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Information

Aktenzeichen
6 A 766/11
Datum
8. November 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Greifswald
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)

Urteil: Verwaltungsgericht Greifswald am 8. November 2012

6 A 766/11

Bei Informationen, die sich auf Zahlungen aus Spenden und sonstigen einseitigen Zuwendungen beziehen, handelt es sich um amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern. Um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handelt es sich dabei nicht. Als Maßstab für die Einstufung der Zahlungen dient dem Gericht die Frage, ob damit, würde die Stadt selbst sie vornehmen, eine öffentliche Aufgabe erfüllt wird. Bei Zahlungen im Rahmen von Sponsoringverträgen ist ein amtlicher Zweck dagegen nicht erkennbar; sie fallen nicht unter den Auskunftsanspruch. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Begriffsbestimmung

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VERWALTUNGSGERICHT
GREIFSWALD

Aktenzeichen:
6 A 766/11

 

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Verwaltungsstreitverfahren

B.,
B-Straße, Greifswald,

- Kläger -
gegen
Oberbürgermeister der Hansestadt, Greifswald, Rechts- und Personalamt,
Rathaus am Markt, Greifswald,
- Beklagter -

Beigeladen:

1. E. Greifswald,
H. Straße , Greifswald,
1

-2- 6 A 766/11

2.A.,
A-Straße, Greifswald,

Proz.-Bev.:
zu 1: Rechtsanwälte C.,
C-Straße, Greifswald,

wegen
Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz

hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Greifswald aufgrund der mündlichen Ver-
handlung vom

8. November 2012

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Corsmeyer,
die Richterin am Verwaltungsgericht Hirtschulz und

den Richter am Verwaltungsgericht Tank

sowie die ehrenamtliche Richterin Graf

und die ehrenamtliche Richterin Glawe

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 06.05.2011
und des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2011 verpflichtet, dem Kläger die bei
dem Beklagten bzw. der Beigeladenen zu 1. vorhandenen Informationen über von
der Beigeladenen zu 1. seit dem 01. Dezember 2008 an den Beigeladenen zu 2.
geleistete Zahlungen aus Spenden oder sonstigen einseitigen Zuwendungen in
geeigneter Form zugänglich zu machen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben; außergerichtliche
Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuld-
ner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld ab-
wenden, falls der jeweilige Kostengläubiger nicht vorher Sicherheit in gleicher Hö-
he leistet.
2

-3- 6 A 766/11

Tatbestand:

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 24.03.2011 an den Beklagten ihm mitzuteilen,

welche Zahlungen (Spenden, Vertragsleistungen etc.) die Beigeladene zu 1. an den Bei-
geladenen zu 2. seit dem 1. Dezember 2008 geleistet hatte. Der Beklagte informierte den
Kläger mit Schreiben vom 12.04.2011 über die Weitergabe des Antrages an die Beigela-

dene zu 1..

Mit Schreiben vom 29.04.2011 an den Kläger lehnte die Beigeladene zu 1. den Antrag
des Klägers mit dem Hinweis ab, es handele sich bei den gewünschten Informationen um
Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugäng-
lich seien und an deren Nichtverbreitung die Beigeladene zu 1. ein berechtigtes Interesse
habe. Insofern unterlägen sie mit kaufmännischem bzw. wirtschaftlichem Hintergrund ei-
nem besonderen Schutz. Außerdem habe der Beigeladene zu 2. der Weitergabe der In-

formationen nicht zugestimmt.

Mit weiterem Schreiben vom 06.05.2011 an den Kläger schloss sich der Beklagte unter
Hinweis auf das Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 29.04.2011 deren Auffassung an
und lehnte den Antrag des Klägers seinerseits ab.

Den Widerspruch des Klägers vom 13.05.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbe-
scheid vom 29.06.2011 zurück. Zur Begründung verwies der Beklagte auf $ 8 Informati-
onsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V). Der durch diese Norm gewährte
Schutz erstrecke sich einerseits auch auf Unternehmen, an denen die Universitäts- und
Hansestadt Greifswald mit der Mehrheit der Anteile oder Stimmen beteiligt sei. Anderer-
seits könne sich auch der Sportverein auf den vermittelten Schutz berufen. Zuwendungen
der Beigeladenen zu 1. an den Beigeladenen zu 2. in Form von Sponsoringverträgen,
aber auch durch Spenden, beträfen die kaufmännische Seite des Geschäftsbetriebes, zu
der u. a. die Geschäftsverbindungen, Handelsstrategien aber auch die wirtschaftliche Si-
tuation gehörten. Sponsoringverträge würden Auskunft über bestehende Geschäftsver-
bindungen und die Hergabe von Finanzmitteln eines wirtschaftlichen Betriebes geben,
deren Offenbarung auf Seiten beider Vertragspartner zu einem wirtschaftlichen Schaden
führen könne. Sowohl die Beigeladene zu 1. wie auch der Beigeladene zu 2. hätten ein
berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, da der begehrten Information Wettbewerbsrele-
vanz zukomme. Gleiches gelte auch für einseitige Zuwendungen. Sowohl die Beigeladene
3

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zu 1. als auch der Beigeladene zu 2. hätten der Weitergabe der Information nicht zuge-
stimmt.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 01.08.2011 Klage erhoben.

Er könne das Zutreffen der Voraussetzungen der Unternehmensbezogenheit, der Nichtof-
fenkundigkeit und des Geheimhaltungswillens aufgrund fehlender Informationen und un-
zureichender Begründungen des Beklagten und der Drittbeteiligten nicht inhaltlich anzwei-
feln. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse sei hingegen nicht ersichtlich. Dies werde
vom Beklagten zwar behauptet, aber nicht ausreichend begründet. Hierzu sei festzustel-
len, dass er keine Einsicht in Sponsoringverträge beantragt habe. Dass die Informationen
über die Höhe der geleisteten Zahlungen wettbewerbliche Relevanz hätten, werde stark
bezweifelt und werde vom Beklagten auch nicht weiter ausgeführt. Im Übrigen habe die
Beigeladene zu 1. ihr Sponsoring für den Beigeladenen zu 2. zwischenzeitlich auch been-
det.

Der Kläger beantragt,

der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 06.05.2011 und der Widerspruchsbe-
scheid vom 29.06.2011 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Klä-
ger die beantragte Auskunft darüber zu geben, Zahlungen welcher Art und Höhe seit
dem 01.12.2008 durch die W. an den A. geleistet wurden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Wider-
spruchsbescheid verweist er u. a. darauf, dass durch die Preisgabe der Informationen für
die Beigeladene zu 1. auch die Gefahr bestehe, dass sich Wettbewerber in Kenntnis des
Sponsoringbetrages um den Verein als Partner bemühten und der Beigeladenen zu 1. die
Marketingplattform raubten und auf diese Weise die Wettbewerbsposition der Beigelade-
4

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nen zu 1. nachteilig beeinflussten. Dies gelte auch für Spenden, wobei auch auf deren
steuerliche Berücksichtigung hinzuweisen sei.

Das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sei in gleicher Weise auch bei dem Beigeladenen
zu 2. betroffen. Wie der Umsatz von Wirtschaftsbetrieben seien auch die Einnahmen des
Vereins über das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu schützen.

Die Beigeladene zu 1. verweist ebenfalls auf ihr Betriebs- und Geschäftsgeheimnis und
trägt ergänzend vor, das Informationsfreiheitsgesetz M-V gewähre nur freien Zugang zu
den in Behörden vorhandenen Informationen. Generell bestehe keine Pflicht der zustän-
digen Behörde, die gewünschten Informationen zu beschaffen. Da die gewünschten In-
formationen nicht beim Beklagten in seiner Funktion als Behörde vorhanden seien, könne
dem Informationsbegehren auch nicht entsprochen werden. Die Befugnisse des Beklag-
ten seien gegenüber der Beigeladenen zu 1. auf kommunalrechtliche bzw. gesellschafts-

rechtliche Befugnisse beschränkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-
richtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf das Protokoll
über die mündliche Verhandlung vom 8. November 2012 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß $ 42 Abs. 1 und 2 VwGO zulässige Verpflichtungsklage hat in dem sich aus
dem Tenor der Entscheidung ergebenden Umfang Erfolg; insoweit ist der Bescheid des
Beklagten vom 06.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2011
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch
gegen den Beklagten, ihm die beim Beklagten oder bei der Beigeladenen zu 1. vorhande-
nen Informationen über Zahlungen der Beigeladenen zu 1. an den Beigeladenen zu 2.
aus Spenden oder sonstigen einseitigen Zuwendungen in geeigneter Form zugänglich zu
machen; im Übrigen ist die Klage unbegründet ($ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist $ 1 Abs. 2 IFG M-V. Nach dieser Vor-
schrift hat jede natürliche und juristische Person des Privatrechts Anspruch auf Zugang zu
den bei einer Behörde vorhandenen Informationen. Um Informationen im Sinne des In-
formationsfreiheitsgesetzes handelt es sich gemäß 8 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V bei jeder
amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung in Form von Schrift, Bild, Ton oder in sonsti-
5

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gen Daten. Behörden im Sinne der Vorschrift sind u. a. die Behörden der Gemeinden (8 3
Abs. 1 IFG M-V). Nach $ 3 Abs. 3 IFG M-V steht einer Behörde eine natürliche oder juris-
tische Person des Privatrechts gleich, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
wahrnimmt oder dieser Person die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen wurde oder
an denen eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten juristischen Personen des öffent-
lichen Rechts mit einer Mehrheit der Anteile oder Stimmen beteiligt sind. Im Fall des $ 3
Abs. 3 IFG M-V ist der Antrag auf Informationserteilung schriftlich oder zur Niederschrift
an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privat-
rechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient (8 10 Abs. 1 Satz 3 IFG

MV).

Der Antrag ist gemäß $ 8 Satz 1 IFG M-V abzulehnen, soweit der Schutz geistigen Eigen-
tums entgegensteht oder durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Ge-
schäftsgeheimnis offenbart wird und der Betroffene nicht eingewilligt hat. Dies gilt gemäß
$ 8 Satz 2 IFG M-V auch für das Land, die kommunalen Körperschaften sowie für Unter-
nehmen und Einrichtungen, die von kommunalen Körperschaften nach den Vorschriften
der Kommunalverfassung in einer Rechtsform des privaten oder öffentlichen Rechts ge-
führt werden, bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden allgemein alle auf ein Unternehmen be-
zogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern
nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentli-
chen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches
Wissen. Ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis setzt danach neben dem Mangel an Of-
fenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Un-
ternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die
Offenbarung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches
Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbssituation
des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, Urt. V. 28.05.2009, 7 C 18.08, zit.
n. juris). Der dem Unternehmen drohende Nachteil bzw. Schaden muss von diesem im
Rahmen der nach $ 9 Abs. 1 IFG M-V durchzuführenden Anhörung dargelegt werden.

Dies vorausgesetzt hat die Klage insoweit Erfolg, als es sich bei den begehrten Informati-
onen um solche im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes M-V, also um amtlichen Zwe-
cken dienende Aufzeichnungen gemäß $ 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V handelt. Amtlichen Zwe-
6

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cken dienen Aufzeichnungen, die sich im Besitz der Behörde befinden und der Erfüllung
einer öffentlichen Aufgabe dienen.

Dabei können die Aufzeichnungen sowohl bei der Behörde der Körperschaft des öffentli-
chen Rechts vorhanden sein, an die gemäß $ 10 Abs. 1 Satz 2 IFG M-V der Antrag zu
richten ist, als auch bei der gemäß $ 3 Abs. 3 IFG M-V einer Behörde gleichgestellten na-
türlichen oder juristischen Person des Privatrechts. Mit der Regelung in 8 1 Abs. 2 IFG M-
V, die den Auskunftsanspruch auf alle „bei einer Behörde vorhandenen Informationen“
bezieht, und der Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen des Privat-
rechts mit Behörden nach $ 3 Abs. 3 IFG M-V hat der Gesetzgeber deutlich gemacht,
dass auch die bei den Personen des Privatrechts vorhandenen Informationen solche im
Sinne von $ 1 Abs. 2 IFG M-V sein sollen, sofern die weiteren Voraussetzungen des Aus-
kunftsanspruchs erfüllt sind. Das Gesetz unterscheidet insoweit nur zwischen demjenigen,
bei dem die Informationen vorhanden sind (Auskunftspflichtiger im materiellen Sinne) und
demjenigen, der die begehrten Informationen an den Antragsteller erteilen muss (Aus-
kunftspflichtiger im verfahrensrechtlichen Sinne). Letzterer ist stets die zuständige Behör-
de der juristischen Person des öffentlichen Rechts ($ 3 Abs. 1 IFG M-V); ersterer kann in
den Fällen des $ 3 Abs. 3 IFG M-V auch ein Privater sein.

Den Einlassungen der Beigeladenen zu 1. im gerichtlichen Verfahren ist zu entnehmen,
dass die Aufzeichnungen mit den vom Kläger begehrten Informationen bei ihr und nicht
bei dem Beklagten vorhanden sind, was den Anspruch nach dem oben Dargestellten aber
nicht ausschließt.

Allerdings handelt es sich nur bei den Informationen, die sich auf Zahlungen aus Spenden
und sonstigen einseitigen Zuwendungen beziehen, um amtlichen Zwecken dienende Auf-
zeichnungen. Bei Zahlungen im Rahmen von sog. Sponsoringverträgen oder ähnlichen
vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Beigeladenen
zu 2. ist ein amtlicher Zweck dagegen nicht erkennbar. Aufzeichnungen über solche Zah-
lungen fallen deshalb nicht unter den Auskunftsanspruch nach 8 1 Abs. 2 IFG M-V.

Zwar erfüllt die Beigeladene zu 1. als ein von der Universitäts- und Hansestadt Greifswald
auf der Grundlage von Artikel 22 Abs. 4 Einigungsvertrag durch die Überführung ihres
kommunalen Wohnungsvermögens geschaffenes privatrechtliches Unternehmen zumin-
dest auch den in $ 2 Abs. 2 Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-
Vorpommern (KV M-V) ausdrücklich genannten Zweck des öffentlichen Wohnungsbaus.
Der Abschluss von Sponsoringverträgen oder ähnlichen Vereinbarungen mit Dritten dient
7

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jedoch nicht diesem öffentlichen Zweck, der darin besteht, für die Wohnraumversorgung
der örtlichen Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum in ausreichendem Umfang und ent-
sprechender Qualität zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich dabei vielmehr um wer-
bende Tätigkeit im Wettbewerb mit anderen Mitbewerbern mit gleichem oder ähnlichem
Leistungsangebot, welches im Übrigen bei der Beigeladenen zu 1. auch weit über den
Bau und die Vermietung von eigenem Wohnraum für die örtliche Bevölkerung hinausgeht
(vgl. www.wvg-greifswald.de).

Anders liegt der Fall bei der Zahlung von Spenden oder sonstigen einseitigen Zuwendun-
gen durch die Beigeladene zu 1. an gemeinnützige Einrichtungen im Gebiet der Universi-
täts- und Hansestadt Greifswald, wie etwa den Beigeladenen zu 2. Hierbei würde es sich
— würde die Stadt selbst diese Zahlungen vornehmen - um Erfüllung einer öffentlichen
Aufgabe im Sinne von $ 2 Abs. 2 KV M-V , nämlich die Sicherung und Förderung eines
bedarfsgerechten öffentlichen Angebots an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen,
die Entwicklung der Freizeit- und Erholungseinrichtungen sowie des kulturellen Lebens,
handeln. So zählt seit jeher die finanzielle Unterstützung von örtlich aktiven Sportvereinen
zu diesen örtlichen öffentlichen Aufgaben, insbesondere um ein bedarfsgerechtes Ange-
bot für den Kinder- und Jugendsport sicherzustellen. An dieser öffentlichen Zweckgerich-
tetheit von Spenden und sonstigen einseitigen Zuwendungen ändert sich auch nichts da-
durch, dass nicht die Stadt selbst diese Zahlungen aus den ihr dafür im Haushalt zur Ver-
fügung stehenden Mitteln getätigt hat, sondern die Beigeladene zu 1. die Zahlungen aus
ihrem Vermögen geleistet hat. Der öffentliche Zweck solcher Zahlungen folgt aus der be-
herrschenden Stellung der Stadt über die Beigeladenen zu 1. Zunächst handelt es sich
bei dem Vermögen der Beigeladenen zu 1. letztlich um Vermögen der Universitäts- und
Hansestadt Greifswald, weil die Stadt alleiniger Gesellschafter der als GmbH betriebenen
Beigeladenen zu 1. ist. Die Stadt hat damit auch die Möglichkeit der Einflussnahme auf
solche Zahlungen durch „ihr Unternehmen“ bis hin zur Bestimmung in welcher Höhe und
an wen die Zahlungen geleistet werden sollen. Darüber hinaus erspart sich die Kommune
eigene Aufwendungen aus ihrem Gemeindehaushalt in Höhe der Spenden, wenn und
soweit die Förderung eines örtlichen Sportvereins durch solche Zahlungen ihres Unter-
nehmens geleistet werden. Wollte man gleichwohl die öffentliche Zweckrichtung solcher
Zahlungen ausschließlich in den Fällen bejahen, in denen die Kommune selbst sie leistet,
bei Zahlungen durch ein kommunales Unternehmen aber verneinen, so würde dies dem
Transparenzgebot öffentlich-rechtlichen Handelns, welches durch die Regelungen des
Informationsfreiheitsgesetzes M-V gesetzlich normiert ist, zuwiderlaufen. Der Gesetzge-
ber hat dies in $ 3 Abs. 3 IFG M-V auch deutlich zum Ausdruck gebracht, in dem er die
8

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Auskunftspflicht nicht nur auf Personen des Privatrechts erweitert hat, die öffentliche Auf-
gaben erfüllen, sondern allgemein auch auf solche juristischen Personen des Privatrechts,
an denen die jeweilige juristische Person des öffentlichen Rechts mehrheitlich beteiligt ist.
Damit geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch Körperschaften des öffentlichen
Rechts gehörende juristische Personen des Privatrechts, die nicht unmittelbar Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen oder denen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben
übertragen wurde, über Informationen im Sinne von $ 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V verfügen
können, die dem Auskunftsanspruch nach $ 1 Abs. 2 IFG M-V unterliegen.

Im Übrigen geht der Beklagte entgegen seiner anderslautenden Einlassungen im gericht-
lichen Verfahren offensichtlich selbst davon aus, dass derartige Spenden der Beigelade-
nen zu 1. einem öffentlichen Zweck im Sinne von 8 2 Abs. 2 KV M-V dienen. Im Subventi-
onsbericht 2012 der Universitäts- und Hansestadt Greifswald ist unter 6., Dezernat I, 01
„Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH Greifswald“ u. a. eine Spende „an den
Sportbund Greifwald zur Unterstützung der Jugend- und Nachwuchsarbeit in den Sport-
vereinen“ aufgeführt.

Die Informationen über Zahlungen der Beigeladenen zu 1. an den Beigeladenen zu 2. aus
Spenden oder sonstigen einseitigen Zuwendungen stellen schließlich auch kein Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnis der Beigeladenen dar. Für den Beigeladenen zu 2., einen ge-
meinnützigen Sportverein, ergibt sich dies bereits daraus, dass es sich bei diesem nicht
um ein Unternehmen mit technischem oder kaufmännischem Wissen handelt, welches vor
Marktwettbewerbern zu schützen ist.

Aber auch für die Beigeladene zu 1. ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass
Aufzeichnungen über Spenden und sonstige einseitige Zuwendungen der Beigeladenen
zu 1. an den Beigeladenen zu 2. exklusives kaufmännisches Wissen darstellen, dessen
Preisgabe geeignet wäre, die Wettbewerbssituation der Beigeladenen zu 1. nachteilig zu
beeinflussen (vgl. BVerwG aaO). Hinzutritt, dass die Beigeladene zu 1. solche Zahlungen
an den Beigeladenen zu 2. Ende 2011 eingestellt hat. Wie eine Offenlegung der Zahlun-
gen aus der Vergangenheit auch zukünftig Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition der
Beigeladenen zu 1. haben soll, erschließt sich der erkennenden Kammer nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus 88 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 88 167 Abs. 1 und 2
VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwal-

tungsgericht zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen
Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Greifswald, Domstraße
7, Greifswald, schriftlich zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Inner-
halb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzu-
legen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits
mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-
Vorpommern, Domstraße 7, Greifswald, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwal-
tungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder
des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. ein der Beurteilung des Berufsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend ge-
macht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmäch-
tigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor
dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als
Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich
anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen
10

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