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Aktenzeichen
26 L 719/08
Datum
7. Mai 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Düsseldorf am 7. Mai 2008

26 L 719/08

Das Verwaltungsgericht verpflichtet auf dem Wege der einstweiligen Anordnung zur Auskunfterteilung über Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung vor dem Hintergrund einer Betriebsverlagerung. Dies stützt es jedoch nicht auf das Informationsfreiheitsgesetz, das nur einen Anspruch für natürliche Personen vorsieht, sondern auf das Pressegesetz, da es sich bei der Antragstellerin um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handelte. (Quelle: LDA Brandenburg)

Auskunftserteilung Konkurrierende Rechtsvorschriften

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 L 719/08                                         Seite 1 von 4 Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 L 719/08 Datum:                  07.05.2008 Gericht:                Verwaltungsgericht Düsseldorf Spruchkörper:           26. Kammer Entscheidungsart:       Beschluss Aktenzeichen:           26 L 719/08 Tenor:                  Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller zu 2. Auskunft über folgende Fragen zu erteilen: Welche konkreten Bedingungen musste O1 innerhalb welchen Zeitraumes nach den privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm NRW bezogen auf die Schaffung/Erhaltung von Arbeitsplätzen und auf zu tätigende Investitionen erfüllen? Gab es nachträgliche Veränderungen der privatrechtlichen Zusagen der Antragsgegnerin an O1 bzw. deren Hausbank bezogen auf die Schaffung/Erhaltung von Arbeitsplätzen und auf zu tätigende Investitionen? Falls ja, wann und welche? Inwieweit wichen die tatsächlichen Zahlen für die von O1 garantierten und für die neu zu schaffenden zusätzlichen Arbeitsplätze nach Auffassung der Antragsgegnerin von den Vereinbarungen ab? Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1. zu ½, der Antragsteller zu 2. und die Antragsgegnerin zu je ¼. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt. 1 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2008/26_L_719_08beschluss200... 30.03.2012
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 L 719/08                                          Seite 2 von 4 Gründe: Der am 5. Mai 2008 bei Gericht anhängig gemachte Antrag der Antragsteller,                     2 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem                   3 Antragsteller zu 1. und dem Antragsteller zu 2. Kopien aller privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP NRW) seit 1988 bis heute und aller etwaiger Modifikationen der privatrechtlichen Zusagen an die Hausbank O1s zuzusenden, hilfsweise,                                                                                    4 dem Antragsteller zu 1. und dem Antragsteller zu 2. Auskunft über folgende Fragen zu           5 erteilen: a) Welche konkreten Bedingungen musste O1 innerhalb welchen Zeitraums nach den                 6 privatrechtlichen Zusagen für Investitionszuschüsse aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm des RWP NRW erfüllen? b) Gab es nachträgliche Veränderungen der privatrechtlichen Zusagen der                        7 Antragsgegnerin an O1 bzw. deren Hausbank? Falls ja, wann und welche? c) Inwieweit wichen die tatsächlichen Zahlen für die von O1 garantierten und für die           8 neu zu schaffenden zusätzlichen Arbeitsplätze von den Vereinbarungen ab? hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.                                     9 Der Antrag des Antragstellers zu 1. ist unzulässig. Er ist bereits nicht wirksam             10 erhoben, da eine Prozessvertretung durch den Antragsteller zu 2. vor dem Verwaltungsgericht nicht zulässig ist. Gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 VwGO kann sich vor dem Verwaltungsgericht ein Beteiligter in jeder Lage des Verfahrens durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Vertreter kann jede prozessfähige Person sein, mithin allerdings nur eine natürliche, niemals eine juristische Person (vgl. § 62 Abs. 1 VwGO). Vgl. Eyermann VwGO, 12. Auflage 2006, § 67 Rdn. 11 sowie Kopp/Schenke VwGO,                  11 15. Auflage 2007, § 67 Rdn. 37. Der Antrag des Antragstellers zu 2. ist hingegen zulässig und hat in dem aus dem             12 Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg. Der Antragsteller zu 2. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange einen                 13 Anspruch auf Auskunftserteilung i. S. der §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht. Ein solcher ergibt sich zugunsten des Antragstellers zu 2. zwar nicht aus § 4 Abs. 1 IFG NRW, da nach dieser Vorschrift nur jede natürliche Person nach Maßgabe des IFG NRW gegenüber den in § 2 dieses Gesetzes genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen hat, es sich bei dem Antragsteller zu 2. jedoch um eine Anstalt des öffentlichen Rechts und damit nicht um eine solche handelt. - In dem tenorierten Umfange folgt ein Auskunftsanspruch des Antragstellers zu 2. jedoch aus §§ 26 Abs. 1, 4 PresseG NRW. Gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, wobei - Abs. 2 der Vorschrift - ein Anspruch auf Auskunft nicht besteht, soweit 1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder 2. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2008/26_L_719_08beschluss200... 30.03.2012
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 L 719/08                                         Seite 3 von 4 Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder 3. ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder 4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet. Gemäß § 26 Abs. 1 PresseG NRW gilt § 4 PresseG NRW für den Rundfunk und mithin für den Antragsteller zu 2. entsprechend. § 4 PresseG NRW regelt einfachgesetzlich die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film (Rundfunkfreiheit) und ist daher im Lichte dieser grundgesetzlichen Bestimmung auszulegen; § 4 Abs. 2 PresseG NRW ist dabei ein die Schranken der Rundfunkfreiheit aufzeigendes Gesetz i. S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Nicht zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass die Berichterstattung           14 über eine Betriebsverlagerung der hier in Rede stehenden Größe, die eine Vielzahl von Arbeitsplätzen betrifft und die in der Öffentlichkeit erhebliche Beachtung gefunden hat, in Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Rundfunks erfolgt. Fraglich und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend zu klären ist aber bereits, ob "Auskünfte zu erteilen" i. S. des § 4 Abs. 1 PresseG NRW auch die Vorlage vertraglicher Dokumente umfasst, wie sie vorliegend von dem Antragsteller zu 2. mit dem Hauptantrag begehrt wird. Jedenfalls spricht viel dafür, dass der Versagungsgrund des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW vorliegend gegeben ist, da eine Veröffentlichung der Zuschussvereinbarung(en) im Detail jedenfalls die sachgemäße Durchführung der noch schwebenden Verhandlungen mit O1 über eine vergleichsweise Regelung der gegenüber O1 erhobenen Subventionsrückforderung gefährden könnte. Darauf, dass es sich hier um Verhandlungen handelt, die offensichtlich nicht im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens, sondern im Rahmen nicht im einzelnen formalisiert geregelter Gespräche erfolgen, dürfte es nicht ankommen, da in der Begründung zum Neunten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge - dort Seite 7 - ausgeführt ist, dass "Verfahren" nach § 9 a Nr. 1 des Rundfunkstaatsvertrages (diese Vorschrift ist mit § 4 PresseG NRW nahezu wortgleich, so dass eine einheitliche Auslegung naheliegt) nicht ausschließlich förmliche Verfahren sind. Sind damit aber mutmaßlich die vorliegend in Rede stehenden Verhandlungen dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW zuzurechnen, so ist die von der Antragsgegnerin vorprozessual gegenüber den Antragstellern geltend gemachte Gefährdung dieser Verhandlungen im Falle einer Veröffentlichung der die Zuschüsse regelnden Dokumente jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht von der Hand zu weisen, zumal O1 im Vorfeld einer Veröffentlichung widersprochen hat. Soweit dem Antrag unter Berücksichtigung der Ausführungen in dem dem                        15 Antragsteller zu 2. zuzurechnenden Schreiben vom 14. März 2008 (vgl. hierzu §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO, wonach das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist, jedoch über das Antragsbegehren nicht hinausgehen darf) stattgegeben wurde, sind jedoch dem Auskunftsanspruch entgegenstehende Gründe i. S. des § 4 Abs. 2 PresseG NRW nicht ersichtlich. Dies folgt bereits daraus, dass zu dem Themenkomplex "Betriebsverlagerung durch O1" zahlreiche Veröffentlichungen erfolgt sind, denen wiederum Äußerungen des zuständigen Wirtschaftsministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zugrunde liegen. So wurde bereits unter dem 18. Januar 2008 berichtet, dass Frau Ministerin U den Verdacht geäußert habe, dass O1 Beschäftigungszusagen nicht eingehalten haben könnte und dass die Förderung an einen Personalbestand von 2.800 Mitarbeitern gebunden sei. Unter dem 31. Januar 2008 wurde berichtet, dass der Sprecher des Nordrhein-Westfälischen Wirtschaftsministeriums gesagt habe, dass ein Prüfbericht der Antragsgegnerin vorliege und danach das Soll von 2.860 Arbeitsplätzen 2002 um 318, 2003 um 368 und 2004 um 347 unterschritten worden sei. Unter dem 6. Februar 2008 wurde berichtet, dass das Wirtschaftsministerium erklärt habe, seit 2002 sei die Zahl von http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2008/26_L_719_08beschluss200... 30.03.2012
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 L 719/08                                        Seite 4 von 4 2860 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen nach einer Erhebung der Antragsgegnerin unterschritten worden und die Antragsgegnerin beziffere die zu viel gezahlten Investitionsbeihilfen auf 41 Millionen Euro. Neben weiteren Berichten zur Höhe der vom Land NRW zurückgeforderten Beträge, in denen auch von Verstößen gegen Subventionsauflagen die Rede war, wurde - soweit ersichtlich - letztmalig unter dem 27. April 2008 über die Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung mit O1 berichtet. Sämtliche vorstehend angesprochenen Veröffentlichungen sind unter www.wdr.de nachzulesen. Angesichts nicht nur dieser, sondern der auch in anderen Organen der Presse und des Rundfunks erfolgten Veröffentlichungen, die zum Teil sehr konkrete Zahlenangaben beinhalten, ist nicht ersichtlich, inwieweit die laufenden Verhandlungen mit O1 beeinträchtigt werden könnten, wenn die bereits öffentlich gemachten Angaben noch einmal durch die Antragsgegnerin präzisiert oder ggf. korrigiert gegenüber dem Antragsteller zu 2. erfolgen. Der Antragsteller zu 2. hat schließlich auch einen Anordnungsgrund glaubhaft               16 gemacht. Denn zu der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Rundfunkfreiheit gehört es nicht nur, die Inhalte der Berichterstattung in eigener Verantwortung festzulegen, sondern auch den Zeitpunkt der Berichterstattung, die vorliegend am 8. Mai 2008 erfolgen soll. Denn andernfalls läge es in der Hand der auskunftsverpflichteten Behörden, eine Berichterstattung so lange hinauszuzögern, bis das öffentliche Interesse an dieser im Ergebnis nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in dem durch die Aktualität der Ereignisse geprägten gegenwärtigen Umfang besteht. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO, die                       17 Streitwertfestsetzung ist nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG erfolgt. Es war jeweils der volle Auffangwert anzusetzen, da die Begehren beider Antragsteller auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet waren. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2008/26_L_719_08beschluss200... 30.03.2012
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