Information

Aktenzeichen
7 E 1487/07(3)
Datum
23. Januar 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 23. Januar 2008

7 E 1487/07(3)

Eine Behörde muss zwar auch dezentral vorhandene Informationen für einen Antragsteller zusammenstellen, ist aber nicht verpflichtet, inhaltliche Fragen im Zusammenhang mit diesen Unterlagen (hier: Rechtsfragen) zu klären. Ein entsprechender Antrag richtet sich auf Informationen, die bei der Behörde nicht vorhanden sind und erfüllt die Voraussetzungen der Bestimmtheit und Bestimmbarkeit nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Auskunftserteilung Aussonderungen Bestimmtheit des Antrags

/ 13
PDF herunterladen
V ERW ALTUN GS GERI CHT F R AN KFU RT AM M AI N Geschäftsnummer: 7 E 1487/07(3) Verkündet am: 23.01.2008 L.S. Fleck_______ Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsstreitverfahren pp. wegen       Finanzdienstleistungsaufsicht hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch den Vors. Richter am VG Dr. Huber, Richterin am VG Ott, Richter am VG Tanzki, die ehrenamtliche Richterin Frau Claussen, den ehrenamtlicher Richter Herr Dillmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2008 für Recht erkannt: DB_7_E_1487_07 V
1

-2- 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. 3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beige- ladenen zu 2) trägt der Kläger. 4. 5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestset- zung abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Si- cherheit in entsprechender Höhe leistet. 6. 7. Die Revision wird zugelassen. 8. TA T B E S T A N D Der Kläger, die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., macht nach dem Informations- freiheitsgesetz (IFG) einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, geltend. Mit Schreiben vom 13.11.2006 beantragte die Klägerin Auskunft von der Beklagten, ob ihr weitere Objekte der B Bausparkasse mit Mietpools als Finanzierungsabrede außer dem, das Gegenstand des Urteils des OLG Karlsruhe vom 21.06.2006 war, bekannt seien. Wei- terhin wurde um Bekanntgabe weiterer Unternehmen gebeten, die wirtschaftlich aus Sicht der Beklagten fragwürdige Mietpools zur Bedingung ihrer Finanzierung von Immobilien gemacht hätten. Mit Bescheid vom 20.12.2006 lehnte die Beklagte die Erteilung der Auskunft ab. Zur Be- gründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Erteilung der Auskunft zu versagen sei, weil das Bekanntwerden einer zu diesem Gegenstand gegebenen Auskunft nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Beklagten als Finanzbehörde haben könne, § 3 Nr. 1 Buchstabe d IFG. Weiterhin sei die Auskunft auch nach § 1 Nr. 4 DB_7_E_1487_07
2

-3- IFG zu versagen. Der Auskunft stehe das Amtsgeheimnis entgegen, zu dem die Beklagte nach § 9 Kreditwesengesetz (KWG) verpflichtet sei. Eine ausnahmsweise Durchbrechung dieser Pflicht nach den in § 9 KWG aufgeführten Ausnahmen sei nicht ersichtlich. Hiergegen hat der Kläger am 18.01.2007 Widerspruch eingelegt und zur Begründung dar- gelegt, dass die Beklagte nicht zu den Finanzbehörden gehöre, die sich auf § 3 Nr. 1 Buchstabe d) IFG berufen könnten. Die Beklagte könne unabhängig davon dem Anspruch auf Information auch nicht mit der Begründung entgegentreten, nachteilige Auswirkungen auf ihre Aufgabenerfüllung seien infolge der begehrten Informationserteilung zu erwarten. Auch ein Ablehnungsgrund gemäß § 3 Nr. 4 IFG sei nicht gegeben. Die Beklagte verkenne die Reichweite des § 9 Abs. 1 S. 3 KWG. Über die dort genannten Behörden und Sach- gründe hinaus könnten Informationen an Dritte weitergegeben werden, wenn höherrangige Interesse dies gebieten würden. Der hinsichtlich dieses Regelungszusammenhangs ver- gleichbare § 8 Wertpapierhandelsgesetz gestatte nach der Kommentarliteratur sogar die Weitergabe von Informationen an Journalisten, soweit die sachgerechte Durchführung ei- nes strafgerichtlichen Verfahrens nicht behindert werde und keine Auskünfte über persönli- che Angelegenheiten Einzelner verlangt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zusätzlich zur Begründung aus, dass auch verfassungsrechtliche Gründe einer In- formationserteilung entgegenstehen würden. Denn die Informationserteilung in dem vorlie- genden Fall würde zu einer Ungleichbehandlung beaufsichtigter und nicht beaufsichtigter Unternehmen führen. Über den Umweg einer Auskunftserteilung nach dem IFG könnten Anleger oder Gläubiger die finanz- oder gesellschaftsrechtlich mit den Publizitäts- und Transparenzvorschriften gezogenen Grenzen aushebeln und sich Zugang zu Informatio- nen verschaffen, die bei nicht beaufsichtigten Unternehmen nicht gegeben seien. Der Klä- ger habe keine hoheitlichen Befugnisse. Auf dem Gebiete des Verbraucherschutzes seien auf staatlicher Ebene Ministerien zuständig. Nur letztere könnten sich auf höherrangige Interessen berufen und seien befugte Adressaten des erweiterten Ausnahmekatalogs des § 9 Abs. 1 Satz 3 KWG. DB_7_E_1487_07
3

-4- Am 22.05.2007 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er seinen Auskunftsanspruch weiter verfolgt. Zur Begründung hat er seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren vertieft und im Laufe des Verfahrens ergänzend vorgetragen, dass der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 1 Buchstabe d) IFG nicht erfasst sei. Abgesehen davon, dass nach dieser eng auszulegenden Vorschrift die Beklagte nicht zu den dort aufgeführten Behörden gehöre, seien insbesondere keine nachteiligen Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichtaufgaben zu erwarten. Die von der Beklagten angeführten nachteiligen Wirkungen auf das Kooperationsverhalten der Be- aufsichtigten seien insoweit allenfalls als Erschwernis ihrer Aufgaben zu bezeichnen, er- reichten aber nicht das Ausmaß einer nachteiligen Wirkung. Die verfassungsrechtlichen Bedenken könnten nicht geteilt werden, da sie bei der Ausgestaltung der Ausnahmen für einen Informationszugang mitbedacht worden seien. Weiter stehe dem Informationszugang auch nicht § 3 Nr. 1 Buchstabe g) IFG entgegen, da nicht ersichtlich sei, dass durch den Informationszugang während der laufenden Gerichtsverfahren der Beigeladenen zu 2) der Schutzbereich der Rechtspflege an sich erfasst und die Wahrung fairer Verfahrensgrund- sätze verletzt werden könnten. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass dem Informationsanspruch § 3 Nr. 2 IFG entgegenstehe. Zwar bestehe der Informations- zugang danach nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne, wozu auch nach einhelliger Meinung die Gefährdung von Individual- rechtsgütern gehöre. Eine konkrete Gefahr für diese sei aber nicht ausreichend dargelegt. Ferner könne der Informationszugang nicht auf der Grundlage von § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 1 KWG versagt werden. Die dort festgesetzte Verschwiegenheitspflicht betreffe die persönliche Verschwiegenheitspflicht der Beschäftigten der Beklagten und sei in erster Linie eine Konkretisierung der allgemeinen Pflicht zur Wahrung der Amtsgeheimnisse. § 9 KWG wohne allerdings zusätzlich ein Verwertungsverbot für Informationen über Dritte inne. Dies komme aber vorliegend nicht zum Zuge, da die Informationen über die Beigeladene zu 2) nicht schutzwürdig seien. Denn durch die Instanzgerichte sei festgestellt worden, dass deren Verhalten in Bezug auf die Informationen, zu denen Zugang begehrt werde, rechtswidrig gewesen sei. Insoweit werde auch Bezug genommen auf ein Urteil des Ver- waltungsgerichts Berlin vom 10.5.2006. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Verbraucherinteressen aufgrund einer Zuweisung durch den Gesetzgeber vertrete. Eine DB_7_E_1487_07
4

-5- Weitergabe an sie auch unter Berücksichtigung der empfangsberechtigten Stellen gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 7 KWG sei grundsätzlich möglich, weil aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ bei der Aufzählung der empfangsberechtigten Stellen hervorgehe, dass ihre Aufzählung nicht abschließend sei. Schließlich habe die Beklagte von ihrem Er- messen fehlerhaft Gebrauch gemacht, indem sie den Informationszugang zur Gänze abge- lehnt habe und nicht einen zumindest teilweisen Informationszugang gewährt habe, wozu sie nach § 9 Abs. 1 IFG verpflichtet gewesen sei. Es gehe auch darum, sich mit dem In- formationszugang einen Überblick über die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der Beklagten zu verschaffen. Der Kläger beantragt: 1. Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2006 (BA 26-K 5404 – 105622- 2006/0002) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2007 (Q 26- 733-1/2007) wird aufgehoben. 2. 3. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Auskunft zu geben über alle ihr be- kannten Immobilienprojekte, bei denen die B Bausparkasse und/oder andere An- bieter die Finanzierung von Anlegern unter die Bedingung gestellt haben, dass diese einem Mietpool beitreten, welcher von Anfang an zum Schaden der Anle- ger konzipiert war (im Sinne der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe, 15 U 50/02 und 15 U 64/04) oder aus anderen Gründen „wirtschaftlich fragwürdig“ war. 4. 5. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger hinsichtlich des Auskunftsbegehrens zu 2. Akteneinsicht zu gewähren. 6. 7. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin hinsichtlich des Auskunfts- Begehrens zu 2. Auskunft zu geben durch Benennung der Immobilienprojekte nebst der jeweiligen Anbieter sowie der Gründe, aus denen sich aus ihrer Sicht Bedenken gegen das Ob und Wie der Finanzierung im Hinblick auf die Abhän- gigkeit der Finanzierung vom Beitritt zu einem Mietpool ergeben. 8. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. .Die Beklagte hat ergänzend zu den Gründen in den angegriffenen Bescheiden im Wesent- lichen vorgetragen, dass bei Gewährung des verlangten Informationszugangs nachteilige DB_7_E_1487_07
5

-6- Auswirkungen auf ihre Aufgabenerfüllung zu befürchten sei. In § 3 Nr. 1 Buchstabe d) IFG habe der Gesetzgeber eine grundsätzliche Abwägung zwischen der wirksamen Kontrolle des Finanzmarktes und dem Informationszugang getroffen, was vorliegend den Informati- onszugang einschränke. Danach sei zu berücksichtigen, dass die konkrete Information das Vertrauen der beaufsichtigten Institute in die Verschwiegenheit der Beklagten erheblich beeinträchtigen würde. Die Kontrolle der Institute sei nur wirksam durchzuführen, wenn sie über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus freiwillig durch die Institute informiert werde. Die Aufsicht werde aber gefährdet, wenn Informationszugang an Dritte zu vertraulichen und freiwillig gegebenen Informationen gewährt werde. Dies sei auch im vorliegenden Fall zu befürchten. Diese Rechtsauffassung werde von den Verbänden der beaufsichtigten In- stitute geteilt, wie aus einem Antwortschreiben der Bundesgeschäftsstelle der Landes- bausparkassen des Verbandes der privaten Bausparkassen e.V. vom 21.12.2007 und der Stellungnahme des Zentralen Kreditausschusses vom 14.01.2008 hervorgehe, die zum Gegenstand des Vortrages gemacht würden. Insgesamt sei festzustellen, dass nur die strikte Geheimhaltung der im Rahmen der Aufsichtstätigkeit gewonnenen unternehmens- bezogenen Informationen die mit der Aufsichtstätigkeit der Beklagten verbundenen Eingrif- fe in die Grundrechte der beaufsichtigten Unternehmen aus Art. 12 und Art. 14 GG zum Schutz der Allgemeinheit rechtfertigen könne. Das Informationsfreiheitsgesetz, gewährte es einen Anspruch auf Zugang zu unternehmensbezogenen Informationen für jedermann, würde dieses Gleichgewicht zerstören. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung zahlrei- cher aufsichtsrechtlicher Eingriffsbefugnisse wäre in Frage gestellt. Demgegenüber hande- le es sich bei dem mit der Klage verfolgten Ziel um Belange des Verbraucherschutzes, der einfachgesetzlich ausgestaltet sei. Hinzu komme, dass § 3 Nr.1 Buchstabe g) IFG den begehrten Informationszugang insge- samt ausschließe. Denn der begehrte Informationszugang könne negative Auswirkungen auf die Beweisführung der beigeladenen Bausparkasse (Beigeladene zu 2) in anhängigen Gerichtsverfahren haben. Komme die Beklagte diesem Begehren nach, könne dies als Hinweis von sachkundiger Stelle verstanden werden, die von der beklagten Bausparkasse finanzierten Immobilien mit Mietpool seien tatsächlich fragwürdig. DB_7_E_1487_07
6

-7- Dem begehrten Informationszugang stehe auch § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Das Bekanntwer- den der Information könne die öffentliche Sicherheit gefährden, da hierunter auch die Un- versehrtheit der Rechtsordnung zu verstehen sei. In finanz- und gesellschaftsrechtlichen Gesetzen seien die Publizitätspflichten von Unternehmen abschließend geregelt, die vor- liegend mit dem Informationszugang unverhältnismäßig erweitert würden. Der Kläger könne auch nicht eine weiter bestehende Verschwiegenheitspflicht der Beklag- ten nach § 3 Nr.4 IFG i.V.m. § 9 Abs. 1 S.1 KWG in Abrede stellen. Das berechtigte Inte- resse an der Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Beigeladenen zu 2) entfiele nicht ohne weiteres bei möglicherweise rechtwidrigem Verhalten. Es werde in diesem Zusammenhang Bezug genommen auf eine Entscheidung des Oberverwaltungs- gerichts Schleswig-Holstein vom 22.6.2005 (4 LB 30/04) zum Schleswig-Holsteinischen Informationsfreiheitsgesetz Der begehrte Informationszugang habe im Übrigen insgesamt zurückgewiesen werden müssen, da jede Auskunft, auch zu Teilfragen, Rückschlüsse auf gegebenenfalls vorhan- dene vertrauliche Informationen) zulassen würde, was jedoch geeignet sei, schutzwürdige Belange zu verletzen. Die Beigeladene zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beigeladene zu 2) hält die Klage für unzulässig. Der Klageantrag weiche von dem An- trag im Verwaltungsverfahren wesentlich ab. Der Antrag auf Informationszugang sei auch wegen der Fragestellung in Bezug auf „wirtschaftlich fragwürdige“ Mietpools zu unbe- stimmt. Im Übrigen teilt die Beigeladene zu 2) die Auffassung der Beklagten. Ergänzend trägt sie vor, dass nach § 6 S. 2 IFG die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnis- sen unter dem Vorbehalt der Einwilligung des Betroffenen stehe. Hierfür gebe es aber schon deswegen kein Bedürfnis, weil diejenigen Immobilienprojekte, in denen die Beigela- dene zu 2) eine Erwerberfinanzierung vom Beitritt in einen bestehenden Mietpool abhängig DB_7_E_1487_07
7

-8- gemacht habe, durch ein im Auftrag der Beklagten erstattetes Gutachten längst öffentlich bekannt seien. Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, dass grundsätzlich die Aus- nahmen vom Informationszugang eng auszulegen seien. Insbesondere handele es sich bei § 3 Nr. 1 d) IFG um keine Bereichsausnahme wie etwa in Bezug auf Informationen ge- heimdienstlicher Tätigkeit. Es widerspreche zudem der Lebenserfahrung, dass seitens der beaufsichtigten Institute grundsätzlich mehr Informationen weitergegeben werden würden, als gesetzlich gefordert. Hinsichtlich § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 9 Abs. 1 KWG sei auszuführen, dass das Informationsfreiheitsgesetz ins Leere ginge, erkenne man in der Verschwiegen- heitspflicht einen generellen Ablehnungsgrund. In dem Umfang, in dem ein Anspruch auf Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz bestehe, greife die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht. Insoweit stecke das Informationsfreiheitsgesetz die Grenzen der Amtsverschwiegenheit neu ab. Inwieweit im Einzelfall Belange Dritter zu schützen seien, beurteile sich nach § 5 und 6 IFG. Bei Informationen über ein rechtswidri- ges Verhalten eines Unternehmens könne jedoch grundsätzlich kein berechtigtes Geheim- haltungsinteresse erkannt werden. Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behörden- akte der Beklagten zum Antragsverfahren (2 Hefter) und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2008 Bezug genommen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig. Sie ist fristgemäß erhoben worden. Der Kläger ist ein eingetragener Verein und mithin als juristische Person des Privatrechts auch unabhängig von der Verfol- gung seiner dargelegten Satzungsbestimmungen beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 1 VwGO. Er ist auch gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn im Streit ist der Zugang zu Infor- mationen, über welche die Beklagte – eine Behörde des Bundes – verfügt und zu denen der Kläger als grundsätzlich Anspruchsberechtigter nach § 1 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Rege- lung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 5.9.2005 (BGBl. I, S. 2722 - IFG) un- ter Berufung auf dieses Gesetz Zugang verlangt. DB_7_E_1487_07
8

-9- Die Klage ist allerdings unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind im Ergebnis rechtmäßig. Der Kläger wird durch sie nicht in seinen Rechten verletzt, (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Beklagte kann demnach nicht antragsgemäß zu der mit dem Hauptantrag geltend gemachten Akteneinsicht und zu der mit dem Hilfsantrag verfolgten Auskunft verpflichtet werden, (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Be- hörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Bei amtlichen Informationen handelt es sich nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 1 IFG um jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Nur Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehören nicht dazu. Den Informationszugang kann die Behörde auf dem Wege der Auskunftserteilung, der Akten- einsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen, (§ 1 Abs. 2 S. 1 IFG). Diesem auf Zugang zu amtlichen Informationen gesetzlich bestimmten Anspruch genügen weder die von dem Kläger im Verwaltungsverfahren gestellten Anträge noch die mit der Klage verfolgten und zumindest sprachlich mit den Anträgen im Verwaltungsverfahren nicht identischen Begehren. Gegenstand des Zugangs können nämlich nur zu amtlichen Zwecken dienende Aufzeich- nungen in ihren verschiedenen Formen sein, die von der zur Information verpflichteten Be- hörde im Abgleich mit einem durch den Antrag bestimmten Informationsbegehren identifi- zierbar sind. Denn der Informationsanspruch richtet sich auf amtlich ermittelte Vorgänge, so wie sie von einer Behörde bei ihrer Aufgabenerfüllung gewonnen worden sind und zu entsprechenden Aufzeichnungen wurden. Dabei wird der Anspruch auf Informationszu- gang nicht auf schon vorhandene abgegrenzte oder abgrenzbare Aufzeichnungen be- schränkt. Zur Gewährleistung des Informationszugangs hat die Behörde grundsätzlich die Informationen auch in unterschiedlicher Form und durch Zusammenführung örtlich und sachlich getrennt aufbewahrter Aufzeichnungen zugänglich zu machen. Diese Pflicht be- DB_7_E_1487_07
9

- 10 - zieht sich aber auf vorhandene Bestände von amtlichen Aufzeichnungen, für die sich die Zuordnungsmerkmale aus dem gestellten Antrag unabhängig vom Aufwand der Zusam- menstellung der amtlichen Aufzeichnungen ohne weitere Auslegung erschließen lassen. Mit anderen Worten: Mit dem Antrag muss sich die Art, der Umfang und das Ziel der be- gehrten Information bestimmen lassen. Anträge, aufgrund derer auf Seiten der Behörde erst eine Rechtsanwendung oder die Klärung einer Rechtsfrage durchgeführt werden muss, damit die begehrte Information bestimmt werden kann, richten sich nicht mehr auf bei einer Behörde vorhandene Informationen (vgl. dazu: VG Schleswig, Urteil vom 11.10.2002 -21 A 391/02 – NordÖR 2004, S. 24). Dieser Anforderung an einen bestimmten Antrag auf Informationszugang genügen die im Verwaltungsverfahren und auch im Verwaltungsstreitverfahren gestellten Anträge des Klä- gers nicht. Der Antrag zu 2) richtet sich auf Informationszugang zu amtlichen Aufzeichnun- gen der Beklagten über alle ihr bekannten Immobilienprojekte, welche die Beigeladene zu 2) oder andere Anbieter unter die Bedingung eines Beitritts von Anlegern zu einem Miet- pool gestellt haben, welcher von Anfang an zum Schaden der Anleger konzipiert war oder aus anderen Gründen „wirtschaftlich fragwürdig“ war. Der hilfsweise gestellte Antrag zu 4) richtet sich auf Auskunft zu dem gleichen Kreis von Anbietern dieser Immobilienprojekte nebst der Benennung der Gründe, aus denen aus Sicht der Behörde Bedenken gegen das Ob und Wie der Finanzierung im Hinblick auf die Abhängigkeit der Finanzierung vom Bei- tritt zu einem Mietpool ergeben. Nach dem bereits zuvor Ausgeführten erschließt sich, dass die von der Beklagten begehr- ten Informationen eine ins Einzelne gehende Rechtsprüfung und Rechtsanwendung vor- aussetzen. Es wird von dem Kläger nicht nur eine Information über die Anbieter von Immo- bilienprojekten, deren Finanzierung mit Mietpools erfolgt, verlangt, sondern eine Auswahl dieser Anbieter aus allen der Beklagten bekannten Anbietern in Bezug auf Finanzierungen, die zum Schaden der Anleger konzipiert wurden oder wirtschaftlich fragwürdig sind. Auch im hilfsweise gestellten Antrag wird das Informationsbegehren über die Bennennung der Anbieter dahingehend erweitert, dass Auskunft über rechtliche Bedenken der Beklag- ten hinsichtlich derartiger Finanzierungen verlangt wird. Schließlich ist das Auskunftsbe- DB_7_E_1487_07
10

Zur nächsten Seite