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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
7 K 4497/10.F
Datum
18. Juli 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 18. Juli 2012

7 K 4497/10.F

In Rede stehen Informationen über Prüfergebnisse und Aufsichtsmaßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Voraussetzung für die Geltendmachung des Ausnahmetatbestands des Informationsfreiheitsgesetzes, nach dessen Wortlaut ein Anspruch auf Informationszugang nicht besteht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden haben kann, ist eine substantiierte Darlegung, inwieweit solche Auswirkungen zu gewärtigen sind. Ein Verweis auf nicht von vornherein auszuschließende, abstrakt gegebene nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben reichen nicht aus, um den Informationszugang zu verwehren. Allerdings ist der Versagungsgrund zum Schutz laufender strafrechtlicher Ermittlungen erfüllt, da das bei der Staatsanwaltschaft eingeleitete Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Schutz besonderer Verfahren Aufsichtsaufgaben Strafverfolgung

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VERWALTUNGSGERICHT F RANKFURT AM M AIN Geschäftsnummer: 7 K 2127/10.F Verkündet am: 13.01.2011 LS. Geßner Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren Rechtsanwälte A. , C-Straße, B-Stadt Kläger, Proz.-Bev.:    Rechtsanwälte D., C-Straße, B-Stadt, -- gegen die Bezirksverwaltung B-Stadt, E-Straße, B-Stadt Beklagte, wegen         Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch Richter am VG Tanzki aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01. 2011 für Recht erkannt:
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-2- 1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. 2. Im Übrigen wird der Bescheid der Beklagten vom 17.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2010 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin schriftlich Auskunft zu erteilen, a) wann sie die ersten Beitragsrückstände gegenüber der Firma F. durch Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht hat, b) seit wann sie für Beitragsrückstände der Firma F. Vollstreckungsaufträge an die zuständigen Vollstreckungsbehörden erteilt hat, c) welche Zahlungen sie von der Firma F. seit der ersten Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat, d) welche Zahlungen sie von der Firma F. seit dem 15.08.2007 erhalten hat. 3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt. 4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 5. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. TATBESTAND Die Klägerin begehrt Auskunft von der Beklagten hinsichtlich von Zahlungen und Beitragsrückständen an die Beklagte als Sozialversicherungsträger durch eine Firma, zu deren Insolvenzverwalterin sie bestellt worden ist.
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-3- Mit Beschluss vom 25.11.2008 eröffnete das Amtsgericht Offenbach das Konkursverfahren für das Vermögen der Firma F. im Landkreis Offenbach. Mit Wirkung vom gleichen Tage wurde die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Klägerin, die bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 22.07.2008 als Sachverständige über die Eröffnung des Konkursverfahrens, welches am 22.11.2007 durch die AOK Westfalen-Lippe beantragt worden war, gerichtlich bestellt worden war, fand im Geschäftsbetrieb der insolventen Firma F. nur unzureichend Unterlagen über Zahlungsabflüsse und – zuflüsse vor. Eine Anfrage bei dem Steuerberater der Firma F. über dort vorhandene Abrechnungsunterlagen verlief ergebnislos. Am 17.08.2009 gab der Geschäftsführer der Firma F. eine eidesstattliche Versicherung ab, wonach er über den Verbleib dieser Unterlagen nichts wisse. Mit Antrag vom 04.03.2009 beantragte die Klägerin schriftliche Auskunftserteilung hinsichtlich der im Klageantrag aufgeführten Sachkomplexe. Zusätzlich beantragte sie – dieser Antrag wurde im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zurückgenommen -, welche Zahlungen die Beklagte seit dem 15. August 2007 von der Gesellschaft erhalten habe, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzuwenden. Zur Begründung des Antrages verwies die Klägerin auf den Anspruch auf Auskunftserteilung nach dem Informationsfreiheitsgesetz und auf den Umstand, dass die im Antrag umrissenen Sachkomplexe durch Informationsgewinnung aus den unvollständigen Unterlagen der Insolvenzschuldnerin oder von privaten Dritten nicht möglich sei. Mit Bescheid vom 17.02.2010 lehnte die Beklagte die Erteilung der Auskünfte ab und führte im Wesentlichen aus, dass ein Anspruch auf Informationszugang nicht bestehe, da das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherung zu beeinträchtigen. Dem stehe § 3 Nr. 6 Informationsfreiheitsgesetz entgegen. Das Auskunftsersuchen ziele offenbar darauf ab, die Grundlage für eine mögliche Insolvenzanfechtungsklage zu ermitteln. Eine aufgrund der Auskunftserteilung dann erfolgreiche Anfechtung könnte dazu führen, dass die Beklagte eingezogene Beiträge abführen müsste. Zudem sei hinsichtlich jenes Teils des Auskunftsersuchens, nämlich welche Zahlungen erfolgt seien, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzuwenden, festzustellen, dass es sich nicht um eine Information, sondern um eine Bewertung handele,
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-4- welche zudem bei der Beklagten nicht gespeichert sei. Hierbei handele es sich nicht um eine amtliche Information nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsfreiheitsgesetz). Die Klägerin könne sich im Übrigen auch dieser Informationen in zumutbarer Weise beschaffen, da sie als Insolvenzverwalterin grundsätzlich Zugang zu allen Geschäftsunterlagen der Insolvenzschuldnerin habe. Es sei ihre Aufgabe, durch Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten den Geschäftsführer der insolventen Schuldnerin über den Verbleib der Geschäftsunterlagen zu befragen. Schließlich stehe der Informationserteilung auch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 g) Informationsfreiheitsgesetz entgegen, weil das Bekanntwerden der Informationen auf die Durchführung eines (zukünftigen) Gerichtsverfahrens nachteilige Auswirkungen haben könnte und ein faires Verfahren somit nicht mehr gewährleistet wäre. Die analoge Anwendung für zukünftig zu erwartende Klagen sei für den Bereich der Insolvenzanfechtungen möglich, da hier eine planwidrige Regelungslücke vorliege. Eine Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten durch das Informationsfreiheitsgesetz sei durch den Gesetzgeber nicht gewollt gewesen, sie sei schlicht übersehen worden. § 3 Nr. 1 g) Informationsfreiheitsgesetz, der nach dem Gesetzeswortlaut an laufende Gerichtsverfahren anknüpfe, sei deshalb analog auch auf zukünftige Insolvenzanfechtungsklagen anzuwenden. Die analoge Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Gefährdung eines fairen Verfahrens sei auch deshalb gegeben, weil ein möglicher Prozessgegner dazu verpflichtet werden solle, Beweismittel für einen zukünftigen Prozess gegen ihn selbst herauszugeben. Hiergegen legte die Klägerin am 01.03.2010 Widerspruch ein, der mit Schriftsatz vom 17.03.2010 begründet wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beiden letzten Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin nicht mitteilen hätten können, wo sich die Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen der Firma befinden würden. Der letzte Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin habe am 17.08.2009 bei seiner Vorführung und Anhörung bei dem Amtsgericht Offenbach eidesstattlich versichert, dass ihm nicht bekannt sei, wo sich die Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen der Insolvenzschuldnerin befinden würden. Der beantragten Auskunft stehe auch nicht entgegen, dass die Informationen in einem zukünftigen Gerichtsverfahren verwendet werden könnten. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz habe der Gesetzgeber für die öffentliche Verwaltung das Prinzip der Aktenöffentlichkeit eingeführt, dem der Gedanke eines Ausforschungsverbotes
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-5- fremd sei. Das Informationsfreiheitsgesetz sei Folge der Sonderstellung der öffentlichen Hand, die besondere Transparentspflichten mit sich bringe. Diese besonderen Pflichtenstellung sei auch dann gegeben, wenn eine Behörde im Einzelfall zugleich am Insolvenzverfahren als Insolvenzgläubigerin teilnehme. Das Informationsfreiheitsgesetz nehme dabei in Kauf, dass der Insolvenzverwalter etwaige Ersatzansprüche gegen eine Behörde unter erleichterten Bedingungen nach Informationsgewinnung geltend machen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2010 beschloss der Widerspruchsausschuss der Beklagten auf seiner Sitzung vom 05.08.2010, den Widerspruch zurückzuweisen. Zur Begründung wurde in dem Widerspruchsbescheid vom gleichen Tage ausgeführt, dass – 1 – die Erzwingung von Zahlungen von der Insolvenzschuldnerin durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen keine amtliche Information darstellen würden und – 2 – die in dem Ausgangsbescheid aufgeführten gesetzlichen Hinderungsgründe für die Erteilung einer Information gemäß § 3 Nr. 6 Informationsfreiheitsgesetz und § 9 Abs. 3 Informationsfreiheitsgesetz nicht mehr als gegeben erachtet würden, jedoch gleichwohl der Informationserteilung der Hinderungsgrund gemäß § 3 Nr. 1 g Informationsfreiheitsgesetz, nämlich die Auswirkung einer Information auf ein laufendes Gerichtsverfahren oder faires Gerichtsverfahren weiterhin entgegenstehe. Gegen den zu einem unbekannten Zeitpunkt abgesandten Bescheid hat die Klägerin am 26.08.2010 Klage erhoben und sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren berufen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Klägerin ihren Antrag, weiter Auskunftserteilung zu den Zahlungen der Insolvenzschuldnerin seit dem 15.08.2007 zum Zwecke der Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen enthält, zurückgenommen. Die Klägerin beantragt, 1. den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2010 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 05. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
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-6- der Klägerin unter Vorlage von geeigneten Nachweisen schriftlich darüber Auskunft zu erteilen, a) wann sie die ersten Beitragsrückstände gegenüber der Gesellschaft durch Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht hat; b) seit wann sie für Beitragsrückstände der Gesellschaft Vollstreckungsaufträge an die zuständigen Vollstreckungsbehörden erteilt hat; c) welche Zahlungen sie von der Gesellschaft seit der ersten Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat; d) welche Zahlungen sie von der Gesellschaft seit dem 15. August 2007 erhalten hat. 2. Die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung nimmt sie auf die entsprechenden Gründe in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Mit Beschluss vom 22.11.2010 hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die in der mündlichen Verhandlung überreichte Akte zum Widerspruchsverfahren und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2011 Bezug genommen.
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-7- ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Soweit die Klage hinsichtlich eines Teils des geltend gemachten Auskunftsverlangens zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Sachkomplexe nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Insoweit sind die mit der Klage angegriffenen und diesen Anspruch verneinenden Bescheide der Beklagten rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte war demnach zu verpflichten, die begehrte Auskunft zu erteilen, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Der Anspruch der Klägerin beruht auf § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zur Information des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – Informationsfreiheitsgesetz vom 05.09.2005; BGBl. I S. 2722). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes aber auch gegen sonstige Bundesorgane und – einrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Unzweifelhaft handelt es sich bei der beklagten Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft um eine Bundeseinrichtung, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft gehört zu den auf der Grundlage des SGB VII eingerichteten gewerblichen Berufsgenossenschaften für die gesetzliche Unfallversicherung. Sie nimmt die auf der Grundlage dieses Gesetzes geregelten Aufgaben wahr. Sie ist somit eine Bundeseinrichtung, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben ausführt. Nach der Gesetzesbegründung soll nur der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten, der Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben. Alle
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-8- anderen „Angelegenheiten“ sind demnach dem Informationsfreiheitsgesetz unterstellt (vgl. Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, München 2009; § 1 Rn. 94). Es handelt sich auch um ein Zugangsverlangen zu amtlichen Informationen. Amtliche Informationen sind nach § 2 Nr. 1 Informationsfreiheitsgesetz zu amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Da die Auskunft sich auf Informationen zur Beitragserhebung und zur Beitragseinziehung bei der Insolvenzschuldnerin beziehen und einen wesentlichen Aspekt der Tätigkeit der Beklagten darstellen, sind diese Informationen auch bei der Beklagten vorhanden. Grundsätzlich kann die Beklagte auch diese Auskunftserteilung vollumfänglich bewerkstelligen, da sie nicht geltend gemacht hat, dass der Informationszugang ohne Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Informationen ermöglicht werden kann und ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand auch durchzuführen ist, § 7 Abs. 2 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass dem Informationszugang der Schutz von besonderen öffentlichen Belangen entgegensteht. Soweit sie geltend gemacht hat, dass gemäß § 3, Nr. 1 d Informationsfreiheitsgesetz ein Anspruch der Klägerin auf Informationszugang deswegen nicht besteht, da das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens oder den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren haben kann, sieht das Gericht diese Schranke für die Erteilung eines Auskunftsverlangens als nicht einschlägig an. Die Beklagte räumt auch ein, dass sie sich nicht auf den Gesetzeswortlaut stützen kann, will aber hier eine planwidrige Regelungslücke zur Anwendung gelangen lassen, welche den Schutz dieses besonderen öffentlichen Belangs in jenen Bereich vorverlagert, dass mit der begehrten Information erst die möglicherweise die Voraussetzungen für ein Gerichtsverfahren – hier: Insolvenzanfechtungsklage – zu schaffen. Auf dem Wege der Analogie besteht jedoch auch zur Überzeugung des Gerichts kein Bedarf, weil sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden hat, den Informationszugang jedermann und voraussetzungslos einzuräumen (vgl. Schoch, ebenda, Einleitung, Rn. 18
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-9- ff. und § 1, Rn. 15 ff.). Insofern sind die Schranken für den Informationszugang gemäß §§ 3 – 6 Informationsfreiheitsgesetz eng auszulegen. Wenn der Gesetzgeber zu den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens oder – was hier ohnehin fernliegt – den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren einer Informationszugangsschranke unterwirft, spricht dies maßgeblich gegen eine Ausweitung dieser Schranke auf den Wege eines Analogieschlusses. Die von der Beklagten angeführte vereinzelte Literaturmeinung überzeugt in diesem Zusammenhang nicht, weil sie diese Ausweitung des Schutzbereiches mit dem Anliegen des Gesetzgebers begründet, durch materiell-rechtliche Änderungen Anfechtungsklagen zu Lasten der Sozialversicherungsträger einzudämmen oder gar zu beseitigen. Dies reicht schon deswegen nicht aus, weil der Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz voraussetzungslos gefasst ist und die materiell- rechtlichen Änderungen nach den Bedürfnissen der Sozialversicherungsträger in dem entsprechenden Fachgesetzen Ausdruck finden kann (so auch VG Hamburg, Urt. v. 23.04.2009 – 19 K 4199/07 -, zitiert nach juris). Dem Informationszugang der Klägerin steht auch nicht § 35 SGB I, nämlich die Wahrung eines Sozialgeheimnisses entgegen. Da es sich vorliegend bei den vorhandenen Informationen um Informationen über eine juristische Person handelt, greift vorliegend nicht § 35 Abs. 1, welcher die Sozialdaten einer juristischen Person unter Schutz stellt, sondern § 35 Abs. 4 SGB I, welche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Sozialdaten gleichstellt. Dies ist für den Informationszugang deswegen bedeutsam, weil § 1 Abs. 3 Informationsfreiheitsgesetz ausdrücklich bestimmt, dass Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X den Regelungen im Informationsfreiheitsgesetz vorgehen. Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Insolvenzschuldnerin erfasst sein können, denn die Auskunft zielt auf betriebs- und geschäftsbezogene Daten der Insolvenzschuldnerin, hat jedoch ohne Zweifel keinen Geheimnischarakter. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Hierbei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Die Zuziehung eines
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- 10 - Bevollmächtigten mit der einhergehenden Kostenfolge ist dann für notwendig zu erklären, wenn die Vertretung vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und in seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen. Diese Erfordernisse sind aufgrund der Komplexität des Verfahrens und der materiell-rechtlichen Grundlagen vorliegend gegeben. Unerheblich ist dabei, dass es bei der Klägerin selbst um eine Rechtsanwältin handelt, weil auch der sic h selbst vertretende Rechtsanwalt für sein tätig werden im Vorverfahren wie bei der Vertretung Dritter die Erstattung der Anwaltskosten verlangen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl., § 162 Rn. 18 f.). Als unterliegende Beteiligte hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. RECHTSMITTELBELEHRUNG Die Beteiligten können die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
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