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Aktenzeichen
7 K 2282/08.F (3)
Datum
17. Juni 2009
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 17. Juni 2009

7 K 2282/08.F (3)

Der Anspruch auf Informationszugang ist voraussetzungslos; die Annahme, dass die Klägerin mit den Informationen (hier: Behördenvorgänge der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) ihre Chancen in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung erhöhen will, steht ihm nicht entgegen; die Verfolgung eines solchen Zwecks ist kein Rechtsmissbrauch. Ein Verweis auf nicht von vornherein auszuschließende abstrakt gegebene nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten genügt nicht, um den Informationszugang zu verwehren. Vielmehr bedarf es einer substantiierteren Darlegung. Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, dass ein solch weites Verständnis des entsprechenden Ausnahmetatbestands des Informationsfreiheitsgesetzes ansonsten einer Bereichsausnahme der Finanzbehörden gleichkäme. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Konkurrierende Rechtsvorschriften Aufsichtsaufgaben

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VERWALTUNGSGERICHT F RANKFURT AM M AIN Geschäftsnummer: 7 K 2282/08.F (3) Verkündet am 17.06.2009 L. S. Frömelt Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren A. B-Straße, C-Stadt, Kläger, gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vertreten durch den Präsidenten, Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn, Az.: - - Beklagte, beigeladen:     1. Firma D., E-Straße, F-Stadt 2. D-Bank , , G-Straße, F-Stadt Proz.-Bev.:     zu 1: Rechtsanwälte H., I-Straße, J-Stadt
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-2- wegen           Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch den Vors. Richter am VG Dr. Huber, Richterin am VG Ottmüller, Richter am VG Tanzki die ehrenamtliche Richterin Frau Dr. Elsdörfer, den ehrenamtlichen Richter Herr Fischer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2009 für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) trägt diese selbst. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung und Revision werden zugelassen. TAT B E S TA N D Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Auskunft und Akteneinsicht zu Behördenvorgängen nach dem Informationsfreiheitsgesetz, welche bei der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vorhanden sind. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Rechtsanwaltsaktiengesellschaft, die nach eigener Auskunft für eine Vielzahl von Mandanten Schadensersatzansprüche gegen die Firma D. – der Beigeladenen zu 1) – wegen möglicherweise falscher, fehlerhafter, unvollständiger oder nicht rechtzeitiger Kapitalmarktinformationen sowie wegen angeblicher unrichtiger Darstellung der Vermögenslage der Beigeladenen zu 1) geltend machen will. Ferner benötige sie Informationen zur Wahrnehmung der Rechte von Aktionären auf der nächsten Hauptversammlung der Beigeladenen zu 1). Dies sei durch den schnellen Vermögensverfall der Beigeladenen zu 1) notwendig. In diesem Zusammenhang verweist sie auf die entsprechenden Kapitalmarktinformationen der Beigeladenen zu 1), die zum Zeitpunkt der sich zuspitzenden Krise über eine befriedigende
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-3- bis gute Geschäftslage informiert hätte. Es sei der Verdacht der Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen durch Tun oder Unterlassen gegeben. Mit Schreiben vom 06.02.2008 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte im Wesentlichen Auskunftserteilung zur Frage, ob die Beklagte gegen die Beigeladene zu 1) ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen Veröffentlichungspflichten seit dem 01.08.2007 eingeleitet habe und – bejahendenfalls – wurde um Auskunft über den Stand und den Inhalt dieses Verfahrens gebeten. Weiterhin wurde um Akteneinsicht über zum Akteninhalt gewordene Vorgänge zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) – erstens – zu den Auswirkungen der Subprimekrise ab Sommer 2007, - zweitens – nach Bekanntwerden des Wertberichtigungsbedarfs vom 15.01.2008 und – drittens – zur Übernahme der K-Bank ab dem 01.08.2007 gebeten. Die Klägerin berief sich auf das Informationsfreiheitsgesetz. Mit Bescheid vom 12.03.2008 teilte die Beklagte zu dem Antrag auf Auskunft mit, dass bei der Beklagten ein Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen (Ad-hoc-Pflicht) nach dem Wertpapierhandelsgesetz durchgeführt werde. Das Aktenzeichen des betreffenden Verwaltungsverfahrens wurde mitgeteilt. Es handele sich um ein noch laufendes Verfahren. Diese Mitteilung könne ohne Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ergehen, da diese Tatsachen bereits durch Presseberichterstattung öffentlich bekannt geworden seien. Der weitergehende Antrag auf Akteneinsicht werde jedoch abgelehnt, da Ausschlussgründe nach dem Informationsfreiheitsgesetz gegeben seien. Diese ergäben sich insbesondere daraus, dass zunächst der Anwendungsbereich des § 4 Abs.1 IFG insgesamt wegen des laufenden Verfahrens und auch in seiner Ausprägung nach Satz 1 dieser Vorschrift wegen der in den Akten enthaltenen vorbereitenden Entwürfe und Arbeiten eröffnet sei, also der Schutzbereich des behördlichen Entscheidungsprozesses doppelt umfasst sei. Ferner sei auch davon auszugehen, dass die Gewährung von Akteneinsicht nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten haben könne, die zu den in § 3 Abs. 1 Buchstabe d IFG genannten Behörden gehöre. Es sei auch die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 3 Nr.4 IFG i.V.m. § 9 KWG betroffen. Der Anspruch auf Akteneinsicht scheitere hier an der Schranke des besonderen Amtsgeheimnisses, der auch im Hinblick auf eine richtlinienkonforme
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-4- Auslegung der europäischen Richtlinien zur Banken-, Versicherungs- und Kreditaufsicht die Weitergabe von Informationen allenfalls ausnahmsweise und prinzipiell ausschließlich an die in § 9 Abs.1 Satz 4 genannten Stellen zu den dort genannten Zwecken zulasse. Schließlich sei der weitergehende Anspruch auch deswegen abzulehnen, weil die mit der Akteneinsicht verfolgten Informationsbegehren bereits in der öffentlichen Berichterstattung Aufmerksamkeit gefunden hätten und die Klägerin sich aus diesen Quellen informieren könne, was dem Ausschlussgrund nach § 9 Abs.3 IFG entspreche. Gegen den am 14.03.2008 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 11.04.2008 Widerspruch eingelegt, den sie mit Schreiben vom 15.04.2008 begründet habt. Nach ihrer Darlegung verstößt die Anführung des Ausschlussgrundes nach § 4 IFG gegen die Grundsätze einer ermessensfehlerfreien Bescheidung, da die Behörde die widerstreitenden Interessen noch nicht einmal ansatzweise abgewogen habe. Bei fehlerfreier Ermessensbetätigung würde zutage treten, dass der Schutzbereich des behördlichen Entscheidungsprozesses nicht betroffen sei. Insbesondere enthalte § 4 Abs.1 Satz 2 IFG eine Ausnahme betreffend die Ergebnisse der Beweiserhebung und die Gutachten oder Stellungnahmen Dritter. Deren Schutzbedürftigkeit sei bislang noch nicht festgestellt worden, was aber erforderlich sei, um eine entsprechende Prognose anzustellen. Soweit die Beklagte sich auf § 3 Nr.1 Buchstabe d IFG berufe, werde in Abrede gestellt, dass es sich bei ihr um eine Wettbewerbs- oder Finanzbehörde handele. Es sei im Übrigen nicht ersichtlich, inwieweit nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten eintreten könnten. Es sei zumindest zu fordern, dass zwischen den Informationen des Akteneinsichtsantrages hinsichtlich dieser Auswirkungen differenziert werde. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin kein Wettbewerber sei, der Geschäftsgeheimnisse oder Bewertungsmaßstäbe ausforschen wolle. Es gehe ihr lediglich aus Sicht ihrer Mandanten um die Nachvollziehung ordnungsgemäßer Geschäftstätigkeit. Insoweit sei vorliegend auch nicht der Schutzbereich der Betriebs- und Geschäftgeheimnisse gemäß § 6 IFG betroffen. Auch die Verschwiegenheitspflicht der Beklagten gemäß § 3 Nr.4 IFG i.V.m § 9 KWG stehe einer Akteneinsicht im beantragten Umfang nicht entgegen. Insbesondere sei zu betonen, dass Informationen, die inhaltlich deckungsgleich mit ad-hoc-Meldungen seien,
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-5- nicht geheimhaltungsbedürftig sein könnten. Inwieweit die Verschwiegenheitspflicht gegen den Informationsanspruch der Klägerin als Schranke wirke, sei in einem umfassenden Abwägungsprozess zu ermitteln, dem sich die Beklagte nicht unterzogen habe. Diese Pflicht trete jedenfalls zurück, wenn es um höherrangige Interessen und auch berechtigte eigene Interessen gehe, etwa von Kunden und Aktionären. Es sei in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dann nicht schutzwürdig seien, wenn sie sich auf Rechtsverstöße beziehen würden. Ihr Schutzbereich an sich sei vorliegend auch deswegen nicht eröffnet, da die Informationen zu abgeschlossenen Vorgängen in der Vergangenheit begehrt würden. Jedenfalls sei im Einzelnen zu prüfen, ob eine Teilfreigabe in Frage komme. Es komme nach diesen Ausführungen auch eine teilweise Akteneinsicht in Frage. Soweit sich die Beklagte auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand bei der Zusammenstellung dieser Informationen berufe, werde um eine detaillierte Aufstellung der vorhandenen Informationen gebeten, damit die Klägerin eine Vorauswahl der begehrten Akten treffen könne. Mit Bescheid vom 17.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im wesentlichen aus, dass die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 KWG und § 8 WpHG sich nicht nur auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen beziehen würden, sondern auf alle Tatsachen, über welche die Beklagte im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit Kenntnis erhalten habe. Eine Befugniserweiterung im Sinne eines Abwägungsprozesses unter Berücksichtigung der beteiligten Interessen sei im Lichte der Richtlinie 89/646/EWG –Bankrechtskoordinierungsrichtlinie – auch nach Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht nicht mehr möglich. Lediglich die Adressaten und die Zwecke, die in § 9 Abs.1 Satz 4 KWG und in § 8 Abs.1 Satz 3 WpHG aufgeführt seien, würden Ausnahmen für eine Weitergabe vorsehen. Im Übrigen werde ausdrücklich in Aussicht gestellt, dass nach Abschluss des laufenden Verfahrens und nach Zustimmung der Betroffenen, erneut über den Antrag auf Akteneinsicht entschieden werden könne. Es werde unterstrichen, dass § 3 Nr.1 Buchstabe d IFG vorliegend greife, denn die nachteiligen Wirkungen für die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagte bestünden darin, dass bei einem Informationszugang im beantragten Ausmaß ein Vertrauensverlust
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-6- bei den beaufsichtigten Instituten eintreten könne, der die Durchsetzung der Aufsicht künftig erschwere. Die derzeit von den Instituten in Kooperation erhaltenen Informationen müssten möglicherweise dann auf dem Zwangswege durchgesetzt werden. Auch mit Blick auf § 4 Abs.1 Satz 1 IFG sei auszuführen, dass gewichtige Interessen auf der Seite der Kläger keinen Informationzugang gebieten würden. Dem Schutz der Aktionäre und der Vorbereitung von Schadensersatzklagen käme gegenüber dem Interesse an einer effizienten Aufsichtstätigkeit kein Vorrang zu. Soweit die Kläger auf die Aussonderung von Gutachten und anderen Schriftstücken der Beweiserhebung gemäß § 4 Abs.1 Satz 2 IFG verweisen würde, stehe diesem Zugang § 3 Nr.1 Buchstabe d und Nr. 4 IFG entgegen. Eine Mitteilung über das Ende der Untersuchungen sehe im Übrigen das IFG nicht vor. Hiergegen hat die Klägerin am 18.08.2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend zum Vortrag im Verwaltungsverfahren vor, dass nicht ersichtlich sei, weshalb die begehrten Informationen eine nachteilige Wirkung auf die Aufsichtstätigkeit der Beklagten haben könnten. Gegebenenfalls würde die Klägerin eine Schweigepflichtserklärung hinsichtlich der erhaltenen Informationen abgeben. Es seien sehr wohl widerstreitende Interessen abzuwägen. So drohe den Ansprüchen einzelner Kläger auf Schadensersatz ab dem 15.01.2009 die Verjährung. Es sei jedenfalls eine teilweise Akteneinsicht möglich, ohne dass die Rechte Dritter oder die Funktionsfähigkeit der Beklagten verletzt würden. Schließlich handele es sich um abgeschlossene Vorgänge, bei denen das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung im Vergleich zu dem Informationsinteresse schwächer zu bewerten sei. Der notwendige Verwaltungsaufwand könne durchaus angemessen gestaltet werden, wenn Akteneinsicht an den Wochenenden gewährt werde, eine detaillierte Aufstellung der Schriftstücke übersandt werde, auf deren Basis dann eine Auswahl stattfinde und generell die Übersendung in elektronischer Form erfolge. Dies erleichtere zumindest eine notwendige Anonymisierung. Die Klägerin beantragt: 1. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2008 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, Auskunft über Inhalt und Stand des Verfahrens gegen die D. mit dem Aktenzeichen XXX zu erteilen.
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-7- 2. Die Beklagte wird verpflichtet, Akteneinsicht in folgende Unterlagen qes Verfahrens gegen die D. mit dem Aktenzeichen XXX zu gewähren: a) alle internen Stellungnahmen, Berichte, Anweisungen, Aktennotizen, Kor- respondenz etc. zwischen der D. (HRE) und der Beklagten zum Risikomanagement der D. und zu den Auswirkungen der Subprime-Krise ab Sommer 2007 in Bezug auf die D.; b) alle Abstimmungen, Anweisungen, Absprachen, Vereinbarungen, Aktennoti- zen, Schreiben, etc. zwischen der Beklagten einerseits und dem Vorstand so- wie dem Aufsichtsrat der D. andererseits nach Bekanntwerden des Wertbe- richtigungsbedarfs vom 15.01.2008; c) alle internen Stellungnahmen, Berichte, Korrespondenz, Absprachen, Ab- stimmungen, Anweisungen, Aktennotizen, Verträge etc. zur Aquise der K- Bank ab dem 01.08.2007. Hilfsweise: 3. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 17.07.2008 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, in die in Antrag Ziff. 2 bezeichnete Dokumente des Verfahrens gegen die D. mit dem Aktenzeichen XXX ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen Einsicht zu gewähren. Äußerst hilfsweise: 4. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 17.07.2008 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, über den Inhalt der im Antrag Ziff. 2 bezeichneten Dokumente des Verfahrens gegen die D. mit dem Aktenzei- chen XXX Auskunft zu erteilen, so dass eine Preisgabe der geheirnhaltungsbedürfti gen Informationen nicht stattfindet. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hält den Klageantrag zu 2 für unzulässig, da er unbestimmt sei, im Übrigen hält sie die Klage für unbegründete. Ergänzend zur Begründung in den angegriffenen
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-8- Bescheiden hat sie zur Begründung ausgeführt, dass die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG sämtliche Tatsachen umfasse, welche der Beklagten im Zuge ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt geworden seien. Hieraus erschließe sich, dass die Verschwiegenheitspflicht umfassend sei und nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfasse. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Informationen, die sie verlangt, identisch mit Ad-hoc-Meldungen seien. Ihnen würden Sachgesichtspunkte zugrunde liegen, bei denen es sich um der Verschwiegenheitspflicht unterfallenden Tatsachen handele, auch wenn sie gegebenenfalls Gegenstand einer Ad- hoc-Meldung sein könnten. Es sei festzustellen, dass sich das Informationsbegehren auf Tatsachen richte, welche der Beklagten bei ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt geworden seien. Hinzu komme, dass ein Verstoß gegen Publizitätspflichten bislang nicht rechtskräftig festgestellt worden sei. Weder die Beklagte noch die zuständige Staatsanwaltschaft hätten ihre entsprechenden Ermittlungen abgeschlossen. Im Übrigen führe nicht jeder Rechtsverstoß zu einem Entfallen von schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Insbesondere seien schwerwiegende Rechtsverstöße der Beigeladenen zu 1) noch nicht rechtsverbindlich festgestellt. Ohnedies gelte eine umfassende Verschwiegenheitsverpflichtung der Beklagten. § 1 Abs.1 Satz 1 IFG stelle keinen Befugnistatbestand für Bundesbehörden dar, der eine Herausgabe geheimer Tatsachen rechtfertige und dadurch die Strafbarkeit nach § 203 Abs.2 Satz 1 Nr.1 StGB entfallen ließe. Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 9 KWG ergebe sich jedenfalls, dass der Gesetzgeber seinen Willen, dass eine Weitergabe bankaufsichtlicher Informationen an Privatpersonen nicht erlaubt sei, klar zum Ausdruck gebracht. Die Gewährung des Zugangs zu den begehrten Informationen habe auch nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Beklagten i.S.d. § 3 Nr.1 Buchstabe d IFG. Insbesondere könne sich die Beklagte auf entsprechende bestätigende Stellungnahmen des Zentralen Kreditausschusses vom 14.01.2008, des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. vom 19.12.2007 und des Bundesverbandes Investment und Asset Management e.V. und des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V. vom 03.03.2005 berufen.
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-9- Dem Informationszugang stehe auch § 3 Nr.1 Buchstabe g IFG entgegen, denn es sei davon auszugehen, dass die Gewährung des Informationszugangs nachteilige Auswirkungen auf die laufenden Untersuchungen der Beklagten sowie die staatsanwaltlichen Ermittlungen haben könne. Auf Nachfrage der Beklagten habe die zuständige Staatsanwaltschaft am 20.04.2009 bestätigt, dass sie keine Akteneinsicht nach § 406 e Abs.2 StPO gewähre. Die Staatsanwaltschaft habe gegenüber der Beklagten bekräftigt, dass eine Akteneinsicht Dritter bei der Beklagten nachteilige Auswirkungen auf das staatsanwaltliche Verfahren habe, weil insbesondere Eingriffsmaßnahmen seitens der Staatsanwaltschaft derzeit nicht ausgeschlossen werden könnten. Darüber hinaus sei der notwendige Verwaltungsaufwand i.S.d. § 7 Abs.2 Satz 1 IFG unangemessen, wenn die Beklagte verpflichtet werde, die begehrten Informationen herauszugeben. Denn um festzustellen, welche Informationen allgemeiner Natur seien und welche gemäß § 9 Abs.3 IFG vom Zugang ausgeschlossen seien, weil sie allgemein zugänglich oder allgemein bekannt seien, müsse die Beklagte angesichts des umfassenden Auskunftsbegehrens den gesamten Akteninhalt einer entsprechenden Prüfung unterziehen. Zusammenfassungen existierten nicht. Den Klägern stehe es aber frei, Einsicht in den Aktenplan der Beklagten zu nehmen. Im Übrigen habe die zum Gegenstand des Klageantrags gemachte Akte derzeit einen Umfang von 925 Blatt. Bei der Beklagten seien insgesamt Akten von mehr als 10.000 Seiten zu Unternehmen der D. vorhanden. Die Beigeladene zu 1) beantragt, die Klage abzuweisen. Sie teilt die Rechtsauffassung der Beklagten. Insbesondere sieht sie den Ausschlussgrund des § 3 Nr.1 Buchstabe d IFG gegeben, denn ihrer Auffassung nach gründet die Wirksamkeit der Aufsichtstätigkeit der Beklagten auf dem Vertrauen der beaufsichtigten Institute, dass Dritten Tatsachen, welche im Zuge der Aufsicht mitgeteilt würden, nicht zugänglich gemacht würden. Im Falle eines Informationszugangs könne das System einer freiwilligen Kooperation Schaden nehmen. Weiterhin sei § 3 Nr.4 IFG i.V.m. § 9 KWG im Lichte des Bankgeheimnisses als Berufsgeheimnis gemäß § 3 Nr.4 2.Alternative zu sehen. Auch § 5 Abs.1 IFG sei für den
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- 10 - Informationszugang einschränkend heranzuziehen. So biete auch eine Anonymisierung von personenbezogenen Daten keinen Schutz, denn wegen des engen Zusammenhangs zwischen Sachinformation und Person lasse sich dieser Schutz regelmäßig nicht gewährleisten. Die Käger nähmen überdies fälschlich an, dass an den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geringere Anforderungen zu stellen seien, falls sie sich in abgeschlossenen Vorgängen der Vergangenheit befänden. Überdies verfügten die Kläger über alle Informationen, zu denen sie Zugang begehrten, durch die umfassende öffentliche Berichterstattung. Verjährung von Ansprüchen möglicherweise Geschädigter drohe nicht, da nach dem Wertpapierhandelsgesetz die einjährige Verjährungsfrist erst ab Kenntnis der Tatsachen zu laufen beginne. Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt. Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten der Beklagten (2 Hefter) und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2009 verwiesen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig. Sie ist gemäß § 9 Abs. 4 S. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005 (Bundesgesetzblatt I, S. 2722, Informationsfreiheitsgesetz – IFG) in statthafter Weise als Verpflichtungsklage erhoben worden. Das nach § 9 Abs. 4 S. 2 IFG zwingend vorgesehene Vorverfahren wurde durchgeführt. Allerdings beschränkt sich die Klage antragsgemäß auf die in der Akte XXX zusammengefassten Informationen, welche bei der Beklagten vorhanden sind. Insoweit betreffen die im Antrag unter 2. a) bis c) betreffenden Spezifizierungen allein die in dieser Akte enthaltenen Informationen. Zu dieser Klarstellung sieht sich die Kammer veranlasst, weil seitens der Beigeladenen zu 1) dargelegt wurde, dass diese Spezifizierungen andere Informationen zu der Beigeladenen zu 1) betreffen, welche bei der Beklagten vorhanden sein könnten. Mit der damit aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der im Klageantrag zu 2) erwähnten Spezifizierungen wo sich die Kammer jedoch nicht weiterzubefassen. Denn die Klägerin hat nach Kenntniserlangung von der vorgenannten
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