Informationsfreiheit gebündelt, verschlagwortet und digitalisiert.

Die Entscheidungsdatenbank setzt Rechtssprechung in den Fokus und ermöglicht fundierte Recherchen zu aktuellen und vergangenen Urteilen und Entscheidungen rundum Informationsfreiheit.

Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
7 K 1820/11.F
Datum
23. Mai 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Hessen (HUIG)
Umweltinformationsgesetz Hessen (HUIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 23. Mai 2012

7 K 1820/11.F

Eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung für die Verfüllung von Bodenmaterial zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodennutzung in einem Hecken- und Wiesenbiotop stellt eine Umweltinformation dar. Ein verwendungsbezogener Missbrauch durch den Antragsteller im Hinblick auf die vermutete Absicht, Konkurrenten auszuspähen, liegt nicht vor. Die entsprechende Regelung des Umweltinformationsgesetzes dient allein dem Schutz öffentlicher Belange. Der Schutz privater Belange, so z.B. der Geheimhaltungsinteressen von Unternehmen, bemisst sich nach einer anderen Regelung des Gesetzes. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses letztgenannten Ablehnungsgrundes dürfen nicht durch einen Rückgriff auf die Missbrauchsregelung unterlaufen werden. Anträge sind zudem nur dann offensichtlich rechtsmissbräuchlich, wenn sie erkennbar dem Ziel des Umweltinformationsgesetzes (Wächterfunktion der Öffentlichkeit, um den Umweltschutz zu verbessern) widersprechen. Soweit sie daneben auch wirtschaftlichen Eigeninteressen dienen, ist dies unschädlich. Der vorliegende Antrag lässt nicht erkennen, dass der Informationszugang unter keinem Aspekt zur Verbesserung der Umwelt führen kann. (Quelle: LDA Brandenburg)

Missbräuchliche Antragstellung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Begriffsbestimmung

/ 13
PDF herunterladen
VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN Geschäftsnummer: 7 K 1820/11.F Verkündet am: 23.05.2012 L. S. Pejcinovic Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren der A. gesetzlich, vertreten durch den Hauptgeschäftsführer B., C-Straße, D-Stadt Klägerin, Proz.-Bev.:     Rechtsanwälte E., F-Straße, G-Stadt, -- gegen den Main-Kinzig-Kreis, vertreten durch den Kreisausschuss, Barbarossastraße 16 - 24, 63571 Gelnhausen Beklagter, beigeladen:     1. H., I-Straße-Straße, J-Stadt 2.              Fa. K.. , vertr. durch L. M-Straße, N-Stadt
1

-2- Proz.-Bev.:       zu 2: Rechtsanwälte O., P-Straße, Q-Stadt, -- wegen           Umweltinformationsrecht hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch den Vors. Richter am VG Dr. Huber, Richterin am VG Ottmüller, Richter am VG Tanzki, ehrenamtlicher Richter Herr Müller ehrenamtliche Richterin Frau Krönke-Kulas aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012 für Recht erkannt: Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 10.06.2011 verpflichtet, dem Kläger eine Kopie der naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung vom 20.07.2007 betreffend die Erdaufschüttung zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodennutzung in der Gemarkung S-Stadt, Flur 24, Flurstück 69 sowie Gemarkung R- Stadt, Flur 6, Flurstücke 2/3, 3/1 und Flurstück 23 zu überlassen. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen mit Ausnahme der außerge- richtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) hat diese selbst zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hö- he der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. TAT B E S TA N D Mit Schreiben vom 21.12.2010 beantragte der Kläger beim Regierungspräsidium Darm- stadt Auskunftserteilung über die Art, Inhalt und Nebenbestimmungen der seiner Auffas- sung nach der Firma K. erteilten Genehmigung zur Verfüllung von Massen. Der Kläger teilte in seinem Antrag mit, dass ihm bekannt geworden sei, dass die Firma K. westlich der Landstraße von R-Stadt nach T-.Stadt und unmittelbar neben Ausgleichsflä-
2

-3- chen der FAG auf einer Fläche von mehreren Hektar ein Hecken- und Wiesenbiotop ver- kippe. Mit Schreiben vom 08.02.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sein an das Regie- rungspräsidium Darmstadt gerichtetes Schreiben zuständigkeitshalber an den Beklagten weitergeleitet worden sei. Bei der angesprochenen Bodenverfüllung handele es sich um eine Maßnahme zur Ver- besserung der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Diesbezüglich sei seitens der unteren Naturschutzbehörde eine naturschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden. Auf der Grundlage der vorgelegten Planungsunterlagen sei geprüft worden, ob das Vorhaben ge- nehmigungsfähig sei. Die Planungsunterlagen seien Bestandteil des Bescheides und ent- sprechend zu beachten. Darüber hinaus seien die wesentlich von dem Vorhaben betroffe- nen Behörden beteiligt worden. Sich daraus ergebende Nebenbestimmungen seien Be- standteil der Genehmigung geworden. Die Genehmigung enthalte unter anderem Neben- bestimmungen zur Befristung (3 Jahre ab Beginn), zur Lagerung des vorhandenen Mutter- bodens, zur Zuwegung, zum Einbau von Bodenmaterialien der Zuordnung Z O nach dem Merkblatt „Entsorgung von Bauabfällen“ der Hessischen Regierungspräsidien vom 04.04.2006, zur Herkunft des Bodens, zum fachgerechten Einbau des Bodenaushubs, zur Rekultivierung, zur Kompensation des Eingriffs und Hinweise zu den Anforderungen nach dem Bundesbodenschutzgesetz und der Bundesbodenschutzverordnung. Die bisher durchgeführten Verprobungen hätten nach den Analyseergebnissen immer den Einbau von Z O. ergeben. Gemäß den eingereichten Planungsunterlagen sei der Einbau von 44300m³ zulässig. Die Firma K. habe dem Beklagten mitgeteilt, dass inzwischen etwa die Hälfte der vorgesehenen Menge eingebaut sei und die Vorgaben des Genehmigungs- bescheides beachtet worden seien. Nach Abschluss der Maßnahme sei die geplante Aus- führung gemäß den Planungsunterlagen durch Mengenachweis und Nivellement zu bestä- tigen und der unteren Naturschutzbehörde vorzulegen. Aus Sicht der unteren Naturschutz- behörde seien keine Hinweise vorhanden, dass die oben genannten Auflagen und Hinwei- se nicht ausreichend eingehalten worden seien. Mit Schreiben vom 22.02.2011 beantragte der Kläger die Überlassung des vollständigen Genehmigungsbescheides, aus welchem sich nicht nur alle Nebenbestimmungen, sondern auch deren konkreten Inhalte ergeben. Daneben erbat der Kläger eine Ausfertigung des
3

-4- vom Beklagten erwähnten Merkblattes „Entsorgung von Bauabfällen“ der Hessischen Re- gierungspräsidien vom 04.04.2012. Mit Schreiben vom 01.04.2011 übersandte der Beklagte dem Kläger das angeforderte Merkblatt und teilte weiter mit, dass die Notwendigkeit der Überlassung des Genehmi- gungsbescheides nicht gesehen werde, da dessen wesentlichen Inhalte dem Kläger mit Schreiben vom 08.02.2011 zugegangen seien. Mit Schreiben vom 18.04.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Nebenbe- stimmungen des Genehmigungsbescheides nur beurteilt werden könnten, wenn sie dem genauen Wortlaut nach vorliegen. Dies gelte auch für die Zahl und Art der vorgenomme- nen Beprobungen. Der Kläger bezweifele, dass per Februar erst die Hälfte der genehmig- ten 44300m³ eingebaut worden sei. Der Augenschein besage vielmehr, das bereits jetzt diese Menge überschritten worden sei. Was die Befristung angehe könne einem Artikel des Hanauer Anzeigers entnommen werden, dass die Deponie 2007 genehmigt worden sei und auf 3 Jahre befristet gewesen sei. Dies bedeute, dass jetzt keine Genehmigung mehr vorliege. Tatsächlich aber werde dort nach wie vor Material eingelagert. Das berechtigte Interesse des Klägers zu den gewünschten Umweltinformationen ergebe sich daraus, das er die rohstoffgewinnende Industrie vertrete, welche in erheblichen Um- fang auch Bodenmaterial einlagere und insofern öffentlich- rechtlicher Genehmigungen bedürfe. Um feststellen zu können, ob und wie sich gegebenenfalls die Genehmigungen bzw. die diesen zugrundegelegten Vorschriften unterscheiden, werde der Bescheid in der tatsächlich erteilten Form benötigt, weshalb deshalb erneut beantragt werde, den vollstän- digen Genehmigungsbescheid einschließlich aller Nebenbestimmungen zu überlassen. Mit Bescheid vom 10.06.2011 lehnte der Beklagte den Antrag auf Herausgabe der Ein- griffsgenehmigung ab. Der begehrten Herausgabe der Eingriffsgenehmigung stehe § 7 Abs. 2 Nr. 1 HUIG entge- gen. Danach sei ein Antrag abzulehnen, wenn er offensichtlich missbräuchlich gestellt worden sei, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege, was vorliegend nicht der Fall sei. Mit am 05.07.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass er einen Anspruch auf Herausgabe der erteilten naturschutz-
4

-5- rechtlichen Eingriffsgenehmigung habe. Bei dem begehrten Bescheid handele es sich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 HUIG, da es sich um eine Auskunft über eine erteilte naturschutzrechtliche Ein- griffsgenehmigung für die Verfüllung von Bodenmaterial handele. Die genehmigte Maß- nahme wirke sich jedenfalls auf den Boden und die Landschaft aus, welche Umweltbe- standteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HUIG darstellen. Dies gelte umso mehr, als die von der genehmigten Maßnahme betroffenen Fläche 1 Hecken- und Wiesenbiotop in einer Größe von mehreren Hektar betreffe. Ablehnungsgründe gemäß §§ 7, 8 HUIG lägen nicht vor. § 7 Abs. 2 Nr. 1 HUIG sei nicht erfüllt, da eine offensichtliche Missbräuchlichkeit der An- tragstellung nicht erkennbar sei. Soweit der Beklagte geltend mache, der Auskunftsantrag sei deshalb missbräuchlich, weil der Kläger mit seiner Anfrage primär darauf abziele, im Interesse seines Mitgliedsunternehmens U. mögliche Konkurrenten bezüglich erleichterter Genehmigungsverfahren auszukundschaften, sei dies weder der Sache nach zutreffend noch von rechtlicher Relevanz. Unabhängig davon erreiche die Verfolgung wettbewerbs- rechtlicher und/ oder wirtschaftlicher Interessen nicht die Schwelle eines offensichtlich missbräuchlichen Verhaltens. Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10.06.2011 (Az.: …) aufzuheben und den Be- klagten zu verpflichten, dem Kläger eine Kopie der naturschutzrechtlichen Ein- griffsgenehmigung vom 20.07.2007 betreffend die Erdaufschüttung zur Verbesse- rung der landwirtschaftlichen Bodennutzung in der Gemarkung S-Stadt, Flur 24, Flurstück 69 sowie Gemarkung R-Stadt, Flur 6, Flurstücke 2/3, 3/1 und Flur 92, Flurstück 23, zu überlassen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
5

-6- Der Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen. Zur Klageerwiderung bezieht sich der Beklagte auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 10.06.2011. Er hält daran fest, dass der begehrten Auskunftserteilung der Ablehnungsgrund des § 7 Abs. 2 Ziffer 1 HUIG entgegenstehe. Bei der Anfrage des Klägers gehe es um die Interes- sen der rohstoffgewinnenden Industrie und nicht um den Schutz der Umwelt im Sinne einer ökologisch motivierten vergleichenden Überprüfung der Anforderungen an Maßnahmen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Der Kläger wolle verschiedene Ar- ten von Genehmigungsbescheiden miteinander vergleichen. Es dürfte jedoch außer Zwei- fel stehen, dass bezüglich der Mitgliedsunternehmen des Klägers wohl eher nicht Geneh- migungen nach Naturschutzrecht in Betracht kommen. Ob darüber hinaus auch der Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 1 HUIG selbständig in Be- tracht komme, möge dahinstehen. Es sei jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass es dem Kläger ausweislich seiner Schreiben gerade um die verfüllende Firma gehe. Darüber hinaus seien wesentliche Informationen der Öffentlichkeit ohnehin durch die Pres- se bekannt. Der „Augenschein“ des Klägers, wonach bereits im April 2011 die genehmigte Verfüllmenge von 44300m³ deutlich überschritten gewesen sein soll, rechtfertige jedenfalls nicht das öffentliche Interesse. Auch das weitere Argument, die Größe der Fläche spreche für ein öffentliches Interesse an der Bekanntgabe, vermöge nicht zu überzeugen. Dem Kläger dürfte es bekannt sein, dass für Maßnahmen, die Erdverfüllungen zum Gegenstand haben, in aller Regel keine Flächen mit wenigen Hektar in Betracht kommen. Dies gelte umso mehr, als er die rohstoffgewinnende Industrie vertrete, welche – nach eigener Dar- stellung – in erheblichen Umfang auch Bodenmaterial einlagere. Die Argumentation, dass hier ein Hecken- und Wiesenbiotop „verkippt“ werde, belege kein öffentliches Interesse. Der Begriff Biotop an sich sei wertfrei. Biotope würden wohl auch von den Mitgliedsunter- nehmen des Klägers verfüllt. Die Erdaufschüttung erfolge zudem auf lediglich mittelintensiv genutztem Weidegrünland mit wenigen Obstbäumen. Mit Beschluss vom 05.04.2012 hat die Berichterstatterin Herrn H., welchem die streitge- genständliche Eingriffsgenehmigung vom 20.07.2007 erteilt wurde, beigeladen.
6

-7- Am 26.01.2012 erteilte der Beklagte der Firma K. eine erweiterte Eingriffsgenehmigung (Nachtrag) betreffend die Erdaufschüttung zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bo- dennutzung in der Gemarkung S-Stadt, Flur 24, Flurstück 67, 68, 69, 70, 71 und der Ge- markung R-Stadt, Flur 6, Flurstücke 2/3, 3/1, 3/2 sowie Flur 92, Flurstück 23. Mit weiterem Beschluss vom 03.05.2012 hat die Berichterstatterin die Firma K. beigeladen. Die Beigeladene zu 2) unterstützt und ergänzt den Vortrag des Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge- richtsakten und der beigezogenen Behördenakten (1 Heft) Bezug genommen, welche vor- gelegen haben, und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und in der Sache begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Überlassung einer Kopie der Eingriffs- genehmigung vom 20.07.2007 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist gemäß § 3 Abs. 1 HUIG anspruchsberechtigt, da jede Person, so auch der Kläger als eingetragener Verein des Privatrechts ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat. Der Beklagte ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 HUIG eine informationspflichtige Stelle und verfügt nach seinen eigenen Angaben über die begehrten Informationen. Die vom Kläger begehrten Informationen stellen Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 HUIG dar. Danach sind Umweltinformationen Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken. Der Kläger begehrt Einsicht in eine erteilte naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung für Verfüllung von Bodenmaterial zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Diese vom Beklagten genehmigte Maßnahme wirkt sich auf den Boden und die Landschaft aus, zumal es nach unbestrittenem Vortrag ein Hecken- und Wiesenbiotop in einer Größe von mehreren Hektar betrifft.
7

-8- Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist auch gemäß § 4 Abs. 2 HUIG hinreichend bestimmt, da er Einsicht in den vollständigen Genehmigungsbescheid mit dem genauen Wortlaut der Nebenbestimmungen begehrt, in Form der Überlassung ggf. einer Abschrift des Bescheides. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 HUIG wird damit eine bestimmte Art des Informa- tionszugangs beantragt. Dieser darf nur aus wichtigem Grund auf andere Art eröffnet wer- den. An der Darlegung eines solchen Grundes seitens des Beklagten fehlt es hier. Dem Umweltinformationszugangsanspruch stehen vorliegend auch keine Ausschlussgrün- de entgegen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 HUIG nicht vor. Diese Norm dient dem Schutz öffentlicher Belange und ist als Ausnahme von der Gewäh- rung eines möglichst weitgehenden Zugangs zu Umweltinformationen eng auszulegen. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 HUIG ist ein Antrag abzulehnen, wenn er offensichtlich missbräuch- lich gestellt wurde, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Die Darlegungslast liegt dabei bei der Behörde. Bei den Missbrauchsmöglichkeiten ist zwischen einem behördenbezogenen und einem verwendungsbezogenem Missbrauch zu unterscheiden (BVerwG vom 24.09.2009 – 7 C 2.09, NVwZ 2010, 189 Rdnr. 35f; siehe auch OLG Köln vom 15.12.2006 – 6 U 229/05, ZUM 2007, 548 Rdnr 39 zu einem Informationsantrag zur nachträglichen Legitimierung der unzulässigen Inanspruchnahme einer urheberrechtlich geschützten Datenbank). Der Beklagte hat keinen behördenbezogenen Missbrauch, wie Verzögerung des Verfah- rens oder Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und Effektivität der Behörde vorgetragen. Er ist der Auffassung, dass ein verwendungsbezogener Missbrauch vorliege, da – seiner Auffassung nach – dem Auskunftsbegehren des Klägers ein Konkurrenteninteresse eines Mitgliedsunternehmens des Klägers zugrunde liege, weshalb das Auskunftsbegehren wirt- schaftlichen Eigeninteressen diene und nicht umweltbezogen erfolge. Hier ist bereits im Ansatz fraglich, ob sich § 7 Abs. 2 Nr. 1 HUIG auf Fälle eines verwen- dungsbezogenen Missbrauchs erstreckt, in denen es – wie vorliegend vom Beklagten vor- getragen – um das Ausspähen von Konkurrenten geht (vgl. Reidt/Schiller, in: Land- mann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand Juli 2011 § 8 Rdnr. 55 mit weiteren Nachweisen; Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Band 1, Stand: September 2008, § 7 UIG a. F. Rdnr. 193f.). Die in § 7 HUIG geregelten Ablehnungsgründe dienen – wie
8

-9- dargelegt – allein dem Schutz öffentlicher Belange. Der Schutz privater Belange, zu denen auch etwaige Geheimhaltungsinteressen von Unternehmen gehören, ist dagegen in § 8 HUIG geregelt. Die Frage, ob und inwieweit ein besonderes Schutzbedürfnis anzuerken- nen ist, Informationen über konkurrierende Unternehmen dem grundsätzlich weiten Infor- mationsanspruch zu entziehen, ist damit am Maßstab des § 8 HUIG zu beurteilen. Die tat- bestandlichen Voraussetzungen der insoweit gesetzlich geregelten Ablehnungsgründe dür- fen nicht durch einen Rückgriff auf den Missbrauchsfall unterlaufen werden (Land- mann/Rohmer, a. a. O., § 8 UIG Rdnr. 53). Soweit die Rechtsprechung auch im Rahmen des § 7 HUIG (bzw. dem insoweit wortglei- chen § 8 UIG auf Bundesebene) auch einen verwendungsbezogenen Missbrauch genügen lässt, sind daran hohe Anforderungen geknüpft (vgl. OVG Berlin – Brandenburg – OVG 12 B 23.07 – Urteil vom 17.12.2008; VG Hamburg, 7 VG 1422/2003,7 – Urteil vom 14.01.2004; HessVGH – 11 A 1999/06, Urteil vom 20.03.2007). Danach sind Anträge nur dann offensichtlich rechtsmissbräuchlich, wenn sie erkennbar nicht dem Zweck dienen können, den das HUIG mit dem Zugang zu Umweltinformationen intendiert. Die Wahrneh- mung des Zugangsanspruchs muss noch innerhalb des mit dem HUIG verfolgten Zieles der Wächterfunktion der Öffentlichkeit liegen, um den Umweltschutz zu verbessern. Dabei ist es unschädlich, wenn daneben auch wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt werden. Für die Annahme eines offensichtlichen Missbrauchs ist erforderlich, dass der Informati- onszugang unter keinem Aspekt zur Verbesserung der Umwelt führen kann, was z. B. nur dann bejaht werden könnte, wenn eine systematische Sammlung von Informationen über Konkurrenzunternehmen stattfindet, um diese Informationen im Markt gezielt gegen die Konkurrenzunternehmen zu verwenden. Dies kann vorliegend nicht bejaht werden. Wie der Kläger bereits in seinem ersten Aus- kunftsantrag vom 21.12.2010 formuliert hat, ist er der Auffassung, dass die Verkippung von Erdaushub durch die verfüllende Firma K. nicht dem geltenden Naturschutzrecht entspre- che, da seiner Auffassung nach das Material weder verprobt noch verwogen werde. Dar- aus ist erkennbar, dass das Interesse des Klägers auch umweltbezogen definiert werden kann und innerhalb der Zielsetzungen des HUIG liegt. Das Vorliegen eines hier allein in Betracht kommenden verwendungsbezogenen Missbrauchs unter genereller Außeracht- lassung der Belange des Umweltschutzes ist daher nicht erkennbar.
9

- 10 - Ein Ablehnungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 HUIG ist ebenfalls nicht erkennbar, insbeson- dere nicht dahingehend, dass mit Überlassung der streitgegenständlichen Eingriffsgeneh- migung personenbezogene Daten offenbart würden. Die an den Beigeladenen zu 1) erteil- te Eingriffsgenehmigung enthält neben den Nebenbestimmungen die Planunterlagen. Schon aus diesem Inhalt des Bescheides ist nicht erkennbar, welche personenbezogenen Daten des Beigeladenen zu 1), oder möglicherweise auch des Beigeladenen zu 2) betrof- fen sein sollen. Der Vortrag, dass ausschließlich die Firma K. als verfüllendes Unterneh- men betroffen sei, genügt der behördlichen Darlegungslast im Rahmen des § 8 HUIG nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene zu 1) hat keinen eigenen Antrag gestellt und ist daher nicht am Kostenrisiko beteiligt. Der Bei- geladene zu 2), der in der mündlichen Verhandlung einen Antrag gestellt hat, hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er das Schicksal des Unterliegens mit dem Beklagten teilt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. RECHTSMITTELBELEHRUNG Die Beteiligten können die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des voll- ständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt wird, bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Brüder-Grimm-Platz 1 -3 34117 Kassel
10

Zur nächsten Seite

Das Projekt „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“ wird gefördert von: