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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
2 A 29.08
Datum
22. Oktober 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 22. Oktober 2008

2 A 29.08

Der Schutz des geistigen Eigentums steht der Herausgabe zum Fragebogen einer Studie sowie zu den auf einer Tagung verwendeten Vortragsfolien des Robert-Koch-Instituts entgegen. Beide Unterlagen stellen ein vom Urheberrecht geschütztes (wissenschaftliches) Schriftwerk dar. Die Studie sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen und dann veröffentlicht werden, so dass zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Veröffentlichungsinteresse nicht gegeben war. Das Urheberrecht kann auch solche amtliche Werke, die noch nicht im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, schützen. Auch handelt es sich um vertraulich erhobene Daten, an deren vertraulicher Behandlung die Betroffenen weiterhin ein Interesse haben. (Quelle: LDA Brandenburg)

Personenbezogene Daten Urheberrecht

VG 2 A 29.08 Verkündet am 22. Oktober 2008 Kelm Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache des Herrn

Im Namen des Volkes

Klägers, Verfahrensbevollmächtigter: g e g e n die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, 13353 Berlin, Beklagte, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2008 durch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Richard, den Richter am Verwaltungsgericht Patermann, den ehrenamtlichen Richter den ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand

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Der Kläger begehrt Zugang zu Informationen, die die vom Robert Koch-Institut in Kooperation mit den Gesundheitsämtern der Länder durchgeführte sogenannte TOKEN-Studie betreffen. Das Robert Koch-Institut führt diese Studie seit Juli 2005 unter Leitung von Herrn Prof. Dr. med. Martin Sch. durch. Mit der Studie sollen bisher unbekannte Risikofaktoren für einen frühen Tod von Kindern erkannt werden. Dazu werden von den Eltern verstorbener Kinder und den behandelnden Kinderärzten durch Fragebögen Daten erhoben. Die Fragebögen sind von Wissenschaftlern des Robert Koch-Instituts entwickelt und entworfen worden. Die Identifikation von Todesfällen im 2. bis 24. Lebensmonat und die Ansprache der betroffenen Eltern auf eine Studienteilnahme erfolgt durch die Gesundheitsämter. Sofern die Eltern an der Studie teilnehmen wollen, unterschreiben sie eine vorformulierte Einverständniserklärung. Diese lautet u. a. wie folgt:

"…Ich weiß, dass die Daten meines/unseres Kindes an Hand des Fragebogens erfasst und pseudonymisiert wissenschaftlich ausgewertet werden…

Ich weiß, dass alle an der Studie beteiligten Personen der Schweigepflicht unterliegen, dass keine persönlichen Informationen über mein Kind oder mich an Dritte weitergegeben werden, und gebe meine Einwilligung nur unter dieser Voraussetzung…

Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung bis zur Löschung meines Namens und meiner Adresse jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen kann, ohne dass mir daraus Nachteile erwachsen. Die zu mir und meinem verstorbenen Kind gespeicherten Informationen werden in diesem Fall gelöscht und nicht für die Studie ausgewertet…"

Die erhobenen Daten werden im Robert Koch-Institut pseudonymisiert, indem Namen und Adressen von den Fragebögen getrennt und durch eine fortlaufende Nummer ersetzt werden. Nach Abschluss der dreijährigen Studienphase sollen die Daten in pseudonymisierter Form statistisch ausgewertet und die Ergebnisse und die eingesetzten Fragebogen jedermann zugänglich gemacht werden.

Im Jahre 2006 hielt Prof. Dr. Sch. auf der Tagung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes einen Vortrag über den Zwischenstand der Studie und verwendete dabei von ihm entworfene Folien. Der Vortrag diente dazu, die Gesundheitsämter über den Verlauf der Studie zu informieren.

Im April 2006 beantragte der Kläger beim Robert Koch-Institut, ihm Einsicht zu gewähren in den Fragebogen der TOKEN-Studie, der den Eltern verstorbener Kinder vorgelegt wird, in die anonymisierten Datensätze des Zwischenstands der TOKEN-Studie sowie in die von Prof. Dr. Sch. auf der Tagung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Jahr 2006 verwendeten Vortragsfolien.

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Durch Bescheid des Robert Koch-Instituts vom 4. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie u. a. an, der Anspruch sei ausgeschlossen, da die Erteilung der gewünschten Information die Beratungen von Behörden beeinträchtigen würde. Die zur Durchführung des Forschungsvorhabens auszutauschenden Informationen bis zur Vorlage des abschließenden Berichts unterlägen der Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen. Auch der Vortrag des Prof. Dr. Sch. habe allein der Kommunikation mit den projektbeteiligten Gesundheitsämtern gedient.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 teilte ihm das Robert Koch-Institut seine Absicht mit, den Widerspruch zurückzuweisen. Der Zugang zu den anonymisierten Datensätzen sei u. a. deswegen ausgeschlossen, weil es sich um vertraulich erhobene und übermittelte Daten handele. Der Übermittlung des Fragebogens und der Vortragsfolien stünde der Schutz geistigen Eigentums entgegen. Als Schriftwerke seien sie urheberrechtlich geschützt. Eine Veröffentlichung sei bisher nicht erfolgt.

Mit am 21. Januar 2008 zugestelltem Bescheid des Robert Koch-Instituts vom 11. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die mit dem Schreiben vom 22. Mai 2007 angeführten Gründe zurück.

Mit der am 21. Februar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass Gründe für einen Ausschluss des Informationsanspruchs nicht bestünden. Insbesondere stünde der Herausgabe der ausgefüllten Fragebögen der TOKEN-Studie in anonymisierter Form keine Vertraulichkeitsabrede zwischen den betroffenen Sorgeberechtigten und der Beklagten entgegen. Sofern eine solche bestehe, erstrecke sie sich lediglich auf eine Weitergabe der Daten in nicht anonymisierter Form.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Robert Koch-Instituts vom 4. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 11. Januar 2008 zu verpflichten, ihm Zugang zu a) dem Fragebogen der TOKEN-Studie des Robert Koch-Instituts, der den Eltern von verstorbenen Kindern zum Ausfüllen vorgelegt wird, b) die ausgefüllten Fragebögen der TOKEN-Studie in anonymisierter Form, c) den von Prof. Schlaud bei der Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Jahr 2006 verwandten Vortragsfolien zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids sowie des darin in Bezug genommenen Schreibens vom 22. Mai 2007. Ergänzend trägt sie vor, der 20 Seiten umfassende Fragebogen sei von Mitarbeitern des Robert Koch-Instituts während der Planungsphase der TOKEN-Studie konzipiert, erstellt und gedruckt worden. Die geistige Leistung bestehe darin, die Fragen, mit denen man an die erforderlichen Daten herankomme, um sinnvolle wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen, auszuwählen, zu formulieren und in einer sinnvollen Reihenfolge auf dem Fragebogen darzustellen. Die für die Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes von Prof. Dr. Sch. erstellten und dort verwendeten Folien hätten seinen Vortrag unterstützen sollen. Die Folien hätten Text, z.B. Stichworte, sowie Zahlen und Grafiken enthalten. Die Tagung selbst sei eine nichtöffentliche Veranstaltung für Mitglieder des öffentlichen Gesundheitsdienstes gewesen. Prof. Dr. Sch. sei davon ausgegangen, dass außer den Mitarbeitern der Gesundheitsämter dort keine Öffentlichkeit anwesend gewesen sei. Die TOKEN-Studie solle Mitte 2009 abgeschlossen werden; dann würden alle Methoden, der Fragebogen als solcher und auch die ausgewerteten Ergebnisse öffentlich gemacht werden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Ablehnung der begehrten Informationsgewährung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Informationszugang.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

Bei dem Robert Koch-Institut handelt es sich um eine Behörde (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom heutigen Tage – VG 2 A 60.08 –). Die in Frage stehenden Informationen sind auch amtliche Informationen, d. h. gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Dies gilt auch hinsichtlich der von Prof. Dr. Sch. erstellten und bei dem Vortrag im Jahre 2006 verwendeten Folien. Denn mit ihnen informierte das Robert Koch-Institut die Gesundheitsämter über den Stand des gemeinsamen Projekts.

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Dem geltend gemachten Anspruch stehen jedoch Ausschlussgründe nach den §§ 3 ff. IFG entgegen. Das Gericht beurteilt dies nach den Angaben der Beklagten. Denn Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt werden kann; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann (vgl. Urteile der Kammer vom 31. Mai 2007 – VG 2 A 93.06 – juris, Rn. 21, und 10. September 2008 – VG 2 A 167.06 –).

I. Soweit der Kläger Zugang zu dem Fragebogen der TOKEN-Studie und zu den auf der Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Jahre 2006 verwendeten Vortragsfolien begehrt, ist der Anspruch gemäß § 6 Satz 1 IFG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Dies ist hier der Fall.

Der Begriff des "geistigen Eigentums" erfasst den gewerblichen Rechtsschutz (Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das Urheberrecht (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14). Das Urheberrecht schützt nach §§ 1 und 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Bei dem Fragebogen der TOKEN-Studie und den originalen Vortragsfolien handelt es sich jeweils um ein solches geschütztes (wissenschaftliches) Schriftwerk.

Ein Schriftwerk ist ein durch Zeichen äußerlich erkennbar gemachter sprachlicher Gedankenausdruck (vgl. BGHZ 39, 306 <308>). Es genießt urheberrechtlichen Schutz, wenn es eine persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Der geistige Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (BGHZ 94, 276 <285>, m. w. N.).

Bei der Beurteilung eines wissenschaftlichen Werkes, wie es hier in Rede steht, ist allerdings zu beachten, dass die wissenschaftliche Lehre, ihr Sprachgebrauch und die Ergebnisse, zu denen sie gelangt, urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich sind (BGHZ 39, 306 <311>; 94, 276 <285>; BGH, Urteile vom 27. Februar 1981 – I ZR 20/79 – MDR 1981, 822 und 12. Juli 1990 – 1 ZR 16/89 – NJW-RR 1990, 1513 <1514>; anschaulich OLG Hamburg, Urteil vom 31. März 2004 – 5 U 144/03 – juris Rn 25); ihrer Darstellung und Gestaltung fehlt,

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soweit diese aus wissenschaftlichen Gründen in der gebotenen Form notwendig und durch die Verwendung der im fraglichen technischen Bereich üblichen Ausdrucksweise üblich sind, die erforderliche eigenschöpferische Prägung (BGHZ 94, 276 <285>). Der für den Urheberrechtsschutz erforderliche geistig-schöpferische Gehalt findet bei wissenschaftlichen Werken seinen Niederschlag und Ausdruck daher grundsätzlich in der konkreten schöpferischen Formgebung, Sammlung, Einteilung, Anordnung und Darstellung des Stoffs (BGHZ 94 276 <285>, m. w. N.; BGH, Urteil vom 12. Juli 1990, a. a. O.).

Danach genießen sowohl der Fragebogen des Robert Koch-Instituts als auch die Vortragsfolien urheberrechtlichen Schutz. Die Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass diese Unterlagen das Ergebnis eines geistigen Schaffensprozesses von Wissenschaftlern des Robert Koch-Instituts sind. Der Inhalt des Fragebogens ergibt sich nicht etwa aus den insoweit maßgebenden wissenschaftlichen Lehrsätzen oder Erkenntnissen praktisch von selbst. Vielmehr sind hier in einer spezifischen Weise Fragen gesammelt, angeordnet und dargestellt worden. Entsprechendes gilt für die verwendeten Vortragsfolien, auf denen in spezifischer Weise Text, Zahlen und Grafiken gesammelt, angeordnet und dargestellt worden sind.

Der Umstand, dass die streitbefangenen Unterlagen zugleich amtliche Werke sind, steht dem Schutz des geistigen Eigentums derzeit nicht entgegen. Nach § 5 Abs. 1 UrhG genießen bestimmte – in der Vorschrift näher bezeichnete, hier aber nicht vorliegende – amtliche Werke keinen urheberrechtlichen Schutz. Nach § 5 Abs. 2 UrhG gilt das gleiche für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind. Im Umkehrschluss heißt dies, dass andere amtliche Werke, die noch nicht im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, urheberrechtlichen Schutz genießen können. So liegt der Fall hier. Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob die fraglichen Werke hier veröffentlicht worden sind, indem sie Eltern und Kinderärzten bzw. den Teilnehmern der Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zugänglich gemacht wurden. Denn jedenfalls sind weder der Fragebogen noch die Vortragsfolien des Robert Koch-Instituts bisher im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden.

Die Veröffentlichung im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme setzt ein spezifisches Verbreitungsinteresse der Behörde voraus. Das öffentliche Interesse muss gegenüber dem Verwertungsinteresse des Verfassers des Werkes überwiegen und die möglichst weite und von Urheberrechten freie Verbreitung erfordern. Diese Voraussetzung ist bei amtlichen Werken ohne regelnden Inhalt nicht ohne weiteres gegeben. Nicht ausreichend ist das allgemeine Interesse, das die Allgemeinheit an jeder Veröffentlichung einer Behörde hat.

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Vielmehr muss ein besonderes Interesse vorliegen, das nach Art und Bedeutung der Information gerade darauf gerichtet ist, dass der Nachdruck oder die sonstige Verwertung des die Information vermittelnden Werks für jedermann freigegeben wird (BGH, Urteil vom 20. Juli 2007 – I ZR 185/03 – NJW-RR 2007, 342 <343>). Es liegt angesichts der Absicht der Beklagten, die TOKEN-Studie (erst) Mitte 2009 abzuschließen und erst dann alle Methoden, den Fragebogen und auch die ausgewerteten Ergebnisse öffentlich zu machen, auf der Hand, dass ein derartiges Interesse jedenfalls gegenwärtig nicht gegeben ist.

II. Die Übermittlung der anonymisierten Datensätze der TOKEN-Studie ist gemäß § 3 Nr. 7 IFG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Erheben ist das Beschaffen von Informationen (vgl. § 3 Abs. 3 BDSG), Übermitteln das Bekanntgeben von Informationen in der Weise, dass die Informationen weitergegeben werden oder sie eingesehen oder abgerufen werden (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BDSG).

Bei den streitbefangenen Informationen handelt es sich um "vertraulich" erhobene. Nach dem natürlichen Wortsinn des Begriffs sind Informationen "vertraulich", die für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat in der von ihr vorformulierten Einverständniserklärung zugesichert, die Daten nicht an Dritte weiterzugeben. Diese Erklärung haben die teilnehmenden Sorgeberechtigten unterzeichnet. Bei objektiviertem Verständnis (§§ 133, 157 BGB) dürfen die Daten lediglich im Rahmen der durch das Robert Koch-Institut erstellten Studie, aber nicht außerhalb dieser Veröffentlichung, Dritten zugänglich gemacht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die bislang lediglich pseudonymisierten (vgl. § 3 Abs. 6a BDSG) Daten anonymisiert (vgl. § 3 Abs. 6 BDSG) sind. Denn das Interesse der beteiligten Eltern zielt erkennbar darauf ab, dass eine Verarbeitung der sensiblen, ihre Privatsphäre betreffenden Daten allein durch das Robert Koch-Institut erfolgt. Hierfür spricht etwa der Hinweis in der Vertraulichkeitsabrede auf die Schweigepflicht aller "an der Studie beteiligten Personen", die für Dritte wie den Kläger jedoch gerade nicht besteht. Gleiches folgt aus dem vereinbarten jederzeitigen Widerrufsrecht; wird von diesem Gebrauch gemacht, so würden die erhobenen Daten gelöscht und nicht für die Studie ausgewertet. Auch dieser Teil der Abrede soll es den Eltern ersichtlich ermöglichen, die von ihnen auf dem Fragebogen abgegebenen Informationen dem Zugriff Dritter einschließlich der Beklagten (jedenfalls bis zur Veröffentlichung der Studie) gänzlich zu entziehen. Dies wäre jedoch nicht mehr möglich, dürfte die Beklagte die Daten – und sei es in anonymisierter Form – an Dritte weitergeben. Demgemäß ist ein Interesse der Sorgeberechtigten an der vertraulichen Behandlung auch nicht zwischenzeitlich fortgefallen.

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Steht dem Anspruch des Klägers schon der Tatbestand des § 3 Nr. 7 IFG entgegen, bedarf keiner Entscheidung, ob der Anspruch insoweit zudem gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG ausgeschlossen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

D ie Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe schriftlich darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.

Xalter Patermann Richard

Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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