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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
5 BV 10.1344
Datum
18. Oktober 2010
Gericht
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Gesetz
Sonstige
Sonstige

Beschluss: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof am 18. Oktober 2010

5 BV 10.1344

Der Verwaltungsgerichtshof als Hauptsachegericht ordnet zur Überprüfung der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geltend gemachten Geheimhaltungsgründe für die im Rahmen eines Verfahrens nach dem Informationsfreiheitsgesetz beantragten Herkunftsländer-Leitsätze die Vorlage derselben an. (Quelle: LDA Brandenburg)

Prozessuales in-camera Verfahren

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VGH München, Beschluss v. 18.10.2010 – 5 BV 10.1344

Normenketten: KAG Art. 8 § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO § 3 Nr. 4 IFG

Schlagworte: Kanalgebühr, Ersatzbau, Kläranlage, Gebührenfähigkeit, Gebührenberechnung, Wassergebühr

Vorinstanz: VG Ansbach Beschluss vom 22.01.20084 K 07.01333

Rechtsmittelinstanz: BVerwG Leipzig Beschluss vom 18.04.201220 F 7.11

Tenor

Zur Überprüfung der von der Beklagten geltend gemachten materiell-rechtlichen Geheimhaltungsgründe ist die Einsichtnahme in die Herkunftsländer-Leitsätze zur Entscheidung des Rechtsstreits über den Informationsanspruch nach dem IFG erforderlich. Der Beklagten wird daher aufgegeben, dem Gericht alle Herkunftsländer-Leitsätze vorzulegen.

Gründe

1 Die Herkunftsländer-Leitsätze gehören bereits zu den dem Gericht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzulegenden Akten (Geiger in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl.2010, Rn. 5 zu § 99).

2 Die Pflicht der Beklagten zur Vorlage sämtlicher Herkunftsländer-Leitsätze ist Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens. Die Beklagte macht materiell-rechtliche Geheimhaltungsgründe geltend, also Gründe, die sich unmittelbar aus dem Inhalt der dem Gericht nicht bekannten Herkunftsländer-Leitsätze ergeben. Damit liegt es auf der Hand, dass sich nur durch Einsichtnahme in diese Unterlagen verlässlich klären lässt, ob der jeweils vorgetragene Geheimhaltungsgrund vorliegt. Ohne Beiziehung und Kenntnisnahme der Leitsätze vermag das Gericht der Hauptsache in Bezug auf § 3 Nr. 4 IFG nicht zu kontrollieren, ob die Einstufung als Verschlusssachen materiell gerechtfertigt ist. Nach dem Sinn und Zweck des § 3 Nr. 4 IFG kommt es aber auf die materielle Richtigkeit der Einstufung als Verschlusssache an (vgl. BVerwG vom 29.10.2009 Az. 7 C 22/08 = NVwZ 2010, 321/325; zur Beiziehungspflicht von Unterlagen in einem ähnlich gelagerten Fall BVerwG vom 29.10.2009 Az. 7 C 21/08 = NVwZ 2010, 326/327). Gleiches gilt für die Frage des § 3 Nr. 1a IFG, ob das Bekanntwerden der einzelnen Herkunftsländer-Leitsätze nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann sowie für die Frage nach § 3 Nr. 2 IFG, ob das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Diese Fragen lassen sich nur aus dem Inhalt der jeweiligen Herkunftsländer-Leitsätze heraus beantworten. Die Kenntnis der Herkunftsländer-Leitsätze ist für das Gericht daher entscheidungserheblich; ohne inhaltliche Kenntnis können die geltend gemachten Gründe für die Verweigerung der Herausgabe der Unterlagen nicht überprüft werden.

3 Wenn die Beklagte die verlangten Unterlagen gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorlegt, unterliegen sie gemäß § 100 Abs. 1 VwGO dem Akteneinsichtsrecht der Beteiligten (Geiger in Eyermann, a. a. O., Rn. 4 zu § 100). Bei entsprechender Akteneinsicht würde sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigen.

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4 Will die Beklagte die Unterlagen nicht vorlegen, muss sie nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Sperrerklärung beibringen und dabei eine konkrete Zuordnung der jeweils geltend gemachten Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Herkunftsländer-Leitsätzen vornehmen (vgl. BVerwG vom 19.4.2010 Az. 20 F 13.09 ). In Fällen, in denen wie hier die Frage des Bestehens des Anspruchs auf Aktenvorlage bzw. Auskunft als solche Streitgegenstand ist, kann für die konkrete Information das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO herangezogen und eine Entscheidung des dort bezeichneten Fachsenats herbeigeführt werden (vgl. OVG NRW vom 3.5.2010 Az. 13a F 31/09 = DVBl 2010, 911).

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