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Aktenzeichen
7 K 1581/06
Datum
3. Mai 2007
Gericht
Verwaltungsgericht Minden
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Minden am 3. Mai 2007

7 K 1581/06

Das Protokoll der nicht öffentlichen Sitzung einer kommunalen Zweckverbandsversammlung ist auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen nur im Hinblick auf das Beratungsgeheimnis geheim zu halten; die im Protokoll enthaltenen Informationen zum Beratungsergebnis sind nicht geschützt und als Kopie herauszugeben. (Quelle: LDA Brandenburg)

Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess)

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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                              Seite 1 von 8 Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06 Datum:                   03.05.2007 Gericht:                 Verwaltungsgericht Minden Spruchkörper:            7. Kammer Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            7 K 1581/06 Tenor:                   Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.02.2006 verpflichtet, dem Kläger Ablichtungen des Sitzungsprotokolls der Zweckverbandsversammlung vom 07.02.2006 - nicht öffentlicher Teil - TOP 5 - ab dem mit den Worten "Nach weiterer Diskussion der Thematik...." beginnenden Absatz zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand:                                                                                 1 Die Beteiligten streiten um Einsicht in Unterlagen im Zusammenhang mit der                  2 fristlosen Kündigung des Chefarztes Dr. T. durch die T1. . Q. -I. X. gGmbH in X. . Das T1. . Q. -I. in X. wurde bis Ende 2003 vom Beklagten, einem kommunalen Zweckverband nach dem GkG NRW, betrieben. Träger des Zweckverbandes sind zu 60% der Kreis Höxter und zu 40% die Stadt X. . Im August 2004 übertrug der Beklagte den gesamten Krankenhausbetrieb im Wege der Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz auf die T1. . Q. -I. X. gGmbH, die zeitgleich gegründet wurde. Seitdem beschränkt sich die Rolle des Beklagten darin, den Gesellschaftsanteil an der gGmbH zu halten. In der Gesellschafterversammlung wird der Beklagte als Gesellschafter durch seinen Verbandsvorsteher vertreten. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                             Seite 2 von 8 Ab 01.04.2005 wurde Herr Dr. C. -T2. zum Geschäftsführer der T1. . Q. -I. X.               3 gGmbH bestellt. In dieser Funktion kündigte er Herrn Dr. T. im Juli und August 2005 zweimal fristlos. Ende Oktober 2005 wurde die gynäkologische Abteilung des Herrn Dr. T. im T1. . Q. Krankenhaus geschlossen. Mehrere Kündigungsschutzprozesse vor dem Arbeitsgericht Q1. gingen zugunsten von Herrn Dr. T. aus. Der Kläger ist Rechtsanwalt in München. Er stammt aus X. , hat dort noch einen             4 Zweitwohnsitz und hat die Vorgänge um die fristlose Kündigung von Herrn Dr. T. verfolgt. Weil ihn diese Vorgänge empörten, richtete er eine Petition vom 12.12.2005 an den Kreistag I1. und den Bürgermeister der Stadt X. . Mit der Petition wollte der Kläger erreichen, dass der Rat der Stadt X. die fristlose Kündigung von Herrn Dr. T. durch die T1. . Q. -I. X. gGmbH rügt, Herrn Dr. T. für seine langjährige gute Arbeit dankt, sich gegen die Schließung der gynäkologischen Abteilung des T1. . Q. Krankenhauses ausspricht, sich für eine angemessene arbeits- und zivilrechtliche Entschädigung des Herrn Dr. T. ausspricht, den Vorsitzenden des Beklagten und den Aufsichtsratsvorsitzenden der T1. . Q. -I. X. gGmbH bittet, etwaige weitere Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung des Krankenhauses zu untersuchen und Bericht zu erstatten, und die Presse ermutigt, über mögliche Missstände zu berichten. Der Kläger legte in seiner Petition ausführlich dar, aus welchen Gründen er davon ausgehe, dass Herr Dr. T. völlig zu Unrecht fristlos entlassen worden sei. Er sieht Parallelen zum Regime der DDR, das unliebsame Personen kaltgestellt und auch Herrn Dr. T. aufgrund dessen oppositioneller Aktivitäten 1984 ausgebürgert hatte, und möchte Herrn Dr. T. rehabilitiert wissen. Der Bürgermeister der Stadt X. und der Kreistag I1. leiteten die Petition an den           5 Beklagten weiter, der darüber am 07.02.2006 in nichtöffentlicher Sitzung beriet und die darin erhobenen Vorwürfe und Forderungen zurückwies. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 09.02.2006 beim Beklagten, ihm das                 6 Protokoll der Sitzung der Zweckverbandsversammlung vom 07.02.2006, den dabei zu seiner Petition erstatteten Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden, die dem Bericht zugrunde liegenden Verwaltungsvorgänge und sämtliche Aktenvorgänge, die sich auf die fristlose Kündigung des Herrn Dr. T. beziehen, in Kopie zu übersenden. Er stellte klar, dass sich der Antrag auch auf solche Aktenvorgänge beziehe, die möglicherweise ausschließlich im Bestand der T1. . Q. -I. X. gGmbH geführt würden. Der Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 20.02.2006 ab, dem Kläger die                      7 gewünschten Informationen zu übersenden. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Der Zugang zum Protokoll der Zweckverbandsversammlung des Beklagten vom 07.02.2006 sei nach § 7 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen, weil Personalangelegenheiten - hier: Kündigungsverfahren des Herrn Dr. T. - immer in nichtöffentlicher Beratung behandelt würden und die Beratung daher vertraulich sei. Dasselbe gelte für den dazu erfolgten Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden der T1. . Q. -I. X. gGmbH. Die Verwaltungsvorgänge zur Entlassung des Herrn Dr. T. beträfen ein internes Verfahren der T1. . Q. -I. X. gGmbH. Diese nehme insoweit jedoch keine öffentlich-rechtlichen Aufgaben wahr, weil ihr diese Aufgaben nicht gesetzlich zugewiesen seien. Die Träger des Krankenhauszweckverbandes, die Stadt X. und der Kreis I1. , seien nicht verpflichtet, ein Krankenhaus zu betreiben. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                            Seite 3 von 8 Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 01.03.2006 Widerspruch ein. Darin              8 beantragte er zusätzlich, ihm sämtliche Verwaltungsvorgänge, die sich im Aktenbestand des Beklagten oder auch des Kreises I1. befänden und die sich mit der Kündigung von Herrn Dr. T. befassten, in Kopie zuzusenden. Er machte geltend, dass Sitzungen kommunaler Gremien grundsätzlich öffentlich seien. Die Personalangelegenheit des Herrn Dr. T. sei schon insgesamt Gegenstand öffentlicher Erörterungen gewesen, weil es mehrere öffentliche Sitzungen des Arbeitsgerichts Q1. gegeben habe und weil darüber in der Presse berichtet worden sei. Daher habe die Petition nicht hinter verschlossenen Türen beraten werden dürfen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit habe wohl nur dazu gedient, die für die Verantwortlichen peinliche Angelegenheit möglichst lautlos "abzubügeln". § 7 Abs. 1 IFG NRW könne nicht für rechtswidrigerweise vertrauliche Beratungen gelten, weil es die Verwaltung sonst in der Hand hätte, dadurch den Informationsanspruch auszuhebeln. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006                 9 zurück. Er führte aus, dass der Umstand, dass die Kündigungsangelegenheit des Herrn Dr. T. öffentlich vor dem Arbeitsgericht Q1. verhandelt worden und Gegenstand der Presseberichterstattung gewesen sei, dem Ausschlussgrund des § 7 Abs. 1 IFG NRW nicht entgegenstehe. Gegenstand der Petition des Klägers seien keine Sachverhalte gewesen, die im Kündigungsschutzverfahren des Herrn Dr. T. behandelt worden seien. Der Kläger habe mit seiner Petition vielmehr eine Äußerung quasi parlamentarischer Gremien zur Entlassung begehrt und damit auf den inneren Meinungsbildungsprozess der T1. . Q. -I. X. gGmbH abgezielt. Im Übrigen würden Personalangelegenheiten zum Schutz des betroffenen Mitarbeiters immer in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt. Der erweiterte Antrag des Klägers sei ebenfalls abzulehnen. Der Beklagte habe keine eigenen Verwaltungsvorgänge zum Kündigungsverfahren des Herrn Dr. T. . Diese befänden sich ausschließlich beim ehemaligen Arbeitgeber, der T1. . Q. - I. X. gGmbH. Soweit der Kläger Akten des Kreises I1. einsehen wolle, sei der Beklagte nicht zuständig. Soweit er wisse, führe aber auch der Kreis I1. keine Verwaltungsvorgänge über Personalangelegenheiten des Herrn Dr. T. . Am 20.04.2006 hat der Kläger Klage erhoben. Nachdem der Beklagte in der                  10 mündlichen Verhandlung erklärt hatte, dass es keine weiteren Anlagen zum Tagesordnungspunkt der nicht öffentlichen Sitzung betreffend die Petition des Klägers gibt, haben die Beteiligten das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor: Es gehe ihm um Einsicht in alle           11 Unterlagen des Beklagten und der T1. . Q. -I. X. gGmbH, die sich mit der Kündigung des Herrn Dr. T. befassten. Der Beklagte habe über seine Petition in missbräuchlicher Weise nichtöffentlich beraten und könne ihm daher nicht den Ausschlussgrund vertraulicher Beratungen entgegenhalten. Nach § 9 Abs. 7 der Satzung des Beklagte seien die Sitzungen in Personalangelegenheiten zwar nichtöffentlich. Hier habe jedoch keine Personalangelegenheit vorgelegen. Seine Petition beziehe sich nur auf schwere Missstände des ehemaligen Geschäftsführers der T1. . Q. -I. X. gGmbH, der Herrn Dr. T. habe loswerden wollen, wobei der Verbandsvorsitzende des Beklagten beteiligt gewesen sei. Er, der Kläger, habe die Petition zunächst an die Vertretungsorgane der beiden Gesellschafter der T1. . Q. -I. X. gGmbH gerichtet, nämlich an den Kreistag I1. und den Rat der Stadt X. . Diese hätten die Petition an den Beklagten weitergeleitet. Der Begriff der Personalangelegenheit müsse unter Berücksichtigung von § 48 Abs. 2 GO NRW und unter Berücksichtigung des http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                           Seite 4 von 8 Grundsatzes der Öffentlichkeit ausgelegt werden. Der Begriff umfasse nur solche Entscheidungen, die sich auf Maßnahmen bezögen, die Beamte oder Angestellte der jeweils entscheidenden Körperschaft des öffentlichen Rechts seien. Nur wenn über Personal entschieden werde, dessen Personalakte beim Rechtsträger des entscheidenden Organs geführt werde, handele es sich um eine Personalangelegenheit, und auch nur dann, wenn es darum gehe, ein Personalverhältnis zu begründen, zu verändern oder zu beenden. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Weder sei der Beklagte Arbeitgeber des Herrn Dr. T. gewesen, noch sei es um dessen Angestelltenverhältnis gegangen. Die Petition habe nur dem Zweck gedient, dass die Kontrollorgane der Gesellschafter der Krankenhaus-GmbH die für die Personalentscheidungen zuständige Geschäftsführung der Gesellschaft kontrollierten. § 9 IFG NRW stehe dem Akteneinsichtsrecht nicht entgegen, weil Herr Dr. T. ausdrücklich eingewilligt habe, dass er etwaige personenbezogene Daten einsehen könne. Der Kläger legt eine entsprechende Erklärung des Herrn Dr. T. vor. Darin legt           12 Herr Dr. T. dar, dass ihn einiges im Zusammenhang mit seiner Kündigung an Stasi-Methoden erinnere (Einschüchterung der Mitarbeiter, Diffamierung, rechtswidrige Durchsuchungen). Soweit sich die Klage auch gegen die Krankenhaus T1. . Q. I. X. gGmbH richtet -         13 Schriftsatz des Klägers vom 23.04.2007 -, hat die Kammer das Verfahren mit Beschluss vom 03.05.2007 getrennt. Dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 7 K 966/07 fortgeführt. Soweit sich das Klagebegehren - Erklärung in der mündlichen Verhandlung - auf den öffentlichen Teil der Sitzung vom 07.02.2006 bezieht, hat die Kammer das Verfahren mit Beschluss vom 03.05.2007 ebenfalls getrennt. Dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 7 K 968/07 fortgeführt. Der Kläger beantragt nunmehr noch,                                                      14 den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20.02.2006 in der                   15 Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 zu verpflichten, an ihn Kopien folgender Unterlagen auszuhändigen: Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung der Zweckverbandsversammlung vom                16 07.02.2006 und die Sitzungsvorlage, soweit sie den Tagesordnungspunkt betreffen, der sich mit der Petition des Klägers betreffend die Entlassung des Dr. T. befasst. Der Beklagte beantragt,                                                                 17 die Klage abzuweisen.                                                                   18 Er trägt vor, dass der Beklagte gar nicht zuständig für die Befassung mit der           19 Petition des Klägers gewesen sei, weil die das Krankenhaus betreffenden Angelegenheiten eigenverantwortlich und selbstständig von der Geschäftsführung sowie dem Aufsichtsrat der T1. . Q. -I. X. gGmbH bewältigt würden. Die Gesellschafterversammlung sei weder bei der Frage der Einstellung von Herrn Dr. T. noch bei der Frage der Kündigung eines Chefarztes in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen. Da der Kläger schon keinen Anspruch darauf gehabt habe, dass sich der Beklagte überhaupt mit der Petition befasse, besitze er auch kein Recht, Auskunft über diesen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                            Seite 5 von 8 Beratungsgegenstand zu bekommen, zumal der Beklagte insoweit nicht als Behörde gehandelt habe. Es handele sich im Übrigen sehr wohl um eine Personalangelegenheit. Die Verbandsversammlung habe sich nämlich den Sachverhalt sowie die tragenden Gründe, die zur fristlosen Kündigung geführt hätten, erläutern lassen. Solche Gegenstände müssten vertraulich behandelt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug                   20 genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten. Entscheidungsgründe:                                                                     21 Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben,         22 ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger beantragt, ihm Kopien der                    23 Sitzungsvorlage für den Tagesordnungspunkt auszuhändigen, der sich mit seiner Petition wegen der Entlassung des Herrn Dr. T. befasst. Denn der Kläger hat hinsichtlich dieser Unterlagen vor Klageerhebung keinen Antrag beim Beklagten gestellt, auch ist kein Vorverfahren nach § 68 VwGO durchgeführt worden. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen           24 Umfang begründet. Der Kläger besitzt nur teilweise einen Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW gegen             25 den Beklagten auf Akteneinsicht in das Protokoll der Zweckverbandsversammlung vom 07.02.2006 - Behandlung der Petition des Klägers. Nach § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses                   26 Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Der Beklagte ist eine Stelle i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW. Nach dieser               27 Vorschrift gilt dieses Gesetz für die Verwaltungstätigkeit u.a. der Gemeindeverbände. Nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG) i.V.m. § 1 der Satzung des Beklagten vom 21.09.2005 ist der Beklagte als Zweckverband ein Gemeindeverband. Er unterliegt daher grundsätzlich den Regelungen des IFG NRW. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW ist weit           28 auszulegen. Während § 1 Abs. 1 VwVfG NRW die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf die "öffentlich-rechtliche" Verwaltungstätigkeit beschränkt, beinhaltet der in § 2 Abs. 1 IFG NRW gewählte Begriff der Verwaltungstätigkeit keine solche Einschränkung. Für die Annahme einer Verwaltungstätigkeit im Sinne dieser Regelung ist daher nicht auf die Rechtsform der Tätigkeit, sondern allein darauf abzustellen, dass die Tätigkeit sich als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe - im Gegensatz zu Rechtsprechung und Rechtssetzung - darstellt. In welcher Rechtsform die Verwaltungsaufgabe erfüllt wird, ist http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                             Seite 6 von 8 unerheblich. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit beschränkt den Informationszugang auch nicht auf solche Informationen, die ein nach "außen" gerichtetes Verwaltungshandeln betreffen. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.05.2006 - 8 A 1642/05 -, NWVBl. 2006, 292 und                 29 Beschlüsse vom 19.06.2002 - 21 B 589/02 -, NWVBl. 2002, 441 = NVwZ-RR 2003, 800 und vom 31.01.2005 - 21 E 1487/04 -, NJW 2005, 2028 = DÖV 2005, 832. Nach diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Beklagten - Verwaltung der                    30 Gesellschaftsanteile der T1. . Q. -I. X. gGmbH gemäß § 2 Abs. 2 Buchstabe a der Satzung des Beklagten vom 21.09.2005 - eine Verwaltungstätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW. Denn sie ist weder Rechtsprechung noch Rechtsetzung. Außerdem ist der Betrieb eines Krankenhauses grundsätzlich eine öffentliche Aufgabe. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 3 Satz 2 Krankenhausgesetz NRW. Danach sind Gemeinden und Gemeindeverbände - wie der Beklagte - verpflichtet, Krankenhäuser zu errichten und zu betreiben, falls sich kein anderer geeigneter Träger findet, kreisangehörige Gemeinden jedoch nur, wenn sie die erforderliche Finanzkraft besitzen. Der Betrieb eines Krankenhauses durch eine Gemeinde bzw. durch den Beklagten als Gemeindeverband nach den §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 GkG wird auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3. Spiegelstrich GO NRW als Betrieb einer öffentlichen Einrichtung angesehen. Dass sich der Beklagte, der das T1. . Q. - I. bis zum Ende des Jahres 2003 noch selbst betrieb, sich nun dazu einer gGmbH bedient, ändert nichts daran, dass der Betrieb des Krankenhauses eine öffentliche Aufgabe des Beklagten ist, die öffentlichen Zwecken - nämlich dem Gesundheitswesen - dient. Die Befassung mit einer Petition, die den Betrieb des Krankenhauses betrifft, gehört daher ebenfalls zur öffentlichen Verwaltung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 IGF NRW. Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19.06.2002 a.a.O., zur Einsicht in                       31 Bautagebücher einer Gemeinde, die sich für die Durchführung von Straßenbaumaßnahmen privater Bauunternehmer bediente. Die vom Kläger gewünschten Informationen sind nach den Angaben des                        32 Beklagten auch bei ihm vorhanden i.S.d. § 4 Abs. 1 IFG NRW. Einem Anspruch des Klägers auf Einsicht in den nichtöffentlichen Teil des                 33 Protokolls der Zweckverbandsversammlung des Beklagten vom 07.02.2006, soweit es seine Petition betrifft, steht allerdings teilweise § 7 Abs. 1 IFG NRW entgegen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen u.a. für "Protokolle vertraulicher Beratungen". Zum Begriff "vertrauliche Beratungen" i.S.v. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Richtlinie 2003/4/EG und § 7 Abs. 1 Fallvariante 3 IFG NRW hat das OVG NRW im Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 2190/04 -, GewArch 2006, 468 = UPR 2007, 39, Folgendes ausgeführt: "Der Begriff der Beratungen im Sinne dieser Bestimmung ist bezogen auf den                34 Zweck der Regelung, die interne Willensbildung insbesondere im behördlichen Bereich zu schützen, http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                             Seite 7 von 8 vgl. Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Teil A, § 7 UIG Rn. 50;                    35 Reidt/Schiller, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Teil II Nr. 3, § 8 UIG Rn. 21, dahingehend zu konkretisieren, dass von ihm nur die Beratungs- und                        36 Abwägungsvorgänge, d.h. der Beratungsprozess oder -verlauf selbst, nicht aber die den Beratungen zugrunde liegenden, bereits zuvor vorliegenden Sachinformationen, über die beraten wird (Beratungsgegenstand wie etwa die zur Entscheidung führenden Tatsachen), oder auch die Beratungsergebnisse (wie etwa Gutachten, die die tatsächlichen oder rechtlichen Entscheidungsgrundlagen zusammenstellen), erfasst sind. Vgl. OVG Schl.-H., Urteil vom 15. September 1998 - 4 L 139/98 -, DVBl. 1999,              37 250 = NVwZ 1999, 670; Fluck/Theuer, a.a.O., § 7 UIG Rn. 58; Reidt/Schiller, a.a.O., § 8 UIG Rn. 21; Schrader, in: Schomerus/Schrader/Wegener, UIG- Handkommentar, 2. Aufl. 2002, § 7 Rn. 9. Ausgehend davon handelt es sich bei den im vorliegenden Zusammenhang in                   38 Rede stehenden Passagen aus den Sitzungsniederschriften durchgängig um die Wiedergabe von Beratungen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a RL 2003/4/EG, da es sich dabei in allen Punkten um die Niederlegung von Wortbeiträgen der Sitzungsteilnehmer im Zusammenhang mit der Behandlung der Grundwasserproblematik handelt. Die Passagen beinhalten sämtlich Angaben zum Beratungsverlauf und geben weder einen Beratungsgegenstand noch ein Beratungsergebnis wieder. Vgl. ebenso für Beratungen in Angelegenheiten im Rat einer Gemeinde, bei                  39 denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist: Reidt/Schiller, a.a.O., § 8 UIG Rn. 23; Schrader, a.a.O., § 7 Rn. 9." Nach diesen Maßstäben beinhaltet das Protokoll zu Ziffer 5. über die Sitzung der          40 Verbandsversammlung vom 07.02.2006 teilweise Protokolle von Beratungen. Die ersten 4 Absätze des Tagesordnungspunktes 5. sind Beratungen i.S.d. § 7 Abs. 1 IFG NRW, nämlich inhaltliche Wortbeiträge von Sitzungsteilnehmern zur Petition des Klägers, denen zu entnehmen ist, welcher Sitzungsteilnehmer sich überhaupt bzw. in welcher Weise zur Petition des Klägers geäußert hat. Die folgenden Absätze - ab den Worten "Nach weiterer Diskussion der Thematik..." - geben demgegenüber keine Wortbeiträge, sondern im Wesentlichen nur das Beratungsergebnis wieder, sind also nicht durch § 7 Abs. 1 IFG NRW geschützt. Die Beratung war vertraulich i.S.d. § 7 Abs. 1 IFG NRW. Nach § 9 Abs. 7 Satz 1            41 der Satzung des Beklagten vom 21.09.2005 sind Sitzungen der Verbandsversammlung mit Ausnahme von Grundstücks- und Personalangelegenheiten öffentlich. Dass die Zweckverbandsversammlung die Petition des Klägers als Personalangelegenheit eingestuft hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Petition betrifft in wesentlichen Teilen eine Personalangelegenheit, also das Anstellungsverhältnis, zwischen Herrn Dr. T. und der T1. . Q. -I. X. gGmbH, so z.B. hinsichtlich der Frage der Kündigungsgründe (Ziffer 1) und der Entschädigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ziffer 3). Sie gründet sich auf die Darstellung des Klägers, dass die Kündigung des Herrn Dr. T. rechtswidrig war, und betrifft massive Vorwürfe des Herrn Dr. T. gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber, auf die der Rat der Stadt X. bzw. der Kreistag I1. reagieren sollte. Dass Herr Dr. T. nicht beim Beklagten selbst angestellt war, ändert an der Einordnung der Petition als http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1581/06                                             Seite 8 von 8 Personalangelegenheit nichts, weil § 9 Abs. 7 der Satzung des Beklagten vom 21.09.2005 nicht zu entnehmen ist, dass er nur Personal des Beklagten betrifft. Unabhängig von der Frage, ob und ggf. inwieweit der Begriff der                           42 Personalangelegenheit in § 9 Abs. 7 der Satzung des Beklagten vom 21.09.2005 unter Berücksichtigung des Begriffs der Öffentlichkeit i.S.v. § 48 Abs. 2 GO NRW auszulegen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit in Personalangelegenheiten auch dem Schutz des Betroffenen dient. Er soll vor unbefugten Einblicken in seine persönlichen Angelegenheiten geschützt werden. Vgl. Rehn/Cronauge, Kommentar zur Gemeindeordnung NRW, Stand: Oktober                     43 2004, § 48 V 2 a. Hier durfte der Beklagte mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen,              44 dass es zum Schutz persönlicher Angelegenheiten von Herrn Dr. T. erforderlich war, die Öffentlichkeit von der Beratung über die Petition auszuschließen, weil darin u.a. die Kündigungsgründe thematisiert wurden, die eng mit dem persönlichen Verhalten des Herrn Dr. T. und den wechselseitig erhobenen Vorwürfen zusammenhingen. Die Einwilligung des Herrn Dr. T. vom 04.07.2006, mit der er sich damit einverstanden erklärte, dass die in der Petition des Klägers angesprochenen Umstände in der Öffentlichkeit erörtert werden, lag zum Zeitpunkt der Sitzung des Beklagten am 07.02.2006 noch nicht vor. Schließlich bezweckt der Schutz der Vertraulichkeit des § 7 Abs. 1 IFG NRW                45 eine ungestörte interne Willensbildung, die beeinträchtigt würde, wenn die Teilnehmer damit rechnen müssten, dass ihre Meinungsäußerungen in nichtöffentlichen Sitzungen später öffentlich bekannt würden. Vgl. Haurand/Stollmann, IFG NRW, Kommentar, Stand: April 2003, § 7 Ziff. 2.2.;            46 OVG NRW, Urteil vom 05.09.2006, a.a.O. Andere Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein Anspruch des Klägers auf                   47 Einsicht in das gesamte Protokoll der Beratungen über seine Petition ergeben könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Da der Kläger die Übersendung von Kopien des Protokolls beantragt hat und                 48 kein Grund vorgetragen oder ersichtlich ist, aus dem eine andere Art des Informationszugangs bestimmt werden sollte (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 5 IFG NRW), ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger den aus dem Tenor ersichtlichen Teil des Protokolls in Kopie zur Verfügung zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dies nach § 11 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW i.V.m. §§ 1, 3 der Verwaltungsgebührenordnung zum IFG NRW gebührenpflichtig ist. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO.                49 Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass der für erledigt erklärte Teil sich nicht streitwerterhöhend auswirkt und die Beteiligten im Übrigen jeweils teilweise gewonnen bzw. verloren haben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2007/7_K_1581_06urteil20070503.h... 27.11.2009
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