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Aktenzeichen
12 A 37/06
Datum
29. November 2007
Gericht
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht
Gesetz
Umweltinformationsgesetz (Schleswig-Holstein)
Umweltinformationsgesetz (Schleswig-Holstein)

Urteil: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht am 29. November 2007

12 A 37/06

Der Öffentlichkeit steht auf der Grundlage des Schleswig-Holsteinischen Umweltinformationsgesetzes grundsätzlich ein Auskunftsanspruch über die Verwendung von Agrarsubventionen der Europäischen Union zu. Dies schließt die Nennung der Subventionsempfänger ein. Auch ein mittelbarer Umweltbezug genügt demnach, um die Voraussetzungen für das Vorliegen einer "Umweltinformation" zu erfüllen. Im Hinblick auf den eventuellen Schutzbedarf personenbezogener Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass ein sehr großes öffentliches Interesse an der Aufklärung der Rechtmäßigkeit der Verwendung öffentlicher Mittel besteht. Sollten keine gravierenden Gründe im Einzelfall gegen die Veröffentlichung sprechen, dürfte das öffentliche Interesse überwiegen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Interessenabwägung Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

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Anonymisierung aktualisiert am: 18. Dezember 2007 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT Az.: 12 A 37/06 URTEIL In der Verwaltungsrechtssache der Frau A., A-Straße, A-Stadt Klägerin, Proz.-Bev.: Rechtsanwalt Dr. B., B-Straße, B-Stadt, - - gegen das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig- Holstein, Mercatorstraße 3, 24106 Kiel Beklagter, Proz.-Bev.: Rechtsanwälte C., C-Straße, C-Stadt, - - Streitgegenstand:       Streitigkeit nach dem UIG-SH hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 12. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht XXX, den Richter am Verwaltungsgericht XXX, die Richterin am -2-
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-2- Verwaltungsgericht XXX sowie die ehrenamtlichen Richter XXX und XXX für Recht erkannt: Der Bescheid vom 10. Februar 2006 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 30. März 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte zu je ½. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand Die Klägerin begehrt Zugang zu Informationen betreffend Namen, Betriebsnummern und Anschriften von Einzelempfängern, die im Zeitraum 2002 bis 2004 Beihilfen aus EU- Landwirtschaftsförderprogrammen und Förderprogrammen der Fischerei i.H.v. 50.000,-- € und mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel. Am 30. März 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr Informationen zukommen zu lassen über die Jahresabrechnung der EU-Landwirtschaftsförderung und der Förderprogramme der Fischerei für die Jahre 2002-2004 in der Form, wie sie an die Kommission gemeldet wird. Außerdem bat sie um Überlassung von Namen und Adressen der Einzelempfänger, die jährlich mehr als 50.000,-€ aus einem oder mehreren Förderprogrammen beziehen. -3-
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-3- Mit Schreiben des Beklagten vom 7. Oktober 2005 wurden der Klägerin die an die Kommission gemeldeten Jahresabrechnungen anonymisiert übermittelt. Bezüglich der weitergehenden Informationen wie Namen, Adressen und Kennnummern der einzelnen Förderempfänger wurde mitgeteilt, dass noch nicht abschließend geklärt sei, inwiefern datenschutzrechtliche Gründe gegen deren Freigabe sprächen. Die Klägerin teilte dem Beklagten ihre Rechtsauffassung in einem Schriftwechsel mit. Sie ist der Meinung, datenschutzrechtliche Hindernisse bestünden nicht, weil es nicht um Auskünfte über Beihilfen an Privatpersonen, sondern an Betriebe gehe. Deshalb könnten allein die Regeln über den Zugang zu Betriebsgeheimnissen angewendet werden. Es sei schon     nicht  erkennbar,   inwiefern   die  Freigabe    von   Informationen   zu   einem wirtschaftlichen Schaden führen könne, so dass kein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung bestünde. Ferner müsse eine Interessenabwägung durchgeführt werden, bei der das öffentliche Interesse zu erfahren, ob die Vergabe der öffentlichen Mittel rechts- und zielkonform erfolgt sei, überwiege. Das gleiche gelte, sollte man zu dem Ergebnis kommen, es handele sich um personenbezogene Daten. Sie gehe schließlich davon aus, dass es sich bei allen Informationen Agrarsubventionen betreffend um Umweltinformationen handele mit der Folge, dass die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. L 41 vom 14.2.2003, S. 26 (im Folgenden: Umweltinformationsrichtlinie) Anwendung finde; jedoch lägen nach ihrer Auffassung auch die Voraussetzungen für eine Informationsgewährung nach dem Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig- Holstein (IFG- SH) vor. Mit Bescheid vom 10. Februar 2006 wurde der Antrag auf Übermittlung von Namen und Adressen der Einzelempfänger, welche jährlich mehr als 50.000,-- € aus einem oder mehreren Förderprogrammen beziehen, unter Bezugnahme auf die Vorschriften des IFG- SH abgelehnt. Der Antrag wurde als Antrag nach § 6 IFG-SH gewertet; die begehrten Daten stellten Informationen im Sinne von § 2 IFG-SH dar. Die Herausgabe der begehrten Informationen, die natürliche Personen und Ein-Mann-GmbH beträfen, komme gemäß § 12 IFG-SH nicht in Betracht. Namen und Adressen von natürlichen Personen und von Ein-Mann-GmbH seien personenbezogene Daten. Auch die einzelnen Förderbeträge seien Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse. Da Subventionen den Landwirten als nicht zu vernachlässigende Einnahmequelle dienten, seien sie als -4-
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-4- Einkommen und damit als personenbezogenes Datum anzusehen. Die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 12 IFG-SH, wonach ausnahmsweise der Zugang zu personenbezogenen Daten erlaubt ist, lägen nicht vor. Da die Einholung der Einwilligung von etwa 14.000 Betroffenen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich sei und von einem Interesse der Betroffenen an der Offenbarung der Zahlungen nicht ausgegangen werden könne, seien die Voraussetzungen des § 12 Nr. 3 IFG-SH nicht erfüllt. § 12 Nr. 4 IFG-SH sei nicht einschlägig, weil die Klägerin schon kein konkretes rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend gemacht habe. Auch nach Art. 4 Abs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie käme man zu keinem anderen Ergebnis. Es könne dahingestellt bleiben, ob die angefragten Daten Umweltinformationen im Sinne der Richtlinie seien. Personenbezogene Daten dürften nach Art. 4 Abs. 2 f im vorliegenden Fall nicht herausgegeben werden. Obwohl die Einschränkung auf Informationszugang nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 eng auszulegen sei, dürfe die danach vorzunehmende Interessenabwägung gemäß Satz 4 der Vorschrift nicht gegen die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG verstoßen. Nach Art. 7 der Datenschutzrichtlinie sei die Weitergabe personenbezogener Daten nur erlaubt, wenn eine der aufgezählten Ausnahmen vorliege, was nicht der Fall sei. Insbesondere sei die Weitergabe nicht erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liege (Art. 7 e); auch falle die nach Art. 7 f vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Klägerin aus, weil sie lediglich ein allgemeines Informationsinteresse geltend mache, dem das Interesse der Landwirte auf Achtung ihrer Privatsphäre gegenüberstehe. Eine Aussonderung der zu schützenden Daten sei nicht möglich – d. h. eine Übermittlung von Daten, die Personen beträfen, die nicht natürlich oder diesen gleichzustellen seien, komme nicht in Betracht, weil diesbezüglich keine Einzellisten existierten. Weder läge dem Beklagten eine Liste mit Einzelempfängern vor, welche jährlich insgesamt mehr als 50.000,-- € aus mehreren Förderprogrammen bezögen, noch existiere eine Liste der Einzelempfänger, die jährlich insgesamt mehr als 50.000,-- € aus einem Förderprogramm bezögen. Die vorliegenden 96.000 Datensätze seien derart strukturiert, dass pro Förderprogramm eine Datei vorhanden sei, in der jeder Empfänger mit seinem Förderbetrag     genannt  werde.    Der   Beklagte   müsste   verschiedene     Datensätze zusammenführen, wozu er nicht verpflichtet sei. Zu dem gleichen Ergebnis käme man, wollte man die Umweltinformationsrichtlinie anwenden. Auch nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie beziehe sich ein Informationsanspruch lediglich auf vorhandene Daten. Im Übrigen sehe Art. 4 Abs. 4 der Umweltrichtlinie - wie § 14 Satz 2 IFG-SH - einen Zugang zu den nicht personengebundenen Informationen nur -5-
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-5- vor, wenn es möglich sei, die zu schützenden und die herauszugebenden Informationen zu trennen. Am 09. März 2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Informationen auf der Grundlage des nunmehr in Kraft getretenen Umweltinformationsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (UIG-SH). Agrarsubventionen hätten in der Regel einen mittelbaren Umweltbezug, der für das Vorliegen    einer   Umweltinformation    ausreiche.   Grundsätzlich   wirkten  sich   alle Maßnahmen, die die Umwelt beträfen, auch auf die Umwelt aus; das gelte erst Recht für Förderungen von mindestens 50.000,--€ pro Jahr, weil sie aufgrund des Umfangs in aller Regel flächenbezogen sein müssten. Was der Landwirt auf der Fläche tue, stelle immer einen unmittelbaren Eingriff in die Natur dar; z.B. gelte dies im Hinblick auf Prämien für Flächenstilllegung oder bezüglich Produktionsbeihilfen. Sofern die Zahlung einer Subvention zur Durchführung einer Maßnahme führe, die sich auf die Umwelt auswirke oder wahrscheinlich auswirke, sei ein Fall des § 2 Abs. 3 Nr. 3 a UIG-SH gegeben, sofern dadurch der Schutz von Umweltbestandteilen bezweckt sei, liege ein Fall des § 2 Abs. 3 Nr. 3 b UIG-SH vor. Auch sie gehe davon aus, dass es sich bei der Angabe, ob und in welcher Höhe eine natürliche Person Fördermittel erhalten habe, um personenbezogene Daten handeln könne. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet, seine Liste daraufhin durchzugehen, welcher Empfänger eine natürliche Person sei, um so feststellen zu können, in welchen Fällen Datenschutz     überhaupt    in  Betracht   komme.     In  jedem    Fall  sei  aber   eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Beklagte könne sich vorliegend nicht auf den Datenschutz berufen, weil das Interesse der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe der Informationen überwiege. Zweck des Datenschutzrechts sei der Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere der Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Darauf könne sich ein Ein-Mann- Unternehmen hier nicht berufen, weil die Preisgabe der erwünschten Daten nicht auf die Privatsphäre des Unternehmers einwirke, es gehe lediglich um den Schutz geschäftlicher Interessen. Die Information, dass eine Person eine Subvention erhalten habe, könne keinen Schaden anrichten; denn ein Wettbewerbselement sei nicht erkennbar, weil jeder, der die tatbestandlichen Voraussetzungen erfülle, einen Anspruch auf Gewährung der Subvention habe. Der Beklagte habe auch nicht dargetan, worin ein Schaden bei der Offenlegung der erbetenen Daten liegen könnte. Die Öffentlichkeit hingegen habe ein Kontrollrecht, weil es bei der Subventionsvergabe um die Vergabe öffentlicher Mittel gehe. -6-
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-6- Ohne Zugang zu den Informationen könne keine Kontrolle ausgeübt werden. Sie, die Klägerin,    könne   sich   auf  den   37.  Erwägungsgrund      sowie   auf   Art. 9    der Datenschutzrichtlinie berufen, wonach journalistische Arbeit abgesichert werden solle. Der Beklagte könne auch nicht unter Berufung auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse die Herausgabe von Daten im Hinblick auf juristische Personen verweigern. Subventionen würden nicht nach Wettbewerbsregeln, sondern nach rechtlichen Regeln zugeteilt, so dass Wettbewerbsgesichtspunkte keine Rolle spielten. Die Betroffenen könnten deshalb schon kein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung geltend machen. Jedenfalls würde bei einer Abwägung das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Informationen aus dem Grundsatz der Haushaltsöffentlichkeit überwiegen. Auch § 11 IFG- SH enthalte im Hinblick auf die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine Abwägungsklausel, für deren Anwendung vorliegend dasselbe gelte. Der Beklagte könne auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Daten nicht vorhanden seien, weil sie nicht in der erwünschten Form – als eine Liste von Einzelempfängern, die Förderungen aus mehreren Programmen bezögen - vorlägen; insoweit wäre er verpflichtet, mit geringem Aufwand eine neue Datenbank zu generieren, um ihrem Informationsanspruch nachkommen zu können. Der Einwand des Beklagten, es sei darüber hinaus zu aufwendig, aus 96.000 Einzeldatensätzen die erwünschten Informationen herauszufiltern, greife nicht, weil er zum einen zur Trennung von zu schützenden und nicht zu schützenden Daten nach § 15 IFG-SH verpflichtet sei und nach der Umweltinformationsrichtlinie dafür Sorge zu tragen habe, dass Informationen leicht zugänglich seien. Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Auskunft zu erteilen über Namen,       Betriebsnummern       sowie     Anschriften       von Einzelempfängern, die im Zeitraum 2002 bis 2004 Beihilfen (EU- Landwirtschaftsförderungen und Förderprogramme der Fischerei) von 50.000,- € pro Jahr oder mehr erhalten haben, einschließlich -7-
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-7- der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel („des Fördertopfes“). Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine im Bescheid vertretene Auffassung. Ein Anspruch auf Bekanntgabe der Informationen nach der Umweltinformationsrichtlinie bzw. dem nunmehr in Kraft getretenen UIG-SH scheitere schon an der Voraussetzung, dass es sich bei den begehrten Informationen über landwirtschaftliche Subventionen nicht um Umweltinformationen handele. Der Begriff der Umweltinformation werde bewusst begrenzt, so dass nicht jede Information, die im weitesten Sinne einen Bezug zur Umwelt habe, als Umweltinformation qualifiziert werden könne. Es bedürfe vielmehr einer hinreichend engen Beziehung zwischen der Maßnahme, auf die sich die Informationen bezögen, und der Umweltauswirkung. Daran fehle es hier. Ziel der Subventionierung von Landwirten sei die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft durch Förderung der Umstrukturierung, der Entwicklung und Innovation. Die Gelder bezweckten die ländliche Entwicklung, den Ausbau der landwirtschaftlichen Infrastruktur und die Förderung der Qualität der landwirtschaftlichen Produktionsverfahren und Erzeugnisse. Allein die bezweckte Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen könne deren Daten nicht zu Umweltinformationen machen. Die Offenlegung von staatlichen Geldleistungen für Landwirte könne nicht das Ziel erreichen, Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit zu schärfen und den Umweltschutz zu verbessern. Ungeachtet dessen wäre ein Antrag abzulehnen, weil die begehrten Informationen nicht vorhanden seien. Sie müssten erst erstellt werden. Insbesondere sei eine Trennung der Informationen in solche, die sich auf natürliche Personen und Ein-Mann-GmbH bezögen, und alle übrigen nur mit einem unverhältnismäßig großen, dem Beklagten nicht zumutbaren Aufwand möglich. Es lägen 96.000    Einzeldatensätze     vor, welche  u.   a.  Namen,   Adressen   und   erhaltene Fördersummen enthielten, jedoch keine Angaben über den Status des Empfängers als juristische oder natürliche Person. Diese Angaben seien in einer weiteren Datei aufgeführt. Ein Abgleich der Dateien müsste manuell erfolgen, da ein Computer- Programm, welches auch erst erstellt werden müsste, nicht erkennen könnte, ob ein Datum zu einer natürlichen oder ihr gleichstehenden Person gehöre und deshalb grundsätzlich nicht weitergegeben werden dürfe. Außerdem sei zu beachten, dass eine -8-
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-8- Trennung der vorhandenen Informationen vorliegend nicht ohne Verstoß gegen § 11 Abs. 1 des Landesdatenschutzgesetzes vorgenommen werden könnte, so dass sie deshalb nicht in Betracht komme. Die Trennung von Daten erfülle den Tatbestand des Verarbeitens von Daten; die Verarbeitung personenbezogener Daten sei nur in vier Fällen erlaubt, von denen vorliegend keiner eingreife. Bejahte man das Vorliegen einer Umweltinformation und das Vorhandensein der Daten, wäre ein Informationsanspruch dennoch zu verneinen. Mangels Vorliegen einer Zustimmung der Betroffenen wäre in jedem Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen. Hier überwiege das Interesse am Datenschutz der Betroffenen das Interesse der Klägerin, die Informationsrechte der Bürger zu erfüllen. Die von der Klägerin beabsichtigte Berichterstattung würde tief in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen eindringen. Dass die Landwirte Subventionen in rechtmäßiger Weise erhalten hätten, würde kaum wahrgenommen werden. Ein solcher Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen bliebe auch zu befürchten, wenn die Klägerin selbst einen sachlichen Artikel über die Subventionsvergabe schriebe, weil die so veröffentlichten Informationen anderen Journalisten als Grundlage für hetzerische Artikel dienen könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig. Insbesondere bedurfte es vor Klageerhebung nicht der Durchführung eines Vorverfahrens, weil der streitgegenständliche Antrag der Klägerin auf Informationserteilung von einer obersten Landesbehörde abgelehnt worden ist (vgl. § 68 Abs. 1    Nr.  1,   Abs.  2    VwGO).    Daran     ändert  auch    §  10    Abs.  2   des Umweltinformationsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 02. März 2007, GVOBl. 2007, 132 (im Folgenden: UIG-SH) nichts, wonach ein Widerspruchsverfahren auch dann durchzuführen ist, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist. Das erst nach Klageerhebung – am 16. März 2007 – in Kraft getretene Gesetz findet auf den vorliegenden Rechtsstreits zwar Anwendung, weil § 14 UIG-SH normiert, dass Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt worden sind, nach den Vorschriften dieses -9-
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-9- Gesetzes zu Ende zu führen sind. Dies führt aber nicht dazu, dass eine zulässig erhobene Klage durch eine nachträglich normierte Gesetzesänderung unzulässig wird. Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 10. Februar 2006 ist zwar rechtswidrig, für die beantragte Verpflichtung des Beklagten fehlt es jedoch an der erforderlichen Spruchreife (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat gemäß § 3 Satz 1 UIG-SH einen Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Antrages vom 30. März 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Nach § 3 UIG-SH hat jede Person ein Recht auf freien Zugang zu den Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Die Klägerin begehrt Information betreffend Namen, Betriebsnummern sowie Anschriften von    Einzelempfängern,     die  im   Zeitraum   2002    bis  2004   Beihilfen  aus   EU- Landwirtschaftsförderprogrammen und Förderprogrammen der Fischerei in Höhe von 50.000,-- € pro Jahr oder mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel. Die Klägerin hat insoweit einen hinreichend bestimmten Antrag im Sinne von § 4 UIG-SH gestellt. Dieser war an die informationspflichtige Stelle, den Beklagten, gerichtet. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG-SH sind u. a. informationspflichtige Stellen Behörden des Landes. Eine solche ist der Beklagte (vgl. §§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz). Bei den von der Klägerin angefragten Informationen handelt es sich auch um Umweltinformationen. Nach § 2 Abs. 3 UIG-SH sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Aufzeichnungen über u. a. 1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen, 2. Faktoren, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken; hierzu gehören insbesondere Stoffe, Energie, - 10 -
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- 10 - Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, 3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die a) sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; dazu gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Vereinbarungen, Pläne und Programme. Die begehrten Informationen beziehen sich auf Maßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG-SH, die sich auf die Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Obwohl Auskunft über gewährte Geldleistungen verlangt wird, die sich allenfalls mittelbar auf die Umwelt auswirken können, handelt es sich um Maßnahmen in vorstehendem Sinne. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 25. März 1999 (BVerwGE 108, 369 ff.) zum UIG-Bund - a.F., entschieden, dass die Gewährung von Umweltsubventionen nicht deswegen dem freien Informationszugang entzogen seien, weil die Verbesserung der Umweltsituation nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar durch die Unterstützung privater Aktivitäten erreicht werde. Das Kriterium der Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit des Umweltschutzes sei nicht im UIG genannt. Während nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG-Bund - a.F. nur Tätigkeiten oder Maßnahmen mit zugrundeliegender umweltschützender Zielsetzung erfasst waren, normiert § 2 Abs. 3 Nr. 3a   UIG-SH,      dass   ein  Auswirken   oder    wahrscheinliches  Auswirken   auf    die Umweltbestandteile ausreiche. Schließlich spricht für die Auffassung, dass ein lediglich mittelbarer Bezug als ausreichend anzusehen ist, die Formulierung des Gesetzes in § 2 Abs. 3 letzter Halbsatz UIG-SH, wonach auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Vereinbarungen, Pläne und Programme zu Maßnahmen und Tätigkeiten im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG-SH gehören. Diese erzielen - ebenso wie Subventionen - erst eine unmittelbare Auswirkung auf die Umwelt, wenn sie umgesetzt werden. Die Subventionierung von Landwirtschaft und Fischerei stellt eine Unterstützung privater Aktivitäten dar, die sich insbesondere auf den Zustand von Wasser, Boden, Land und Landschaft auswirken kann. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Begriff der Umweltinformation bei vorgenommener Auslegung uferlos wäre, weil sich jede wirtschaftliche Betätigung in irgendeiner Weise auf die Umwelt auswirken      kann.   Zwischen    der  streitgegenständlichen    Maßnahme,    d.h.    der Subventionierung von Landwirtschaft und Fischerei und deren Auswirkung auf die Natur - 11 -
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