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Aktenzeichen
26 K 118/08
Datum
20. März 2009
Gericht
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Düsseldorf am 20. März 2009

26 K 118/08

Werden Polizisten als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft tätig, findet das Informationsfreiheitsgesetz auf die Angaben zu den polizeilichen Maßnahmen keine Anwendung. Die Aufgabe ist dem repressiven Bereich der Staatsanwaltschaft zugeordnet und nicht als Verwaltungsaufgabe zu klassifizieren. Maßnahmen der Strafverfolgung sind einheitlich als Maßnahme der Judikative anzusehen. Das Informationsfreiheitsgesetz ist gegenüber den Staatsanwaltschaften nur im Rahmen von Verwaltungsaufgaben anwendbar. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Begriffsbestimmung Sicherheitsaspekte

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 118/08                                        Seite 1 von 3 Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 118/08 Datum:                   20.03.2009 Gericht:                 Verwaltungsgericht Düsseldorf Spruchkörper:            26. Kammer Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            26 K 118/08 Tenor:                   Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet. Tatbestand:                                                                                  1 Am 17. November 2006 fand an der U Straße/Gstraße in P in der Zeit von ca. 15.30 Uhr bis 16.20 Uhr ein Polizeieinsatz gegen den Kläger statt. Der Kläger hielt sich zu dem besagten Zeitpunkt am Wohnort des Polizeibeamten I bei dessen privatem Pkw auf und betrachtete diesen. Der zu diesem Zeitpunkt nicht im Dienst befindliche Polizeibeamte I beobachtete den Kläger hierbei und wollte dessen Personalien feststellen. Da der Kläger, der seinen Namen genannt hatte, versuchte, den Ort zu verlassen, hielt der Polizeibeamte I den Kläger bis zum Eintreffen der herbeigerufenen Einsatzkräfte der Polizei fest. Wegen der Ereignisse wurden mehrere Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft E eingeleitet. Unter dem 14. August 2007 beantragte der Kläger sodann bei dem Beklagten Einsicht in die Unterlagen zu dem vg. Einsatz. Insbesondere verlangte er Informationen über die amtlichen Kennzeichen aller beteiligten Fahrzeuge, die 2 Uhrzeit des Eintreffens jedes einzelnen Einsatzfahrzeuges am Einsatzort und eine Liste aller beteiligten Polizeibeamten mit Namen und Vornamen, Geschlecht, Funktionsbezeichnung/Dienstgrad, Dienstanschrift und Dienstrufnummer. Mit Bescheid vom 27. August 2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Wegen des Einsatzes am 17. November 2006 seien bei der Staatsanwaltschaft E Ermittlungen geführt worden. In den Strafverfahren habe der Kläger bereits Informationen über den Einsatz und die beteiligten Polizeibeamten erfragt und alle notwendigen sachdienlichen Informationen zu den beteiligten Beamten erhalten. In Strafverfahren regele die Strafprozessordnung die Akteneinsicht. Der Kläger habe dort Gelegenheit, weitere Informationen einzuholen. Die Vorschriften der Strafprozessordnung gingen i.S. § 4 Abs. 2 IFG NRW den Vorschriften des IFG NRW vor. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11. September 2007 Widerspruch ein,                3 zu dessen Begründung er im wesentlichen geltend machte: Auskünfte aus Strafverfahren habe er nicht erbeten. Auf die Bekanntgabe des Geschlechtes der http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2009/26_K_118_08urteil200903... 08.06.2009
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 118/08                                        Seite 2 von 3 am Einsatz beteiligten Beamten verzichte er, da dieser Punkt in § 9 Abs. 3 IFG NRW nicht aufgeführt sei. Im Übrigen gäbe es keinen Anlass anzunehmen, dass die von ihm angeforderten Daten in den Akten der Staatsanwaltschaft E enthalten seien. Diese Daten seien nur bei dem Beklagten vorhanden. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2007 zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Bereits in den Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft E habe der Kläger Informationen über den Einsatz und die beteiligten Polizeibeamten erfragt und alle aus Sicht der Staatsanwaltschaft notwendigen sachdienlichen Informationen zu den beteiligten Polizeibeamten erhalten. Die nachgefragten Daten seien ausschließlich in den                 4 Akten über die Strafverfolgungsverfahren enthalten. Den entsprechenden Informationsanspruch regele § 475 StPO. Maßgeblich für den Zugang zu den behördlichen Daten sei der Hintergrund, zu dem die Daten entstanden seien. Bei aus Gründen der Strafverfolgung erhobenen Daten scheide die Anwendung des IFG NRW wegen der speziellen Regelungen in der StPO grundsätzlich aus. Am 7. Januar 2008 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren                     5 Begründung er ergänzend zu der Begründung seines Widerspruches geltend macht: Bei den begehrten Daten handele es sich nicht um solche, die aus Gründen der Strafverfolgung erhoben worden seien. Diese Daten würden vielmehr routinemäßig zu jedem Einsatz bei dem Beklagten gespeichert. Die Polizei sei eine eigenständige Behörde und Organ der Exekutive. Sie nehme stets Verwaltungsaufgaben wahr. Außerdem sei die Polizei vorliegend aus eigenem Antrieb aufgrund des Polizeigesetzes tätig geworden. Der Kläger beantragt,                                                                        6 den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom                                  7 14. August 2007 und unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2007 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 14. August 2007 die dort erbetenen Auskünfte zu erteilen. Der Beklagte beantragt,                                                                      8 die Klage abzuweisen.                                                                9 Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Gründe der mit der vorliegenden 10 Klage angegriffenen Verwaltungsentscheidungen. Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes              11 im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                        12 Die zulässige Klage ist nicht begründet.                                                    13 Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der von ihm mit seinem Antrag 14 vom 14. August 2007 begehrten Informationen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 15 Die von dem Kläger thematisierten Ereignisse vom 17. November 2006 sind dem Anwendungsbereich des IFG NRW von vornherein entzogen. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW gilt das IFG NRW für die Verwaltungstätigkeit der Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen (öffentliche Stellen). Nach § 2 Abs. 2 S. 1 IFG NRW gilt das IFG NRW für den Landtag und für die Gerichte sowie für die Behörden der Staatsanwaltschaft, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Handeln Polizeibeamte als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft i.S. § 152 Abs. 1 GVG, so handeln sie als Behörde der Staatsanwaltschaft. Schon vom Wortlaut des § 152 Abs. 1 GVG her ist eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft gerade eben der http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2009/26_K_118_08urteil200903... 08.06.2009
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 118/08                                        Seite 3 von 3 Staatsanwaltschaft zugeordnet und nicht der Polizeibehörde, auch wenn die Kreispolizeibehörden, zu denen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 POLG NRW auch der Beklagte gehört, gemäß § 9 Abs. 2 LOG NRW untere Landesbehörden sind. Dieses Verständnis ist auch nach Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 S. 1 IFG NRW geboten. Die Vorschrift zählt Stellen der Legislative und der Judikative auf und ordnet für diese die Anwendung des IFG NRW (nur) an, wenn sie Verwaltungstätigkeit ausüben. Es sind demnach Stellen erfasst, die gerade nicht der Exekutive zugehören. Wenn die Polizeibeamten jedoch als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft tätig werden, dann handeln sie aber eben nicht als Exekutivorgan, sondern als Teil der Strafrechtspflege und damit als Teil der Judikative. Letztlich kann aber offen bleiben, welcher Absatz des § 2 IFG NRW vorliegend maßgeblich ist, denn entscheidend ist bei beiden, ob die Behörde eine Verwaltungstätigkeit ausgeübt hat. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit ist gesetzlich nicht definiert und auch in der Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt. Sowohl ein formelles als auch ein materielles Verständnis des Begriffs der Verwaltungstätigkeit setzt aber voraus, dass nicht Aufgaben der Legislative oder Judikative wahrgenommen worden sind. Für das Handeln der Polizeibehörden kann nicht pauschal gesagt werden, welche Aufgabe sie wahrnehmen. Insbesondere ist es entgegen der Auffassung des Klägers nicht so, dass die 16 Polizeibehörden stets nur exekutiv handeln. Gerade wenn Polizeibeamte als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft handeln, tun sie dies als "verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft" und damit als ein Teil der Strafrechtspflege. Dann handeln die Polizeibehörden aber nicht mehr exekutiv, sondern judikativ. Die Rechtsnatur einer Maßnahme kann nicht davon abhängig sein, welche Amtsbezeichnung die ausführende Person hat. Maßnahmen der Strafverfolgung sind vielmehr einheitlich als Maßnahme der Judikative anzusehen, gleich ob sie von einem Polizeibeamten als Hilfsbeamtem der Staatsanwaltschaft oder von einem Staatsanwalt vorgenommen werden. Die am 17. November 2006 tätig gewordenen Beamten des Beklagten sind nicht                  17 zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf der Grundlage des § 8 PolG NRW tätig geworden, sondern vielmehr gemäß § 163 Abs. 1 StPO zur Erforschung von Straftaten, nämlich einer mutmaßlichen Sachbeschädigung sowie eines mutmaßlichen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Sie wurden damit als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft tätig und handelten damit als Teil der Judikative. Unerheblich ist, dass sie von der Staatsanwaltschaft dazu nicht vorab ermächtigt worden waren, da ihr Handeln von der Generalermächtigung des § 163 Abs. 1 StPO gedeckt war. Nach dieser Vorschrift haben die Behörden und Beamten des Polizeidienstes Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen,... . Ebenfalls ohne Belang ist, ob sich die von dem Kläger verlangten Informationen in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten befinden. Denn entscheidend ist allein, in welchem rechtlichen Zusammenhang die Bediensteten des Beklagten am 17. November 2006 tätig geworden sind. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über 18 die Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2009/26_K_118_08urteil200903... 08.06.2009
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