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Aktenzeichen
7 E 1675/07 (2)
Datum
11. November 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 11. November 2008

7 E 1675/07 (2)

Das Verwaltungsgericht weist eine Klage gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Akteneinsicht wegen Untersuchungen zu einem möglichen Insiderhandel und zu Verstößen gegen Publizitätspflichten im Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Fertigstellung eines Großraumflugzeugs ab. Zwar ist die für die Gewährung des Informationszugangs erforderliche Verfügungsberechtigung über die Informationen nicht deshalb entfallen, weil die Bundesanstalt ihre Originalakten der Staatsanwaltschaft übergeben hat und diese dort Bestandteil eines laufenden Ermittlungsverfahrens sind. Nach dem Informationsfreiheitsgesetz besteht aber kein Informationsanspruch, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben könne. Dieser Ausnahmetatbestand ist vorliegend erfüllt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Begriffsbestimmung Schutz besonderer Verfahren Aufsichtsaufgaben Strafverfolgung

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VERWALTUNGSGERICHT F RANKFURT AM M AIN Geschäftsnummer: 7 E 1675/07(2)                                        Abschrift Verkündet am: 11.11.2008 L. S. Frömelt Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren pp. wegen       Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch Vors. Richter am VG Dr. Huber, Richter am VG Tanzki, Richterin am VG Ott, ehrenamtlichen Richter Herr Vogler und ehrenamtliche Richterin Frau Ayivi aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2008 für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen. 3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzen-
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-2- den Kostenschuld abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 4. Die Berufung und die Revision werden zugelassen. TAT B E S TA N D Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 14.09.2006 beantragte der Kläger bei der Be- klagten unter Berufung auf die §§ 1, 7 IFG die Beantwortung mehrerer Fragen zur Auf- sichtstätigkeit der Beklagten gegenüber der Beigeladenen. Konkret begehrte der Kläger Mitteilung darüber, ob und ggfs. zu welchem Geschäftszeichen und mit welchem Sach- stand die Bundesanstalt gegenüber der Beigeladenen und/oder gegen Mitarbeiter der Bei- geladenen und/oder gegen Dritte im Zusammenhang mit der Bekanntgabe von Verzöge- rungen bei der Fertigung des Großraumflugzeuges A 380 Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Des Weiteren beantragte der Kläger Informationsgewährung darüber, welche Fehler in diesem Zusammenhang ggfs. festgestellt worden seien und ob insbesondere Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels sowie gegen die Ad-hoc-Regelungen vorlägen und welche Maßnahmen die Beklagte diesbezüglich getroffen habe. Weiterhin begehrte der Kläger Akteneinsicht durch Übersendung einer vollständigen Kopie der Vorgangsakten. Mit Bescheid vom 06.11.2006 wurde dem Antrag auf Auskunft teilweise stattgegeben. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die Beklagte im Zusammenhang mit Verzögerungen der Fer- tigung des Airbus A 380 Untersuchungen unter dem Aktenzeichen ## wegen möglicher Verstöße gegen § 15 WpHG und unter dem Aktenzeichen ## wegen möglicher Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels führe. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Untersu- chungen noch andauerten. Der Antrag auf darüber hinausgehenden Informationszugang wurde abgelehnt. Hiergegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 06.12.2006 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 21.02.2007 teilte die Beklagte mit, dass das Verfahren WA22- Wp5215-40001962-2006/0001 zwischenzeitlich abgeschlossen sei. Aufgrund der Ände- rung einiger Vorschriften des WpHG durch das Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetz zum 20.01.2007 unterfalle die Beigeladene im Hinblick auf mögliche Verstöße gegen § 15
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-3- WpHG nicht mehr der Aufsicht der Beklagten, da sie nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 7 Nr. 1 und 2 WpHG kein Inlandsemitent sei. Aufgrund der nicht mehr gegebenen Zuständigkeit der Beklagten sei das Untersuchungsverfahren eingestellt worden, ohne dass zum Zeitpunkt der Einstellung etwaige Fehler bzw. Verstöße gegen die Ad-hoc- Regelung des § 15 WpHG festgestellt worden seien. Mit Bescheid vom 15.05.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Anspruch auf Informationszugang hier aufgrund der sich aus § 3 Nr. 1 d IFG ergebenden Bereichausnahme, der Verschwiegenheitspflicht der Bundesan- stalt nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG, sowie nach § 3 Nr. 7 IFG, § 9 Abs. 3 IFG und § 7 S. 2 IFG ausgeschlossen sei. Hiergegen hat der Kläger am 12.06.2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass dem Anspruch auf Informationszugang § 3 Nr. 1 d IFG nicht entgegenstehe. Der An- wendungsbereich des § 3 Nr. 1 d IFG sei hier nicht eröffnet, da es sich bei der Beklagten nicht um eine „Finanz-” oder sonstige Behörde im Sinne dieser Vorschrift handele. Die Be- klagte sei explizit nicht in den Schutzbereich des § 3 Nr. 1 d IFG einbezogen worden. Selbst wenn man den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 1 d IFG als eröffnet ansehe, stünde dies dem Informationszugangsanspruch nicht entgegen. Wie auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in seiner Jahresbilanz 2006 festgestellt habe, beriefen sich Behörden immer wieder pauschal auf den Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1 d IFG, ohne jedoch in jedem Einzelfall konkret darzulegen, inwieweit das Bekannt- werden der vom Auskunftssuchenden begehrten Informationen tatsächlich nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichtsaufgaben haben könne. Auch die Beklagte habe lediglich ausgeführt, dass die Kooperationsbereitschaft der ihrer Aufsicht Unterworfe- nen stark nachlassen würde, wenn die Beklagte Informationen, die ihr von diesen freiwillig übermittelt würden, Dritten zugänglich mache. Im Übrigen dürfe die Arbeitsfähigkeit einer Aufsichtsbehörde keinesfalls vom guten Willen der zu Beaufsichtigenden abhängig ge- macht werden, da sie dann von diesen steuerbar sei. Die der Beklagten vom Gesetzgeber umfassend zur Verfügung gestellten Eingriffsbefugnisse zeigten, dass diese nach dem Wil- len des Gesetzgebers gerade nicht auf die Rolle eines Bittstellers angewiesen sein solle. Im Übrigen würde der Schutzzweck wie auch die Anwendung des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG aus- gehebelt, wenn die Beklagte unter Berufung auf § 3 Nr. 1 d IFG einen bestehenden Infor-
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-4- mationszugangsanspruch nur deshalb ablehne könne, weil die Durchsetzung ihrer Kontroll- und Aufsichtsaufgaben in der Verwaltungspraxis hierdurch, und sei es nur unwesentlich, erschwert werden könne. Der Informationszugangsanspruch sei hier auch nicht nach § 3 Nr. 7 IFG ausgeschlossen. Soweit sich die Beklagte zur Begründung der Verweigerung von Informationen auf den Schutz des „whistleblowers“ berufe, könne sich der Schutz und der damit korrespondierende Ausschlussgrund auf die Angaben zu den Hinweisgebern selbst beziehen, müsse sich aber nicht auf die von diesen vertraulich übermittelten Infor- mationen erstrecken, wenn diese nicht gerade den unmittelbaren Rückschluss auf die Hinweisgeber zulasse. Hierzu habe die Beklagte jedoch bisher nichts vorgetragen. Der Informationsanspruch sei auch nicht nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG ausge- schlossen. § 8 WpHG stelle eine besondere Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit für den Bereich der Wertpapierhandelsaufsicht da. Nach dem Wortlaut der Vorschrift gelte die Verschwiegenheitspflicht und das Verwertungsverbot für die bei der Beklagten Beschäftig- ten sowie für die durch sie beauftragten Personen und für andere Personen, die durch dienstliche Berichterstattung Kenntnis von den Tatsachen erhielten. Die Auffassung, dass die Verschwiegenheitspflicht darüber hinaus für die Beklagte selbst gelte, fände im Gesetz keine Stütze. Die Verschwiegenheitspflicht in § 8 WpHG sei ausschließlich personenbezo- gen formuliert und normiert. Als Konkretisierung des allgemeinen Amtsgeheimnisses kön- ne die Vorschrift einem Informationszugang auch nicht entgegenstehen, da es sich inso- weit gerade nicht um ein „unbefugtes Offenbaren“ i. S. d. § 8 Abs. 1 S. 1 WpHG handele. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG sei in diesem Zusammenhang gerade die Rechtsgrundlage für einen Fall des befugten Offenbarens. Im Übrigen könnten die vom Kläger an die Beklagte gestellten Fragen sämtlich inhaltlich beantwortet werden, ohne dass gegen die von der Beklagten behauptete Geheimhaltungspflicht verstoßen würde. Der Bundesbeauftragte für den Da- tenschutz und die Informationsfreiheit habe in einer Parallelangelegenheit (Verwaltungs- gericht Frankfurt am Main, Az.: 7 E 3280/06 (V)) am 30. November 2006 mitgeteilt, dass bei abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gegen Unternehmen keine Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnisse (mehr) vorlägen. Darüber hinaus bestehe kein berechtigtes Interesse des Unternehmens, das die Geheimhaltung dieser Information rechtfertigen würde, sofern durch die Ermittlungen ein rechtwidriges Verhalten des Unternehmens bereits festgestellt worden sei. Insgesamt sei die Beantwortung der klägerischen Fragen jedenfalls teilweise
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-5- möglich. Nach § 7 Abs. 2 S. 1 und 2 IFG sei dem Antrag auf Informationszugang regelmä- ßig stattzugeben, wenn nicht ausnahmsweise Unzumutbarkeit vorläge. Hierfür sei nicht die von der Beklagten behauptete Selektierung der Akten erforderlich und es sei auch nicht notwendig, dass sehr umfangreiches Aktenmaterial Satz für Satz durchgesehen werde. Auch werde dem bei der Gewährung von teilweiser Akteneinsicht möglicherweise entste- henden Verwaltungsaufwand bereits durch das Gesetz Rechnung getragen, da die Ge- bühren auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes zu bemessen seien. Da die Rechte nach dem Informationsfreiheitsgesetz als „Jedermannsrecht“ ausgestaltet sei- en, müsse auch kein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. Im Übrigen gingen auch die Ausführungen der Beklagten zur Einstellung aufgrund der Zuständigkeitsände- rung fehl. Nach der Neuregelung des § 7 Abs. 2 und des § 15 Abs. 1 WpHG sei zwar mög- licherweise eine Zuständigkeit der Beklagten für aktuelle Verstöße nach § 15 WpHG nicht mehr gegeben. Der allein interessierende Vorfall datiere hier aber aus einem Zeitraum, zu dem sich die Zuständigkeit der Beklagten noch nach § 15 WpHG a. F. bestimmen ließe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Wegfall der Verfügungsberechtigung über Tei- le der Fachbereichsakten beziehen, da allein die Ermittlungsbefugnisse der Beklagten en- deten, ohne dass sich dies auf die übrigen Aufgaben und Befugnisse nach § 8 WpHG oder nach anderen Vorschriften wie dem IFG auswirken würde. Anhand der Einlassungen der Beklagten lasse sich auch nicht beurteilen, ob der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1 g IFG gegeben sei. Die Beklagte müsse insoweit überzeugend darlegen, dass die Voraus- setzungen im konkreten Fall vorlägen. Dies sei bislang offensichtlich nicht der Fall. Hin- sichtlich der Ausnahmetatbestände der § 3 Nr. 1 d, 3 Nr. 1 g und § 3 Nr. 7 IFG werde auf die Ausführungen im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 7 E 3280/06 Bezug genom- men. Der Kläger beantragt, 1) die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 06.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 zu verpflichten, dem Kläger Akteneinsicht in folgende Unterlagen zu gewähren - in den Vorgang WA 22-Wp 5215-40001962-2006/0001 - in den Vorgang WA 21-Wp5115-2006/0049;
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-6- 2) hilfsweise Auskunft zu erteilen, über den Inhalt der Vorgänge WA 22-Wp 5215- 40001962-2006/0001 und WA 21-Wp5115-2006/0049; 3) die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklä- ren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass Informationsanträge, die ausschließ- lich im Sinne des persönlichen Eigennutzes gestellt würden, nach ihrem Verständnis weder der Stärkung der demokratischen Bürgerbeteiligung dienten noch die Transparenz staatli- chen Handelns förderten und auch nicht die Teilnahme am politischen Leben unterstützten. Diese Zweckbestimmung habe der Gesetzgeber aber bei der Verabschiedung des IFG ausweislich der Gesetzesbegründung vor Augen gehabt. Hier gehe es ausschließlich um den Zugang zu solchen Informationen, die sich im rein privatrechtlichen Bereich abspielten, so dass der Gedanke der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme des IFG aufgrund der Verfolgung offensichtlich zweckwidriger Ziele hier nahe liege. Schon aus diesem Grunde sei der Antrag des Klägers vollständig zurückzuweisen. Die Beklagte habe im Bescheid vom 06.11.2006 sowie im Widerspruchsbescheid die Auskunft gegeben, dass das Verfah- ren WA21-Wp 5115-2006/0049 ein laufendes Verfahren sei. Nun sei dieses Untersu- chungsverfahren abgeschlossen und wegen des Verdachts auf verbotenen Insiderhandel mit Y-Aktien bei der Staatsanwaltschaft x Anzeige erstattet worden. Die Beklagte habe der Staatsanwaltschaft x die Originalfachbereichsakten WA21-WP5115-2006/49 zu deren ei- gener Verwendung im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen zur Verfügung gestellt. Bei der Beklagten seien Kopien dieser Akten verblieben. Die Beklagte sei nach der Abgabe an die Staatsanwaltschaft über die vorgenannten Informationen nicht mehr verfügungsbe- rechtigt. Auch die Regelung des § 7 Abs. 1 S. 1 IFG zeige, das einer für die Sachfrage nicht zuständigen Behörde keine Auskunftsberechtigung zustehe. Nach dieser Norm ent- scheide die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt sei, über den Antrag auf Informationszugang. Zuständig sei also nicht jede Behörde, die rein tatsächlich über die begehrten Informationen verfüge. Notwendig sei vielmehr die Berech-
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-7- tigung zur Verfügung über die Information. Diese gesetzgeberische Wertung müsse erst Recht für den Fall gelten, dass Informationen an eine andere Behörde übermittelt worden seien und diese Behörde aufgrund ihrer jetzigen Alleinzuständigkeit verfügungsberechtigt werde. Die Beklagte dürfe daher die beantragte Akteneinsicht in diesem Umfang nicht mehr gewähren. Darüber hinaus stünde auch § 3 Nr. 1 g IFG dem beantragten Informati- onszugang entgegen. Nach dieser Vorschrift sei der Informationsanspruch ausgeschlos- sen, wenn die Möglichkeit bestehe, dass das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben könne. Die Mög- lichkeit der nachteiligen Auswirkungen läge dann vor, wenn die Gefahr einer Beweisverei- telung bestehe oder eine andere negative Beeinflussung des Verfahrens im Einzelfall zu befürchten sei. Diese Sachlage sei hier gegeben. Denn gerade bei der Bekanntgabe von Informationen aus Insiderverfahren bestehe die Gefahr der Strafvereitelung. Der begehrte Informationszugang könne auch nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichts- aufgaben der Beklagten, die Finanzbehörde i. S. § 3 Nr. 1 d IFG sei, haben. Die Beklagte erhalte im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags wettbewerbsrelevante Unternehmens- und Marktdaten. Wettbewerber könnten nun unter Zuhilfenahme des IFG ihre Marktkonkurren- ten ausforschen und sich damit einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung ver- schaffen. Bezogen auf den vorliegenden Fall bestünde die konkrete Möglichkeit des Ein- tritts negativer Auswirkungen auf die Aufsichtstätigkeit im Falle der Erteilung der verwehr- ten Informationen. Voraussetzung für jede Informationsübermittlung an die Beklagte sei eine verlässliche Vertrauensgrundlage in die Verschwiegenheit der Beklagten. Die Freiga- be des begehrten Informationszugangs würde vorliegend sowohl das Vertrauen des be- troffenen Emittenten in die Verschwiegenheit der Beklagten als auch das Vertrauen aller anderen Marktteilnehmer und Dritter gefährden. Die Marktteilnehmer würden schlussfol- gern, dass auch ihre eigenen an die Beklagte übermittelten Informationen künftig nicht mehr der Verschwiegenheit unterlägen und Ihre Daten an Dritte herausgegeben werden könnten. Damit bestünde die konkrete Gefahr, dass sich das Informationsverhalten der Marktteilnehmer und Dritter ändern würde. Die Beklagte habe auch ihre Ablehnungsgrün- de nach § 3 Nr. 1 d IFG so konkret mitgeteilt, wie es ihr bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Geheimhaltungspflicht möglich sei. Konkretisierende Ausführungen, die Rückschlüsse auf die zu schützende Informationen zulassen würden, seien nicht erlaubt. Auch der Tatbe- stand des § 3 Nr. 7 IFG sei für die Teile der zur Einsicht begehrten Fachbereichsakte er-
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-8- füllt, die Informationen zu und von den Hinweisgebern enthielten. Den Eingaben der Hin- weisgeber lägen Informationen zugrunde, die verschiedene unternehmensinterne Vorgän- ge bei der Beigeladenen beträfen. Die Hinweisgeber hätten die entsprechenden Informati- onen zum damaligen Zeitpunkt unter dem Vorbehalt der Vertraulichkeit und der Wahrung der Anonymität ihrer Person an die Beklagte übermittelt. Es sei auch weiterhin davon aus- zugehen, dass das Interesse der Hinweisgeber an ihrer Identitätswahrung fortbestehe. Ei- ne konkrete Beschreibung zu dem Akteninhalt sei der Beklagten leider nicht möglich, da andernfalls eine solche Darlegung den Schluss auf den Inhalt der zu schützenden Informa- tionen insbesondere zu den Personen der Hinweisgeber, zulassen würde. Die begehrte Auskunft sowie die beantragte Akteneinsicht sei auch nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG ausgeschlossen, soweit es sich hierbei um geheimhaltungsbedürftige Informationen handele. § 8 WpHG sei auch auf die Beklagte selbst als Anstalt des öffentlichen Rechts tatbestandlich anwendbar und nicht nur auf ihre Bediensteten. § 8 WpHG verbiete es, Tat- sachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liege, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie personenbe- zogene Daten, unbefugt zu offenbaren oder zu verwerten. Hierunter fielen die in den Fach- bereichsakten enthaltenen bislang unveröffentlichten schützenwerten Geschäfts- und Be- triebsgeheimnisse der Beigeladenen sowie drittbezogene Informationen, wie z. B. Protokol- le von Sitzungen verschiedener Entscheidungsgremien der Y und personenbezogene Da- ten Dritter. Hinsichtlich der Beigeladenen seien keine Verstöße gegen Normen des WpHG festgestellt worden. Gegen das strafrechtliche Verbot des Insiderhandels könnten aus- schließlich natürliche Personen verstoßen und somit auch nur deren Daten betroffen sein. Insoweit gehe die Argumentation des Klägers fehl, wonach eine besondere Berechtigung des Geheimhaltungsinteresses erforderlich sei, welches bei gesetzlichen Verstößen nicht mehr anzuerkennen sei. Eine Stattgabe des Antrags hinsichtlich nicht geheimhaltungsbe- dürftiger Informationen sei auch in teilweiser Form nicht möglich. Soweit die Ausschluss- gründe des §§ 3 Nr. 1 g, 3 Nr. 1 d, 3 Nr. 7, 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG nicht einschlägig seien, sei der begehrte Informationszugang nach § 9 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 IFG ausge- schlossen. Nicht geheimhaltungsbedürftige Informationen i. S. der genannten Ausnahme- tatbestände seien solche, die bereits öffentlich bekannt gegeben seien, wie Presseinforma- tionen, Kursverläufe, Ad-hoc-Mitteilungen etc. Den Zugang zu diesen Informationen könne die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 IFG ablehnen, wenn der Anfragende bereits über die be-
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-9- gehrte Information verfüge oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugängli- chen Quellen beschaffen könne. Ein Informationszugang in sonstiger Weise hinsichtlich der partiellen Akteneinsicht, z. B. durch mündliche Auskunft, sei ebenfalls abzulehnen, da die Selektierung der freizugebenden Informationen einen erheblichen Verwaltungsaufwand darstellen würde und es dem Kläger zumutbar sei, sich diese Informationen selbst zu be- sorgen. Eine Einsichtnahme in die Teile der Akten, die nicht unternehmens- oder drittbezo- gen seien, komme zwar grundsätzlich in Betracht. Ein diesbezüglicher Anspruch sei jedoch nach § 7 Abs. 2 S. 1 IFG ausgeschlossen, da dies mit einem erheblichen Verwaltungsauf- wand verbunden sei. Der gesamte zur Einsicht begehrte Aktenbestand bestehe aus sieben Aktenbänden mit einer Gesamtblattzahl von ca. 2700 Seiten. Hiervon fielen ca. 15 % unter § 9 Abs. 3 IFG und ca. 5 % unter § 7 Abs. 2 IFG. Im Übrigen befänden sich in den Akten ebenfalls Informationen, die die Beklagte aufgrund ihrer Zusammenarbeit i. S. d. § 7 WpHG von der französischen Aufsichtsbehörde erhalten habe. Für die Verwendung solcher Informationen greife die spezielle Geheimhaltungs- pflicht nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 7 Abs. 4 S. 3 bis 5 WpHG und Art. 25 der Wertpapier- dienstleistungsrichtlinie. Danach dürften die von der Aufsichtsbehörde erhaltenen Informa- tionen nur für Überwachungsaufgaben und für daran anknüpfende Gerichtsverfahren ver- wendet oder offenbart werden. Eine der vorgenannten Ausnahmen von der Geheimhaltung liege mit dem Informationsbegehren des Klägers nicht vor. Ein Anspruch auf Informations- zugang hinsichtlich der Informationen, die die Beklagte von der Aufsichtsbehörde erhalten habe, bestehe daher nicht. Hinsichtlich des Hilfsantrags auf Mitteilung des Aktenzeichens des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft X handele es sich um einen neuen Antrag auf Auskunftserteilung, da die hilfsweise gestellte Anfrage nicht von den bisherigen Anträgen umfasst sei. Gleich- wohl werde mitgeteilt, dass es sich um das Aktenzeichen ## handele. Die Beigeladen beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beigeladene trägt ergänzend vor, dass die gesetzliche Geheimhaltungspflicht nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WpHG dem Auskunftsanspruch des Klägers entgegenstehe. Die Bei-
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- 10 - geladene habe keine Einwilligung zur Offenlegung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheim- nisse erteilt und werde diese auch nicht erteilen, da die konkrete Gefahr der Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen an Dritte durch den Kläger und seine Prozess- bevollmächtigten bestehe. So habe der Kläger bereits am 05.06.2007 im ZDF-Magazin „Frontal“ X interne Unterlagen in die Kamera gehalten. Auch das Bundesverfassungsge- richt habe mit Beschluss vom 27.05.2002 in einem vergleichbaren Fall ein Akteneinsichts- recht der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach § 406e StPO abgelehnt, da durch die Gefahr der Veröffentlichung in den Medien die Gefahr eines schweren Eingriffs in das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung bestünde (Az.: 2 BvR 742/02). Hier ließen die der Beklagten von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Informationen der X Rück- schlüsse auf die Betriebsführung, auf die Produkt- und Marktstrategien sowie auf diesbe- zügliche Produktions- und Verfahrensabläufe und Kosteneffizienz insbesondere hinsicht- lich des X zu. Weiter führt sie aus, dass nicht nur die Akteneinsicht in den bei der Beklag- ten vorhandenen Vorgang über mögliche Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels, der im Original an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden sei, sondern auch die Akten- einsicht in den mögliche Verstöße gegen § 15 WpHG betreffenden Vorgang die staatsan- waltschaftlichen Ermittlungen gefährden würde, da beide Vorgänge inhaltlich nicht zu tren- nen seien. Auf Anfrage des Gerichts teilte die Staatsanwaltschaft x I mit Schreiben vom 27.10.2008 mit, dass die Gewährung von Akteneinsicht derzeit den Untersuchungszweck gefährden würde. Auf telefonische Nachfrage teilte die Staatsanwaltschaft x I weiter mit, dass auch die Gewährung von Akteneinsicht in den bei der Beklagten geführten Vorgang über mögli- che Verstöße gegen § 15 WpHG das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen x gefährden würde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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