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Aktenzeichen
3 A 270/10
Datum
3. Februar 2011
Gericht
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes
Gesetz
Verbraucherinformationsgesetz (VIG)
Verbraucherinformationsgesetz (VIG)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes am 3. Februar 2011

3 A 270/10

Das Oberverwaltungsgericht bestätigt eine Entscheidung der Vorinstanz zur Zulässigkeit der Information der Öffentlichkeit über Verstöße einer Bäckerei gegen Hygienevorschriften sowie die im Zusammenhang damit getroffene Maßnahme über das Internet unter Nennung des Unternehmens. Das Verbraucherinformationsgesetz erlaubt eine solche antragsunabhängige Veröffentlichung. Dies stellt auch keine Umgehung der restriktiveren Regelungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs dar. Ziel des Verbraucherinformationsgesetzes ist die umfassende Information der Verbraucher auch ohne subjektiven Informationsanspruch. Der Information steht nicht entgegen, dass die festgestellten Mängel inzwischen beseitigt wurden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Drittbetroffenheit Interessenabwägung Personenbezogene Daten Veröffentlichung von Informationen

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3 A 270/10 3 K 228/10 OBERVERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES BESCHLUSS In dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn A., Inhaber der Bäckerei A., A-Straße, A-Stadt, - Kläger und Antragsteller - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B., B-Straße, A-Stadt, - - gegen das Landesamt für Gesundheit und Verbraucherschutz - Abteilung Lebensmittel- wesen, Veterinärwesen -, Konrad-Zuse-Straße 11, 66115 Saarbrücken, -- - Beklagter und Antragsgegner - wegen        Anfechtung eines Bescheides nach dem Verbraucherinformationsge- setz hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis durch die Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts Beckmann-Roh, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Nalbach und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Haas am 3. Februar 2011 beschlossen:
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-2- Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.8.2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 228/10 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genann- te Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes, durch das der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2009 über die Internetveröffentlichung von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (Im Folgenden: LFGB) in der Ges- talt des Widerspruchsbescheides vom 19.2.2010 bestätigt wurde, ist zulässig, a- ber nicht begründet. Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung vom 26.10.2010 gibt keine Veranlassung, das vorgenannte Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtig- keit der Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO oder der grundsätz- lichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind regelmäßig dann begründet, wenn gegen deren Richtigkeit nach summarischer Prüfung ge- -3-
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-3- wichtige Gesichtspunkte sprechen, wie es etwa der Fall ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164. Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint dabei die Ergebnisrich- tigkeit des Entscheidungstenors, nicht dagegen die (vollständige) Richtigkeit der dafür gegebenen Begründung vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 542. Die Angriffe des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vermögen der- artige Zweifel nicht zu begründen. Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation - Verbrau- cherinformationsgesetz - (im Folgenden: VIG), worauf der angefochtene Bescheid gestützt ist, keine Rechtsgrundlage für eine aktive Informationstätigkeit der Behör- den - etwa durch Einstellen von Informationen ins Internet – beinhalte, vielmehr das VIG in erster Linie ein Informationsverfahren vorsehe, das einen Antrag vor- aussetze. Die vom Kläger vertretene Auffassung, § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG verfolge rein verfahrens- und finanzökonomische Ziele und eröffne den Behörden lediglich in Fällen, in denen eine Vielzahl von Anträgen eingehe oder zu erwarten sei, die Möglichkeit, von aufwendigen Einzelantworten abzusehen und auf öffentlich zu- gängliche Daten zu verweisen, vermag nicht zu überzeugen. Sie beinhaltet eine unzulässige Auslegung contra legem, die sich über den eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG hinwegsetzt. In der vorgenannten Vorschrift ist ausdrücklich bestimmt, dass die informationspflichtige Stelle Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist, auch unabhängig von einem Antrag nach § 3 Abs. 1 (Hervorhe- -4-
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-4- bung durch den Senat) über das Internet oder in sonstiger öffentlich zugänglicher Weise zugänglich machen kann. Daraus ergibt sich unzweifelhaft eine Befugnis der zuständigen Stellen zu einer antragsunabhängigen Informationsgewährung. Des Weiteren lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzge- ber eine solche auch ausdrücklich gewollt hat. So ist im Gesetzesentwurf vom 22.5.2007 vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 1 ausgeführt: „Verbraucherinnen und Verbrauchern wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen im Anwendungsbe- reich des LFGB und des Weingesetzes eröffnet. Darüber hinaus werden die Fälle ausgeweitet, in denen die Behörden von sich aus (Hervorhebung durch den Senat) die Öffentlichkeit unter Namensnennung über marktrelevante Vorkommnisse informieren sollen.“ Ziel des Gesetzes war und ist „die Gewährleistung einer umfassenden Information der Verbraucherinnen und Verbraucher“. „Um vorhandene Informationspotentiale … zu erschließen,“ sehe - so der Gesetz- entwurf, BT-Drs. 16/5404, S. 7 und 8 - „das Gesetz daher folgende Informations- möglichkeiten vor: -  Die Ausweitung der Fälle, in denen die Behörden die Öffentlichkeit unter Namensnennung informieren; -  das Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Informationen.“ -5-
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-5- Das Gesetz basiert damit auf zwei Säulen, die sich ergänzen: dem (subjektiven) Recht der Verbraucher auf Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Informatio- nen und der gesetzlichen Befugnis der Behörden zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen über marktrelevante Vorkommnisse (gegebenenfalls unter Na- mensnennung) so auch Schoch, NJW 2010, 2241 ff. m.w.N. aus der Literatur. Für eine einschränkende Auslegung von § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG im Sinne der vom Kläger in Anlehnung an eine Mindermeinung in der Literatur vgl. etwa Holzner, NVwZ 2010, 489 vertretene Auffassung gibt es demgegenüber keinerlei Anhaltspunkte. Das vom Kläger für seine Auffassung ins Feld geführte Argument, wonach § 40 LFGB für Warnungen anlässlich von Verstößen gegen das LFGB bereits eine Rechtsgrund- lage biete, deren restriktiv gefasste Voraussetzungen umgangen würden, wenn man darüber hinaus auch in § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG eine Rechtsgrundlage für eine aktive Informationstätigkeit der zuständigen Behörden sehe, überzeugt nicht. § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG verfolgt eine andere Zielrichtung als die Informationsbefugnis gemäß § 40 LFGB. Während Letztere auf eine Gefahrenabwehr und Risikoprä- vention zielt, dient das VIG der hiervon zu unterscheidenden (schlichten) Verbrau- cherinformation so auch Wollenschläger, Staatliche Verbraucherinformation als neues Instrument des Verbraucherschutzes, m.w.N.. Ziel des VIG war und ist die Gewährleistung einer umfassenden Information der Verbraucherinnen und Verbraucher, um diese besser zu befähigen, Kaufentschei- dungen eigenverantwortlich zu treffen und auf diese Weise zu einer sinnvollen Steuerung der gesamten Marktsysteme beizutragen. Das VIG wurde gerade ge- -6-
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-6- schaffen, weil die bestehende Rechtslage, insbesondere die bereits vorhandenen Bestimmungen zur Verbraucherinformation - etwa auch § 40 LFGB - als lücken- haft und verbesserungsbedürftig erachtet wurden und strukturelle Informations- asymmetrien zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher beseitigt werden sollten. Diesem Ziel dient insbesondere die in § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG normierte Be- fugnis der zuständigen Behörden, auch unabhängig von einem Antrag Informatio- nen über das Internet oder in sonstiger Weise öffentlich zugänglich zu machen vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 7, 13. Im Übrigen unterliegt auch die Informationserteilung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG im Hinblick auf den stets zu wahrenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Gren- zen. Dass aktive Informationsbefugnisse, wie sie § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG vermittelt, im Informationsrecht keinen Fremdkörper darstellen, verdeutlicht nicht zuletzt auch § 10 UIG, der solche im Bereich der Umweltinformationen begründet. Dementsprechend gehen auch die ganz überwiegende Literatur sowie die bisher hierzu veröffentlichte Rechtsprechung davon aus, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG eine Rechtsgrundlage für eine antragsunabhängige Informationsgewährung beinhaltet vgl. etwa Schoch, a.a.O..; Wollenschläger, a.a.O.; jeweils mit zahl- reichen weiteren Nachweisen; VG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2009 - 4 K 5605/08 -, dokumentiert bei Juris. Auch der weitere Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass für eine Veröffentlichung von Verstößen gegen das LFGB im Internet im Hin- blick auf deren Auswirkungen sowie das Übermaßverbot zumindest schwerwie- gende Mängel zu fordern seien, zu deren Annahme die beim Kläger getroffenen Feststellungen jedoch nicht ausreichten, bleibt erfolglos. -7-
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-7- Das Verwaltungsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vom Grundsatz her jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten u.a. über Verstöße gegen das LFGB sowie über im Zusammenhang mit solchen Verstößen getroffene Maßnahmen und Entscheidungen hat, soweit kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 2 VIG vorliegt. Zutreffend - und im Zulassungsverfahren insoweit auch nicht ange- griffen - hat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass der Kläger im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gegen das LFGB verstoßen hat und dies durch Bußgeldbescheid des Beklagten vom 21.9.2009 bestandskräftig festgestellt wur- de. Die konkreten Feststellungen im Bußgeldbescheid zugrunde legend hat das Ver- waltungsgericht des Weiteren angenommen, dass es sich dabei um erhebliche und zum Teil gesundheitsgefährdende Mängel handelte, bezüglich derer ein ge- wichtiges und überwiegendes Informationsinteresse der Verbraucher bestehe, während die Schutzwürdigkeit des Interesses des Klägers als der für diese Mängel verantwortlichen Person in gleichem Maße in den Hintergrund trete. Ein - hier al- lein in Betracht zu ziehender - Ausschlussgrund im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 2 a VIG bestehe angesichts der konkreten Fallumstände nicht. Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ausweislich der bestandskräftigen Feststellungen im Bußgeldbescheid vom 21.9.2009 hat der Kläger es unterlassen, seine Betriebsräume in einem der Ver- ordnung 852/04 (EG) über Lebensmittelhygiene entsprechenden Zustand zu er- halten. Vorgefunden wurden gravierende Mängel baulicher und hygienischer Art, die ein einwandfreies Herstellen, Vorrätighalten und Inverkehrbringen von Le- bensmitteln nicht mehr gewährleisteten. Verfahrensgrundsätze zur Verhinderung solcher Mängel wurden vom Kläger weder eingerichtet noch durchgeführt oder dokumentiert. Im Einzelnen wurden folgende Mängel festgestellt: Im Verkaufsraum lagerten Backwaren auf nicht abwaschbaren, beschädigten Holzbrettern. Die Wände des Zubereitungsraums waren nicht mit einem abwaschbaren Anstrich -8-
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-8- versehen. Ein Insektengitter an den (geöffneten) Fenstern fehlte. Im Vorraum zur Backstube blätterte der Deckenanstrich. In der Backstube waren die Deckenpa- neele lose, die Ablageflächen hatten Lackschäden und es fanden sich offene Ka- belschächte. Im Zubereitungsraum wurden alle Schubladen der Anrichte innen unsauber vorgefunden. Im Treppenabgang zum Zubereitungsraum, durch den offene Backwaren in den Verkaufsraum verbracht werden, waren Boden und Wände unsauber, die Tapeten an den Wänden verschimmelt. Der Durchgangs- raum zu den Lagerräumen befand sich ebenfalls in einem verschmutzten Zustand, die Wände waren zum Teil unverputzt und verschimmelt, der Abfluss im Boden mit altem Unrat verschmutzt, in den Ecken befanden sich Spinnweben, Elektroleitun- gen und Steckdosen waren verschimmelt und zugestaubt. Darüber hinaus lager- ten dort Abfälle, Benzinkanister, Autoreifen und altes Mobiliar. Der Vorraum zur Backstube wurde ebenfalls in allen Bereichen unsauber vorgefunden. Decke und Wände waren verstaubt, verschmutzt und verschimmelt. In den Fliesenfugen fand sich teilweise Schwarzschimmel. Regalböden waren verschmutzt und klebrig, Lei- tungen auf Putz zugestaubt, in unsauberen und stellenweise mit Spinnweben be- hafteten Schubladen der Arbeitstische waren offen verschiedene Backzutaten und Gerätschaften für den Backbetrieb gelagert. Im hinteren Teil des Vorbereitungs- raums standen auf dem unsauberen Fußboden verschiedene unsaubere Brotkör- be, Eimer, Tüten mit Backzutaten sowie Altbrot zur Herstellung von Paniermehl. In der Backstube selbst waren Fußboden und Wände ebenfalls unsauber, in den Schubladen der Arbeitstische, wo offene Backzutaten standen, fanden sich Staub und Spinnweben, auf dem verunreinigten Fußboden standen ebenfalls offene Backzutaten, die Ablageflächen wiesen Lackabsplitterungen auf, der Abzug über dem Backofen war verfettet und verstaubt, offene Kabelschächte waren mit Ge- spinsten und Staub verunreinigt. Das Verwaltungsgericht hat die vorstehend angeführten Mängel und Hygienever- stöße – ebenso wie der Beklagte - zu Recht als schwerwiegend angesehen. -9-
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-9- Der Einwand des Klägers, dass weder sein Betrieb geschlossen worden, noch von ihm gesundheitsgefährdende Lebensmittel in Verkehr gebracht, noch die herge- stellten Lebensmittel aufgrund hygienischer Mängel nachteilig beeinflusst worden seien und damit keine der auf der Internetseite des Beklagten bezeichneten Fall- gruppen schwerwiegender Hygienemängel vorgelegen habe, in denen regelmäßig eine Veröffentlichung von Amts wegen erfolge, ist unerheblich. Auf der Internetsei- te des Beklagten sind die vom Kläger angegebenen Fallgruppen ausdrücklich als bloße Regelbeispiele schwerwiegender Hygienemängel, die eine Veröffentlichung nach sich ziehen, aufgeführt. Ein zu einer Veröffentlichung berechtigender gravierender Verstoß gegen die Vor- schriften des LFGB liegt aber nicht erst dann vor, wenn die hergestellten Lebens- mittel selbst bereits nachteilig beeinflusst wurden bzw. von diesen eine Gesund- heitsgefährdung ausging. Vielmehr kann ein schwerwiegender Verstoß i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG auch schon angenommen werden, wenn - wie vorliegend - aufgrund zahlreicher Verstöße gegen Hygienevorschriften in Gestalt einer erhebli- chen Unsauberkeit inklusive Schimmelbildung die Herstellung und das Inver- kehrbringen einwandfreier Lebensmittel nicht mehr hinreichend sichergestellt, vielmehr von einer latenten Gefahr der Beeinträchtigung auch der Lebensmittel auszugehen war, auch wenn eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung noch nicht bestand. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte ausgehend von den o- ben dargestellten erheblichen Verstößen gegen das LFGB ein die Schutzwürdig- keit der Interessen des Klägers als der für diese Mängel verantwortlichen Person überwiegendes Informationsinteresse der Verbraucher angenommen und demzu- folge auch einen Ausschlussgrund im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 2 a VIG verneint hat. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren zu Recht angenommen, dass der Be- klagte das ihm im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG zukommende Ermessen - 10 -
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- 10 - erkannt und - unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Verwaltungsrichtlinie - ordnungsgemäß ausgeübt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist insoweit auch kein Verstoß gegen das Übermaßverbot ersichtlich. Dabei wird nicht verkannt, dass die vom Beklagten beabsichtigte Veröffentlichung im Internet unter Umständen nicht unerhebliche Einbußen für den Betrieb des Klägers zur Folge haben kann. Eventuelle Umsatz- einbußen hätte der Kläger aber durch die von ihm zu vertretenden erheblichen Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften letztlich selbst zu verantwor- ten. Demgegenüber besteht auf Seiten der Verbraucher ein schutzwürdiges Inte- resse daran, über schwerwiegende Hygieneverstöße informiert zu werden. Der Beklagte ist bei seiner Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der mit den Vorschriften des VIG bezweckte Schutz der Verbraucher durch Informationsgewährung in Fällen der vorliegenden Art am ef- fektivsten durch eine antragsunabhängige Veröffentlichung zu realisieren ist. Im Hinblick auf den vom Kläger angeführten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei auch zu berücksichtigen, dass lediglich eine Veröffentlichung für die Dauer eines Monats vorgesehen ist. Mit dieser relativ kurzen Zeitspanne der Veröffentli- chung ist den Interessen des Klägers hinreichend Rechnung getragen. Einer Veröffentlichung im Internet steht - anders als der Kläger meint - auch nicht entgegen, dass die im August 2009 bzw. bei der Nachkontrolle im September 2009 festgestellten Verstöße – nach Aussage des Klägers - mittlerweile behoben sind. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Beschluss vom 26.6.2002 – 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -,      BVerf- GE 105, 252, - 11 -
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