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Aktenzeichen
7 K 1645/09.F
Datum
18. Mai 2010
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 18. Mai 2010

7 K 1645/09.F

Die entscheidungserhebliche Frage, ob einer Herausgabe von Akten und Gutachten der Bankenaufsicht aus dem Jahre 2008 zur Überprüfung einer bestimmten Bank die im Rahmen der Prüfung auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes zu berücksichtigende bereichsspezifische Verschwiegenheitspflicht aus dem Kreditwesengesetz entgegensteht, kann das Gericht nur in Kenntnis der entsprechenden Unterlagen entscheiden. Es fordert die Aufsichtsbehörde daher zur Vorlage dieser Unterlagen auf. Der Beschluss enthält ausführliche Darlegungen, weshalb andere Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes nicht zum Tragen kommen, so z.B. der Schutz der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben, der internationalen Beziehungen, der Beratung von Behörden sowie der vertraulich erhobenen Informationen und befasst sich mit der Frage der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Aussonderungen Aufsichtsaufgaben Internationale Beziehungen in-camera Verfahren

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VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN Geschäftsnummer: 7 K 1645/09.F Abschrift BESCHLUSS In dem Verwaltungsstreitverfahren des Herrn A., , A-Straße, A-Stadt Kläger, Proz.-Bev.:     Rechtsanwalt B., B-Straße, A-Stadt gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vertreten durch den Präsidenten, Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn Beklagte, beigeladen:     C. , C-Straße, C-Stadt Proz.-Bev.:     Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt, Az.: - -
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-2- wegen           Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main am 18. Mai 2010 beschlos- sen: 1. Es soll Beweis erhoben werden durch Vorlage der von dem Kläger zur Einsicht ver- langten Unterlagen über die Behauptung der Beklagten, diese enthielten im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG i.V. mit § 9 Abs. 1 Satz 1 KWG bzw. i.S. von § 6 S. 2 IFG Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse, personenbezogene Daten und/oder sonstige Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts oder eines Dritten liegt. 2. Die Beklagte wird aufgefordert, bis zum 30.06.2010 die in ihrem Schriftsatz vom 14.04.2010 (GA Bl. 238 bis 240), der diesem Beschluss auszugsweise als Anlage beigefügt ist, im Einzelnen aufgelisteten Unterlagen (54 Aktenbände, ca. 1354 Sei- ten) vorzulegen. Gründe: I. Der Kläger ist Chefreporter im Bereich Wirtschaft der Tageszeitung „X“ und beschäftigt sich seit längerem mit dem Verhalten der Bankenaufsicht vor dem Eintritt der gegenwärti- gen Wirtschaftskrise. Mit Schreiben vom 14.01.2009 beantragte er bei der Beklagten, ihm Einsicht in die Akten und Gutachten der Antragsgegnerin aus dem Jahre 2008 zur Über- prüfung der D-Bank AG, der H-Bank AG sowie der D Bank plc, Dublin, zu gewähren. Soll- ten Gründe für eine Beschränkung der Auskunft gegeben sein, beantragte der Kläger, ent- sprechende Passagen zu schwärzen bzw. diejenigen Aktenteile zu übersenden, die keiner Einschränkung unterliegen. Mit Bescheid vom 18.02.2009 lehnte die beklagte den Antrag ab. Dem Anspruch des Klä- gers auf Informationszugang stehe § 3 Nr. 1 lit. d) IFG entgegen. Das Bekanntwerden der begehrten Informationen hätte nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichts- aufgaben der Beklagten. Es handele sich um vertrauliche Informationen aus dem ge- schäftspolitischen Bereich der Institute, die die Beklagte im Vertrauen auf ihre Verschwie-
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-3- genheit erhalten habe. Zudem stehe dem Informationsanspruch § 3 Nr. 4 IFG i.V. mit § 9 KWG entgegen, wonach die Beklagte nicht befugt sei, im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit erlangte Informationen zu offenbaren oder anderweitig zu verwerten. Eine Einwilligung der betroffenen Institute zur Preisgabe entsprechender Informationen liege nicht vor. Ein Aus- nahmetatbestand i.S. des § 9 Abs. 1 S. 4 KWG sei nicht gegeben. Schließlich stehe der begehrten Akteneinsicht auch § 6 S. 2 IFG entgegen, da insbesondere die Prüfungsberich- te schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten. Schließlich komme ei- ne teilweise Freigabe der vom Kläger begehrten Informationen nicht in Betracht, da eine Schwärzung der Unterlagen und damit eine Trennung in geheimhaltungsbedürftige Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse einerseits und in öffentliche Informationen andererseits faktisch unmöglich sei. Zudem würde dies dem Kläger keinen zusätzlichen Erkenntnisge- winn bringen, da der weit überwiegende Teil der Unterlagen geschwärzt werden müsste. Der Kläger hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15.03.2009 gegen den Be- scheid der Beklagten vom 18.02.2009 Widerspruch erhoben. § 3 Nr. 1 lit. d) IFG stehe dem begehrten Informationszugang ebenso wenig entgegen wie § 3 Nr. 4 IFG i.V. mit § 9 KWG, der jedenfalls keine allumfassende Zugangssperre enthalte. Zudem habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, warum gemäß § 6 S. 2 IFG die betroffenen Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung der sie betreffenden Informationen hätten und warum eine zumindest partielle Preisgabe von Auskünften ausgeschlossen sei. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 18.06.2009 den Widerspruch des Klägers zurückge- wiesen. Die Beklagte beruft sich erneut auf den Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 lit. d) IFG sowie auf die ihr obliegende Vertraulichkeitspflicht nach § 3 Nr. 4 IFG i.V. mit § 9 Abs. 1 S. 1 KWG. Zudem habe sie einen Großteil der vom Kläger begehrten Informationen vertrau- lich erhoben bzw. erlangt, so dass der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 7 IFG gegeben sei. Schließlich seien auch nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen, die aus einem Bekanntwerden der vom Kläger begehrten Informationen folgen könnten, nicht aus- zuschließen, so dass zudem die Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 lit. a) IFG erfüllt seien. Auch seien nachteilige Auswirkungen auf Ermittlungsmaßnahmen i.S. des § 3 Nr. 1 lit. g) IFG wie auch auf Beratungen von Behörden i.S. des § 3 Nr. 3 lit. b) IFG zu gewärtigen. Die Akten enthielten auch zahlreiche personenbezogene Daten, die nach § 5 IFG absoluten
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-4- Schutz genössen, wie auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse i.S. des § 6 S. 2 IFG. Ein teilweiser Informationszugang komme nicht in Betracht. Der Kläger hatte bereits am 17.06.2009 Untätigkeitsklage erhoben mit dem Ziel, die Be- klagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 18.02.2009 zu verpflichten, „dem Kläger Ein- sicht in die Akten und Gutachten der Beklagten zur H-Bank AG (54 Aktenbände, gesamt 1360 Seiten) wie beschrieben im Schreiben der Beklagten vom 20.03.2009 an das VG Frankfurt in Sachen 7 L 676/09(V) zu gewähren“. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf Zugang der von ihm begehrten Informationen der Beklagten nach § 1 ff. IFG sowie Art. 5 und 19 Abs. 4 GG, Art. 10 EMRK, § 242 BGB und § 3 HessPresseG zu. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten benannten Versagungsgründe lägen nicht vor. Der Kläger hat zugleich einen Antrag gestellt, die ihm vorenthaltenen Unterlagen gemäß § 99 VwGO anzufordern und gegebenenfalls ein in-camera-Verfahren einzuleiten. Die Beklagte ist mit Schriftsatz vom 12.03.2010 der Klage entgegen getreten. Sie beruft sich erneut auf das Vorliegen der Ausschlussgründe des § 3 Nr. 1 lit. d) und lit. g) IFG, des § 3 Nr. 4 IFG i.V. mit § 9 KWG und des § 3 Nr. 7 IFG. Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2010 mitgeteilt (Bl. 193 f. GA), dass diese bisher weder Akten oder Unterlagen, die im Bereich Bankenaufsicht, also mit einem „BA“- Geschäftszeichen, geführt werden, an die Staatsanwaltschaft C-Stadt verschickt noch sonstwie Einsicht in solche „BA“-Akten oder Auskunft gewährt habe. Mit weiterem Schrift- satz vom 14.04.2010 (Bl. 238 – 240 GA) hat die Beklagte eine Auflistung über die vom Kläger zur Einsicht begehrten 54 Aktenbände mit Angabe der Anzahl der einzelnen Bände und der jeweiligen (geschätzen) Seitenzahl. Die Beigeladene ist mit Schriftsatz vom 13.04.2010 der Klage entgegen getreten. Sie sieht die Ausschlussgründe des § 3 Nr. 1 lit. d) IFG und des § 3 Nr. 7 IFG und möglicherweise auch die des 3 § Nr. 1 lit. g) IFG als gegeben an.
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-5- II. Die mit dem vorliegenden Beschluss von der Beklagten zur Vorlage angeforderten Unter- lagen werden sämtlich von der Kammer für die ihr nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bezüglich des in Streit stehenden Anspruchs des Klägers auf Zugang zu diesen Unterlagen nach § 1 Abs. 1 IFG benötigt. Sonstige Gründe, die dem Zugangsanspruch des Klägers nach dem IFG entgegen stehen könnten, sind nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht ersichtlich. Anders als von der Beklagten angenommen ist der Anspruch des Klägers auf Zugang zu den in seinem Klageantrag und im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichne- ten Unterlagen und Dokumenten ferner nicht gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG deshalb aus- geschlossen, weil das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die von der Bundesanstalt durchzuführenden Kontroll- und Aufsichtsaufgaben - hier nach §§ 32 ff. KWG - haben könnte. Hierzu hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 02.03.2010 (6 A 1684/09) ausgeführt: „Zwar ist der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG für den vorbezeichne- ten Aufgabenbereich der Bundesanstalt grundsätzlich anwendbar, denn diese ist bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben - wie im Übrigen alle dem Bundesministerium der Finanzen untergeordneten Organisationseinheiten - Finanzbehörde im Sinne der ge- nannten Bestimmung (vgl. Rossi, IFG, Rdnr. 20 zu § 3 IFG; Schoch, IFG, Rdnr. 48 zu § 3 IFG; ders. in NJW 2009, 2987 [2990]; Roth in: Berger/Roth/Scheel, IFG, Rdnr. 52 zu § 3 IFG; Tolkmitt/Schomerus, NVwZ 2009, 568 [569]; anderer Ansicht: Möl- lers/Wenninger, ZHR 170 (2006), 455 [467]). § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG greift aber im vor- liegenden Fall nicht ein. Die Preisgabe der vom Kläger durch Einsicht in die amtlichen Unterlagen der Bundesanstalt erbetenen Informationen ist nicht mit der Gefahr nachtei- liger Auswirkungen auf die von der Behörde nach dem Kreditwesengesetz wahrzuneh- menden Aufsichts- und Kontrollaufgaben verbunden. Die Beklagte äußert im Zusammenhang mit dem von ihr auch im vorliegenden Fall als gegeben erachteten Ausschlusstatbestand in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG hauptsächlich die Befürchtung, dass die beaufsichtigten Institute mit Blick auf die Gefahr einer Offenba- rung an die Bundesanstalt übermittelter Informationen ihre Bereitschaft zur Kooperation mit der Behörde grundlegend überdenken, die bisher in erheblichem Umfang auf freiwil- liger Basis großzügig erfolgten Mitteilungen und Anzeigen einstellen und sich zukünftig auf das gesetzlich Unumgängliche beschränken könnten. Zahlreiche Institute hätten be- reits unmittelbar nach Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechende
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-6- Beschränkungen angekündigt, falls die Beklagte auf Grundlage dieses Gesetzes Infor- mationen an Dritte herauszugeben hätte. Mittlerweile habe ein erstes Institut die Über- sendung von Unterlagen an die Beklagte mit dem Hinweis verweigert, dass die Vertrau- lichkeit der Informationen nicht mehr gewährleistet sei. Bei dem Wegfall einer freiwilli- gen, zeitnahen und umfassenden Information der Behörde durch die betroffenen Institu- te entfalle für die Bundesanstalt in vielen Fällen die Möglichkeit, kurzfristig etwa durch Auskunftsersuchen und Sonderprüfungen auf Missstände in den betroffenen Instituten zu reagieren. Stattdessen werde die Behörde gezwungen, die gesetzlichen Anzeige- und Mitteilungspflichten in langwierigen Prozessen durchzusetzen. Hierdurch verstrei- che regelmäßig wertvolle Zeit, die für die Sicherung der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte erforderlich wäre. Dieser Vortrag allein vermag die Rechtsauffassung der Beklagten, der Zugangsanspruch des Klägers scheitere bereits an der Gefahr nach- teiliger Auswirkungen für die der Bundesanstalt nach dem Kreditwesengesetz oblie- genden Aufsichts- und Kontrollaufgaben im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG, nicht zu belegen. Allerdings stehen die von der Beklagten angeführten Gesichtspunkte nicht - wie offen- bar von dem Kläger angenommen - von vornherein außerhalb des von dem Gesetzge- ber mit der Regelung verfolgten Schutzzwecks. Zwar trifft es zu, dass in der Gesetzes- begründung zu § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG (BT-Drucks. 15/4493, S. 9) lediglich auf Ge- fährdungen oder Nachteile Bezug genommen wird, die durch eine Weitergabe von Da- ten durch Finanzbehörden an Steuerpflichtige, durch die Preisgabe von Informationen durch Zollbehörden und durch die Bekanntgabe von marktrelevanten Daten im Bereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, des Telekommunikationsgesetzes und des Energiewirtschaftsgesetzes auftreten können. Im Vordergrund der Bestimmung stehen nach dem Willen des Gesetzgebers folglich nachteilige Auswirkungen auf den Aufsichts- und Kontrollauftrag der jeweiligen Behörde, die ihren Grund darin haben, dass ein Bekanntwerden dieser Information zur Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt. Eine solche Gefährdung ist dann anzunehmen, wenn der In- formationszugang erkennbar zur Ausspähung von Konkurrenten zur Erlangung eines ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprungs genutzt und der Datenzugang damit in sei- ner Wirkung einem Marktinformationssystem entspräche, das nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verboten und zu untersagen wäre (vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 9, 10). Dies bedeutet indessen nicht, dass die von der Beklagten befürchtete Beeinträchtigung ihres Aufsichts- und Kontrollauftrags durch einen Vertrauensverlust der beaufsichtigten Institute und Personen von dem Gesetzeszweck nicht umfasst wäre. Die Hinweise in der Gesetzesbegründung haben vielmehr letztlich nur den Charakter einer beispielhaf- ten Beschreibung. Auf Grund des formulierten Wortlauts und der erkennbar ebenso weiten Schutzrichtung der Vorschrift werden dem Grundsatz nach auch nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit von Finanzbehörden erfasst, die ihren Grund in einem die Aufgabenerfüllung der Behörde behindernden Vertrauensver- lust der der Aufsicht unterworfenen Personen und Unternehmen durch die Preisgabe von übermittelten Informationen haben. Dass das Informationsfreiheitsgesetz dieses Vertrauen in die Vertraulichkeit übermittelter Informationen und die Abhängigkeit der Kontroll- und Aufsichtsbehörden von der Kooperationsbereitschaft berücksichtigt, zeigt sich daran, dass auf diese Belange in der Gesetzesbegründung im Kontext mit dem
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-7- Ausschlusstatbestand in § 3 Nr. 7 IFG (BT-Drucks. 15/4493, S. 11) ausdrücklich hinge- wiesen wird. Erforderlich ist ferner keine im Einzelfall belegbare Gefährdung der Kontroll- und Auf- sichtstätigkeit der Behörde. Es genügt, wie sich aus der Wendung "haben kann" im ein- leitenden Wortlaut von § 3 Nr. 1 IFG ergibt, die durch Fakten untermauerte konkrete Möglichkeit, dass durch eine Informationsweitergabe generell die Ausübung der Kon- troll- und Aufsichtsaufgaben der Behörde nachteilig beeinflusst wird (Rossi, IFG, Rdnr. 19 zu § 3 IFG; Schoch, IFG, Rdnr. 53 zu § 3 IFG; Jastrow/Schlatmann, IFG, Rdnr. 17 zu § 3 IFG). Das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG ist - wie auch die der anderen gesetzlichen Ausnahmegründe - von der Behörde darzulegen (vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 6). Die Weite des gesetzlichen Tatbestandes in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG und die Notwen- digkeit, die Ausnahmetatbestände in § 3 IFG zur Verhinderung einer Vereitelung des Gesetzeszwecks eng auszulegen (BT-Drucks. 15/4493, S. 9), machen es andererseits erforderlich, Anforderungen an die Qualität der nachteiligen Auswirkungen, die bei Ge- währung des Zugangs von Dritten zu den der Behörde im Rahmen ihrer Aufsichts- und Kontrolltätigkeit übermittelten Informationen zu befürchten sind, und an Art und Umfang der von der Behörde geforderten Darlegung der Ausnahmeregelung zu stellen. Erschwerungen der behördlichen Aufgabenwahrnehmung, die mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Offenbarung unternehmens- und drittbezogener Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz als solcher verbunden sind, reichen zur Ausfüllung des gesetzlichen Tatbestandes allein nicht aus. Ebenso wenig genügen vage, nicht durch konkrete Fakten untermauerte Anhaltspunkte für einen möglichen Rückgang der Ko- operationsbereitschaft der beaufsichtigten Unternehmen und Personen oder einer als Folge der Bekanntgabe der Informationen eintretenden Behinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs. Die Regelung in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG darf nicht gleichsam als Freibrief dazu verwendet werden, um ohne nähere Prüfung der Sachlage unter bloßem Hinweis auf eine die Verwirklichung des Behördenauftrags möglicherweise nachteilig berührende Weitergabe von Informationen Anträge auf Zugang zu unternehmensbezo- genen Unterlagen und Daten abzulehnen (vgl. Rossi, IFG, Rdnr. 9 zu § 3 IFG). Würde allein der von der Beklagten in den Vordergrund ihrer Überlegungen gestellte Umstand, dass sie bei ihrer Aufgabenerfüllung auf die freiwillige Mitarbeit der beaufsichtigten In- stitute angewiesen und folglich bei jedweder Einschränkung dieser Kooperation zwangsläufig in ihrer Tätigkeit behindert wird, für § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG als ausrei- chend betrachtet, käme dies letztlich einem vollständigen Ausschluss des Zugangs zu den der Bundesanstalt in ihrer Aufsichts- und Kontrolltätigkeit nach dem Kreditwesen- gesetz übermittelten Informationen und damit in der Sache einer Bereichsausnahme gleich, die indessen nach § 3 Nr. 8 IFG nur für den Zugang zu Informationen der Nach- richtendienste und der Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben im Sinne von § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüber- prüfungsgesetzes normiert worden ist (vgl. Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 23. Januar 2008 - 7 E 2380/06(V) -, NVwZ 2008, 1384 [1385]). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte muss vielmehr die konkrete Möglichkeit einer erheblichen und spürbaren Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung
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-8- durch die Behörde als Folge der Ermöglichung des Zugangs zu bestimmten unterneh- mens- oder drittbezogenen Informationen vorliegen. Diese Gefährdungslage ist von der Behörde in Form einer nachvollziehbar begründeten, durch konkrete Fakten untermau- erten Prognose darzulegen. Dass der Gesetzgeber von dem Erfordernis einer solchen konkreten Gefährdungsprognose ausgegangen ist, wird daraus deutlich, dass er § 3 Nr. 1 IFG mit der Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf die in der Vorschrift genannten Schutzgüter an die Vorschrift in § 8 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes - UIG - an- gelehnt hat (BT-Drucks. 15/4493, S. 9), der eine entsprechend substantiierte Gefähr- dungsprognose voraussetzt (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Februar 2008 - 1 A 10886/07 -, NVwZ 2008, 1141; zum Erfordernis einer Prognose der informa- tionspflichtigen Stelle im Rahmen des Ausschlusstatbestandes in § 3 Nr. 1 Buchst. a) IFG: BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 -, DVBl. 2010, 120). Darüber hinaus wurde im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens das Wort "könnte" im Gesetzentwurf durch das Wort "kann" ersetzt, um den Schutzstandard des § 3 Nr. 1 an den des § 3 Nr. 2 IFG anzugleichen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses, BT-Drucks. 15/5606, S. 5; Schoch, IFG, Rdnr. 97 zu § 3 IFG). Auch dies verdeutlicht, dass eine Herabsetzung der Anforderungen an die Feststellung nachteili- ger Auswirkungen auf die betroffenen Schutzgüter gegenüber § 3 Nr. 2 IFG und § 8 Abs. 1 UIG nicht beabsichtigt war (vgl. Schoch, IFG, Rdnr. 97 zu § 3 IFG). Eine andere Sichtweise ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten weder mit Blick auf die Transparenzvorschriften des nationalen Rechts noch mit Rücksicht auf das Verfassungsrecht und das Europarecht geboten. Wenn durch die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes ein jedem zustehender, grundsätzlich voraussetzungslo- ser Zugang zu amtlichen Informationen ermöglicht und damit aus Gründen einer breiten Bürgerbeteiligung, der Verwaltungskontrolle und Korruptionsbekämpfung ein über den Gedanken der Marktransparenz hinausreichender Informationsmechanismus geschaf- fen wird (vgl. hierzu Schoch; IFG, Einleitung, Rdnr. 37: Schaffung von Transparenz ist nicht der eigentliche Zweck der Informationsfreiheit, sondern nur Mittel zum Zweck), handelt es sich um eine Entscheidung des Gesetzgebers, die nicht durch weite Ausle- gung der Ausnahmeregelungen des Informationsfreiheitsgesetzes unter Hinweis auf bestehende Transparenzvorschriften und -richtlinien umgangen werden darf. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die oben dargestellte Rechtsanwendung unter dem Gesichtspunkt eines unverhältnismäßigen Eingriffs in die Grundrechtssphäre der betroffenen Unternehmen nach Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG bestehen nicht. Zwar ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten, die Informationszugangsfreiheit zum Schutz grundrechtlich verbürgter Rechte Dritter und zum Schutz öffentlicher Be- lange zu beschränken. Dem ist der Gesetzgeber mit dem Schutz des geistigen Eigen- tums, personenbezogener Daten und von Betriebs-, Geschäfts- und Berufsgeheimnis- sen in §§ 3 Nr. 4, 5 und § 6 Satz 2 IFG aber hinreichend nachgekommen (Schoch, IFG, Einleitung, Rdnr. 60). Auch eine mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung zwischen beaufsichtigten und nicht beaufsichtigten Unternehmen liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat in verfassungsrechtlich unbedenkli- cher Weise bezüglich des Zugangsanspruchs nach dem Informationsfreiheitsgesetz an das Vorliegen amtlicher Informationen angeknüpft, die nur zu bestimmten Vorgängen und in begrenztem Umfang vorliegen. Die hieraus folgende Ungleichbehandlung ist in der Natur des Regelungsgegenstands angelegt. Art. 3 Abs. 1 GG ist aber nur dann ver-
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-9- letzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst- wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2004 - 2 BvL 5/00 -, NJW- RR 2004, 1657 [1658]). Der von der Beklagten über § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG angestrebte umfassende Aus- schluss des Zugangs zu den Informationen bezüglich der nach §§ 32 ff. KWG und an- deren Bestimmungen beaufsichtigten Unternehmen und Personen ergibt sich auch nicht aus Regelungen des Europarechts oder durch eine europarechtskonforme Ausle- gung von § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG. Das in Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute geregelte Berufsgeheimnis für die Mitarbeiter der Aufsichtsbehörden und die von ihnen beauftragten Personen geht nicht über die entsprechenden nationalstaatlichen Regelungen in § 9 KWG und § 8 WpHG hinaus. Die europarechtlichen Transparenzvorschriften enthalten mangels Rechtssetzungs- kompetenz der EG keine verbindlichen Vorgaben bezüglich des allgemeinen Informati- onszugangsrechts im öffentlichen Sektor (vgl. Schoch, IFG, Einleitung, Rdnr. 82). Ob Zugang zu den aus einem Mitgliedstaat stammenden Dokumenten zu gewähren ist und ob der Antragsteller im Ablehnungsfall ein Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs hat, richtet sich folglich allein nach nationalem Recht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. No- vember 2004 - T-168/02 -, NVwZ 2005, 313 [314]). Nach alledem kann von der Beklagten eine nachteilige Beeinflussung der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG nicht allein aus ablehnenden Reaktionen betroffener Institute oder Personen hergeleitet werden, die auf Grund gene- reller Vorbehalte gegen die Zugangsregelungen des Informationsfreiheitsgesetzes oder wegen der Befürchtung, der Zugang zu den Daten werde zur Verfolgung von Regress- ansprüchen gegen das Unternehmen verwendet, ihre Kooperationsbereitschaft in all- gemeiner Form in Frage stellen. Die konkrete Möglichkeit einer nachteiligen Beeinflus- sung der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit kann die Beklagte auch nicht mit dem bloßen Hinweis auf einen sich abzeichnenden Verlust des Vertrauens der beaufsichtigten Insti- tute in die Verschwiegenheit der Behörde in Folge der Preisgabe geheimhaltungsbe- dürftiger und vertraulicher Informationen begründen. Ein derartiger Vertrauensverlust kann bei Beachtung der im Informationsfreiheitsgesetz enthaltenen Bestimmungen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 6 Satz 2 IFG) und vertraulicher In- formationen (§ 3 Nr. 7 IFG) sowie der in § 3 Nr. 4 IFG in Bezug genommenen Geheim- haltungs- und Verschwiegenheitspflichten nicht eintreten. Darüber hinausgehende Be- fürchtungen der beaufsichtigten Institute und Personen allgemeiner Art vor Nachteilen durch eine den Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechenden Zu- gang Dritter zu unternehmensinternen oder personenbezogenen Unterlagen oder Da- ten, die zu einer Zurückhaltung bei der freiwilligen Weitergabe solcher Informationen an die Behörde führen könnten, hat der Gesetzgeber erkennbar hingenommen und nur un- ter den oben dargestellten Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG berücksichtigt. Jedenfalls ist zu beachten, dass die zu beaufsichtigen- den Institute und Banken nicht unter Berufung auf die Vertraulichkeit eine Prüfung ihrer Institute oder die Abgabe geforderter Informationen verweigern können. Auch die letzt- lich allgemein gehaltenen Hinweise der Beklagten darauf, dass Informationen aus dem Unternehmensbereich der früheren xxx Konkurrenten wertvolle Einblicke in die Unter-
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- 10 - nehmensstrategie der Beigeladenen und damit ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile ermöglichen könnten, reicht zur Darlegung des Ausschlusstatbestandes in § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG nicht aus.“ Dass die Voraussetzungen für die Versagungsgründe der § 3 Nr. 1 lit. A) IFG (internationa- le Beziehungen) bzw. § 3 Nr. 3 lit. B) IFG (Schutz der Beratung von Behörden) erfüllt sein könnten, hat die Beklagte gleichfalls nicht substantiiert dargelegt. Es sind auch nicht die Voraussetzungen erfüllt, um dem Kläger den Informationszugang nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. g) IFG zu verweigern. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz nicht, wenn das Bekannt- werden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, dem Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durch- führung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann. Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2010 mitgeteilt (Bl. 193 f. GA), dass diese bisher weder Akten oder Unterlagen, die im Bereich Bankenaufsicht, also mit einem „BA“-Geschäftszeichen, geführt werden, an die das Ermitt- lungsverfahren gegen Verantwortliche der Beigeladenen führende Staatsanwaltschaft C- Stadt verschickt habe. Somit ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die Preisgabe der vom Kläger begehrten Information nachteilige Auswirkungen auf ein strafrechtliches Ermitt- lungsverfahren zu gewärtigen wären. Die Beklagte vermag auch nicht mit Erfolg dem Informationsbegehren des Klägers den Versagungsgrund des § 3 Nr. 7 IFG entgegen zu halten. Nach dieser Vorschrift scheidet ein Informationszugang aus, wenn die informationspflichtige Stelle Informationen vertrau- lich erhoben oder erlangt hat. Die Beklagte hat im vorliegenden Verfahren dem Gericht nicht die Gewissheit vermitteln können, dass die vom Kläger zur Einsicht begehrten Unter- lagen vertraulich erhoben oder erlangt worden seien. Zum Anwendungsbereich des § 3 Nr. 7 IFG hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 24.03.2010 (6 A 1832/09) ausgeführt: „Informationen, die von der Bundesanstalt im Rahmen ihrer gesetzlich obliegenden Auf- sichts- und Kontrollaufgaben erhoben oder die von den beaufsichtigten Instituten der Bundesanstalt auf Grund rechtlicher Verpflichtungen oder freiwillig zur Verfügung gestellt werden, gehören in der Regel nicht zu den der Vertraulichkeit unterliegenden Informatio- nen im Sinne von § 3 Nr. 7 IFG. Die Vertraulichkeit dieser Informationen wird durch das
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