Information

Aktenzeichen
7 L 1553/09.F (V)
Datum
27. Juli 2009
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 27. Juli 2009

7 L 1553/09.F (V)

Das Verwaltungsgericht lehnt den Antrag auf Anordnung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Mit diesem Antrag machte ein Journalist den Eilbedarf seines Antrags auf Einsicht in die Aufsichtsakten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu einer Bank geltend. Ein Anspruch auf Informationszugang ist jedoch ausgeschlossen, da das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft haben könnte, an die ein Teil der Unterlagen abgegeben worden war. Nach diesem Wortlaut des entsprechenden Ausschlussgrundes des Informationsfreiheitsgesetzes genügt es, wenn eine Verfahrensbeeinträchtigung zumindest möglich erscheint. Dass dies der Fall ist, geht aus der Darlegung der Staatsanwaltschaft hervor. Ein Informationsanspruch ergibt sich auch weder aus dem Hessischen Pressegesetz noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Letztere Möglichkeit besteht insbesondere deshalb nicht, weil ein bereits im Informationsfreiheitsgesetz geregelter Ausschlussgrund eingreift. (Quelle: LDA Brandenburg)

Allgemein zugängliche Quelle Bearbeitungsfrist Konkurrierende Rechtsvorschriften Schutz besonderer Verfahren Aufsichtsaufgaben Strafverfolgung

/ 7
PDF herunterladen
VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN Geschäftsnummer: 7 L 1553/09.F (V) Abschrift BESCHLUSS In dem Verwaltungsstreitverfahren pp. wegen          Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz Vors. Richter am VG Dr. Huber Richterin am VG Ott Richterin am VG Ottmüller am 27. Juli 2009 beschlossen: Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Der Streitwert wird auf 5.000,-- € festgesetzt. GRÜNDE I. Smü
1

-2- Mit Schreiben vom 14.05.2009 beantragte der Antragsteller, ein Journalist, bei der An- tragsgegnerin Einsicht in die Aufsichtsakten der BaFin zur H.- Bank (54 Aktenbände, ge- samt 1360 Seiten) wie beschrieben in ihrem Schreiben vom 20.03.2009 an das VG Frank- furt am Main in Sachen 7 L 676/09.F (V). Der Antragsteller bat bis zum 21.05.2009, 12.00 Uhr um Mitteilung, ob die Einsicht gewährt werde und gab an, dass aufgrund der kritischen Eigenkapitallage der H.- Bank, der dadurch verursachten Verschuldung der öffentlichen Hand durch ihre Garantiezusagen, dem andauernden Untersuchungsausschuss und dem anstehenden Enteignungsverfahren erhebliche Eile bestünde. Mit Schreiben vom 20.05.2009 verwies die Antragsgegnerin auf die im IFG vorgesehenen Bearbeitungsfristen und gab an, nicht innerhalb eine Woche eine abschließende Entscheidung mitteilen zu können. Am 12.06.2009 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anordnungsanspruch nach § 1 IFG zustehe und Aus- schlussgründe, insbesondere nach § 3 Nr. 1 d), Nr. 1 g) und Nr. 4 IFG dem nicht entge- genstünden. Auch der Schutzzweck des § 9 KWG gebiete eine Geheimhaltung nicht. Die Antragsgegnerin habe nicht substantiiert dargelegt, welche Aktenbestandteile der Ver- schwiegenheitspflicht des § 9 KWG unterfielen. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die vom Antragsteller begehrten Auskünfte besäßen einen starken Aktualitätsbezug. Müsste er bis zur Klärung seines Informationsrechts in einem Hauptsacheverfahren zuwar- ten, wäre der Aktualitätsbezug möglicherweise verloren und effektiver Rechtsschutz nicht mehr möglich. Die Presse wäre dann nicht mehr in der Lage, ihrer für eine freiheitlich- demokratische Grundordnung unerlässlichen Aufgabe nachzukommen. Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Ein- sicht in die Akten und Gutachten der Antragsgegnerin zur H.- Bank (54 Bände, ge- samt 1360 Seiten) wie beschrieben im Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 an das VG Frankfurt in Sachen 7 L 676/09.F (V) zu gewähren. Die Antragsgegnerin beantragt, VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
2

-3- den Antrag abzulehnen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin steht dem vom Kläger begehrten Informationszu- gang bereits entgegen, dass ein Teil der einschlägigen Akten zum H. betreffenden straf- rechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München abgegeben worden sei und daher der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 g IFG eingreife. Die Antragsgegnerin legte im Parallelverfahren ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Mün- chen I vom 02.07.2009 vor, in dem diese ausführt, dass Ermittlungen der Staatsanwalt- schaft München I zum Komplex „H.“ wegen Untreue u. a. andauern würden. Gegenstand dieses Verfahrens, bei dem es sich um ein Wirtschaftsgroßverfahren handele, seien Vor- gänge in der H.- Holding und ihrer Tochtergesellschaften H.- Bank und D.- Bank plc. aus den Jahren 2007 und 2008. Einsicht in die Ermittlungsakten an geschädigten Anleger wer- de derzeit gemäß § 406 e Abs. 2 S. 2 StPO nicht gewährt, da hierdurch die Untersu- chungszweck gefährdet würde. Die Antragsgegnerin hat sich auch im vorliegenden Verfah- ren auf dieses Schreiben der Staatsanwalt München I berufen. II. Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch nicht zur Seite. Zwar ist der Antragsteller sowohl als Privatperson als auch als Journalist gegenüber der Antragsgegnerin gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 IFG grundsätzlich informationszugangsberechtigt. Der Anspruch auf Informationszugang ist hier jedoch gemäß § 3 Nr. 1 g IFG ausgeschlos- sen, da das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchfüh- rung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zum Komplex „H.“ bei der Staatsanwalt- schaft München I haben könnte. Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 1 g IFG reicht es aus, dass das Bekanntwerden der Infor- mationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen ha- ben „könnte“. Damit kommt eine Berufung auf den Ausschlussgrund entsprechend dem VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
3

-4- Zweck des Schutzes der Rechtspflege und der Rechtsdurchsetzung in Betracht, wenn eine Verfahrensbeeinträchtigung zumindest möglich erscheint (vgl. Rossi, IFG, § 3 Rdnr. 31 m. w. N.). Somit wird durch diese Vorschrift der Informationszugang für die Dauer eines straf- rechtlichen Ermittlungsverfahrens in der Regel ausgeschlossen (vgl. hierzu: Roth in Ber- ger/Roth/Scheel, IFG, § 3 Rnr. 77; Rossi, IFG, § 3 Rnr. 31). Hier hat die zuständige Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 02.07.2009 mitgeteilt, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I zum Kom- plex „H.“ wegen Untreue (§ 266 StGB) u. a. andauern. Gegenstand dieses Verfahrens, bei dem es sich um ein Wirtschaftsgroßverfahren handelt, sind nach Auskunft der Staatsan- waltschaft Vorgänge in der H.- Holding und ihrer Tochtergesellschaften H.- Bank und D.- Bank aus den Jahren 2007 und 2008. Einsicht in die Ermittlungsakten an geschädigte An- leger wird seitens der Staatsanwaltschaft derzeit nicht gewährt, da hierdurch der Untersu- chungszweck gefährdet würde. Daraus ergibt sich, dass die vom Antragsteller begehrte Akteneinsicht den Untersuchungszweck der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gefähr- den könnte, so dass der Informationszugangsanspruch zum jetzigen Zeitpunkt ausge- schlossen ist. Ein Anspruch auf Akteneinsicht lässt sich auch nicht aus dem Hessischen Gesetz über die Freiheit und das Recht der Presse (Hessisches Pressegesetz (HPresseG) ableiten. Ge- mäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des HPresseG sind die Behörden verpflichtet, der Presse die ge- wünschten Auskünfte zu erteilen. Die Antragsgegnerin unterliegt dem Hessischen Presse- gesetz, da sie gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) ihren Sitz in Bonn und Frankfurt (vgl. zur Anwendung der Landespressegesetze: BayVGH Urteil vom 07.10.2008, Az.: 5 Bv 07.2162; OVG Berlin Urteil vom 25.07.1995, Az.: 8 B 16/94). Hier durfte die Antragsgegne- rin die Auskunftserteilung jedoch gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HPresseG verweigern, da durch die Erteilung der Auskunft die sachgemäße Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens erschwert oder verzögert werden könnte. Da die Staatsanwaltschaft München I mitgeteilt hat, dass die begehrte Akteneinsicht den Untersuchungszweck gefährden würde, besteht hier auch die Möglichkeit, dass die sachgemäße Durchführung eines strafgerichtli- chen Verfahrens erschwert oder vereitelt werden könnte. VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
4

-5- Ein Anspruch auf Akteneinsicht lässt sich auch nicht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ableiten, da es sich bei den streitgegenständlichen Behördenvorgängen nicht um all- gemein zugängliche Quellen handelt (vgl. hierzu VHG Baden-Württemberg Urteil vom 10.06.1998, Az.: 10558/97). Auch ein Anspruch aus Art. 10 EMRK besteht daher nicht. Dem Antragsteller steht auch kein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abzuleitender Anspruch aus Akteneinsicht zu. Bereits angesichts des unspezifischen Re- gelungsgehalt dieser Vorschrift, die erkennbar nicht auf die hier vorliegende Konstellation zugeschnitten ist, und angesichts ihres Auffangcharakters (vgl hierzu OVG Nordrhein- Westfalen, Beschluss vom 19.06.2002, Az.: 21B 58/02) kann aus § 242 BGB kein An- spruch auf Akteneinsicht für die Fälle abgeleitet werden, in denen ein Auskunftsanspruch nach dem grundsätzlich einschlägigen IFG nicht besteht, weil ein dort geregelter Aus- schlussgrund eingreift. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 GKG. Damit dem vorliegenden Eilantrag die Hauptsache Vorweg genommen würde, hat das Gericht den vollen Auffangwert angesetzt. RECHTSMITTELBELEHRUNG Die Beteiligten können Beschwerde gegen diesen Beschluss einlegen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu be- gründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Brüder-Grimm-Platz 1 - 3 VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
5

-6- 34117 Kassel einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Ent- scheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof besteht gemäß § 67 Abs. 4 VwGO Vertre- tungszwang. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren beim Hessi- schen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Gegen die Streitwertfestsetzung steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, in dem Beschluss zugelassen hat. Sie ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, zulässig. Soweit der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt wird, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbe- schlusses eingelegt werden. Die Streitwertbeschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG. Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaf- ten vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden. Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
6

-7- Dr. Huber                          Ott     Ottmüller R80.33 VG_Frankfurt_am_Main_7_L_1553_09_F.doc
7