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Aktenzeichen
1 A 751/07
Datum
7. November 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Schwerin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)

Urteil: Verwaltungsgericht Schwerin am 7. November 2008

1 A 751/07

Das Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet nur zur Herausgabe von Fotokopien, wenn keine anderen Mittel für den Informationszugang zur Verfügung stehen. Der Kläger hatte aber die Möglichkeit, uneingeschränkt Einsicht zu nehmen und Notizen zu fertigen. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seines Antrags auf Kopien aus rechtstaatlichen Grundsätzen wird dadurch aber nicht beschränkt. Aus diesem Grunde verpflichtet das Verwaltungsgericht die Behörde, über den Antrag neu zu entscheiden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Fotokopien

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Verwaltungsgericht Schwerin

Aktenzeichen

l A 751/07

 

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache

d.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...
gegen
.
- Beklagter -

wegen Verfahrens nach dem Informationsfreiheitsgesetz M-V

hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Schwerin auf die mündliche Verhandlung
vom 07.11.2008

durch ./.

fürRecht erkannt:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 01.02.2007 verpflichtet, den Antrag
des Klägers auf Überlassung von Fotokopien der im Aktenvermerk des Beklagten vom
14.11.2006 aufgelisteten Unterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut zu entscheiden.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 75 % und dem Kläger zu 25 % auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Informationszugangsanspruch nach dem
Informationsfreiheitsgesetz M-V (IFG M-V) beinhaltet, dass ergänzend zu einer einem
Antragsteller gewährten Akteneinsicht bzw. an deren Stelle Kopien zur Verfügung zu stellen sind.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im November 2006 nahm der Kläger beim Beklagten Einsicht in diverse Verwaltungsvorgänge
betreffend die Genehmigung von Zirkussen; die Anfertigung von Notizen war gestattet bzw.
jedenfalls nicht untersagt worden. Vorangegangen war ein Streit darüber, ob der Kläger als
benannter Vertreter der Fraktion ... der .. Stadtvertretung ein aus der Kommunalverfassung
abgeleitetes Akteneinsichtsrecht hat. Die genannten Vorgänge gehören zu einem Aufgabenbereich
(Veterinärwesen), der aufgrund eines Kooperationsvertrages nach $ 165 KV M-V vom Beklagten
auch für ... wahrgenommen wird. Der Konflikt um ein solches Akteneinsichtsrecht ist dann seitens
des Beklagten pragmatisch dadurch gelöst worden, dass dem Kläger (als Privatperson) auf der
Grundlage des zwischenzeitlich in Kraft getretenen IFG M-V formlos Akteneinsicht gewährt
wurde, ohne dass ein ausdrücklich auf diese Rechtsgrundlage bezogener Antrag vorlag. Das nach
dem IFG M-V vorgesehene Verfahren, insbesondere die Beteiligung Dritter, deren Belange durch
den Antrag auf Informationszugang berührt sein könnten, wurde allerdings nicht eingehalten.

Im Zuge der Durchsicht der Akten markierte der Kläger eine Reihe von Unterlagen, von denen er
zusätzlich eine Fotokopie wünschte, Dieses Anliegen wurde, nachdem der Kläger auf Verlangen
des Beklagten mit Schreiben vom 31.12.2006 noch einen gesonderten auf das IFG M-V gestützten
Antrag auf Überlassung der Kopien gestellt hatte, mit äußerlich formlosem Schreiben des
Beklagten vom 01.02.2007 dahingehend beantwortet, dass man ihm die Kopien weder jetzt noch
nach einer eventuellen neuen Einsichtnahme zur Verfügung stellen werde. Das IFG M-V gebe
Antragsberechtigten lediglich das Recht, von einer Behörde wahlweise eine schriftliche oder
mündliche Auskunft oder aber die Gewährung von Einsicht in vorhandene Informationsträger zu
fordern. Einen eigenen Anspruch auf Hergabe von Kopien der Informationsträger gewähre das
Gesetz hingegen nicht. Nach $ 4 Abs. 3 Satz 3 IFG M-V sei ein solcher Anspruch nur
ausnahmsweise für den Fall gegeben, dass die Behörde nicht in der Lage sei, ausreichende
zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung zu
stellen. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor, da diese Möglichkeiten am 24.11.2006

eingeräumt worden seien. Auch im Falle einer erneuten Einsichtnahme würde sich daran nichts
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ändern. Ob die Behörde nach dem IFG M-V darüber hinaus verpflichtet sei, nach pflichtgemäßem
Ermessen über die Herausgabe von Kopien zu entscheiden, halte man im Hinblick auf die
ausdrückliche Regelung des $ 4 Abs. 3 Satz 2 IFG M-V für zweifelhaft. Selbst wenn man dies aber
grundsätzlich zu bejahen hätte, würde er, der Beklagte, die Herausgabe der hier geforderten Kopien
aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung im Hinblick darauf ablehnen, dass die zu
kopierenden Unterlagen in erheblichem Umfang personen- und unternehmensbezo gene Daten

Dritter enthielten.

Am 07.06.2007 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er trägt sinngemäß vor, er habe die
ihm vorgelegten Akten zunächst nur daraufhin gesichtet, von welchen Seiten im Bedarfsfalle
Kopien zu fertigen seien. Es handele sich bei den zu kopierenden Seiten auch nur um einzelne
Dokumente und nicht um ganze Aktenteile, so dass der zwischenzeitlich vom Beklagten erhobene
Einwand, die Anfertigung von Kopien sprenge die Kapazitäten der Behörde, gegenstandslos sei.
Die auf dem Grundsatz "entweder-oder" beruhende Rechtsauffassung des Beklagten sei praxisfern
und könne keinen Bestand haben. Im Übrigen beruft sich der Kläger auf eine Bescheidpraxis der
.., die nach Einbeziehung der Rechtsaufsichtsbehörde und unter Einbeziehung einer
Kommentierung (gemeint ist wohl die Begründung des Gesetzentwurfs in der Landtags-
Drucksache 4/2117) des IFG M-V davon ausgehe, dass dem Antragsteller im Bedarfsfalle auch
Kopien zur Verfügung zu stellen seien. Die möglicherweise missverständliche Formulierung des
Gesetzes sei nicht als eine Art Vorbedingung zu verstehen, wonach Kopien nur dann zur Verfügung
zu stellen seien, wenn keine anderweitige Möglichkeiten des Informationszugangs gewährt würden.
Der "Geist" des IFG sowie des früheren Umweltinformationsgesetzes als auch der EU-
Umweltinformationsrichtlinie seien darauf ausgerichtet, dem Bürger freien Zugang zu
Informationen zu gewähren und nicht darauf, der Behörde Argumente an die Hand zu geben, diesen
Informationszugang, zu dem eben auch die Anfertigung von Kopien gehöre, zu verhindern oder zu

erschweren.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten - gegebenenfalls unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 01.02.2007
- zu verpflichten, dem Kläger über die bereits gewährte Akteneinsicht hinaus Fotokopien der
vom Kläger entsprechend markierten und vom Beklagten im Aktenvermerk vom 14.11.2006
aufgelisteten Unterlagen zur Verfügung zu stellen;

hilfsweise,
den Beklagten - gegebenenfalls unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 01.02.2007

- zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Überlassung von Fotokopien unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.

Er ist der der Auffassung, dass der Kläger nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes keinen
Anspruch auf die Zurverfügungstellung von Kopien habe. Ein Antragsteller habe nach $ 4 Abs. 1
IFG M-V lediglich die Wahl, ob er von der Behörde eine Auskunft über den Inhalt bestimmter
Akten verlange oder ob er selbst Einsicht nehmen wolle. Hier habe der Kläger sein Wahlrecht auch
ausgeübt und Einsicht verlangt. Diese sei ihm - unstreitig - auch gewährt worden. Weitergehende
Ansprüche gebe es nicht. Der Kläger habe ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt, sich auch
Notizen anzufertigen. Entgegen der Auffassung des Klägers folge aus der Formulierung des $ 4
Abs. 3 Satz 3 IFG M-V eindeutig, dass ein Antragsteller nach dem IFG M-V keinen allgemeinen
Anspruch auf Kopien habe. Ansonsten wäre der letzte Satz des $ 4 Abs. 3 IFG M-V überflüssig.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Wenn es dort heiße, die
Behörde stelle im Bedarfsfalle auch Kopien zur Verfügung, stelle diese Bemerkung
augenscheinlich auf $ 4 Abs. 3 Satz 3 IFG M-V ab, wonach Kopien zur Verfügung zu stellen seien,
wenn die Behörde nicht in der Lage sei, ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche
Möglichkeiten für die Einsichtnahme zu gewähren. "Bedarfsfall" meine hier nicht etwa einen
tatsächlichen oder subjektiv begründeten Bedarf des jeweiligen Antragstellers. Vielmehr orientiere
sich der Bedarf allein an den Möglichkeiten der Behörde.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat der Kammer eine schriftliche

Stellungnahme zukommen lassen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte

und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vorliegende Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig (1.). Sie
hat jedoch in der Sache selbst lediglich mit dem Hilfsantrag Erfolg (2.).

1. Die vorliegende Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft. Die Entscheidung des Beklagten, ob
und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Kläger nach Maßgabe des IFG M-V Kopien zu
Verfügung zu stellen sind, ist ebenso wie die Entscheidung über jeden anderen Antrag nach diesem
Gesetz "zu bescheiden" (vgl. $ 11 Abs. 1, Abs. 3, $ 12 Abs. 1 IFG M-V), d.h. durch einen
rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt zu beantworten. Dies ist hier auch geschehen. Zwar enthält das
Schreiben des Beklagten vom 01.02.2007 weder einen Tenor noch eine Rechtsbehelfsbelehrung,
doch ist es - und allein darauf kommt es an - inhaltlich eindeutig als Verwaltungsakt im Sinne des S
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35 Satz 1 VwVfG M-V zu werten, mit dem der Antrag des Klägers auf Zurverfügungstellung von
Kopien abschließend abgelehnt worden ist. Da dies in der mündlichen Verhandlung auch vom

Beklagtenvertreter so gesehen wurde, bedarf es dazu keiner weiteren Ausführungen.

Dass der Kläger vor Erhebung der Klage nicht das nach $ 68 Abs. 1 VwGO vorgesehene
Widerspruchsverfahren durchgeführt hat, steht der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht
entgegen. Zwar hätte der Bescheid des Beklagten vom 01.02.2007 nach $ 68 Abs. 1 Satz l, Abs. 2
VwGö trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung durch Widerspruch angegriffen müssen, und zwar
gemäß $$ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO binnen eines Jahres. Die innerhalb dieser Frist eingereichte
Klage kann den hier fehlenden und vor Klageerhebung gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruch
auch nicht ersetzen. Allerdings entspricht es der von der Kammer geteilten herrschenden Meinung
in der prozessrechtlichen Literatur sowie in der Rechtsprechung (einschließlich derjenigen des
Bundesverwaltungsgerichts), dass ein Vorverfahren über den Wortlaut des $ 68 Abs. 1 Satz 2
VwGöO hinaus aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich ist, wenn sich der Beklagte (der dann
aber, wie dies hier der Fall ist, zugleich Widerspruchsbehörde sein muss) im Gerichtsverfahren
vorbehaltlos auf die Sache eingelassen hat (vgl. - auch zu den Gegenargumenten - statt aller Geis,
in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2005, $ 68 Rn. 162 m.w.N.). Hier hat der Beklagte die
Zulässigkeit der Klage im schriftlichen Vorverfahren zwar angezweifelt, allerdings allein wegen
einer möglichen Unbestimmtheit des ursprünglich vom anwaltlich noch nicht vertreten gewesenen
Kläger selbst formulierten Klageantrags und nicht etwa wegen eines fehlenden Vorverfahrens.
Jedenfalls hat er sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vorbehaltlos auf die Klage
eingelassen und durch seinen Klageabweisungsantrag zu erkennen gegeben, welchen Inhalt auch
ein möglicher Widerspruchsbescheid (gehabt) hätte, so dass es überflüssige Förmelei und sachlich
nicht gerechtfertigt wäre, die Klage mangels Durchführung eines Vorverfahrens als unzulässig

abzuweisen.

Die ursprünglichen Bedenken des Beklagten wegen einer vermeintlichen Unbestimmtheit des
Klageantrags sind spätestens mit der im Verhandlungstermin vorgenommenen Konkretisierung des
Klageantrags ausgeräumt worden. Mit der im zur Entscheidung gestellten Klageantrag enthaltenen
Bezugnahme auf die in einem bestimmten Aktenvermerk vorgenommene Auflistung des Beklagten
ist hinreichend klar, dass sich das Begehren des Klägers auf die von ihm mit gelben Klebezettel
markierten Seiten der eingesehenen Verwaltungsvorgänge erstreckt und welche dies im Einzelnen

sind.

2. Die nach alledem zulässige Klage hat jedoch lediglich mit dem Hilfsantrag Erfolg. Im Übrigen
ist sie unbegründet. Ein gebundener Anspruch nach dem IFG M-V auf Überlassung von Kopien
von Aktenbestandteilen lässt sich dem Gesetz nach Auffassung der Kammer nicht entnehmen.
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Vielmehr hat der Beklagte lediglich ermessensfehlerfrei über einen darauf gerichteten Antrag zu
entscheiden. Dies ist bislang nicht geschehen, weshalb der ablehnende Bescheid des Beklagten
rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Da Gründe, die für eine sog.
Ermessensreduzierung auf Null sprechen, nicht ersichtlich sind und die Streitsache mithin nicht
spruchreif ist, ist der Beklagte entsprechend dem gestellten Hilfsantrag bei gleichzeitiger
Aufhebung des ablehnenden Bescheids zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, $ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

a. Der Informationszugangsanspruch nach dem IFG M-V beinhaltet keinen (gebundenen) Anspruch
auf Überlassung von Kopien. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bereits der
Wortlaut des Gesetzes eindeutig der klägerischen Annahme entgegensteht, dass die Behörde, die
den Informationszugang zu gewährleisten hat, verpflichtet sein könnte, allein aufgrund eines
entsprechenden Wunsches des jeweiligen Antragstellers Aktenkopien zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger hat - wie jeder Antragsteller - bezüglich der Ausgestaltung des
Informationszugangsanspruchs allein das Wahlrecht zwischen einer schriftlichen oder mündlichen
Auskunft oder aber auf Zugänglichmachung der Informationsträger, die die begehrten
Informationen enthalten ($ 4 Abs. I Satz 1 IFG M-V). Übt der Antragsteller sein Wahlrecht danach
dahingehend aus, dass ihm eine schriftliche oder mündliche Auskunft erteilt wird, schließt dies
schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht notwendigerweise ein, dass die Auskunftserteilung
mit der Überlassung von Kopien verbunden ist. Wird dagegen, wie hier, das Wahlrecht nach $ 4
Abs. 1 Satz 1 IFG M-V dahingehend ausgeübt, dass der oder die Informationsträger zugänglich
gemacht werden soll(en), regelt Abs. 3 Satz I der gleichen Vorschrift, welche Verpflichtungen
damit auf seiten der Behörde verbunden sind: sie hat ausreichende zeitliche, sachliche und
räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung zu stellen. Eben dies ist hier
geschehen. Dem Kläger ist ohne zeitliche Beschränkung in den Räumlichkeiten des Beklagten die
Einsicht in die ihn interessierenden Akten gewährt worden. Auch gab es ohne Weiteres die
Möglichkeit, entsprechend $ 4 Abs. 3 Satz 2 IFG M-V Notizen anzufertigen (und diese
mitzunehmen). Eine Mitnahme bzw. ein dauerhaftes Überlassen des eigentlichen
Informationsträgers, und sei es auch in der vom Kläger gewünschten Form von Kopien, sieht das
Gesetz dagegen nicht vor. Dass der Kläger sich hier auf eine kursorische Durchsicht der Akten und
auf die Markierung bestimmter Seiten beschränkt hat, von denen er meinte, eine Fotokopie
verlangen zu können, beruhte auf seiner freien Entscheidung und kann dem Beklagten nicht

entgegengehalten werden.

Soweit in $ 4 Abs. 3 Satz 3 IFG M-V ausdrücklich auch Kopien als Mittel zur Erfüllung des
Informationszugangsanspruchs angesprochen sind, vermittelt diese Vorschrift den vom Kläger
angenommenen Anspruch nicht. Denn nach dieser Vorschrift ist es eindeutig, dass eine
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Verpflichtung der Behörde, Kopien zur Verfügung zu stellen, nur dann besteht, wenn die Behörde
die Anforderungen des Satzes 1 nicht erfüllen kann, wenn es ihr also nicht möglich ist, für den
Informationszugang ausreichende zeitliche, sachliche oder räumliche Möglichkeiten zur Verfügung
zu stellen. Da diese Voraussetzungen hier nicht vorlagen, der Kläger vielmehr uneingeschränkt
Gelegenheit hatte, die Akten in den Räumlichkeiten des Beklagten einzusehen und sich dazu
Notizen anzufertigen, bestand auch keine darüber hinausgehende Verpflichtung des Beklagten,

zusätzlich Kopien anzufertigen und dem Kläger zu überlassen (argumentum e contrario).

Eine vom Wortlaut bzw. vom grammatikalischen Zusammenhang der Norm losgelöste
teleologische Erweiterung des Informationszugangsanspruchs dahingehend, dass auf Wunsch des
jeweiligen Antragstellers in jedem Falle auch Kopien zu erstellen sind, ist aus Rechtsgründen nicht
geboten. Eine solche Ausgestaltung bzw. Erweiterung des Informationszugangsanspruchs mag (aus
den vom Landesbeauftragten für Informationsfreiheit in seiner Stellungnahme aufgeführten
Gründen) de lege ferenda wünschenswert sein, ist jedoch nicht aktueller Inhalt des Gesetzes.
Welchen Sinn womöglich missverständliche Erläuterungen in der Gesetzesbegründung (LT-Drs.
4/2117, S. 14) haben, hat der Beklagte zutreffend dargelegt; darauf nimmt die Kammer Bezug.
Wenn Informationsfreiheitsgesetze anderer Bundesländer im Gegensatz zu dem hier
anzuwendenden Landesgesetz die antragsgemäße Anfertigung von Ablichtungen ausdrücklich
vorsehen, spricht dies im Umkehrschluss dafür, dass der Landesgesetzgeber dergleichen hier nicht
hat regeln wollen. Soweit der Kläger auf die Rechtslage in anderen Regelungswerken verweist,
rechtfertigt dies nicht, die dort gewonnenen Erkenntnisse ohne Rücksicht auf die Unterschiede in
der Ausgestaltung der konkreten gesetzlichen Bestimmungen allein wegen eines vermeintlich
gemeinsamen Sinnes der Vorschriften zu übertragen. Wenn z.B. das Oberverwaltungsgericht
Mecklenburg-Vorpommern im Zusammenhang mit $ 34 Abs. 4 KV M-V entschieden hat, dass das
dort geregelte Akteneinsichtsrecht auch das Recht auf die Anfertigung bzw. Überlassung von
Kopien umfasse (Beschluss vom 24.05.2005 - 2 M 43/05 -), ist diese Rechtsprechung schon
deshalb nicht übertragbar, weil die Wortlaute beider Vorschriften nicht vergleichbar sind. Anders
als bei $ 34 Abs. 4 KV M-V sind Art und Umfang des Akteneinsichtsrechts bzw. des Anspruchs
auf Informationszugang in $ 4 IFG M-V nämlich hinreichend konkret umschrieben. Eines
Rückgriffs auf allgemeine Grundsätze oder den Zweck des Gesetzes bedarf es daher hier nicht.
Außerdem ist zu beachten, dass ein wesentlicher Aspekt der Begründung der Entscheidung zu $ 34
Abs. 4 KV M-V, nämlich die dort vorhandene Verschwiegenheitsverpflichtung der
Gemeindevertreter, bei einem Antragsteller nach dem IFG M-V nicht gegeben ist.

Soweit das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern in seinen Durchführungshinweisen zum
IFG M-V (AmtsBl. MV 2007, S. 486 -) unter Ziffer 1.3 (Verfahrensfragen) die Auffassung vertritt,
der Antragsteller habe die Wahl, ob er die Akten einsehen will, ob er im Rahmen der schriftlichen

Auskunft (diese war hier allerdings nicht verlangt worden) Kopien oder einen Ausdruck erhalten
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möchte oder etwa nur eine mündliche Auskunft wünscht, geht die Konstruktion eines solchen auch
die Anfertigung von Kopien umfassenden Wahlrechts über den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes
klar hinaus und ist daher für die Kammer auch nicht nachvollziehbar. Eine schriftliche Auskunft
kann nämlich auch dergestalt erfolgen, dass ein Aktenauszug hergestellt wird, d.h. eine
gegebenfalls auch nur teilweise Abschrift des Inhalts der Akten, zumal sich auf diesem Wege auch
die gesetzlich vorgesehenen Geheimhaltungsinteressen besser wahren lassen (vgl. Ramsauer,
VwVfG, 10. Aufl. 2008, $ 29 Rn. 47).

Schließlich ist es für die Beantwortung der Frage, ob das IFG M-V dem jeweiligen Antragsteller
neben den in $ 4 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich genannten Alternativen darüber hinaus auch einen
gebundenen Anspruch auf Überlassung von Kopien vermittelt, unerheblich, ob es zutrifft, dass
andere Behörden wie der vom Kläger ausdrücklich benannte Oberbürgermeister der
Landeshauptstadt Schwerin solchen Begehren regelmäßig nachkommen. Dass die Überlassung von
Kopien rechtlich zulässig ist (sofern der jeweilige Antragsteller in Ausübung seines Wahlrechts -
außerhalb des Anwendungsbereichs des $ 4 Abs. 3 Satz 3 IFG M-V - damit einverstanden ist, dass
sein Informationszugangsanspruch auf diese Weise erfüllt wird), steht nämlich außer Frage. Im
vorliegenden Fall kommt es aber darauf an, ob die Behörde rechtlich auch dazu verpflichtet ist.

Dies ist zu verneinen.

b. Allerdings kann der Kläger beanspruchen, dass über seinen Antrag auf Anfertigung von Kopien
ermessensfehlerfrei entschieden wird. Ein solcher Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung
wird durch die Regelungen des IFG M-V nicht ausgeschlossen. Er entspricht vielmehr allgemeinen
rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Kammer hält es für gerechtfertigt, hier eine Parallele zum
Akteneinsichtsrecht zu ziehen, das zwar kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ($ 29 VwVfG)
nur den Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens zusteht. Anerkanntermaßen schließt die dortige
Regelung aber ebenfalls nicht aus, dass auch verfahrensrechtlich Dritten bzw. auch Antragstellern
außerhalb eines Verwaltungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen die Einsichtnahme in
Behördenakten zu gewähren ist (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, $ 29 Rn. 18;
Kopp/Ramsauer, a.a.O., $ 29 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Entsprechendes gilt für im VwVfG ebenfalls
nicht ausdrücklich vorgesehene Herstellung von Abschriften und Ablichtungen gegen
Kostenerstattung (Kopp/Ramsauer, aaO, Rn. 42). Anders als in jenen
Regelungszusammenhängen ist vorliegend wegen der Anbindung an den
Informationszugangsanspruch nach dem IFG M-V allerdings nicht zu fordern, dass der jeweilige
Antragsteller ein berechtigtes Interesse nachweist oder glaubhaft macht.

Dass hier gegebenfalls Ermessen auszuüben ist, hat der Beklagte in seinen hilfsweisen
Ausführungen im angefochtenen Bescheid sowie in der Klageerwiderung erkannt und in seine

Erwägungen eingestellt. Gleichwohl hat er auch insoweit die Fertigung und Überlassung von
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Kopien unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die geforderten Kopien nach seiner Einschätzung in

erheblichem Umfang personen- und unternehmensbezogene Daten Dritter beinhalten würden.

Als Ermessensentscheidung ist der das Begehren des Klägers ablehnende Verwaltungsakt unter
Beachtung der den Verwaltungsgerichten insoweit lediglich eingeschränkt zustehenden
Kontrollbefugnisse lediglich daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht
entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist ($ 114 Satz 1 VwGO). Die Behörde hat ihr
Ermessen grundsätzlich entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten ($ 40 VwVfG). Bei der Ausübung des Ermessens
hat sich eine Behörde, die im Zusammenhang mit einem Verfahren nach dem IFG M-V über einen
Antrag auf Überlassung von Kopien des Informationsträgers zu entscheiden hat, mangels
ausdrücklicher Regelung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte an den Kriterien zu orientieren,
die das Gesetz für sonstige Entscheidungen nach dem IFG M-V wie etwa über die
Zugänglichmachung des Informationsträgers nennt. Dies gilt insbesondere für die Konstellation,
dass Belange von Dritten im Sinne der $$ 7 und 8 IFG M-V betroffen sind.

Hier hat der Beklagte bei seiner Interessenabwägung allein auf geheim zu haltende schutzwürdige
personen- und unternehmenbezogene Daten Dritter abgestellt. Abgesehen davon, dass dies - bei
unterstellter Richtigkeit, dass solche schutzwürdigen Informationen tatsächlich in den zu
kopierenden Akten enthalten sind (ob solche überhaupt vorliegen, hat die Kammer nämlich nicht
geprüft; für die vorliegende Entscheidung war eine Beiziehung der vom Kläger bereits
eingesehenen Akten nicht nötig und ist daher unterblieben) - schon der Einsichtnahme in die Akten
durch den Kläger entgegengestanden hätte, hat der Beklagte dabei aber verkannt, dass das
Vorhandensein schutzwürdiger Daten nach dem IFG M-V nicht in jeden Falle rechtfertigt, dass
Dritte die Akten nicht einsehen dürfen; Entsprechendes muss für die hier in Rede stehende
Überlassung von Kopien gelten. In welcher Weise mit dem Schutz personenbezogener Daten bzw.
des geistigen Eigentums sowie von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen umzugehen ist, regeln
ausdrücklich die $$ 7-9 IFG M-V. Die dortigen Maßstäbe und das einzuhaltende Verfahren sind
sinngemäß auf den vorliegenden Fall zu übertragen, in dem es um die Anfertigung und Überlassung
von Kopien geht. Der Beklagte hätte danach in einem ersten Schritt zu ermitteln gehabt, ob und
welche Angaben auf den ggf. zu kopierenden Seiten nach den $$ 7-9 IFG M-V überhaupt
schutzwürdig sind. Sofern danach schutzwürdige Daten vorliegen, hätte er entsprechend $ 9 IFG
M-V vorzugehen gehabt. Nur bezüglich solcher Informationen, in deren Offenbarung die
geschützten Personen bzw. Unternehmen nicht einwilligen - $ 7 Abs. 1 Nr. 1,88 a.E. IFG M-V -
(und die nicht z.B. durch Schwärzung der Offenlegung entzogen werden können, vgl. zur lediglich
teilweisen Stattgabe $ 11 Abs. 3 IFG M-V), hätte der Beklagte in Ausübung seines Ermessens unter
alleiniger Berufung auf schutzwürdige Interessen Dritter ablehnen dürfen. Dass er dieses Verfahren
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auch nicht ansatzweise durchlaufen, mithin die Schutzwürdigkeit der Inhalte jeder einzelnen vom
Antrag erfassten Seite überhaupt nicht ermittelt, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf Einwilligung
oder Ablehnung der Betroffenen eine Entscheidung gefällt hat, macht diese ermessensfehlerhaft

und rechtswidrig.

Ob im Einzelfall auch sonstige Erwägungen die Ablehnung von Anträgen auf Anfertigung von
Kopien rechtfertigen können, kann offen bleiben, da der Fall so nicht liegt. Der Beklagte hat sich
im bisherigen Verlauf des Verfahrens auf solche Gründe nicht bezo gen.

Mithin ist der Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten auf
Überlassung der gewünschten Kopien bislang nicht erfüllt. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif
i.S.v. $ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO a.E.. Abhängig von den Resultaten, die das oben geschilderte
Verfahren zur Beteiligung etwaiger schutzwürdiger Dritter bringt, wird der Beklagte sein Ermessen
neu auszuüben haben. Angesichts des ungewissen Ausgangs des Verfahrens der Beteiligung Dritter
ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Ermessen des Beklagten im vorliegenden Fall (schon
jetzt) auf Null reduziert wäre. Eine Verpflichtung des Gerichts, die Spruchreife selbst herzustellen,
indem die Akte, aus der die Kopien gefertigt werden sollen, beigezogen und die Beteiligung Dritter
im laufenden Prozess vorgenommen wird, besteht nicht. Der Beklagte ist deshalb unter
gleichzeitiger Aufhebung seines ablehnenden Bescheids zu verpflichten, über den Antrag des
- Klägers auf Überlassung von Kopien unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts erneut zu

entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf $ 155 Abs. 1 Satz I VwGO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem
Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Schwerin, Wismarsche Straße 323a, 19055 Schwerin,
schriftlich zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen,
aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit den Antrag
vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Domstraße 7,
17489 Greifswald, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
l. ermstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwieri gkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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