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Aktenzeichen
4 B 391/07
Datum
6. Juni 2007
Gericht
Verwaltungsgericht Greifswald
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)
Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V)

Beschluss: Verwaltungsgericht Greifswald am 6. Juni 2007

4 B 391/07

Das Verwaltungsgericht lehnt einen Antrag auf einstweilige Anordnung zur Verpflichtung der Vorlage von Unterlagen aus einem laufenden Verfahren zur Aufstellung eines Regionalplans ab. Neben der fehlenden Eilbedürftigkeit steht auch der Ausnahmetatbestand des Informationsfreiheitsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern zum Schutz des Erfolgs einer bevorstehenden Entscheidung dem Informationszugang entgegen. Auch auf der Grundlage des Landes-Umweltinformationsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern ist das behördeninterne Planungsstadium geschützt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Konkurrierende Rechtsvorschriften Gefährdung des Erfolgs behördlicher Maßnahmen Entwürfe oder Vorarbeiten

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Verwaltungsgericht Greifswald

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Aktenzeichen

4 B 391/07

 

Beschluss

In der Verwaltungsstreitsache

 

- Antragstellerin -

gegen

 

- Antragsgegner -

Prozessbevollmächtigte:

 

wegen

Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz

hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Greifswald

am 06. Juni 2007

durch
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die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Aussprung,
den Richter am Verwaltungsgericht Stratmann und
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Amelsberg
beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf € 5.000,- festgesetzt.

Gründe;

 

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen aus dem Bereich der
erneuerbaren Energien und projektiert, errichtet und betreibt
Windparkprojekte vor allem im Gebiet der neuen Bundesländer. Der

Antragsgegner ist damit betraut, einen Regionalplan für die

Planungsregion MGCEEEEHESEHHEEEEEEEEEEEe zu erstellen.

Mit Schreiben vom 26.09.2006 beantragte die Antragstellerin vom
Antragsgegner Zugang zu Informationen über alle Unterlagen im

Zusammenhang mit der Erstellung des Regionalplans.

Mit Bescheid vom 27.10.2006 lehnte der Antragsgegner den Antrag im
wesentlichen mit der Begründung ab, es handele sich bei den
vorliegenden Unterlagen derzeit lediglich um interne
Arbeitsgrundlagen und somit sei nur ein Entwurfstadium erreicht.
Mit Schriftsatz vom 20.11.2006 legte die Antragstellerin
Widerspruch ein und rief gleichzeitig den Landesbeauftragten für
Datenschutz an. Am 07.12.2006 fand beim Antragsgegner ein Treffen
der Parteien statt, bei dem der Antragsgegner teilweise den
derzeitigen Planungsstand und Eckpunkte des allgemeinen Vorgehens
mündlich darlegte. Das Anfertigen einer Abschrift der erläuterten

oder auch anderer Unterlagen wurde vom Antragsgegner abgelehnt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2007 wies der Antragsgegner den

Widerspruch der Antragstellerin zurück.
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Die Antragstellerin hat am 23.03.2007 zum Aktenzeichen 4 A 390/07
Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist und

gleichzeitig um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, als
Windparkprojektierer sei die Antragstellerin frühstmöglich auf
Informationen über mögliche Standorte angewiesen, insbesondere vor
dem Hintergrund langwieriger Genehmigungsphasen und schwieriger
Verhandlungen mit Grundstückseigentümern. Ihr stehe ein Anspruch
auf die begehrten Informationen sowohl nach dem
Informationsfreiheitsgesetz als auch nach dem
Umweltinformationsgesetz zu. Dabei seien vor allem der Entwurf der
Regionalplanung hinsichtlich der Vorrang- und Eignungsgebiete für
Windenergieanlagen von Interesse; ebenso erwünscht seien Auskünfte
über den aktuellen Stand eventuell neu vorgesehener
Abstandskriterien, damit sich die Antragstellerin selbst ein Bild
über mögliche genehmigungsfähige Standorte machen könne.
Ausschlussgründe könnten die Bekanntgabe der begehrten
Informationen nicht vereiteln. Der Erfolg einer Regionalplanung
liege in der Raumordnung und könne nicht von einer Geheimhaltung

des Verfahrens abhängen.

Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben, da die Antragstellerin nicht
auf den Abschluss des verwaltungsgerichtlichen
Hauptsacheverfahrens verwiesen werden könne. Bis zum Abschluss des
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wäre das Verfahren der
Aufstellung des Regionalplans abgeschlossen und eine Einsichtnahme

in die Unterlagen nicht mehr möglich.
Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung nach $ 123
Abs. 1 VwGO zu verpflichten, der Antragstellerin Zugang zu den,
dem Antragsgegner vorliegenden Unterlagen im Rahmen der
Aufstellung des Regionalplans (insbesondere vorliegende
Entwürfe, Planungsstände, Stellungnahmen, Auswahlkriterien) zu

gewähren.
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Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, soweit die Antragstellerin die
Einsichtnahme in Entwürfe zu Gebietsvorschlägen für zukünftige
Eignungsgebiete für Windenergieanlagen einsehen bzw. Kopien davon
haben möchte, stehe dem S 6 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz
entgegen. Darin werde ein behördlicher
Entscheidungsfindungsprozess geschützt. Die Planung sei mit
erheblicher gesellschaftlicher Unruhe verbunden. Die regionalen
Planungsverbände hätten daher kein Interesse daran, dass der
Wiederstand der Bevölkerung gegen die Planung schon in einer
Phase, in der noch nicht einmal genau fest liege, mit welcher
Eignungsgebietskulisse das Verfahren eröffnet werden solle,
übermäßig groß werde. Denn gerade um neue Windeignungsgebiete
auszuweisen bedürfe es eines breiten gesellschaftlichen Konsenses.
Deshalb würde durch ein Bekanntwerden einer noch nicht einmal von
einem einzigen Verbandsorgan gebilligten Eignungsgebietskulisse
der Erfolg der Entscheidung vereitelt. Selbstverständlich werde
die Antragstellerin im Aufstellungsverfahren nach dem
Landesumweltinformationsgesetz beteiligt. Die Ausschluss- und

Abstandskriterien sind diesem Schriftsatz beigefügt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird

auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Soweit die Antragstellerin
Informationen über die Ausschluss- und Abstandskriterien begehrt,
ist der Antragsteller diesem Auskunftsbegehren mit den Anlagen zum
Schriftsatz vom 30.03.2007 nachgekommen. Insoweit hat sich das
verfahren erledigt und es besteht kein Rechtschutzinteresse der

Antragstellerin mehr.

Nach $ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige
Anordnung in Form der sog. Regelungsanordnung zur Regelung eines

vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
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treffen, wenn diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsver-
hältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Ge-
walt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu
sind nach 85 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. 8 920 ZPO der zu sichernde An-
spruch (Anordnungsanspruch) und der Grund, weshalb der Erlass ei-
ner einstweiligen Anordnung geboten ist (Anordnungsgrund), glaub-
haft zu machen. Zielt der Antrag - wie hier - auf eine Vorwegnahme
der Hauptsache, kommt eine einstweilige Anordnung nur dann in Be-
tracht, wenn der Antragsteller unzumutbar schweren, anders nicht
abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechts-
kräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde und
in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten beste-

hen.

Der Antrag verstößt gegen das Verbot der Vorwegnahme der
Hauptsache. Denn die Antragstellerin hat nicht glaubhaft machen
können, welche unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren
Nachteile ihr drohen, wenn sie auf das Hauptsacheverfahren
verwiesen würde. Nach Darstellung des Antragsgegners befindet sich
das Verfahren zur Aufstellung des Regionalplans in seinem
Zuständigkeitsbereich in einem frühen Stadium, in dem lediglich
eine interne Skizze über die Gebietskulissen vorliegt. Bisher ist
noch keinem Verbandsgremium eine etwaige Gebietskulisse zur
Billigung vorgelegt worden. Der Antragsgegner verweist die
Antragstellerin zu Recht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung nach $
9 Abs. 3 des Gesetzes über die Raumordnung und Landesplanung des
Landes Mecklenburg-Vorpommern - Landesplanungsgesetz (LPlG) - in
der Fassung der Bekanntmachung vom 05.05.1998 zuletzt geändert
durch Gesetz vom 14.07.2006 (GVOBl. S. 160). Danach wird die
Antragstellerin wie ihre Mitbewerber am Markt frühzeitig und auch
noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens im
Planaufstellungsverfahren beteiligt und hat die Möglichkeit, ihre
Vorstellungen in den Entscheidungsfindungsprozess einfließen zu
lassen. Der Antragsgegner hat deutlich gemacht, dass er um
Gleichbehandlung der Anbieter von Windenergieanlagen bemüht ist.
Ein etwaiger Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitkonkurenten ist im

Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens nicht schutzwürdig.

Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass auch der
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Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden ist. Der
grundsätzlich nach $ 4 Informationsfreiheitsgesetz v. 10.07.2006 -
IFG M-V - (GVOBl. S. 556) bestehende Anspruch auf
Informationsfreiheit wird vorliegend nach $ 6 Abs. 1 IFG M-V
eingeschränkt. Danach ist der Antrag auf Zugang zu Informationen
abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten und
Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und so
lange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Information der Erfolg
der Entscheidung vereitelt würde. Der Antragsgegner hat danach
eine gerichtlich nur uneingeschränkt überprüfbare
Prognoseentscheidung zu treffen. Er hat dargelegt, dass gerade die
Ausweisung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen in der
Öffentlichkeit ein sensibles Thema ist, das eines breiten
gesellschaftlichen Konsenses bedarf, so dass Widerstand in der
Bevölkerung in einer sehr frühen Planungsphase, in der die genaue
Eignung der Gebiete noch nicht festliege, den Erfolg der

Entscheidung vereiteln könnte, was nicht zu beanstanden ist.

Aus S 6 Abs. 1 IFG M-V folgt aber auch, dass, sobald dieses
Verfahrensstadium abgeschlossen ist, ein Anspruch auf Einsicht in

derart frühe Vorentwürfe bestehen kann.

Ein weitergehender Anspruch folgt nicht aus 5 3 des Gesetzes über
den Zugang zu Umweltinformationen in M-V vom 14.07.2006 (GVOBl. S.
568) - LUIG M-V - i.V.m. $ 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2
Umweltinformationsgesetz. Auch danach ist das behördeninterne

Planungsstadium geschützt.

Die Kostenentscheidung folgt aus $ 154 Abs. 1 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf SS 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung:;

I.
Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde zu.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der
Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Greifswald, Domstraße 7,
17489 Greifswald, schriftlich einzulegen.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der
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Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht
bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Ober-
verwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Domstraße 7, 174839
Greifswald, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag ent-
halten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern
oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung
auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die
dargelegten Gründe.

II.

Gegen den Beschluss zu 2. kann schriftlich oder zu Protokoll der
Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Greifswald, Domstraße
7, 17489 Greifswald, Beschwerde eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes € 200,-- übersteigt oder das
Verwaltungsgericht die Beschwerde in dem Beschluss zugelassen hat.
Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die
Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das
Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später
als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so
kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder
formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

III.

Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit
er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hoch-
schulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevoll-
mächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des Öffentlichen
Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte
mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren
Dienst vertreten lassen. Gebietskörperschaften können sich auch
durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der
zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied angehören,
vertreten lassen.

In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehin-
dertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angele-
genheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Oberverwaltungsge-
richt als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte
von Verbänden im Sinne des S$S 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialge-
richtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft
Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.

In Abgabenangelegenheiten sind als Prozessbevollmächtigte auch
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.

In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des 5 52 Nr. 4
VwGO betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in
Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen
oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des $ 5
des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich
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Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Oberverwaltungsgericht als
Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Ge-
werkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht
zur Prozessvertretung befugt sind.

Aussprung Stratmann Dr. Amelsberg

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