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Information

Aktenzeichen
3 K 820/10
Datum
26. Mai 2011
Gericht
Verwaltungsgericht Cottbus
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Cottbus am 26. Mai 2011

3 K 820/10

Das Einsichtsrecht des Nachbarn (Antragsteller) in die vom Bauherrn eingereichten Bauvorlagen endet mit der Bestandskraft der Baugenehmigung. Auch die Einsichtsrechte Beteiligter aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz stehen nur für die Dauer des Verfahrens zur Verfügung. Eine Übermittlung der (personenbezogenen) Informationen nach § 16 Brandenburgisches Datenschutzgesetz kommt ebenfalls nicht in Frage, da diese Vorschrift keine Anwendung findet, wenn durch eine Akteneinsicht personenbezogene Daten offenbart würden und die Frage im Raum steht, ob die Offenbarung dieser Daten in anderen Rechtsvorschriften zugelassen wird. Das Gericht begründet ausführlich, dass die streitgegenständlichen Bauakten in vollem Umfang personenbezogene Daten des jeweiligen Bauherrn darstellen, deren Offenbarung das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz entgegensteht, soweit die Betroffenen der Herausgabe nicht zugestimmt haben oder die Daten ohnehin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. Der Informationszugang ist ausschließlich im Hinblick auf die Daten mit Bezug auf den Antragsteller zu gewähren. Dabei handelt es sich um Angaben, welche die Grenze seines Grundstücks abbilden. Maßgeblich ist dabei der objektive, nicht der vom Betroffenen vermutete Grenzverlauf. Entsprechende Aussonderungen der übrigen Daten sind erforderlich. (Quelle: LDA Brandenburg)

Allgemein zugängliche Quelle Aussonderungen Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

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Verkündet am: 26.05.2011 Wittjohann Verwaltungsgerichtsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT COTTBUS IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VG 3 K 820/10 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Herrn A., A-Straße, A-Stadt, Klägers, gegen den B. der Stadt A-Stadt, B-Straße, A-Stadt, Az.: , Beklagten, Beigeladene: 1. Herr C., C-Straße, A-Stadt, 2. Frau D., D-Straße, A-Stadt, 3. Frau E., E-Straße, A-Stadt, 4. Herr E., E-Straße, A-Stadt, 5. Frau E., E-Straße A, A-Stadt, 6. Frau H., H-Straße, A-Stadt, 7. Herr I., I-Straße, A-Stadt, 8. Frau J., J-Straße, A-Stadt, 9. Herr K., K-Straße, A-Stadt, 10.    Frau L., L-Straße, A-Stadt, 11.    Herr M., M-Straße, A-Stadt, 12.    Frau N., N-Straße, A-Stadt,
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-2- 13.   Frau O., O-Straße, A-Stadt, 14.   Herr O., O-Straße, A-Stadt, 15.   Frau Q., Q-Straße, A-Stadt, 16.   Frau R., R-Straße, A-Stadt, 17.   Herr R., R-Straße, A-Stadt, 18.   Frau T., T-Straße, A-Stadt, 19.   Herr T., T-Straße, A-Stadt, 20.   Frau V., V-Straße, A-Stadt, 21.   Herr V., V-Straße, A-Stadt, 22.   Frau X., X-Straße, A-Stadt, 23.   Frau Y., Y-Straße, Y-Stadt, 24.   Herr Prof. Dr. Y., Y-Straße, Y-Stadt, 25.   Frau AA., AA-Straße, A-Stadt, 26.   Herr AA., AA-Straße, A-Stadt, 27.   Frau AC., AC-Straße, A-Stadt, 28.   Herr AC., AC-Straße, A-Stadt, 29.   Frau AE., AE-Straße, A-Stadt, 30.   Frau AF., AF-Straße, A-Stadt, 31.   Frau AH., AF-Straße A, A-Stadt, 32.   Frau AI., AI-Straße, A-Stadt, 33.   Frau AJ., AJ-Straße, AJ-Stadt, 34.   Frau Dr. AK., AF-Straße C, A-Stadt, 35.   Herr AK., AF-Straße C, A-Stadt, 36.   Frau AM., AM-Straße, AM-Stadt, 37.   Frau AN., AF-Straße E, A-Stadt, Prozessbevollmächtigte zu 30:   Herr AF., AF-Straße, A-Stadt -3-
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-3- wegen: Verfahren nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Cottbus auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2011 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Koark, die Richterin am Verwaltungsgericht Werres-Bleidießel, die Richterin Pritzkow, die ehrenamtliche Richterin Lohde-Sewart und den ehrenamtlichen Richter Wenzel für R e c h t erkannt: Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2008 verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die in den Bauakten zu den Flurstücken 24/1 (D-Straße), 28/6 (H-Straße), 28/4 (I-Straße) und 25 (J-Straße) enthaltenen Liegenschafts- karten und Lagepläne sowie in die in den Bauakten zu den Flurstücken 44/1 (C-Straße) und 43/1 (E-Straße) enthaltenen Liegenschaftskarten insoweit zu gewähren, als darin jeweils auch die Flurstücksgrenzen seines Grundstücks, also der Flurstücke 26 und 27/1 (A-Straße, X-Straße) enthalten sind. Im Übri- gen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtli- chen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betra- ges abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des je- weils zu vollstreckenden Betrages leistet. -4-
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-4- Tatbestand: Mit Schreiben vom 25. Januar 2008 beantragte der Kläger Einsicht in die Bauakten bzw. Bauunterlagen sowie entsprechende Archivunterlagen der unteren Bauauf- sichtsbehörde des Beklagten zu den Grundstücken C-Straße, 9, 10, 11 und 13 sowie I-Straße und 54. Er gab an, die Unterlagen für die Prozessführung in einer kataster- rechtlichen Streitigkeit zu benötigen. Mit Bescheid vom 4. Februar 2008 teilte ihm der Beklagte mit, dass ihm Einsicht in die Unterlagen „Errichtung einer Einfriedung“ zum Aktenzeichen XXX sowie in die zu seinem Grundstück in der A-Straße vorhandenen Unterlagen gewährt werde. Im Üb- rigen lehnte der Beklagte das Akteneinsichtsgesuch ab. Zur Begründung führte er aus, bei den gewünschten abgeschlossenen Bauakten handele es sich um perso- nenbezogene Daten im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Akteneinsichts- und Informa- tionszugangsgesetz (AIG). Derartige Daten könnten nur mit Zustimmung des Betrof- fenen offenbart werden. Unabhängig davon könne der Kläger laufende Verwaltungs- vorgänge zu Nachbargrundstücken einsehen, sofern er als Beteiligter nach § 13 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) hinzugezogen werde. Der Kläger legte am 22. Februar 2008 Widerspruch ein und trug vor, dass in den Ak- ten Gebäudeabstände zu seiner Grundstücksgrenze dargestellt würden. Daher ent- hielten sie auch ihn betreffende personenbezogene Daten. Gemäß § 18 des Bran- denburgischen Datenschutzgesetzes (BbgDSG) bestünde für ihn ein Auskunfts- und Einsichtsanspruch. In der Folgezeit stellte der Kläger einen erneuten Antrag auf Ein- sicht in die Bauakten bzw. Bauunterlagen der unteren Bauaufsicht des Beklagten betreffend die o. g. Grundstücke. Der Beklagte wies den klägerischen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Grundstücksgrenzen wür- den in Bauverwaltungsakten nur nachrichtlich festgestellt. Ihre Darstellung beinhalte- ten daher keine personenbezogenen Daten. Demgegenüber befänden sich in den Baugenehmigungsunterlagen regelmäßig personenbezogene Daten, die vor beliebi- ger Kenntnisnahme durch Dritte geschützt werden müssten. Soweit der Kläger auf von ihm geführte Gerichtsverfahren verweise, sei festzustellen, dass diese privat- -5-
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-5- rechtlicher Natur seien und keinen rechtlichen Belang gemäß § 16 BbgDSG darstell- ten. Der Kläger hat am 20. November 2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die von ihm begehrten Unterlagen zu den Grenzabständen der Bauten seiner Nach- barn zur Beweissicherung im Wiederaufnahmeverfahren VG 3 K 170/07 (jetzt VG 3 K 265/08) zu benötigen. Ein Anspruch stünde ihm darüber hinaus nicht nur aus § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Brandenburg (VwVfG Bbg) i.V.m. §§ 29, 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und § 7 AIG, sondern auch aus § 18 BbgDSG zu. Vom Beklagten sei nicht begründet worden, welche personenbezo- genen Daten seiner Nachbarn bei einer gemeinsamen Grenze vor ihm zu schützen seien. Die von den Nachbarn ungesetzlich errichteten Gebäude und Zäune seien auch so sichtbar. Er wolle lediglich klären, auf welcher rechtlichen Grundlage sich die Nachbarn seines Eigentums bemächtigt hätten und welche Rechte sie nun davon ableiten könnten. Da in jeder Baugenehmigung eine verbindliche Aussage zu den Grenzabständen von Bauwerken enthalten sein müsse, sei es falsch, wenn der Be- klagte behaupte, dass die Grundstücksgrenzen in einem Baugenehmigungsverfah- ren weder bearbeitet, vermessen, genehmigt noch festgelegt würden. Zudem macht er sich zwei Stellungnahmen der Landesbeauftragten für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht vom 24. April 2008 und 27. Oktober 2008 zu eigen, in denen diese ausführt, der Verlauf einer Grundstücksgrenze stelle das Eigentum des Betrof- fenen dar, so dass es sich dabei um ein personenbezogenes Datum handele. Der Beklagte habe zudem die Möglichkeit, dem Kläger Auskunft über den Grenzverlauf zu erteilten. Mit Schriftsatz ans Gericht vom 28. Oktober 2010 hat der Kläger Einsicht in die Bau- unterlagen der Nachbarn in der AF-Straße, 15 und 17 sowie der X-Straße bis 51 be- antragt. Mit Schriftsatz vom 1. März 2011 hat der Kläger zur Präzisierung seines Begehrens mitgeteilt, er wolle Einsicht in die amtlichen Lagepläne, die Bau- und Katasterunter- lagen, wie Feldrisse usw. vor und zur Entstehung der jeweiligen Grundstücke und deren weiterer Bebauung und die Maße in Breite und Länge einschließlich der amtli- chen Länge der Straßenfront hinsichtlich der Grundstücke L-Straße (Flurstück 20/1), -6-
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-6- N-Straße (Flurstück 23/1), D-Straße (Flurstück 24/1), H-Straße (Flurstück 28/6), O- Straße (Flurstücke 28/9 und 28/8), Q-Straße (Flurstück 29/3), R-Straße (Flurstück 30/3), AF-Straße e (Flurstück 36/13), E-Straße (Flurstück 43/1), E-Straße a (Flur- stück 105), C-Straße (Flurstück 44/1), M-Straße (Flurstück 158), S-straße (Flurstück 46/1), J-Straße (Flurstück 25), I-Straße (Flurstück 28/4), T-Straße (Flurstück 28/3), V- Straße (Flurstück 28/1), X-Straße (Flurstück 29/4), sowie hinsichtlich der Flurstücke 27/2 und 36/2, 36/4 bis 36/13 (AF-Straße bis 12e und 14 bis 14c), 28/4, 28/3, 28/1 und 29/4 (X-Straße bis 52) und 40. Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm Einsicht in die Bauakten zu den Grundstü- cken S-straße 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 10a, 12 bis 12 e, 13, 14 bis 14c, 15, 17, 19, der X-Straße, 50, 51, 52, 54 sowie der Flurstücke 27/2 und 36/2 sowie 40 ent- haltenen amtlichen Lagepläne, Bau- und Katasterunterlagen sowie Maße in Breite und Länge einschließlich der amtlichen Länge der Straßenfront zu ge- währen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt er hinsichtlich der Grundstücke C-Straße, 9, 10, 13 und I- Straße sowie 54 vor, der Antrag auf Akteneinsicht sei gemäß § 5 Abs. 1 AIG abge- lehnt worden, da die in den Akten enthaltenen personenbezogenen Daten nicht ohne Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer offenbart werden könnten. Klarstellend wies er darauf hin, dass in den Lageplänen auch das Grundstück des Klägers dargestellt würde, dass der Plan allerdings auf den Unterlagen des Grund- stückkatasters erfolge. Bauvorlagen seien daher nicht geeignet, den Verlauf einer Grenze zu dokumentieren, da sie diese lediglich nachrichtlich übernähmen. Welches rechtliche Interesse des Klägers an der Einsicht in die Unterlagen bestehe, sei nicht erkennbar. Zu dem im Laufe des gerichtlichen Verfahrens geäußerten Begehren darüber hinaus in die Bauakten zu weiteren Grundstücken einzusehen, äußerte er sich nicht. -7-
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-7- Die Beigeladenen zu 12, 32 und 33 haben gegenüber dem Gericht erklärt, dass sie einer Einsicht des Klägers in die Bauakten auch insoweit zustimmen, als diese per- sonenbezogenen Daten enthalten; die Beigeladenen zu 1 bis 11, 13 bis 19, 23 und 24, 27 bis 31 und 35 bis 36 haben hingegen erklärt, dass sie einer Einsicht des Klä- gers in die Bauakten insoweit nicht zustimmten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Entscheidungsgründe Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers auf Schriftsatz- nachlass auf die Schreiben der Beigeladenen zu 1) und zu 6) vom 23. Mai 2011 ist nicht stattzugeben, da in vorgenannten Schreiben keine neuen, fallbezogenen Tat- sachen und Gesichtspunkte vorgetragen wurden, zu denen sich der Kläger nicht be- reits in der mündlichen Verhandlung hätte äußern können. Die Klage hat nur in geringem Umfang Erfolg. I.      Die Klage ist hinsichtlich der begehrten Einsicht in die Bauakten zu den Grundstücken S-straße 4 bis 7, 10a, 12 bis 12e, 14 bis 14 c, 15, 17 und 19 sowie X- Straße bis 51 und zu den Flurstücken 27/2, 36/2 und 40 bereits unzulässig. Der Kläger kann sein Begehren zwar im Wege der hier allein statthaften Verpflich- tungsklage geltend machen. Anerkannt ist insoweit, dass im Falle der Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht durch Verwaltungsakt entschieden wird, vgl. §§ 6 Abs. 1 S. 7, 8 AIG; während im Falle der Gewährung von Akteneinsicht davon aus- zugehen ist, dass inzidenter vorab ein Verwaltungsakt ergeht, dessen Erfüllung wie- derum ein Realakt ist, vgl. § 7 AIG (so auch VG Potsdam, Urteil vom 27. April 2010 – 3 K 1595/05 –, im Anschluss an OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 7 B 9.05 –). -8-
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-8- Dem Kläger fehlt es jedoch hinsichtlich der Einsicht in die Bauakten zu den genann- ten Grund- und Flurstücken an einem Rechtsschutzbedürfnis, d.h. an einem Interes- se, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzes gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (Ehlers in Schoch/K.-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Mai 2010, Vorbemerkungen zu § 40, Rn. 74, zitiert nach beck-online). Der Kläger hat sein Begehren an der Einsichtnahme in diese Bauakten erstmals mit den Schriftsät- zen ans Gericht vom 28. Oktober 2010 und 1. März 2011 vorgebracht und den Be- klagten damit jeglicher Möglichkeit benommen, ihm – dem Kläger – die Akten von sich aus und außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens zugänglich zu machen. Hat der Kläger es mithin nicht einmal versucht, die Einsichtnahme außergerichtlich zu erreichen, hat er kein geschütztes Interesse daran, sich sogleich gerichtlicher Hilfe zu bedienen. Mangels vorherigen Antrags gegenüber dem Beklagten fehlt es zudem an der Durch- führung des gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs.1 S. 1 VwGO erforderlichen Vorverfah- rens. Dessen Notwendigkeit folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 6 C 40/07 - Rn. 17 m.w.N, zitiert nach juris). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung eines Vorverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor. II.    Die im Übrigen zulässige Klage ist lediglich hinsichtlich der in den Bauakten zu den Grundstücken C-Straße und 10 enthaltenen Liegenschaftskarten sowie hinsicht- lich der in den Bauakten zu den Grundstücken D-Straße und 13 sowie I-Straße und 54 enthaltenen Liegenschaftskarten und Lagepläne begründet, soweit darin jeweils auch die Flurstücksgrenzen des klägerischen Grundstücks abgebildet sind. Die Ab- lehnung der begehrten Akteneinsicht ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Im Übrigen ist die Versagung der Ak- teneinsicht rechtmäßig. 1.     Der Anspruch des Klägers richtet sich mangels einschlägiger Sondervorschrift nach § 1 AIG. -9-
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-9- a)      So ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Einsicht in die Bauakten bzw. die eingereichten Bauvorlagen nicht bereits aus § 64 Abs. 4 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO). Danach hat der Nachbar das Recht, die vom Bauherrn einge- reichten Bauvorlagen bei der Bauaufsichtsbehörde einzusehen. Das Einsichtsrecht, endet jedoch mit der Bestandskraft der entsprechenden Baugenehmigung, d.h. wenn diese nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden kann (Reimus in Rei- mus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, 3. Auflage, § 64 Rn. 15). So liegt es hier, denn vorliegend sind keine laufenden Genehmigungsverfahren bekannt. Das klägerische Begehren bezieht sich vollumfänglich auf abgeschlossene (Verwaltungs-)Verfahren. Soweit noch ein Verfahren gerichtshängig ist (VG 3 K 865/08), ist ein dahingehender Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten nicht gegeben, da sich die Frage der Akteneinsicht nach § 100 VwGO richtet, vgl. auch § 2 Abs. 5 AIG. b)      Aus demselben Grund scheidet auch ein Akteneinsichtsanspruch des Klägers nach § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg i.V.m. § 29 VwVfG aus. Auch dieses Einsichtsrecht be- steht nur für die Dauer des Verwaltungsverfahrens, hier des Baugenehmigungsver- fahrens (Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage, § 29 Rn. 33). c)      Schließlich kommt auch ein Einsichtsanspruch aus § 16 Abs. 1 lit. c) BbgDSG nicht in Betracht. Danach können personenbezogene Daten u. a. auch an Personen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermittelt werden, wenn der Auskunftsbegeh- rende ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaub- haft macht und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das Geheimhaltungsinte- resse des Betroffenen überwiegt. Die Übermittlung umfasst dabei nach § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BbgDSG auch die Einsichtnahme in Daten. Der Anwendbarkeit des § 16 BbgDSG steht indes § 5 Abs. 2 S. 2 AIG entgegen, wo- nach § 16 BbgDSG dann keine Anwendung findet, wenn durch eine Akteneinsicht personenbezogene Daten offenbart würden und die Frage im Raum steht, ob die Offenbarung dieser Daten in anderen Rechtsvorschriften zugelassen wird. Daraus folgt, dass die in der Akteneinsicht liegende Datenübermittlung an Private nicht auf der Grundlage des allgemeinen Datenschutzrechts erfolgt, sondern ihre Rechts- - 10 -
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- 10 - grundlage ausschließlich in §§ 1, 5 Abs. 2 S. 1 AIG findet (vgl. insoweit auch die Ge- setzesbegründung zu § 5 Abs. 2 AIG, Landtags-Drucksache 2/4417, S. 15). 2.      Gemäß § 1 Abs. 1 AIG hat jeder das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 AIG entge- genstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Diese Voraussetzungen sind lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfüllt. Bei dem Beklagten handelt es sich um eine Gemeinde (Stadt) des Landes Branden- burg nach § 2 Abs. 1 AIG. Die von dem Beklagten geführten Bauakten/ -unterlagen sind Akten im Sinne des § 3 Abs. 1 AIG, denn sie sind ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlagen. Das Schreiben des Klägers vom 25. Ja- nuar 2008 ist auch als Antrag nach § 6 Abs. 1 AIG zu qualifizieren. Dieser ist inhalt- lich hinreichend bestimmt und schriftlich an den Beklagten als aktenführende Behör- de gerichtet worden. Dem Antrag steht indes – soweit nicht die Einsicht in die in den Liegenschaftskarten und Lageplänen abgebildeten Flurstücksgrenzen des klägerischen Grundstücks be- gehrt wird – der Schutz überwiegender privater Interessen gemäß § 5 AIG, nament- lich die Offenbarung personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AIG, ent- gegen. Würden durch die Akteneinsicht personenbezogene Daten offenbart, ist sie nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AIG abzulehnen, wenn nicht der Betroffene der Offenbarung seiner personenbezogenen Daten zustimmt oder die Offenbarung durch Gesetz zugelassen ist (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AIG) oder die Daten aus allgemein zugänglichen Quel- len entnommen werden können und schutzwürdige Belange des Betroffenen der Of- fenbarung nicht entgegen stehen (vgl. § 5 Abs. 2. S. 1 Nr. 2 AIG). Dies zugrunde ge- legt, ist der Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzulehnen. a)      Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BbgDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (Betroffener). Der Begriff ist schon nach seiner Definition au- - 11 -
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