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Information

Aktenzeichen
1 K 1598/08
Datum
17. Dezember 2009
Gericht
Finanzgericht des Saarlandes
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Saarland (SIFG)
Informationsfreiheitsgesetz Saarland (SIFG)

Urteil: Finanzgericht des Saarlandes am 17. Dezember 2009

1 K 1598/08

Ein generellere Anspruch des Steuerpflichtigen auf Akteneinsicht im finanzamtlichen Verwaltungsverfahren besteht nicht. Die Abgabenordnung sieht einen solchen Anspruch nicht vor; die Finanzverwaltung gewährt den Informationszugang lediglich im Einzelfall nach Ermessen. Auch aus dem Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Die Abgabenordnung regelt als spezielle Rechtsmaterie die Frage des Akteneinsichtsrechts abschließend. Ein besonderes Akteneinsichtsrecht steht auch dem Insolvenzverwalter nicht zu. (Quelle: LDA Brandenburg)

Konkurrierende Rechtsvorschriften Prozessuales

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1 K 1598/08 FINANZGERICHT DES SAARLANDES IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit als Insolvenzverwalter ü.d. Vermögen der …GmbH, Kläger, gegen Finanzamt X Beklagter, wegen Gewährung von Akteneinsicht hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Präsidenten des Finanzgerichts Dr. Schmidt-Liebig als Vorsitzender, den Richter am Finanzgericht Hardenbicker, die Richterin am Finanzgericht Eggers-von Wittenburg sowie die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Ing. Reuter (Bauamtsrat) und Kummer (Polizeikommissar a.D.) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2009 für Recht erkannt: 1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen. 2. Die Kosten       des    Verfahrens      werden dem  Kläger auferlegt. 3. Die Revision wird zugelassen. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
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-2- Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof (Anschrift siehe unten) schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar     ist.   Die   Software      kann    über    die      Internetseite "www.bundesfinanzhof.de" lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist. Für die Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Anschrift B u n d e s f i n a n z h o f Ismaninger Str. 109 81675 München Telefax 089 / 9231 - 201 -3-
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-3- Tatbestand Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom … zum Insolvenzverwalter der …GmbH (nachfolgend: GmbH) bestellt, nachdem     er   bereits mit   Beschluss   vom   …. zum    vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war. Der Beklagte hatte vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mehrere Vollstreckungen gegen die GmbH ausgebracht. Am 15. Oktober 2008 beantragte der Kläger beim Beklagten Einsicht in die Vollstreckungsakten der GmbH, da ihm nicht alle finanzamtlichen Buchungsunterlagen zur Verfügung stünden. Der Beklagte lehnte den Antrag am 16. Oktober 2008 förmlich ab. Zur Begründung führte er aus, in der Abgabenordnung sei für das Verwaltungsverfahren keine Akteneinsicht     vorgesehen;    etwaige     wegen   der    fehlenden Buchungsunterlagen verlangten Informationen könnten anhand von Kontoauszügen der zuständigen Finanzkasse zur Verfügung gestellt werden. Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, er habe kraft Gesetzes die Aufgabe, zu prüfen, inwieweit Anfechtungsmöglichkeiten nach der Insolvenzordnung bestehen würden. Nach den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass ein Grund für eine Insolvenzanfechtung vorliege. Mit Einspruchsentscheidung vom 4. November 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Am 3. Dezember 2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt sinngemäß, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in die Vollstreckungsakten betreffend die GmbH (Steuernummer …) zu gewähren. -4-
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-4- Das Verwaltungsgericht sei zuständig (§ 9 Abs. 4 IFG Bund). Da der Beklagte aber in seiner Rechtsmittelbelehrung die Klage vor dem Finanzgericht angegeben habe, habe der Kläger diesen Weg beschritten. Nach der Rechtsprechung des BGH seien Zahlungen der Schuldnerin anfechtbar, die unter Vollstreckungsdruck geleistet worden seien. Der Insolvenzverwalter   habe    die   Verpflichtung,   zu   prüfen,  ob   ein Anfechtungsgrund vorliege. Die Akten der GmbH würden dies nicht eindeutig belegen. Daher stehe dem Kläger ein Einsichtsrecht in die Akten des Beklagten zu. Die Akteneinsicht diene der Abgrenzung, welche    Zahlungen   auf   die   Rückstände    und    welche   auf  neue Steuerschulden   verrechnet     worden   seien.   Beides   sei durch   die Kontenauszüge des Beklagten nicht möglich, weil das Konto nur verdichtet, aber nicht historisch unter Berücksichtigung des Entstehens und Tilgens von Steuerschulden übermittelt werde. Zudem sei dem Kontoauszug nicht zu entnehmen, wegen welcher Steuerrückstände Vollstreckung angedroht oder durchgeführt worden sei. Die Akteneinsicht stelle sich für den Kläger als die einfachste und gesetzlich vorgesehene Art und Weise dar, um in den Besitz der gesuchten Informationen zu kommen. Es stehe dem Träger öffentlicher Verwaltung, der an Recht und Gesetz gebunden sei, schlecht an, wenn er einen gerichtlich bestellten und mit einem durch Bundesgesetz definierten Auftrag versehenen Amtswalter grundlos behindere. Es sei kein Nachteil für das Wohl des Bundes oder eines Landes, wenn der Kläger das zurückfordere, was nach der Entscheidung des Bundesgesetzgebers allen Gläubigern und damit der Masse zur Verfügung stehen solle. Dies würde nämlich bedeuten, dass das Wohl des Bundes oder Landes dann gefährdet wäre, wenn es das herausgeben müsste, was ihm gar nicht zustehe. -5-
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-5- Ein Akteneinsichtsrecht ergebe sich sowohl aus § 20 des saarländischen Datenschutzgesetzes als auch aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) bzw. des Saarlandes (SIFG). Letzteres regele als – im Vergleich zur AO - späteres Gesetz die Frage der Akteneinsicht auch für die Akten der Steuerbehörde. Der Gesetzgeber habe den Zugang des Bürgers zu allen Informationen des Staates herbeiführen wollen. Beide Gesetze räumten jedem Bürger ein vollständiges Informationsrecht über Kenntnisse    der   Behörden    ein,   soweit  nicht  Rechte  Dritter   oder besonders aufgezählte staatliche Belange, die hier nicht einschlägig seien, entgegenstünden. Für die Finanzverwaltung gebe es keine Ausnahmen. Zwar enthalte die AO – u.U. bewusst – keine Regelung eines Akteneinsichtsrechts. Die Rechtslage habe sich aber durch den Erlass der Informationsfreiheitsgesetze des Saarlandes bzw. des Bundes geändert. Das neuere Gesetz gehe dem älteren vor, zumal es die fraglichen Bereiche regele, während die AO explizit dazu keine Stellung nehme.    Die   bisherige  finanzgerichtliche    Rechtsprechung,    die  die Nichtregelung     in   der    AO     als   abschließende   Regelung      des Informationszugangs betrachte, sei durch die Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG vom 10. März 2008 1 BvR 2388/03, NJW 2008, 2099), welches die entsprechenden Vorschriften des BDSG herangezogen habe, überholt (so auch Polenz in NJW 2009, 1921). Das FG Münster habe – worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Insolvenzverwalters für die Erteilung eines Auszugs aus dem Erhebungskonto des Schuldners das Rechtsstaatsprinzip    und   die   aus   Art.  19   Abs. 4   resultierenden Prozessgrundrechte angesehen (FG Münster vom 17. September 2009 3 K 1514/09 AO, ZIP 2009, 2400). Der vorliegende Fall sei vergleichbar. -6-
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-6- Zur Mitwirkungspflicht der GmbH sei anzumerken, dass sich der Kläger nicht an Akten bedienen könne, die – wie in Insolvenzfällen üblich - nicht mehr vorhanden seien. Der Beklagte beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen. Der Finanzrechtsweg sei eröffnet. Dem Kläger stehe kein Akteneinsichtsrecht zu. Die AO sehe ein solches nicht vor. Der Gesetzgeber habe bewusst auf eine solche Regelung verzichtet (vgl. BT-Ds. 7/4092), da ein allgemeines Akteneinsichtsrecht als für die Steuerverwaltung nicht praktikabel angesehen werde. Daher habe der BFH in seiner Entscheidung vom 4. Juni 2003 (VII B 138/01, BFH/NV 2003, 1356) ein Akteneinsichtsrecht abgelehnt und zwar auch im Hinblick auf die Richtlinie 95/46/EG, welche ihre Umsetzung in innerstaatliches   Recht   durch   das    BDSG    und   entsprechende landesrechtliche Datenschutzgesetze erfahren habe. Das IFG Bund gelte nur für Bundesbehörden. Das SIFG verweise auf das IFG. Auch danach ergebe sich kein Anspruch. Zwar habe das BVerfG in seiner Entscheidung vom 10. März 2008 (1 BvR    2388/03)    aus  §   19  Abs.   1   BDSG   grundsätzlich   einen weitreichenden Anspruch auf Auskunft anerkannt, dies aber mit Blick auf die Abwägungsklausel in § 19 Abs. 4 BDSG relativiert. Danach unterbleibe eine Auskunftserteilung, wenn die Auskunft die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. So sei es im Streitfall. Denn dem Kläger gehe es um die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche gegen das Land im Wege der Amtshaftung oder Insolvenzanfechtung. -7-
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-7- Das Land sei aber im Verfahren vor den Zivilgerichten nicht verpflichtet, Auskunft zu erteilen und würde im gegenteiligen Fall Gefahr laufen, Nachteile zu erleiden. Der    Kläger sei   nach   dem   Beschluss   des  Insolvenzgerichts  zur Mitwirkung im Insolvenzverfahren, die auch eine Zurverfügungstellung der       Geschäftsunterlagen         umfasse,     verpflichtet.     Die Verweigerungshaltung gehe zulasten des Klägers. Dem Kläger sei zuzumuten, sich die erwünschen Auskünfte aus den Unterlagen der GmbH zu beschaffen, gegebenenfalls unter Ergänzung durch die Kontoauszüge der Finanzkasse. Hinsichtlich  weiterer   Einzelheiten   wird  auf die   Schriftsätze der Beteiligten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. I. Allgemeines 1. Rechtsweg Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist der Finanzgerichtsweg gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO eröffnet. Danach ergibt sich eine Spezialzuständigkeit der Finanzgerichte für Abgabenangelegenheiten i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO. Hiervon sind alle mit der Verwaltung von Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften    durch     die   Finanzbehörden     zusammenhängenden Angelegenheiten umfasst (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1974 VII R -8-
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-8- 54/70, BStBl II 1975, 298). Eine solche ist auch die vorliegend angefochtene Entscheidung des Beklagten über den Antrag auf Einsicht in die von ihm im Besteuerungsverfahren geführten Akten. 2. Anspruch auf Akteneinsicht 2.1.   Ein  genereller  Anspruch   des   Steuerpflichtigen   bzw.   seines Vertreters   auf  Gewährung    von   Akteneinsicht   im   finanzamtlichen Verwaltungsverfahren besteht nicht. a. Im Gegensatz etwa zum allgemeinen Verwaltungsverfahren nach dem    Verwaltungsverfahrensgesetz    (dort  §  29    VwVfG)    sieht  die Abgabenordnung      einen  solchen   Anspruch   nicht    vor.   Nach   der finanzgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich hierbei nicht um eine   unbewusste    Regelungslücke.   Der  Gesetzgeber     hat  vielmehr ausdrücklich und bewusst darauf verzichtet, dem Steuerpflichtigen ein Recht auf Akteneinsicht zu gewähren (absichtsvolles Unterlassen – vgl. BFH vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BStBl II 2003, 790; ebenfalls ablehnend: FG Saarland, Urteil vom 4. November 1994 1 K 151/94, EFG 1995, 156; FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Juni 1994 I 174/93, EFG 1995, 50; Hess. FG, Urteil vom 16. März 1999 2 K 3171/96, wistra 1999, 320; Hess. FG, Urteil vom 16. März 1990 1 K 4538/89, EFG 1990, 503). b. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass sich ein Akteneinsichtsrecht weder aus dem Datenschutzgesetz oder aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes oder eines Landes (FG Münster vom 5. November 2002 1 K 7155/00 S a.a.O.) noch im Ergebnis etwa aus Art. 12 der EG-Richtlinie RL 95/46/EG (BFH vom 4. Juni 2003 VII B 138/01 a.a.O.) ergibt. Auch aus dem Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz (SIFG), das auf das IFG verweist, ergibt sich kein solcher Anspruch (vgl. zum IFG NRW: FG Münster vom 5. -9-
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-9- November 2002 a.a.O. zum IFG NRW). Die AO regelt als spezielle Rechtsmaterie die Frage des Akteneinsichtsrechts abschließend. Die allgemeinen Regelungen der Datenschutzgesetze bzw. des IFG treten hinter diese spezielle Negativregelung der AO zurück (BFH vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BStBl II 2003, 790). Im Übrigen kann Bundesrecht (AO) nicht durch Landesrecht gebrochen werden (Art. 31 GG). c. An dieser Rechtslage ändert auch die Entscheidung des BVerfG vom 10. März 2008 (BVerfG vom 10. März 2008 1 BvR 2388/03, NJW 2008, 2099) nichts. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde war ein Urteil des BFH vom 30. Juli 2003 (VII R 45/02, BStBl II 2004, 387), in dem es um einen Auskunftsanspruch des Bürgers betreffend gespeicherte Auslandsdaten in einer Datensammlung beim Bundeszentralamt für Steuern     ging     (außerhalb    jedes   Steuerfestsetzungs-    bzw. Erhebungsverfahrens). Der BFH hatte in diesem Verfahren § 19 BDSG als Anspruchsgrundlage angenommen und den Anspruch im Ergebnis verneint. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Dass der BFH und ihm folgend das BVerfG als Anspruchsgrundlage § 19 BDSG prüfen, bedeutet aber keine Änderung der Rechtsprechung des BFH zu seinem nur einen Monat früher erlassenen Urteil vom 4. Juni 2003 und begründet auch keine Zweifel an der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur abschließenden Regelung eines fehlenden Akteneinsichtsrechts in der AO. Denn der vom BVerfG entschiedene Fall betraf kein Akteneinsichtsbegehren in im Rahmen eines Besteuerungsverfahrens geführte Akten (für eine solche gilt die AO mit ihrer abschließenden Spezialregelung), sondern einen allgemeinen Informationsanspruch eines Bürgers gegen eine Behörde außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens (hierfür gilt die Sperrwirkung der AO nicht). Das Akteneinsichtsrecht in die Akten des Finanzamts stand nicht zur Überprüfung durch das BVerfG. - 10 -
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- 10 - d. Auch die Entscheidung des FG Münster (FG Münster vom 17. September 2009 3 K 1514/08 AO, ZIP 2009, 2400) führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der dort streitige Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs aus dem Erhebungskonto ist nicht mit dem Akteneinsichtsanspruch vergleichbar, sondern ein Aliud. Zutreffend weist das FG Düsseldorf in einem ähnlichen Fall darauf hin, dass die AO einen Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs nicht regelt und deshalb ein Rückgriff auf generelle Anspruchsgrundlagen zulässig ist (FG Düsseldorf vom 14. Mai 2008 4 K 242/07 AO, ZIP 2009, 732). Im Übrigen lehnen sowohl das FG Münster als auch das FG Düsseldorf einen Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs allein mit dem Ziel der Prüfung von Insolvenzanfechtungsmöglichkeiten im Ergebnis ab, da dies nicht der Erfüllung steuerlicher Pflichten dient. 2.2.    Ein    besonderes     Akteneinsichtsrecht      steht   auch    dem Insolvenzverwalter     nicht  zu.    Er      kann keine    weiterreichenden Auskunftsrechte bzw. Akteneinsichtsrechte in Anspruch nehmen als der Steuerpflichtige selbst. Die Insolvenzordnung sieht in §§ 66, 154, 175, 188 und 234      InsO Einsichtsrechte vor, die sich jedoch nur auf die Unterlagen des Insolvenzverfahrens (z.B. Schlussrechnung, Verzeichnis der Massegegenstände, Gläubigerverzeichnis, Verteilungsverzeichnis) beziehen und den am Verfahren Beteiligten zustehen. Soweit die InsO keine eigenen Regelungen zur Akteneinsicht enthält, gilt § 299 ZPO entsprechend (Braun, Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 2004, Rn. 28 zu § 4 m.w.N.). § 299 ZPO gewährt jedoch nur eine Akteneinsicht in Prozessakten bzw. solche Akten, die für das Insolvenzverfahren geführt werden. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters besteht u.a. darin, im Rahmen der Entscheidung      der     Gläubigerversammlung        zur    bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu sorgen (§ 1 InsO). Dies - 11 -
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