Informationsfreiheit gebündelt, verschlagwortet und digitalisiert.

Die Entscheidungsdatenbank setzt Rechtssprechung in den Fokus und ermöglicht fundierte Recherchen zu aktuellen und vergangenen Urteilen und Entscheidungen rundum Informationsfreiheit.

Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
12 B 5.08
Datum
5. Oktober 2010
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 5. Oktober 2010

12 B 5.08

Im Gegensatz zur Vorinstanz entscheidet das Oberverwaltungsgericht, dass ein Bundesministerium einen Antrag auf Informationszugang nicht pauschal unter Verweis auf die Geheimhaltung des Regierungshandelns ablehnen kann. Im Zusammenhang mit den Aktenvorgängen des Bundesjustizministerium zu einem abgeschlossenen Gesetzgebungsvorhaben für ein Rechtsanwaltsvergütungsgesetz wurde das Ministerium als Behörde im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes tätig. Eine Differenzierung zwischen Regierungs- und Verwaltungstätigkeit ist dem Informationsfreiheitsgesetz zudem nicht zu entnehmen. Auch kann der Zugang nicht mit dem Hinweis auf eine vereinbarte Vertraulichkeit abgelehnt werden. Im Hinblick auf Zuschriften dritter Personen ist der Antrag erneut zu bescheiden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung Exekutiver Kernbereich (Regierungshandeln)

OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL OVG 12 B 5.08 VG 2 A 68.06 Berlin

In der Verwaltungsstreitsache bevollmächtigt:

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Justiz, Mohrenstraße 37, 10117 Berlin,

Verkündet am 5. Oktober 2010 Kirchner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Klägers und Berufungsklägers, gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2010 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese, den ehrenamtlichen Richter Radziewitz und die ehrenamtliche Richterin Schreiber für Recht erkannt:

  • 2 -

  • 2 -

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar 2008 wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2007 verpflichtet, dem Kläger gebührenfrei Akteneinsicht in die bei dem Bundesministerium der Justiz geführten Akten des Gesetzgebungsvorhabens "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" zu gewähren, soweit es um die Unterlagen geht, die im Zusammenhang mit der "BRAGO-Kommission" entstanden sind und soweit es um die nicht-öffentlichen Vorgänge geht, die das Bundesministerium der Justiz vom Deutschen Bundestag und Deutschen Bundesrat erhalten hat.

I m Übrigen wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, soweit es um die Zuschriften dritter, nicht am Gesetzgebungsverfahren beteiligter Personen geht.

I m Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3.

D as Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D ie Revision wird zugelassen. Tatbestand

  • 3 -

  • 3 -

Der Kläger, ein ehemaliger Rechtsanwalt, begehrt Zugang zu bei dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) geführten Akten, die das Gesetzgebungsvorhaben zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz betreffen. Das BMJ beschied einen dahin gehenden Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) unter dem 15. Februar 2006 nicht in der Sache, sondern forderte zunächst einen Kostenvorschuss in Höhe von 500,00 Euro, der auf den Widerspruch des Klägers mit teilweise stattgebendem Widerspruchsbescheid vom 13. April 2006 um 80,00 Euro reduziert wurde. Nachdem der Kläger hiergegen Klage erhoben und erstmalig Einkommensnachweise vorgelegt hatte, sah das BMJ mit Bescheid vom 22. Oktober 2006 von einer Kostenerhebung ab und sicherte eine Prüfung in der Sache zu. Das anhängige Klageverfahren wurde nicht beendet.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 gab das BMJ dem Antrag auf Informationszugang zu den das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz betreffenden Materialien teilweise statt. Ausgenommen wurden Schreiben von Personen, die nicht im Rahmen der Beteiligung an dem Gesetzgebungsverfahren nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung (GGO) eingegangen waren. Hierbei stützte sich die Beklagte auf § 5 Abs. 1 IFG. Der Schutz der in den Schreiben enthaltenen personenbezogenen Daten überwiege das Informationsinteresse des Klägers. Wegen der Vielzahl der Einwendungen habe man davon abgesehen, die Einwilligung der Absender einzuholen. Ferner versagte das BMJ den begehrten Informationszugang in Bezug auf nicht-öffentliche Vorgänge des Bundestages und des Bundesrates sowie Schriftverkehr mit den Mitgliedern einer BRAGO-Expertenkommission und deren Sitzungsprotokolle, soweit darin inhaltliche Stellungnahmen enthalten waren. Der Kommission sei Vertraulichkeit zugesichert worden (§ 3 Nr. 7 IFG). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das BMJ mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2007 zurück.

Der Kläger hat den Bescheid vom 6. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2007 in das noch laufende Klageverfahren einbezogen und u.a. geltend gemacht: Ein schutzwürdiges Interesse von Privatleuten sei nicht erkennbar. Sie hätten von vornherein konkludent in die Ver-

  • 4 -

  • 4 -

öffentlichung ihrer Daten eingewilligt, indem sie sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens an das BMJ gewandt hätten. Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie wies darauf hin, dass bei fehlender Einwilligung von Dritten in die Veröffentlichung personenbezogener Daten ca. 250 Seiten Wort für Wort durchgesehen werden müssten und eine erneute Abwägung erforderlich sei. Dies sei ein unverhältnismäßiger Arbeitsaufwand. Nichtöffentliche Vorgänge des Bundestages und des Bundesrates beträfen die Gesetzgebung und seien gemäß § 1 Abs. 1 IFG dem Recht auf Informationszugang entzogen.

Das Verwaltungsgericht, das den Bescheid vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 sowie den Bescheid vom 6. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2007 als Gegenstand der Klage angesehen hat und von einem Verpflichtungsantrag auf gebührenfreie Einsicht in die vollständigen Akten des Gesetzgebungsvorhabens "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" ausgegangen ist, hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2008 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Erhebung eines Gebührenvorschusses wende und soweit ihm der begehrte Informationszugang teilweise gewährt worden sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Das Bundesministerium der Justiz habe entgegen seiner das Gericht nicht bindenden Ansicht mit der Vorbereitung und Ausarbeitung des Entwurfs eines Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nicht als Behörde im Sinne vom § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG gehandelt, sondern Regierungstätigkeit ausgeübt.

Der Begriff der Verwaltungsaufgaben sei in Anlehnung an § 1 Abs. 4 VwVfG zu bestimmen und erfordere eine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne. Hiervon abzugrenzen sei die Regierungstätigkeit, die dem IFG nicht unterliege. Die Willensbildung innerhalb der Regierung und damit auch vorbereitende Unterlagen gehörten zum verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe. Zu der zentralen Regierungsfunktion zähle das Gesetzesinitiativrecht gemäß Art. 76 Abs. 1 GG. Dementsprechend stelle bereits die Vorbereitung und Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage Regierungstätigkeit dar. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass die Bun-

  • 5 -

  • 5 -

desregierung gemäß Art. 76 Abs. 1 GG als Kollegialorgan darüber entscheide, ob eine Gesetzesvorlage in den Bundestag eingebracht werde. Im Rahmen des Ressortprinzips nähmen die Bundesministerien Aufgaben wahr, die der Erfüllung oder Unterstützung von Regierungsfunktionen dienten. Nichts anderes ergebe sich aus der gegenteiligen Begründung des Gesetzgebers. Es handele sich um die Mitteilung einer Rechtsansicht zum Umfang einer Regelungsgrundlage.

Mit der von dem Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung hält der Kläger an seinem erstinstanzlichen Antrag ausdrücklich fest und macht im Wesentlichen folgendes geltend: Das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Unrecht teilweise als unzulässig abgewiesen, weil eine vollständige Akteneinsicht noch nicht gewährt worden sei. Er begehre weiterhin Einsicht in die vollständigen Akten, weil ein Einblick in Auszüge nicht ausreiche, um sich ein umfassendes Bild zu verschaffen. Der Kläger wolle daher bei einer Stattgabe seiner Berufung erneut in die Aktenbestandteile einsehen, die ihm bereits vorgelegt worden seien.

Bestimme man den Begriff der Verwaltung nach der Subtraktionsmethode, so treffe die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu. Das Bundesministerium der Justiz sei weder ein Gesetzgebungsorgan noch handele es sich um Rechtsprechung, so dass nur die Zuordnung zur Verwaltung möglich sei. Dementsprechend habe das Verwaltungsgericht Berlin in einer früheren Entscheidung sogar die Entscheidung des Bundesrates über die Zustimmung zu einer Rechtsverordnung als Verwaltung und nicht als Rechtsetzung angesehen. Vergleichbares gelte hier. Vorarbeiten zu einem Gesetzentwurf stellten Verwaltungstätigkeit dar. Die enge Auslegung des angegriffenen Urteils sei mit dem Ziel des IFG nicht vereinbar. Es werde ein Ausnahmetatbestand vom Anwendungsbereich des IFG geschaffen, den der Gesetzgeber nicht vorgesehen habe. Dies verstoße zudem gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

  • 6 -

  • 6 -

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesministeriums der Justiz vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 sowie vom 6. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2007 zu verpflichten, dem Kläger gebührenfreie Akteneinsicht in die bei dem Bundesministerium der Justiz geführten vollständigen Akten des Gesetzgebungsvorhabens "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen ergänzend aus: Es bestehe kein rechtlich anzuerkennendes Interesse des Klägers, bereits eingesehene Aktenteile nochmals einzusehen. Die von dem Kläger bevorzugte Subtraktionsmethode führe teilweise zu unzutreffenden Ergebnissen. Nach Abzug von Gesetzgebung und Rechtsprechung bleibe nicht nur Verwaltung im materiellen Sinne übrig, sondern auch das hiervon zu unterscheidende Regierungshandeln. Die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zu der Frage, ob die Zustimmung des Bundesrates zu einer Rechtsverordnung als Gesetzgebung einzuordnen sei, sei nicht tragend gewesen, weil das Verwaltungsgericht jedenfalls einen Ausschlussgrund angenommen habe. Die Vorbereitung von Gesetzentwürfen der Bundesregierung stelle Regierungstätigkeit dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

  • 7 -

  • 7 -

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat zum Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu Unrecht abgewiesen. Insoweit ist der versagende Bescheid vom 6. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2007 rechtswidrig, weil der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf den begehrten Informationszugang bzw. auf Neubescheidung seines Antrags hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.

I. 1. Soweit sich der Kläger weiterhin gegen den Bescheid des Bundesministeriums der Justiz vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 wendet, mit dem das BMJ einen Kostenvorschuss angefordert hatte, hat die Berufung mangels Zulässigkeit der Klage keinen Erfolg. Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, denn der Bescheid vom 15. Februar 2006 hat sich durch den Bescheid des BMJ vom 22. Oktober 2006, mit dem von der Anforderung eines Kostenvorschusses abgesehen worden ist, erledigt. Obwohl das Verwaltungsgericht die Klage insoweit wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen hat, hat der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger dennoch ausdrücklich erklärt, dass er an den erstinstanzlichen Anträgen festhalte.

  1. Ebenso wenig kann der Kläger im vorliegenden Verfahren Einsicht in die vollständigen Vorgänge zu dem Gesetzgebungsvorhaben "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" verlangen, weil ihm die Beklagte bereits teilweise Einsicht gewährt hat. Der Anspruch auf Informationszugang erlischt, wenn die zur Auskunft verpflichtete Stelle dem Berechtigten die begehrte Information zugänglich gemacht hat (§ 7 IFG). Ist dies – wie hier - im Wege der Einsichtnahme geschehen (§ 7 Abs. 4 IFG), so besteht keine Verpflichtung der zuständigen Behörde, ohne erneute Antragstellung und erneute Entscheidung – auch über eine etwaige Gebührenfreiheit - nochmals Informationszugang zu gewähren.

Nichts anderes ergibt sich - auch unter Berücksichtigung des bisherigen Zeitablaufes - aus dem Einwand des Klägers, er bedürfe bei einer Stattgabe seiner

  • 8 -

  • 8 -

Klage einer erneuten Einsichtnahme, um sich einen zuverlässigen Gesamtüberblick zu verschaffen. Es ist weder hinreichend substantiiert dargelegt noch ersichtlich, warum der Kläger das von ihm mit der Einsichtnahme verfolgte Ziel nicht erreichen kann, wenn ihm der Zugang nur zu den aus dem Tenor ersichtlichen, ihm noch nicht bekannten Teilen des Vorganges gewährt wird, die zudem in gewisser Weise abtrennbar und in sich abgeschlossen sind. Unabhängig davon ist das Argument des Klägers auch deshalb wenig überzeugend, weil er nach der ihm gewährten Einsichtnahme zahlreiche Fotokopien hat anfertigen lassen. Angesichts dessen hätte es der genauen Darlegung bedurft, warum diese ihn nicht in die Lage versetzen, sich das gewünschte Gesamtbild zu verschaffen.

II. Die Berufung hat Erfolg, soweit es dem Kläger um einen Informationszugang zu den bei dem Bundesministerium der Justiz geführten Akten des abgeschlossenen Gesetzgebungsvorhabens "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" geht, die im Zusammenhang mit der "BRAGO-Kommission" entstanden sind, und soweit er Zugang zu den nicht-öffentlichen Vorgängen begehrt, die das Bundesministerium der Justiz von dem Deutschen Bundestag und dem Deutschen Bundesrat erhalten hat. Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der versagende Bescheid ist rechtwidrig, weil der Kläger einen Anspruch auf Informationszugang hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Informationszugang ist aufgrund des bestandskräftigen Bescheides des BMJ vom 22. Oktober 2006 zu gewähren, ohne dass die Beklagte von dem Kläger Gebühren verlangen kann.

  1. Die Tätigkeit des Bundesministeriums der Justiz bei der Vorbereitung und Begleitung von Gesetzesvorhaben unterliegt dem Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Der danach bestehende Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Behörden des Bundes, zu denen auch das Bundesministerium der Justiz zählt, lässt sich hier nicht mit der Begründung verneinen, dass die streitigen Informationen durch Regierungstätigkeit gewonnen worden und damit dem Anspruch auf Informationszugang von vornherein entzogen seien. Eine derartige Differenzierung zwischen Regierungshandeln und Behörden-

  2. 9 -

  3. 9 -

tätigkeit findet in § 1 Abs. 1 IFG keine Stütze (ebenso Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, § 1 Rn. 84, 86, 88; ders., in: VBlBW 2010, 333, 335 f.; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 111 ff.; Schmitz/ Jastrow, in: NVwZ 2005, 984, 988; Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2008 und 2009, BT-Drs. 17/1350, S. 12 f., Nr. 2.1.1; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 45 f.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. November 2008 – OVG 12 B 50.07 -, juris Rn. 24; a.A. wohl in Bezug auf § 3 Abs. 2 IFG M-V v. Mutius, in: NordÖR 2010, 45, 48).

Das Bundesministerium der Justiz handelt bei der Vorbereitung von Gesetzentwürfen im Rahmen des Initiativrechts der Bundesregierung nach Art. 76 Abs. 1 GG als Behörde und übt - ministerielle - Behördentätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG aus. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob ein Antrag auf Informationszugang unter bestimmten, eng begrenzten Voraussetzungen im Hinblick auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, zu dem die Willensbildung der Regierung hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett oder bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen gehören (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984, BVerfGE 67, 100, 139), abgelehnt werden könnte. Ein derartiger – gesetzlich nicht geregelter - Ausnahmefall liegt nicht vor.

Von seinem eindeutigen Wortlaut her erfasst § 1 Abs.1 Satz 1 IFG alle Behörden des Bundes als Anspruchsverpflichtete und somit zumindest die gesamte Exekutive des Bundes, ohne dass der Gesetzgeber bestimmte Bereiche oder bestimmte ihrer Tätigkeiten ausgenommen hat. Die Regelung geht von einem Behördenbegriff aus, unter den jede staatliche Stelle des Bundes zu subsumieren ist, die öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt und die weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzurechnen ist (zum IFG NRW vgl. auch OVG NW, Urteil vom 7. Oktober 2010 – 8 A 875/09 -).

Selbst wenn alles dafür spricht, dass dem Behördenbegriff in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG materielle Verwaltungstätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG zugeordnet werden muss (so OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. November 2008

  • 10 -

  • 10 -

  • OVG 12 B 50.07 -, juris), ist dies hier im Ergebnis ohne Belang. Ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG auf die Exekutive und somit auf Verwaltungstätigkeit im formellen Sinne beschränkt, so wäre die Verwaltung im materiellen Sinne jedenfalls von § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG erfasst, sodass die in beiden Sätzen des § 1 Abs. 1 IFG genannten Stellen insgesamt dem Behördenbegriff des § 1 Abs. 4 VwVfG entsprächen. Entscheidend ist hier, dass jedenfalls der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG eine restriktive Auslegung des Behördenbegriffs, wie sie das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, nicht rechtfertigt.

Dies verdeutlichen neben dem Wortlaut auch der systematische Zusammenhang der Norm, der Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dessen Entstehungsgeschichte. Interpretiert man § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG im Zusammenhang mit Satz 2 dieser Vorschrift, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Behörden des Bundes die sonstigen Bundesorgane und Bundeseinrichtungen gegenüberstellt, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen vor allem die Gesetzgebungsorgane und Bundesgerichte, die mangels ihrer Zugehörigkeit zur Exekutive grundsätzlich nicht dem IFG unterliegen und daher lediglich insoweit zur Auskunft verpflichtet sind, als sie in funktionaler Hinsicht Behördentätigkeit ausüben, nämlich öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Demgegenüber sind die in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG genannten Bundesbehörden ausnahmslos zur Auskunft verpflichtet. Hätte der Gesetzgeber bestimmte Tätigkeitsbereiche dieser Behörden, vor allem bei der Vorbereitung von Gesetzen oder der Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren, dem Anwendungsbereich des IFG entziehen wollen, so hätte es angesichts der Regelung in Satz 2, die das IFG ausnahmsweise für anwendbar erklärt, nahe gelegen, in Satz 1 eine ausdrückliche Einschränkung vorzusehen, wonach das IFG für bestimmte Bereiche ausnahmsweise nicht anwendbar ist.

Hinzu kommt, dass der Anwendungsbereich einiger der im IFG geregelten Ausschlusstatbestände von vornherein deutlich eingeschränkt wäre, wenn man mit dem Verwaltungsgericht die "Regierungstätigkeit" der Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes nicht als vom Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erfasst ansähe. So dürfte sich z.B. der Schutz der in § 3 Nr. 1 a) IFG ge-

  • 11 -

  • 11 -

nannten internationalen Beziehungen oder der in § 3 Nr. 1 c) IFG angeführten Belange der inneren und äußeren Sicherheit in vielen Fällen auf Regierungstätigkeit beziehen, sodass insoweit gar kein Ausschlusstatbestand erforderlich wäre (vgl. Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 114).

Schließlich lässt sich die Unzulässigkeit einer Differenzierung zwischen Behörden- und Regierungstätigkeit auch auf einen Vergleich von § 1 Abs. 1 IFG mit Vorschriften anderer Gesetze stützen, die ebenfalls den Anspruch auf Zugang zu Informationen für bestimmte Bereiche regeln. So sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a des Umweltinformationsgesetzes (UIG) in der Fassung vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704) informationspflichtige Stellen die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung mit Ausnahme oberster Bundesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden. Anders als in § 1 Abs. 1 IFG hat der Gesetzgeber die gesetzesvorbereitende Tätigkeit und die administrative Rechtsetzung der Bundesministerien ausdrücklich dem Anwendungsbereich des UIG entzogen, wobei offen blieben kann, ob zur Regierung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG nur die Bundesminister oder auch die Bundesministerien gehören, denn entscheidend ist, dass diese Vorschrift die Regierung wegen des dortigen Begriffs "andere Stellen der öffentlichen Verwaltung" ebenfalls zur öffentlichen Verwaltung zählt. Hat der Gesetzgeber des IFG in Kenntnis dieser Regelung davon abgesehen, eine vergleichbare Ausnahmevorschrift in das IFG aufzunehmen, so kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass der Behördenbegriff in § 1 Abs. 1 IFG weit auszulegen ist und die gesamte Tätigkeit der Exekutive erfasst wird.

Vergleichbares gilt in Bezug auf den – allerdings erst nach Inkrafttreten des IFG – erlassenen § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (Verbraucherinformationsgesetz – VIG) vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2558). Auch danach zählen die obersten Bundes- und Landesbehörden – anders als im IFG - ausdrücklich nicht zu den informationspflichtigen Stellen, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden.

  • 12 -

  • 12 -

Darüber hinaus ist die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene enge Auslegung des Behördenbegriffs nicht mit dem Sinn und Zweck des IFG vereinbar, der hierdurch in unzulässiger Weise eingeschränkt wird (zur Bedeutung des Zwecks bei der Auslegung des UIG vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1996, BVerwGE 102, 282; Urteil vom 25. März 1999, BVerwGE 108, 369). Durch den Anspruch auf Informationszugang, der unabhängig von der rechtlichen Betroffenheit des Einzelnen besteht, verfolgt der Gesetzgeber u.a. das Ziel, die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, die Akzeptanz staatlichen Handelns zu stärken und die Verwaltungskontrolle einschließlich einer effektiven Korruptionsbekämpfung zu erhöhen (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6; s. auch Schoch, IFG, Kommentar, Einleitung Rn. 36 ff. und 46). Wäre die Vorbereitung und Begleitung von Gesetzgebungsvorhaben durch die Bundesministerien dem Anwendungsbereich des IFG von vornherein entzogen, könnte die von dem Gesetzgeber angestrebte Partizipations- und Kontrollfunktion in einem für die demokratische Meinungs- und Willensbildung bedeutsamen Sektor nicht verwirklicht werden (ähnlich auch OVG NRW, Urteil vom 7. Oktober 2010 – 8 A 875/09 - zum weiten Begriff der Verwaltungstätigkeit in § 2 Abs. 1 IFG NRW).

Schließlich wird das Ergebnis der am Wortlaut des § 1 Abs. 1 IFG, an dem systematischen Zusammenhang der Regelung sowie an dem Sinn und Zweck des IFG orientierten Auslegung durch die Begründung zum Gesetzentwurf bestätigt. Ihm lässt sich eindeutig entnehmen, dass die Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit ebenfalls in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes fallen soll (BT-Drs. 15/4493, S. 7). Hierzu ist während des Gesetzgebungsverfahrens keine gegenteilige Äußerung erfolgt (vgl. z.B. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 15/5606).

Diesem Ergebnis steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, dass bei einer Einbeziehung von "Regierungstätigkeit" in den Anwendungsbereich des IFG der Willensbildungsprozess der Regierung nicht hinreichend geschützt werde. Diesem Argument wird in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig dadurch Genüge getan, dass vor einem Kabinettsbeschluss über einen Refe-

  • 13 -

  • 13 -

rentenentwurf die Ausschlussgründe gemäß § 3 Nr. 3 und § 4 Abs. 1 IFG vorliegen dürften (vgl. auch BT-Drs. 15/4493, S. 7). Im Übrigen ist die Beklagte sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren zunächst ursprünglich selbst davon ausgegangen, dass die Ministerien des Bundes bei der Vorbereitung und Begleitung von Gesetzgebungsvorhaben als zur Auskunft verpflichtete Behörden im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG tätig werden.

  1. Die Beklagte kann den von dem Kläger begehrten Zugang zu den Unterlagen, die im Zusammenhang mit der "BRAGO-Kommission" entstanden sind, nicht gemäß § 3 Nr. 7 IFG mit der Begründung verweigern, dass sie mit den Kommissionsmitgliedern Vertraulichkeit vereinbart habe. Die Ausschlussregelung setzt voraus, dass bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Das ist hier nicht der Fall.

Der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 7 IFG ist nicht berührt. Die Regelung bezweckt allein den Schutz von Informanten und Hinweisgebern u.a. auf dem Gebiet der Strafverfolgung, des Verfassungsschutzes oder des Wettbewerbsrechts (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 11; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 3 Rn. 60; Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, § 3 Rn. 186 ff.; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 188). Sie soll die – freiwillige - Bereitschaft der Bürger zur Kooperation mit der Verwaltung fördern, weil die Behörden in hohem Maße auf Informationen aus dem privaten Bereich angewiesen sind (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 11). Hierzu zählen Stellungnahmen oder Äußerungen, die während eines Gesetzgebungsverfahrens abgegeben werden, nicht.

Unabhängig davon könnte sich die Beklagte selbst dann nicht auf § 3 Nr. 7 IFG berufen, wenn diese Vorschrift hier anwendbar wäre. Sie hat u.a. nicht hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt, warum das Interesse der betroffenen Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbestand. Allein die Behauptung, es sei Vertraulichkeit vereinbart worden, reicht nicht aus. Weitere Ausschlussgründe wie z.B. § 4 Satz 1 IFG oder § 6 Satz 1 IFG liegen nach Abschluss des Gesetzge-

  • 14 -

  • 14 -

bungsverfahrens nicht (mehr) vor bzw. sind ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

  1. Die nicht-öffentlichen Vorgänge, die das Bundesministerium der Justiz von dem Deutschen Bundestag und dem Deutschen Bundesrat erhalten hat, und in die der Kläger Einsicht nehmen möchte, unterliegen aus den angeführten Gründen ebenfalls dem Anspruch auf Informationszugang gemäß § 1 Abs. 1 IFG. Der Einwand der Beklagten, es handele sich hier um materielle Gesetzgebung, die nach § 1 Abs. 1 IFG von dem Informationszugang ausgeschlossen sei, und es dürfe keinen Unterschied machen, ob die Vorgänge nur bei dem Legislativorgan vorlägen oder auch einer Behörde zur Kenntnis übersandt würden, greift nicht durch. Der Anspruch auf Informationszugang hängt nicht davon ab, ob der Autor der Information zur Auskunft verpflichtet wäre. Entscheidend ist vielmehr, ob die Stelle, bei der sich die Information (auch) befindet, zur Auskunft verpflichtet ist. Das ist hier der Fall, denn das BMJ hat die streitigen Vorgänge als Behörde des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erhalten. Eine Beschränkung des Behördenbegriffs durch Herausnahme bestimmter Bereiche oder Tätigkeitsfelder ist – wie ausgeführt – mit dem IFG im Hinblick auf Wortlaut, Systematik, Gesetzeszweck und Entstehungsgeschichte nicht vereinbar.

Auf Ausschlussgründe – etwa nach § 3 Nr. 3 b) IFG, § 4 Abs. 1 IFG – kommt es nicht an, weil sich die Beklagte darauf nicht mit der gebotenen Substantiierung berufen hat.

III. Soweit es um Zuschriften dritter Personen geht, die nicht im Rahmen der Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung eingegangen sind, hat die Berufung teilweise Erfolg. Der Kläger hat nach dem derzeitigen Sachstand zwar keinen Anspruch auf Informationszugang. Die Beklagte muss jedoch über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Eine mutmaßliche Einwilligung der betroffenen Personen in die Bekanntgabe etwaiger personenbezogener Daten, bei deren Vorliegen diese nicht zu beteili-

  • 15 -

  • 15 -

gen wären (vgl. § 8 Abs. 1 IFG) und der Informationszugang gewährt werden müsste, ist nicht ersichtlich. Sie lässt sich insbesondere nicht – wie der Kläger meint – allein mit der Begründung bejahen, dass bereits in der bloßen Zuschrift an das BMJ eine konkludente Einwilligung liege. Dazu bedarf es vielmehr einer Würdigung des jeweiligen Einzelfalles unter Berücksichtigung der entsprechenden Daten.

Die Beklagte hat sich jedoch zu Unrecht auf den Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG berufen, wonach der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden darf, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Der Senat unterstellt trotz mangelnder Substantiierung durch die Beklagte, dass hier personenbezogene Daten im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG betroffen sind. Die streitigen Schreiben dürften zumindest den Namen und die Anschrift des jeweiligen Absenders und somit personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) enthalten (vgl. zum Begriff Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, § 5 Rn. 16 ff.).

Da es die Beklagte trotz der ihr insoweit grundsätzlich obliegenden Verpflichtung unterlassen hat, die Einwilligung der betroffenen Dritten einzuholen, hätte sie den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG schon aus diesem Grund nicht verneinen dürfen (zur Einholung einer Zustimmung öffentlicher Stellen nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG Bln vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. März 2008, NVwZ-RR 2009, 48). Dem steht auch nicht die Behauptung entgegen, dass eine Überprüfung der Unterlagen auf personenbezogene Daten unverhältnismäßig sei. Abgesehen davon, dass § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG keine Ausnahmen von der Verpflichtung zur Einholung einer Einwilligung vorsieht, fehlt es auch an der nötigen Substantiierung. Allein der Hinweis auf einen Umfang von 250 Seiten, dessen Durchsicht sowohl im Hinblick auf die Quantität als auch im Hinblick auf die Inhalte der Schreiben ohne weiteres zu bewältigen sein dürfte, rechtfertigt nicht die Annahme, dass der von der Beklagten zu erbringende Aufwand so groß ist, dass er von vornherein unterbleiben könnte. Im Übrigen beziffert die Beklagte nicht einmal die Anzahl der Drit-

  • 16 -

  • 16 -

ten, die die von dem Antrag auf Informationszugang betroffenen Schreiben verfasst haben.

F alls die Beklagte die erforderlichen Einwilligungen nicht erlangen kann, muss sie vor einer auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 IFG gestützten Versagung des begehrten Anspruchs die nach dieser Vorschrift gebotene Interessenabwägung vornehmen. Die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes sind erst dann gegeben, wenn das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse der Einsender das Informationsinteresse des Klägers überwiegt. Auch dies ist – wie die Beklagte letztlich selbst einräumt – in der gebotenen Art und Weise bislang nicht geschehen. Die Beklagte sieht es als unverhältnismäßig an, den einzelnen personenbezogenen Daten nachzugehen.

Da die nachzuholende Beteiligung Dritter bei entsprechender Einwilligung zu einem Anspruch des Klägers auf Informationszugang führen kann, und da der Senat ohne genauere Kenntnis der von den privaten Einsendern verfassten Schreiben und der in ihnen enthaltenen personenbezogenen Daten nicht in der Lage ist, die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 IFG normierte Interessenabwägung vorzunehmen, ist die Beklagte insoweit zur Neubescheidung zu verpflichten. Es ist zunächst Aufgabe der Beklagten, die ihr nach dem IFG obliegende Prüfung vorzunehmen. Erst wenn dies geschehen ist und Spruchreife im Sinne von § 86 Abs. 1 VwGO mangels Aktenvorlage nicht herbeigeführt werden kann, darf das Verfahren nach einer Aktenanforderung durch den erkennenden Spruchkörper und nach Abgabe einer Sperrerklärung durch die zuständige Behörde dem Fachsenat gemäß § 189 VwGO vorgelegt werden (vgl. dazu auch VG Berlin, Urteil vom 8. September 2009, NVwZ-RR 2010, 339 ff.).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, weil die Berufung nur zum Teil Erfolg hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO zukommt.

  • 17 -

  • 17 -

Rechtsmittelbelehrung

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunikationsweg einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form unter www.bverwg.de eingelegt wird. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7

  • 18 -

  • 18 -

VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.

Kipp Plückelmann Dr. Riese

Das Projekt „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“ wird gefördert von: