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Information

Aktenzeichen
4 K 694/09
Datum
16. Dezember 2009
Gericht
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)

Urteil: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 16. Dezember 2009

4 K 694/09

Das Landesinformationsfreiheitsgesetz gilt nicht für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und damit nach Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift auch nicht für die beklagte Landesmedienzentrale. Der Herausgabe des vom Kläger beantragten Gutachtens zur Verfolgung von vermeintlich im Ausland befindlichen Erotik-Anbietern steht außerdem die Möglichkeit entgegen, dass diese sich mittels neuer Verschleierungstaktik dem möglichen aufsichtsbehördlichen Eingreifen entziehen (Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit). (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Sicherheitsaspekte

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Verkündet am: 16.12.2009 4 K 694/09.NW gez. Klatz Justizbeschäftigte als Urkunds- beamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn D. - Kläger - Prozessbevollmächtigter: gegen die Landeszentrale für Medien und Kommunikation, Rheinland-Pfalz vertreten durch den Direktor, Turmstraße 10, 67059 Ludwigshafen, - Beklagte - wegen        Sonstiges (Informationsfreiheitsgesetz)
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-2- hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2009, an der teilgenommen ha- ben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Butzinger Richter am Verwaltungsgericht Kintz Richter am Verwaltungsgericht Bender ehrenamtlicher Richter Rentner Ungerer ehrenamtliche Richterin Hausfrau Ziegler für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm ein ihr vorliegendes Gut- achten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Aus- land befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ zugänglich zu ma- chen. Der Kläger ist Rechtsanwalt, der sich u.a. auf die Vertretung von Erotikanbietern im Internet spezialisiert hat. Die Beklagte ist als Landesmedienanstalt nach dem Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV -) mit der Aufgabe betraut, erforderliche Maßnahmen gegenüber Anbietern von Telemedien zu ergreifen, die gegen Bestimmungen dieses Staatsvertrags verstoßen, indem sie z.B. pornographische Inhalte ohne Einhaltung der Altersbeschränkungen oder ohne ein Altersverifikationssystem ins Internet einstellen. In der Vergangenheit behaupteten Anbieter von Telemedien, gegen die die Landesmedienanstalten im Wege der Aufsicht vorgingen, vielfach, sie seien nicht der Anbieter oder hätten inzwischen ihr Angebot eingestellt und es sei nunmehr ein anderer Anbieter ver- antwortlich, der sich im nichteuropäischen Ausland befinde. -3-
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-3- Aus diesem Grund gab die Beklagte Mitte 2007 bei Rechtsanwalt Dr. L... aus München ein Gutachten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von ver- meintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ in Auftrag. Das Gutachten vom 21. November 2007 behandelt u.a. die folgenden Fragestellungen: Welche Drittanbieter gibt es, die Content-Providern möglicherweise Dienstleistun- gen zur Verfügung stellen könnten und wie kann auf deren Angebote geschlossen werden? Wie können Scheinadressen gerichtsfest nachgewiesen werden? Falls kein gerichtsfester Nachweis möglich ist: welche Personen könnten im Inland für die Content-Provider die entsprechenden Dienstleistungen vornehmen? Entwicklung eines Kriterienkatalogs und Rechercheleitfadens, der es ermöglicht, möglichst alle bestehenden Optionen zur Ausermittlung des Content-Providers auszuschöpfen und Möglichkeiten des ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen be- teiligte Dritte auszuloten. Neben Fragen bezüglich der Verfolgung von Content-Providern, die sich mögli- cherweise vermeintlich im Ausland befinden, sollen auch ganz generell Fragen der Verfolgbarkeit von Content-Providern, also ebenso die Verfolgung von Content- Providern im Inland, beantwortet werden. Nach Eingang des Gutachtens reichte die Beklagte dieses intern an alle anderen Landesmedienanstalten weiter. Auf der Grundlage des Gutachtens haben mehre- re Landesmedienanstalten zahlreiche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ver- schiedene Diensteanbieter eingeleitet. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 beantragte der Kläger Zugang zu dem Gut- achten von Rechtsanwalt Dr. L....    Er stützte dieses Zugangsverlangen auf § 4 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zur Information (LIFG). -4-
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-4- Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2009 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Zugangsanspruch sei nach § 10 LIFG, hilfsweise auch nach § 9 LIFG ausgeschlossen. Das Gutachten diene der unmit- telbaren Entscheidungsfindung. Es führe detailliert auf, welche Methoden die Con- tent-Provider zur Anbieterverschleierung verwendeten und welche Recherche- möglichkeiten die Landesmedienanstalten im Gegenzug hätten, um diese Ver- schleierungen aufzudecken. Das Gutachten gebe den Landesmedienanstalten einen Rechercheleitfaden, anhand dessen sie in diesen Fällen vorgehen könnten, und stelle Richtlinien für die Fallbearbeitung auf. Würden diese genauen Vorge- hensmöglichkeiten der Landemedienanstalten dadurch gekappt, dass das Gutach- ten einem Rechtsanwalt zugänglich gemacht werde, der die Content-Provider ver- trete, so wäre das Gutachten für die Landesmedienanstalten wertlos. Diese könn- ten im Vorfeld nicht mehr recherchieren, wo ein Content-Provider ansässig sei; damit würde der Erfolg einer behördlichen Maßnahme, nämlich des einzuleitenden Ordnungswidrigkeitenverfahrens, vereitelt. Im Übrigen werde der Antrag hilfsweise auch unter Bezug auf die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG abgelehnt, da die Bekanntgabe der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf den Verfahrensablauf eines anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens habe. Zwar sei derzeit bei der LMK kein Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig. Das Gut- achten sei aber weitergegeben worden an die anderen Landesmedienanstalten. Bezüglich der Fragestellung, die das Gutachten behandle, seien ständig bundes- weit Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig. Bei der Angabe von anhängigen Verfahren anderer Landesmedienanstalten stellten sich aber zum einen daten- schutzrechtliche Probleme und zum anderen sei auch der Antragsteller bundes- weit als Rechtsanwalt tätig, so dass es nicht Sinn des Verfahrens sein könne, ihm eine Liste sämtlicher anhängiger Ordnungswidrigkeitenverfahren zukommen zu lassen. Dagegen legte der Kläger am 21. April 2009 Widerspruch ein, den die Beklagte am 14. Juli 2009 unter Bezugnahme auf die §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 10 LIFG zu- rückwies. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte die Beklagte zur Begründung aus, die Besonderheit des in Rede stehenden Gutachtens bestehe darin, dass sein Inhalt konkrete Entscheidungen der Landesmedienanstalt vorbereite. Ob ein Verfahren gegen einen Maildrop-Dienstleister oder einen Inhalteanbieter auf der -5-
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-5- Grundlage des Jugendmedienschutzstaatsvertrages von der zuständigen Lan- desmedienanstalt eingeleitet werden könne, hänge in jedem Einzelfall von der Anwendung der in diesem Gutachten niedergelegten Grundsätze, Prüfungen und Vorgehensweisen ab. Die Beantwortung der Fragestellungen sei Voraussetzung für die Beanstandungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren auf der Basis des Ju- gendmedienschutzstaatsvertrages. Der Kläger hat daraufhin am 20. Juli 2009 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt: Ihm stehe nach § 4 LIFG Zugang zu dem streitgegenständlichen Gutachten zu. Soweit sich die Beklagte auf § 10 Satz 1 LIFG berufe, sei dies unzutreffend. Diese Vorschrift greife nach § 10 Satz 2 LIFG nicht ein, da es sich bei der streitgegen- ständlichen Information um ein Gutachten handele. Dieses diene der Vorbereitung von behördlichen Entscheidungen, so dass es nach dem Wortlaut der Norm nicht vom Ausschlusstatbestand des § 10 Satz 1 LIFG erfasst sein könne. Selbst wenn einige Tatsachen aus dem Gutachten der Geheimhaltung unterlägen, sei ihm trotzdem Zugang zu gewähren; die betreffenden Stellen im Gutachten seien dann zu schwärzen. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2009, zu verpflichten, ihm, dem Klä- ger, das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt Dr. L... vom 21. November 2007 zugänglich zu machen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, auf sie sei das LIFG schon nicht anwendbar, da sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf die das LIFG gemäß dessen § 2 Abs. -6-
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-6- 5 nicht anwendbar sei, gleichzustellen sei. Denn sie sei als Landesmedienanstalt in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunkrat wahrnehme. Die Gleich- stellung entspreche auch der ratio legis. Sie werde, wenn sie Inhalte beanstande, Inhalte fordere oder Sendungen untersage, programminhaltlich tätig. Es sei genau der Medienbereich, der im LIFG freigestellt sein müsse, damit diese Aufgabe staatsfern erfüllt werden könne. Maßgebend für die zwingende Gleichstellung der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sei der Umstand, dass sie wie diese in gleicher Weise Grundrechtsträger nach Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG sei. Zudem sei der Zugangsanspruch auch in der Sache nicht begründet, da die Aus- schlusstatbestände nach §§ 10 bzw. 9 LIFG eingriffen. Es handele sich bei dem in Rede stehenden Gutachten nicht um ein Gutachten im Sinne des § 10 Satz 2 LIFG, da es nicht die behördliche Entscheidung vorbereite, sondern konkrete Handlungsmöglichkeiten enthalte, die von der Behörde bei der Verfolgung ver- meintlich im Ausland ansässiger Provider 1 : 1 umgesetzt würden. Im Übrigen stel- le die Kenntnis des Klägers eine Gefährdung behördlicher Maßnahmen nach § 10 Satz 1 LIFG dar. Der Kläger sei bereits mehrfach als Vertreter von Erotikanbietern gegen Landesmedienanstalten in Erscheinung getreten. Gäbe man ihm die Hin- weise aus dem Gutachten über das Vorgehen der Behörden zur Verfolgung ver- meintlich im Ausland ansässiger Provider zur Kenntnis, so könne er seinen Klien- ten die Handlungsweise der Behörden darbringen. Eine Verfolgung dieser Provi- der bzw. der Nachweis des tatsächlichen Sitzes in Deutschland würde dadurch bundesweit unmöglich. In anderen Bundesländern zur Zeit anhängige Ordnungs- widrigkeitsverfahren gegen derartige Provider wären dadurch zudem gefährdet. Nichts anderes ergäbe sich aus den Wertungen des § 9 LIFG. Daher müsse dem Kläger der Zugang zu dem streitgegenständlichen Gutachten verwehrt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. -7-
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-7- Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig (I.), in der Sache aber unbegründet (II.). I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm das Gutachten „Aufsichts- rechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content- Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt Dr. L... vom 21. November 2007 auf der Grundlage des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen – LIFG – vom 26. November 2008 (GVBl. Seite 296) zugänglich zu machen. Für Rechtsstreitigkeiten über Auskunftsansprüche nach dem Landesin- formationsfreiheitsgesetz ist gemäß § 8 Satz 1 LIFG der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus der Erwägung, dass seinem Vortrag nach eine Verletzung seines sich aus § 4 Abs. 1 LIFG ergebenden subjektiven Rechts auf Zugang zu dem streitgegenständ- lichen Gutachten aufgrund der Versagung durch die Beklagte nicht offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen ist. Das nach § 8 Satz 2 LIFG vorgesehene Vorverfahren wurde durchgeführt. Örtlich zuständig ist gemäß § 52 Nr. 3 VwGO, § 51 des Landesmediengesetzes - LMG - das Verwaltungsgericht Neustadt. II. Die Klage ist aber in der Sache unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm das genannte Gutachten von Rechtsanwalt Dr. L... vom 21. November 2007 zugänglich macht. Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Allerdings hat nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 genannten Behörden nach Maßgabe die- ses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informati- -8-
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-8- onen. Als „natürliche Person des Privatrechts“ ist der Kläger daher grundsätzlich anspruchsberechtigt im Sinne der genannten Norm. Da der Informationsanspruch voraussetzungslos ist und unabhängig davon besteht, aus welchem Interesse der Kläger diesen geltend macht, ist es unschädlich, dass er den Antrag in seiner Ei- genschaft als Rechtsanwalt gestellt hat. Das LIFG soll ebenso wie das IFG die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrol- le staatlichen Handelns verbessern und die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen (vgl. Begründung zum Gesetz- entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes, BT-Drucksache 15/4493 Seite 6). Dem geltend gemachten Anspruch steht aber entgegen, dass zum einen das LIFG nach Auffassung der Kammer auf die Beklagte nicht anwendbar ist (1.) und zum anderen schutzwürdige Interessen der Beklagten den Informationszugang aus- schließen (2.). 1. Der Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Informationen besteht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG nur gegenüber den in § 2 genannten Behörden. Anspruchsverpflichtet sind gemäß § 2 Abs. 1 LIFG die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie in öffent- lich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben. Behörde ist nach § 2 Abs. 2 LIFG jede Stelle im Sinne des § 2 des Landesverwaltungsver- fahrensgesetzes - LVwVfG -. Dieser definiert die Behörde als jede Stelle, die Auf- gaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Ausdrücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich des LIFG werden gemäß § 2 Abs. 5 LIFG Sparkassen, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das LIFG gilt vom Grundsatz her für die Beklagte (a.). Diese ist nicht gemäß § 2 Abs. 5 LIFG vom Anwendungsbereich des LIFG ausgeschlossen (b.). Allerdings ist die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Beklagte entsprechend anwendbar (c.). -9-
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-9- (a.) Die Beklagte ist eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 LIFG. Sie ist als Landesmedienanstalt eine Anstalt des öffentlichen Rechts (s. § 2 LMG) und damit eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Als solche nimmt sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die Beklagte übt auch eine Verwaltungstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 LIFG aus. Der Begriff der „Verwaltungstätigkeit“ im Sinne dieser Vorschrift ist weit auszulegen. Darunter ist die Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwal- tungsaufgabe zu verstehen, unabhängig davon, ob das Handeln in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgt (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 1 Rdnr. 93). Er beschränkt den Informationszugang auch nicht auf solche Informati- onen, die ein nach „außen“ gerichtetes Verwaltungshandeln betreffen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, NWVBl 2006, 292). Hinsichtlich dieser Informationen diffe- renziert das LIFG nicht zwischen verwaltungsinterner Tätigkeit und Handeln nach außen. Die Beklagte lässt in Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Ver- waltungsaufgabe u.a. Veranstaltungen von Rundfunk an private Rundfunk- und Fernsehveranstalter zu (§ 20 des Rundfunkstaatsvertrages - RStV – in der Fas- sung vom 18. Dezember 2008, §§ 24 ff. LMG), übt die Aufsicht über die privaten Rundfunkunternehmen (§ 22 RStV, § 27 LMG) und Telemedien (§ 59 Abs. 2 RStV, § 2 LMG, § 20 des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien - Jugendmedienschutz- Staatsvertrag - JMStV -) aus und führt Ordnungswidrigkeitenverfahren (§ 49 Abs. 3 RStV, § 36 Abs. 6 LMG) durch (vgl. zu der Frage, ob öffentlich-rechtliche Rund- funkanstalten „Verwaltungstätigkeiten“ im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes ausüben VG Köln, Urteil vom 19. November 2009 - 6 K 2032/08 -). Dass die Be- klagte hierbei auch Vorbereitungstätigkeiten für die Kommission für Jugendme- dienschutz (KJM) wahrnimmt - diese dient der jeweils zuständigen Landesme- dienanstalt als Organ bei der Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben (s. § 14 Abs. 2 JMStV) und trifft die Entscheidung gegenüber den Anbietern von Telemedien bei Verstößen gegen den Staatsvertrag (s. § 20 Abs. 4 JMStV) -, steht dem Begriff der Verwaltungstätigkeit nicht entgegen. Denn nach den oben dargelegten Maßstäben umfasst der Anwendungsbereich des LIFG auch verwaltungsinterne Tätigkeiten. - 10 -
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- 10 - (b.) Die Beklagte ist bei ihrer (originären) Aufgabenerfüllung auch nicht nach § 2 Abs. 5 LIFG von den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenom- men. In dieser Vorschrift werden neben den Sparkassen und den Selbstverwal- tungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe lediglich die öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten aufgezählt. „Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstal- ten“ sind nur die vom Staat mit der Grundversorgung mit Hörfunk und Fernsehen beauftragten und durch Rundfunkgebühren finanzierten Rundfunkveranstalter. Zu ihnen gehören die in der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rund- funkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das bundesweit sendende Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), die Deutsche Welle und das Deutschlandradio. Da das LIFG nur für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonsti- gen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentli- chen Rechts gilt, sind „ öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten“ im Sinne des § 2 Abs. 5 LIFG nur der Südwestrundfunk (SWR) und das ZDF (für dieses gilt nicht das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, da es auf einem Staatsvertrag basiert und damit keine Bundesbehörde ist, s. Schoch, IFG, a.a.O., § 1 Rdnr. 74). Sowohl der SWR als auch das ZDF sind gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts (s. § 1 Ziffer 1 des Staatsvertrags über den SWR vom 31. Mai 1997; § 1 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrages in der Fassung vom 18. Dezember 2008), für die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 LMG die durch Staatsvertrag getroffenen Regelungen gelten. Demgegenüber ist die beklagte Landeszentrale für Medien und Kommunikation kein öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter. Ihr stehen diesen gegenüber ge- mäß § 1 Abs. 3 Satz 2 LMG auch keine Befugnisse zu. (c.) Die Kammer ist aber der Ansicht, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation ent- sprechend anzuwenden ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG war im ursprünglichen Gesetzesent- wurf zum LIFG noch nicht aufgeführt (s. LT-Drucksache 15/2085, Seite 3) und wurde erst nachträglich aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschus- ses (LT-Drucksache 15/2663) eingefügt. Begründet wurde dies damit, dass die - 11 -
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