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Aktenzeichen
10 A 182.06
Datum
3. November 2006
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 3. November 2006

10 A 182.06

Das Bundesumweltministerium wird verpflichtet, einen Antrag, der sich auf Informationen über die Auslegung der Zuteilungsregel für Emissionsberechtigungen sowie insbesondere auf diverse Schriftwechsel richtet, neu zu bescheiden. Das Gericht weist auf eine Ausnahme von der Anwendbarkeit des Umweltinformationsgesetzes hin, nach dem ein Anspruch der Klägerin auf Zugang zu Umweltinformationen nicht besteht, soweit das Ministerium im Rahmen der Gesetzgebung tätig geworden ist. Der Schutzbereich dieser Regelung erstreckt sich auch auf Exekutivorgane, soweit diese als Fachministerien Zuarbeit und Vorbereitungstätigkeit für die eigentlich legislative Tätigkeit leisten. Zudem enthält der Schutzbereich keine zeitliche Begrenzung. Das Gericht bejaht vorliegend die Vertraulichkeit von Beratungen und verneint das Vorliegen des Ausnahmetatbestands der "internen Mitteilungen". (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Interessenabwägung Begriffsbestimmung Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess) Exekutiver Kernbereich (Regierungshandeln)

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VG 10 A 182.06 Verkündet am 17. November 2006

Sobczyk Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache

der

Im Namen des Volkes

Klägerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte g e g e n

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Alexanderplatz 6, 10117 Berlin,

Beklagte,

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 10. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht M. Richter, den Richter am Verwaltungsgericht Böcker, den Richter am Verwaltungsgericht Dolle, die ehrenamtliche Richterin Dr. Gerberding sowie die ehrenamtliche Richterin Böhnke

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird - insoweit unter Aufhebung des Bescheides vom 7. April 2006 -verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 7. März 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Vollstreckungsschuldnern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, so-

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fern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Am 7. März 2006 beantragte die Klägerin bei dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, ihr gemäß § 1 Abs. 1 des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG - Zugang zu den beim Ministerium vorhandenen amtlichen Informationen über die rechtliche Auslegung der Zuteilungsregel des § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007 durch das Ministerium sowie die Frage der Anwendung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 auf Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007 zu gewähren. Der Antrag nahm Bezug auf sämtliche einschlägigen amtlichen Informationen seit dem 1. Januar 2004, insbesondere auf ministeriumsinterne Vermerke und Stellungnahmen sowie auf den Schriftverkehr des Ministeriums mit der Deutschen Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (einschließlich des E-Mail-Verkehrs). Die Zugangsgewährung sollte durch eine Übersendung von Ablichtungen der amtlichen Informationen, hilfsweise durch eine Einsichtnahme in den Diensträumen des Ministeriums in Berlin erfolgen.

M it Bescheid vom 7. April 2006, bei der Klägerin zugegangen am 12. April 2006, lehnte das Bundesumweltministerium diesen Antrag ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen: Es bestehe weder ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 IFG noch nach § 3 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes. Die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes scheide aus, da es sich bei den begehrten Informationen um Umweltinformationen handele. Ein Anspruch nach § 3 Abs. 1 UIG bestehe nicht. Der Zugang zu den begehrten Informationen sei mit Blick auf die Gesetzesmaterialien nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG gesperrt. Soweit darüber hinaus Informationen begehrt würden, sei der Zugang nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG und § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG ausgeschlossen. Es handele sich um Informationen aus vertraulichen Beratungen, deren Offenlegung nachteilige Auswirkungen auf die Effektivität der Beratungsvorgänge hätte, sowie um interne Mitteilungen. Ein öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Informationen bestehe nicht.

Am 8. April 2006 hat die Klägerin Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zugang zu den gewünschten Informationen, Ausschlussgründe bestünden nicht. Bei dem beklagten Bundes-

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ministerium handele es sich um eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG und § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Die Vertraulichkeit behördlicher Beratungs- und Abstimmungsprozesse über die Anwendung der Regelung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 auf Zuteilungen von Emissionsberechtigungen nach § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007 sei nicht gefährdet, zumindest müsse die Beklagte teilweisen Informationszugang gewähren, da nicht sämtliche Informationen zu einer Gefährdung behördlicher Beratungsvorgänge führten. § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG stehe dem Auskunftsbegehren nicht entgegen. Interne Mitteilungen seien nur solche Informationen, die innerhalb einer Stelle der öffentlichen Verwaltung ausgetauscht würden, geschützt sei nicht der Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Stellen der Verwaltung. Soweit eine Gefährdung einzelner Amtswalter diskutiert werde, könne dem durch Schwärzungen von Namen begegnet werden. Nachteile Auswirkungen auf ein laufendes Gerichtsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG seien nicht ersichtlich. Selbst wenn ein Ausschlussgrund gegeben sein sollte, so überwiege dann das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Information die angeblichen nachteiligen Auswirkungen. Es bestünden konkrete Hinweise auf sachfremde Einflussnahme auf das beklagte Bundesumweltministerium. Angesichts der überragenden Bedeutung des Klimaschutzes und der beträchtlichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Emissionsrechtehandels stünden die Zusammenhänge der Einführung dieses Klimaschutzinstruments im Interesse der Öffentlichkeit.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2006 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 7. März 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Zur Sicherung des Informationsanspruchs der Klägerin hat die Beklagte die entsprechenden Verfahrensakten zu paginieren und die Aktenbestandteile, zu denen kein Informationszugang gewährt wird, durch Angabe der Seitenzahlen und einer stichwortartigen Beschreibung des Inhalts im Einzelnen aufzulisten. Eine Abschrift der Liste ist der Klägerin zu überlassen.

Die Klägerin beantragt hilfsweise,

durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg feststellen zu lassen, ob die Verweigerung der Vorlage der Akten rechtmäßig ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, ein Anspruch der Klägerin auf die begehrten Informationen bestehe nicht bzw. es stünden Ausschlussgründe entgegen. Dies betreffe sowohl die begehrten Informationen zum Gesetzgebungsverfahren Zuteilungsgesetz 2007, d.h. die Gesetzgebungsmaterialien, als auch die von der Klägerin zum Vollzug des Zuteilungsgesetzes 2007 begehrten Informationen, d.h. ministeriumsinterne Vermerke und Stellungnahmen sowie den Schriftverkehr des Bundesumweltministeriums mit der Deutschen Emissionshandelsstelle. Auch stünde dem Informationszugang der Ablehnungsgrund von § 8 Abs. 1 Nr. 3 1. Alternative UIG entgegen. Die Zugangsgewährung würde Verteidigungsabsichten der Beklagten in einem bei dem Verwaltungsgericht Berlin anhängigen Gerichtsverfahren bekannt machen. Schließlich könne die Klägerin ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenlegung der begehrten Informationen nicht darlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Soweit die Klage auf Neubescheidung des Antrags vom 7. März 2006 gerichtet ist, ist sie als Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO) zulässig.

Die Klage ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet. Die begehrte Informationserteilung stellt eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar (§ 35 Satz 1 VwVfG). Spricht vorliegend bereits die Entscheidungsform der Behörde für einen Verwaltungsakt - das Bundesumweltministerium hat einen ablehnenden Bescheid mit Rechtsmittelbelehrung erlassen - setzt die Gewährung wie die Ablehnung der Informationserteilung zudem eine umfängliche rechtliche Prüfung insbesondere der im Gesetz vorgesehenen Ablehnungsgründe - hier insbesondere der §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes vom 22. Dezember 2004, in Kraft getreten am 14. Februar 2005 (BGBl. I 2004, S. 3704 – im Folgenden: UIG) - voraus, die ggf. auch mit der Entscheidung verbunden ist, in welchem Umfang eine - teilweise - Informationserteilung gewährt werden soll (vgl. dazu VG Frankfurt, Urteil vom 10. Mai 2006 – 7 E 2109/05 - und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. September 1998 - 4 L 139/98 - zitiert nach Juris; zu der Frage, wann eine Auskunft als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, siehe auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Februar 1969 - 1 C 65.67- und Beschluss vom 26. Mai 1992 - 3 B 87.91 -).

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Die Klage ist auch ohne Vorverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO zulässig. Zwar wurde ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. April 2006 nicht eingelegt. Auch ist vorliegend die Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens nicht wegen § 68 Abs. 1 Nr. 1 VwGO deshalb entfallen, weil das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine oberste Bundesbehörde darstellt. Denn gemäß § 6 Abs. 2 UIG ist ein Widerspruchsverfahren gegen die Entscheidung durch eine Stelle der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 2 Abs. 1 UIG auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen worden ist. Die Klage war indes bei ihrer Erhebung am 8. April 2006 bereits wegen § 75 VwGO abweichend von § 68 VwGO zulässig. Zwar kann gemäß § 75 Satz 2 VwGO eine Untätigkeitsklage grundsätzlich nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände eine kürzere Frist geboten ist. Dies ist vorliegend der Fall. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 UIG endet die Frist zur Entscheidung über einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen mit Ablauf eines Monats nach Eingang des Antrags (Nr. 1) bzw. bei umfangreichen und komplexen Umweltinformationen mit Ablauf von zwei Monaten (Nr. 2). Diese gesetzlichen Spezialregelungen sind besondere Umstände im Sinne von § 75 VwGO, die eine kürzere Frist zur Erhebung der Untätigkeitsklage rechtfertigen (vgl. dazu Kopp, VwGO, 14. Aufl. § 75 Rz. 12). Erfolgte der Antrag auf Informationszugang am 7. März 2006, so war die Monatsfrist des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UIG bei Klageerhebung abgelaufen. Anhaltspunkte, die Anlass zu der Annahme geben könnten, die hier begehrten Umweltinformationen seien besonders umfangreich und komplex im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 UIG, sind weder dargetan noch ersichtlich. Auch der ablehnende Bescheid datiert vom 7. April 2006, wurde mithin noch während der Monatsfrist verfertigt.

Der Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt (§ 82 VwGO). Dem Erfordernis eines bestimmten Antrags, ohne den dem Gericht die Sachentscheidung nicht möglich ist, wird genügt, wenn das Ziel der Klage aus der Klagebegründung und den während des Verfahrens abgegebenen Erklärungen hinreichend erkennbar ist (vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl. § 82 Rz. 10). Bedenken dahingehend, dass es an Hand des Antrags vom 7. März 2006 und des Klageantrags problematisch sein könnte, die begehrten Informationen bzw. Informationsträger konkret zu bestimmen, sind in der mündlichen Verhandlung durch die Beklagte ausgeräumt worden, deren Vertreter erklärte zu wissen, welche Informationen die Klägerin haben möchte. Dem entspricht es, dass die Beklagte auf den Antrag vom 7. März 2006 nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 UIG dessen Präzisierung gefordert hat.

Soweit die Klägerin im Weiteren verlangt, die entsprechenden Verfahrensakten zu paginieren, die Aktenbestandteile, zu denen kein Informationszugang gewährt wird, durch Angabe der Seitenzahlen und einer stichwortartigen Beschreibung des Inhalts im Einzelnen aufzulis-

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ten sowie ihr eine Abschrift der Liste zu überlassen, ist die Klage wegen fehlender Antragstellung bei der Behörde unzulässig (vgl. dazu Kopp, VwGO, 14. Aufl. § 75 Rz. 7). Diesen die Art des Informationszugangs betreffenden Antrag hat die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gebracht, beim Bundesumweltministerium hat sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt. Laut Antrag vom 7. März 2006 sollte die Zugangsgewährung lediglich durch eine Übersendung von Ablichtungen der amtlichen Informationen, hilfsweise durch eine Einsichtnahme in Ihren Diensträumen in Berlin erfolgen. Der jetzige neue Antrag ist auch nicht in dem Antrag vom 7. März 2006 - etwa konkludent - enthalten. Wird eine konkrete Art der Auskunftserteilung gewünscht, so ist diese auch konkret zu benennen. Denn die konkrete Art der Informationserteilung kann Gegenstand eines eigenen Anspruchs sein, dessen Prüfung wiederum eine Entscheidung der Behörde voraussetzt. Wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 UIG eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, so darf dieser Informationszugang nur aus gewichtigen Gründen auf andere Art eröffnet werden.

Schließlich fehlt es auch am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag unterstellt ohne konkrete Anhaltspunkte, das beklagte Bundesumweltministerium werde sich nicht an eine zu seinen Lasten ergehende Gerichtsentscheidung halten. Für diese Annahme besteht jedoch kein Anlass. Denn generell ist anzunehmen, dass öffentliche Stellen als Beklagte einem Gerichtsurteil auch ohne Vollstreckungsdruck Folge leisten werden (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 -; zitiert nach Juris). Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass die Klägerin hier im Gewande eines auf die Form der Informationserteilung gerichteten Antrags (auch) eine inhaltliche Auskunft über verweigerte Informationen ("...stichwortartigen Beschreibung des Inhalts im Einzelnen...") zu erlangen sucht.

II. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet. Die vollständige Ablehnung der Gewährung des Informationszugangs im Bescheid vom 7. April 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat nach Maßgabe der folgenden Ausführungen einen Rechtsanspruch auf Zugang zu den von ihr begehrten Informationen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gesetzes verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Die von der Klägerin begehrten Informationen über die rechtliche Auslegung der Zuteilungsregel des § 7 Abs. 12 in Verbindung mit § 11 ZuG 2007 durch das Ministerium sowie über

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die Frage der Anwendung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 auf Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 in Verbindung mit § 11 ZuG 2007 sind Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 a UIG sind Umweltinformationen - auch - Daten über Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Solche in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG genannten Umweltbestandteile sind u. a. Luft und Atmosphäre. Die rechtliche Auslegung und ebenso die Anwendung umweltrechtlicher Normen wie §§ 4, 7 und 11 ZuG 2007, die den Ausstoß von Treibhausgas betreffen, wirken sich - jedenfalls von der Intention des Gesetzes her - auf Luft und Atmosphäre mindestens wahrscheinlich aus. Über diese Informationen verfügt das Bundesumweltministerium auch, welches zudem grundsätzlich gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG informationspflichtige Stelle ist.

Letzteres gilt indes nicht uneingeschränkt. Soweit das beklagte Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit als oberste Bundesbehörde (vgl. zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 UIG a. F.: Schomerus/ Schrader/ Wegener, Umweltinformationsgesetz, 2. Auflage, § 3 Rz. 31; siehe auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Auflage, § 22 Rz. 37) im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen - hier betreffend das Zuteilungsgesetz 2007 und die Zuteilungsverordnung 2007 - tätig geworden ist, gehört es nicht zu den informationspflichtigen Stellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG). Soweit diese Tätigkeit reicht, besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zugang zu Umweltinformationen.

Der Schutzbereich der Regelung (vgl. zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 UIG a. F. auch: Schomerus/ Schrader/ Wegener, a.a.O. § 3 Rz. 30) erstreckt sich nach Auffassung der Kammer auch auf Exekutivorgane, soweit diese als Fachministerien Zuarbeit und Vorbereitungstätigkeit für die eigentliche legislative Tätigkeit leisten. Dies betrifft die Korrespondenz - gleich welcher Form - einer obersten Bundesbehörde mit dem Bundestag, dem Bundesrat und dem Bundespräsidenten bis zur Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt (Art. 82 GG). Nur wenn eine derartige Kommunikation stattfindet, wird die oberste Bundesbehörde im Rahmen der Gesetzgebung auch tätig. Diese Erstreckung des Schutzbereichs steht nicht im Widerspruch zu Art. 2 Nr. 2 der 'Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates' (Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. Februar 2003 - L 41/26 – im Folgenden: Richtlinie), wenn es dort heißt, die Mitgliedsstaaten könnten vorsehen, dass die dort ausgeführte Begriffsbestimmung keine Gremien oder Einrichtungen umfasst, soweit sie in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln. Dieser Formulierung der Richtlinie lässt sich nicht - wie die Klägerin meint - entnehmen, dass nur die Legislative, nicht aber die Exekutive, die nicht als Gesetzgeber handele, geschützt

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sein soll. Denn Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie bestimmt insgesamt den Begriff der 'Behörde' und nennt in diesem Kontext explizit die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung, mithin Exekutivorgane. Dies macht deutlich, dass nach der Richtlinie auch die Möglichkeit bestehen soll, dem eigentlichen Gesetzgebungsakt zuarbeitende und diesen vorbereitende Tätigkeit eben einer Behörde aus dem Begriff auszunehmen, wie in § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG geschehen.

Die Kammer ist ferner der Auffassung, dass der Schutzbereich keine zeitliche Begrenzung enthält. Zwar ist der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG an dieser Stelle nicht eindeutig. Einerseits deutet die gewählte Formulierung ("tätig werden") auf die Notwendigkeit der Gegenwart der Tätigkeit im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen hin (so zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 UIG a. F. auch: Schomerus u.a., a.a.O. § 3 Rz. 43). Nach dieser Lesart wäre die Tätigkeit einer obersten Bundesbehörde im Rahmen abgeschlossener Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren nicht aus dem Begriff der informationspflichtigen Stelle herausgenommen mit dem Ergebnis, dass sie nur dann keine informationspflichtige Stelle wäre, wenn das Gesetz- oder Verordnungsgebungsverfahren im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch andauert. Andererseits deutet die Formulierung 'soweit' in § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG auf eine lediglich funktionale Bestimmung des geschützten Tätigkeitsbereichs hin. Der Schutzbereich wäre danach auf die Tätigkeit bei Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren bezogen, ohne das der Gesetzgeber in die Norm eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung - wie beispielsweise die Formulierung 'wenn und solange' in § 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 5. September 2005 (Informationsfreiheitsgesetz) - aufgenommen hätte. Nach dieser Lesart wäre die Tätigkeit einer obersten Bundesbehörde auch bei abgeschlossenem Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren aus dem Begriff der informationspflichtigen Stelle herausgenommen. Eine Auslegung der Norm im Lichte vorrangigen Gemeinschaftsrechts führt an dieser Stelle nicht weiter. Die in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie gewählte Formulierung ist ähnlich uneindeutig, wenn es heißt, die Mitgliedsstaaten könnten vorsehen, dass die Bestimmung des Begriffs der Behörde keine Gremien oder Einrichtungen umfasst, "soweit sie in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln."

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf den Umstand, dass auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages 15/3406 vom 21. Juni 2004) zu § 2 Abs. 1 UIG nicht weiterführt, ist nach Auffassung der Kammer ausschlaggebend auf den Schutzzweck der Regelung abzustellen. Danach ist im Ergebnis eine oberste Bundesbehörde auch nach Abschluss eines Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahrens in Bezug auf

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dieses Verfahren nicht als informationspflichtige Stellen anzusehen. Der Schutzzweck der Regelung besteht in dem Schutz und der Gewährleistung unbehinderter Gesetz- und Verordnungsgebungsarbeit einschließlich der entsprechenden Zuarbeit und Vorbereitungstätigkeit durch die Fachministerien für die eigentlichen Gesetzgebungsorgane. Geschützt ist die inhaltliche Sach- und Facharbeit (z. B. Datenbeschaffung, Gutachtenerstellung, Formulierungsvorschläge etc.), für die ein störungsfreier Ablauf gewährleistet und die auch nach ihrem Abschluss und anders als bei den politischen Entscheidungsträgern keinem politischen Rechtfertigungsdruck von dritter Seite ausgesetzt sein soll.

Dieser Auslegung steht schließlich - im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin - nicht Erwägung Nr. 16 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie entgegen, wonach die Bekanntgabe der Information die allgemeine Regel sein soll und die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe eng ausgelegt werden sollen. Zum einen sind an dieser Stelle nicht Ablehnungsgründe im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie betroffen, sondern es geht um die begriffliche Eingrenzung der zur Auskunft verpflichteten Stelle. Zum anderen aber gestattet die Richtlinie selbst eine derartige Bestimmung des Behördenbegriffs.

Ausgehend von diesen Erwägungen ist das beklagte Bundesumweltministerium keine informationspflichtige Stelle, soweit die von ihm in der Zeit vor der Veröffentlichung des 'Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 vom 26. August 2004' (BGBl. I S.2211 - im Folgenden: ZuG 2007) mit dem Bundestag, dem Bundesrat und dem Bundespräsidenten geführte Kommunikation betroffen ist.

Hat die Klägerin vor diesem Hintergrund gemäß § 3 Abs. 1 UIG einen grundsätzlichen Anspruch auf freien Zugang zu den von ihr begehrten Umweltinformationen, so besteht dieser Anspruch im Weiteren nur nach Maßgabe des Umweltinformationsgesetzes, d. h. hier: eingeschränkt durch den in § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG formulierten Ablehnungsgrund. Danach ist der Antrag abzulehnen, soweit die Bekanntgabe der Information nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit von Beratungen von informationspflichtigen Stellen im Sinne von § 2 Abs. 1 UIG hätte, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Die Berufung auf diesen Ablehnungsgrund ist dem beklagten Bundesumweltministerium nicht wegen § 8 Abs. 1 Satz 2 UIG verwehrt. Danach kann der Zugang zu Umweltinformationen über 'Emissionen' nicht unter Berufung auf die in § 8 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 und 4 UIG genannten Gründe abgelehnt werden. Informationen über Emissionen im Sinne von § 2 Abs. 3

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Nr. 2 UIG werden vorliegend nicht begehrt, vielmehr soll ausdrücklich Zugang zu Informationen über die rechtliche Auslegung bzw. Anwendung von Rechtsnormen gewährt werden.

Der Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen schützt ausweislich der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages 15/3406 vom 21. Juni 2004) zu § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG Beratungsvorgänge, d. h. schriftliche oder mündliche behördliche Meinungsäußerungen und Willensbildung, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen, von Beginn des Verwaltungsverfahrens bis zur Entscheidungsfindung. Nimmt die Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich Bezug auf einen vom Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein entwickelten Beratungsbegriff, so handelt es sich danach bei 'Beratungen' von Behörden im Kern um die Betätigung der staatsinternen Willensbildung, die auf schriftlichem oder mündlichem Wege innerhalb einer Behörde oder zwischen verschiedenen Behörden erfolgt. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "Beratungen" ist bezogen auf seinen Schutzumfang dahingehend zu konkretisieren, dass von ihm nur die Beratungs- und Abwägungsvorgänge, d. h. der Beratungsprozess (-verlauf) selbst, nicht aber die den Beratungen zugrundeliegenden, bereits zuvor vorliegenden Sachinformationen, über die beraten wird (Beratungsgegenstände - z.B. die zur Entscheidung führenden Tatsachen), oder auch die Beratungsergebnisse (z.B. Gutachten, die die tatsächlichen oder rechtlichen Entscheidungsgrundlagen zusammenstellen), erfasst sind (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. September 1998 - 4 L 139/98 -; in: NuR 1998, S. 67, hier zitiert nach Juris).

Die Vertraulichkeit der Beratungen informationspflichtiger Stellen ist auch im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 a der Richtlinie gesetzlich vorgesehen. Danach können die Mitgliedsstaaten vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist. Dies ist vorliegend durch das Umweltinformationsgesetz geschehen. Denn § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG sieht einen solche Vertraulichkeit ausdrücklich vor. Dies ergibt sich aus den Gründen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung. Ausdrücklicher Zweck der Regelung soll danach (auch) die Anordnung der Vertraulichkeit von Beratungen informationspflichtiger Stellen sein. Im Gesetzentwurf heißt es dazu, Art. 4 Abs. 2 a der Richtlinie ermögliche eine Einschränkung des Zugangs zu Umweltinformationen zum Schutz der Vertraulichkeit der Beratungen, solange die Einschränkung durch eine gesetzliche Regelung "wie hier", vorgesehen sei.

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Dieser Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen ist zeitlich nicht beschränkt. Ebenso wie bei § 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG hat es der Gesetzgeber auch in § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG unterlassen, eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung ("soweit und solange") in die Norm aufzunehmen und lediglich eine funktionale Eingrenzung des Schutzbereichs formuliert ("soweit"). Die in den Gründen des Gesetzentwurf zu findende Formulierung 'von Beginn des Verwaltungsverfahrens bis zur Entscheidungsfindung' vermag eine andere Auslegung nicht zu begründen. Sie definiert lediglich den Umfang des Schutzgutes, nicht aber eine zeitliche Begrenzung des Schutzes selbst. Auch dies findet seine Rechtfertigung im Schutz des innerstaatlichen Entscheidungsprozesses, d. h. der eigentlichen Sacharbeit, für die zum einen ein störungsfreier Ablauf gewährleistet sein soll, der nicht durch eine Verwendung der Arbeitskraft und -zeit für Auskunftsbegehren unterbrochen werden soll, und die zum anderen auch nach Abschluss anders als die politischen Entscheidungsträger - nicht einem politischen Rechtfertigungsdruck von dritter Seite ausgesetzt sein soll. Dies steht - ebenfalls (s.o.) - in Einklang mit Erwägung Nr. 16 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie, wonach die Bekanntgabe der Information die allgemeine Regel sein soll und die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe eng ausgelegt werden sollen. Sieht der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie durch das Umweltinformationsgesetz eine zeitliche Begrenzung des Schutzes der Vertraulichkeit von Beratungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht ausdrücklich vor, so steht dies nicht im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 2 a der Richtlinie. Denn die Einführung eines derartigen Ablehnungsgrundes ist in Art. 4 Abs. 2 a der Richtlinie vorgesehen, eine Einführung ohne zeitliche Begrenzung nicht ausgeschlossen.

Ist die Vertraulichkeit der eigentlichen Beratungs- und Abwägungsvorgänge, d. h. des Beratungsprozesses (-verlaufs) selbst, vom Gesetzgeber vorgesehen, so sind nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut regelmäßig, d.h. so nichts Gegenteiliges bekannt ist, dann zu besorgen, wenn Informationen über die Vorgänge ausdrücklich begehrt werden bzw. von einem Auskunftsbegehren sonstwie betroffen sind. Es kann hier der informationspflichtigen Stelle nicht angesonnen werden, die konkrete Art und Weise der nachteiligen Auswirkungen auf einen bestimmten Beratungsvorgang näher darzulegen. Ist der Begriff der Beratung - und damit das Schutzgut - auf den eigentlichen Beratungs- und Abwägungsvorgang und damit eng eingegrenzt, so liefe es dem Schutzzweck der Norm zuwider, müsste die Behörde, um den Schutz der Beratungsvorgänge zu gewährleisten, Informationen über eben diese Vorgänge darlegen.

Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe ist mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG weder dargelegt noch sonst zu erkennen. Macht die Klägerin geltend, es bestünden konkrete Hinweise auf eine sachfremde Einflussnahme auf das beklagte Bundesumweltmi-

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nisterium, ist dies nicht nachvollziehbar. Solche konkreten Hinwiese sind nicht ersichtlich noch erschließen sie sich aus dem weiteren Vortrag der Klägerin. Deren allgemein gehaltenes Vorbringen über den "politischen Druck gewisser Wirtschaftskreise und bestimmter Anlagenbetreiber" geht - worauf das beklagte Ministerium zutreffend hinweist - über dunkle Mutmaßungen nicht hinaus. Sonstige tatsächliche Anhaltspunkte für ein über ein Individualinteresse der Klägerin hinausgehendes öffentliches Interesse sind nicht zu erkennen.

Weitere Ablehnungsgründe stehen dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Der Anspruch ist, soweit die Kommunikation des beklagten Bundesministeriums mit anderen Stellen öffentlicher Verwaltung betroffen ist, nicht eingeschränkt durch § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG. Soweit der Zugang zu einzelnen der begehrten Informationen vom beklagten Bundesministerium auf Grund dieses Ablehnungsgrundes verweigert worden ist, erfolgte diese Verweigerung in rechtswidriger Weise. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG ist ein Antrag abzulehnen, soweit er sich auf interne Mitteilungen der informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 UIG bezieht, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Bei der Kommunikation des beklagten Bundesumweltministeriums mit anderen Stellen der öffentlichen Verwaltung handelt es sich nicht um interne Mitteilungen des Bundesumweltministeriums. Das Umweltbundesamt stellt eine vom Bundesumweltministerium besonderte Behörde dar. Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes (BGBl. I 1974, S. 1505, geändert durch Gesetz vom 2. Mai 1996, BGBl. I S.660) ist das Umweltbundesamt eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit Sitz in Dessau. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes erledigt das Umweltbundesamt die ihm durch Gesetz - beispielsweise § 22 ZuG 2007 - zugewiesenen Aufgaben in eigener Zuständigkeit. Ist der öffentliche Schutzbelang, dem dieser Ablehnungsgrund dient, der Schutz der Vertraulichkeit des innerbehördlichen Entscheidungsprozesses (vgl. dazu VG Frankfurt, Urteil vom 10. Mai 2006 – 7 E 2109/05 zitiert nach Juris), so fällt die Kommunikation zwischen selbstständigen Behörden nicht in den Schutzbereich der Norm. Sobald Mitteilungen wie Stellungnahmen oder Gutachten an eine andere Behörde gegangen sind oder ihrerseits von einer anderen Behörde oder Dritten stammen, liegen keine verwaltungsinterne Informationen mehr vor (vgl. dazu VG Frankfurt, a.a.O.; VGH Kassel, Beschluss vom 04.01.2006 - 12 Q 2828/05 – zitiert nach Juris).

Der Anspruch der Klägerin ist endlich nicht eingeschränkt durch § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG. Soweit der Zugang zu einzelnen der begehrten Informationen vom beklagten Bundesministerium auf Grund dieses Ablehnungsgrundes verweigert worden ist, erfolgte auch diese Verweigerung in rechtswidriger Weise. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG ist der Antrag abzulehnen, soweit die Bekanntgabe der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufen-

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den Gerichtsverfahrens hätte, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Nach der in der Sache übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Schutzbereich der Vorgängernorm (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG alte Fassung) bezweckt eine solche Regelung den Schutz der Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen. Denn der freie Zugang zu solchen Informationen kann zu einer Veränderung der Verfahrensposition der Beteiligten oder Betroffenen sowie - mittelbar - zu Einwirkungen auf die Beweislage oder zur Vereitelung bestehender Aufklärungsmöglichkeiten und damit zu einer Störung des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs führen. Darüber hinaus kann die Rechtspflege auch dadurch Schaden nehmen, dass die Öffentlichkeit oder einzelne, am Verfahrensausgang interessierte Personen mit Hilfe der erlangten Informationen Druck auf die Entscheidungsträger ausüben. Geschützt ist neben dem ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zugleich die Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit der Rechtspflegeorgane. Zwar laufen Gerichtsverfahren in aller Regel weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit ab (§ 169 GVG). Jedoch vollzieht sich die Unterrichtung der Öffentlichkeit in diesen Verfahren nach Regeln und in Formen, die der Art des Verfahrens in besonderer Weise angepasst sind. Der Schutz laufender Gerichtsverfahren im Umweltinformationsgesetz sichert mithin den sachlichen Vorrang dieser Regeln und Formen und überlässt die Entscheidung über die Weitergabe von Informationen, soweit diese Entscheidung nicht rechtlich vorgegeben ist, den die möglichen Folgen am ehesten überblickenden Rechtspflegeorganen selbst. Die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege ist bereits immer dann in der vom Gesetz vorausgesetzten Weise berührt, wenn Informationen, die Gegenstand des anhängigen Gerichts- oder Ermittlungsverfahrens seien, erstmals außerhalb dieses Verfahrens bekannt werden (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. Oktober 1999 - 7 C 32/98 - zitiert nach Juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Macht das beklagte Bundesumweltministerium geltend, die von der Klägerin begehrten Informationen gäben Auskunft nicht lediglich über die rechtliche Auslegung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007, sondern auch über die Verteidigungsabsichten der Beklagten, insbesondere betreffend den bei dem Verwaltungsgericht Berlin anhängigen Rechtstreit VG 10 A 334.06, in welchem die Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle, auf Neubescheidung klagt, kann dies nicht durchgreifen. Ist im Rahmen der Klage VG 10 A 334.06 insbesondere auch die rechtliche Problematik des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 streitig, so ist die zu dieser Frage von der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle, eingenommene Rechtsposition in der Öffentlichkeit hinlänglich bekannt. Sie ist von der Beklagten in einer Vielzahl von anhängigen Verfahren ausführlich schriftlich kommuniziert worden, war Gegenstand der öffentlichen mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. April 2006 und schließlich ebenso Gegenstand der Erörterung in den dort ergange-

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nen - und veröffentlichten - (Muster-)Urteilen (vgl. etwa VG 10 A 344.05 und VG 10 A 255.05). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachzuvollziehen, bezüglich welcher noch einzubringenden Argumentation zur Problematik des § 4 Abs. 4 ZuG 2007, die bislang noch nicht vorgetragen wurde, die Preisgabe einer Verteidigungsstrategie der Beklagten drohen soll.

Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedurfte es wegen der Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts nicht.

D ie Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gemäß §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, insbesondere der Frage, welche zeitliche Komponente die Bestimmung der informationspflichtigen Stelle im Rahmen ihrer Tätigkeit in einem Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 a UIG) enthält, die Berufung zuzulassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu.

Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch

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durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

M . Richter Böcker Dolle

Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Do/gr