, -5-
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-5- die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2012 zu verpflichten, ihm einen Kontoauszug für das Steuerkonto der „X “ zu der Steuer-Nr.: XXX oder ggf. früher verwandten Steuernummern zu erteilen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie führt ergänzend aus, unter dem Begriff Steuererhebung im Sinne von § 5 Nr. 4 HmbTG falle auch die Übersendung eines Kontoauszuges. Dieser knüpfe inhaltlich an Zahlungsvorgänge nach den §§ 224 ff. AO an. Diese seien im 5. Teil der AO – dem Erhebungsverfahren – geregelt. Zudem habe der Gesetzgeber in § 5 Nr. 4 HmbTG den Begriff „Vorgang“ und nicht „Akten“ gewählt. Hieraus werde deutlich, dass hiervon auch ein sich noch nicht in den Steuerakten des Finanzamtes befindlicher Kontoauszug umfasst sei. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Sachakte Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Klage hat keinen Erfolg. I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher   Art, die  nicht   ausdrücklich einem    anderen  Gericht, insbesondere nicht dem Finanzgericht, zugewiesen ist. Der streitige Anspruch wird von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO nicht erfasst (vgl. -6-
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-6- ausführlich BVerwG, Beschl. v. 15.10.2012, 7 B 2/12, ZInsO 2012, 2140 ff. u. Beschl. v. 17.4.2013, 7 B 6/13, ZIP 2013, 1252 f.). II. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten, mit denen die von dem Kläger begehrte Erteilung eines Kontoauszugs für das Steuerkonto der Insolvenzschuldnerin abgelehnt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Erteilung des Kontoauszuges. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich weder aus dem Hamburgischen Transparenzgesetz (1.), noch aus einer anderen Rechtsgrundlage (2.). 1. Der Kläger kann aus § 1 Abs. 2 HmbTG keinen Anspruch auf die Aushändigung des begehrten Kontoauszuges herleiten. Nach dieser Vorschrift hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen. Zwar ist der Kläger als Insolvenzverwalter eine Person im Sinne der vorgenannten Vorschrift und die Beklagte ist als Behörde im Sinne von § 2 Abs. 3 und Abs. 5 HmbTG grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet, aber der Anspruch des Klägers ist nach § 5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen. Danach besteht keine Informationspflicht nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz für Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevisionen. Die begehrte Erteilung eines Kontoauszuges über das Konto der Insolvenzschuldnerin ist als Vorgang der Steuererhebung im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich ein entsprechender Kontoauszug bereits in den bei der Beklagten über die Insolvenzschuldnerin geführten Steuerakten befindet oder ob dieser erst erstellt werden müsste. In der Ausnahmevorschrift des § 5 Nr. 4 HmbTG ist zwar ein Kontoauszug nicht ausdrücklich aufgeführt worden, aber die Vorschrift muss von ihrem Sinn und Zweck dahingehend ausgelegt werden, dass auch Kontoauszüge nicht der allgemeinen Informationspflicht unterliegen. Der Kontoauszug als solcher ist zwar kein Akt der -7-
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-7- Steuerfestsetzung oder Steuererhebung, aber er listet chronologisch alle festgesetzten Steuern, die noch offenen Steuerschulden sowie die angefallenen Verzugszinsen auf. Aus ihm lassen sich insbesondere auch alle an das Finanzamt entrichteten Zahlungen des Insolvenzschuldners ablesen. Insofern fasst ein Kontoauszug alle Vorgänge zusammen, die in der Vergangenheit in Bezug auf den Insolvenzschuldner erfolgt sind. Deshalb ist ein Kontoauszug nicht von den eigentlichen Entscheidungen der Steuerfestsetzung und Steuererhebung zu trennen. Für eine derartige Auslegung spricht zudem, dass sich die Regelungen über die von dem Steuerpflichtigen vorgenommenen Zahlungen auf bestehende Steuerverpflichtungen im 2. Unterabschnitt (§ 224 ff. AO) des 5. Teils der Abgabenordnung finden, welcher das Erhebungsverfahren betrifft. Dieses Verständnis von § 5 Nr. 4 HmbTG ist auch mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar. Denn das Hamburgische Transparenzgesetz soll in erster Linie dazu dienen, die Verwaltung für den Bürger transparent zu machen, um damit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns zu erhöhen (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/4466 S. 1). Dieses Ziel wird durch die gefundene Auslegung nicht beeinträchtigt. Es würde auch nicht gefördert, würde man die Kontoauszüge nicht als Steuererhebung im Sinne des § 5 Nr. 4 HmbTG verstehen. 2. Soweit sich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Kontoauszuges aus anderen Rechtsgrundlagen ergeben kann, hat die Kammer auch über diese zu befinden. Das Gericht des zulässigen Rechtsweges hat den Rechtsstreit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG lediglich nicht in den hier nicht betroffenen Fällen des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 34 Satz 3 GG. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das angerufene Gericht in den Fällen, in denen der Klageanspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Grundlagen gestützt wird, den Rechtsstreit grundsätzlich umfassend prüfen, sofern der zu ihm beschrittene Rechtsweg für einen Klagegrund zulässig ist (vgl. BT-Drucks. 11/7030 S. 37). Rechtsstreit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist der Streitgegenstand (Ehlers in: Schoch/Schneider/Bier VwGO, 2012, § 17 GVG Rn. 24). Der Streitgegenstand wird durch den Klageanspruch und den Klagegrund bestimmt, also durch den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und durch den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.10.2011, 9 B 12/11 in juris). Hier liegt lediglich ein Streitgegenstand vor. Der Kläger begehrt als -8-
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-8- Insolvenzverwalter die Übermittlung eines Kontoauszuges über das bei der Beklagten geführte Steuerkonto der Insolvenzschuldnerin. a) Dem Kläger steht jedoch auch aus § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO kein Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszuges zu. Der Bundesgerichtshof hat einen Auskunftsanspruch des    Insolvenzverwalters    gegenüber    Gläubigern  des   Insolvenzschuldners  wegen möglicher Anfechtungsansprüche in ständiger Rechtsprechung davon abhängig gemacht, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht. Solange ein Rückgewährschuldverhältnis nicht feststeht, hat sich der Verwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Schuldner zu halten (vgl. BGH, Urt. v. 13.8.2009, IX ZR 58/06, ZInsO 2009, 1810 f.). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass im Verhältnis zur Beklagten ein (weiterer) Anfechtungsanspruch dem Grunde nach bereits feststeht. b) Aus der Abgabenordnung ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf den begehrten Kontoauszug. c) Dem Kläger steht nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung eines Kontoauszuges zu. Bei der Ermessensentscheidung hat das Finanzamt eine Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers an dem Kontoauszug, bzw. der Akteneinsicht und den Belangen der Behörde vorzunehmen. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Kläger trotz Aufforderung seitens der Beklagten keine Ausführungen zu seinem Interesse an dem begehrten Kontoauszug gemacht hat. Fehlt eine solche Darlegung, kann das Finanzamt schon aus diesem Grunde die Erteilung eines Kontoauszuges ablehnen (BFH, Urt. v. 19.3.2013, II R 17/11 in juris). Bei der Ermessenserwägung hat die Beklagte zusätzlich zu Recht auch berücksichtigt, ob sich durch die begehrte Auskunft Anhaltspunkte für mögliche Anfechtungsgründe nach den §§ 129 ff. InsO ergeben können, denn der Insolvenzverwalter hat allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzamt (vgl. BGH, Urt. v. 13.8.2009, a.a.O.). Das Ermessen der Beklagten ist auch durch den von dem Kläger in Kopie eingereichten Internetauftritt nicht dergestalt gebunden, dass dem Kläger der begehrte Kontoauszug zur -9-
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-9- Verfügung gestellt werden müsste. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass die im Internet veröffentlichten Informationen zur Erlangung eines Kontoauszuges nicht so zu verstehen seien, dass jedem Antrag ohne nähere Prüfung stattgegeben werden würde. Vielmehr werde in jedem Einzelfall geprüft, wer und aus welchem Grunde ein Kontoauszug angefordert werde. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. IV. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. XXX
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