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Aktenzeichen
10 A 6.06
Datum
3. November 2006
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 3. November 2006

10 A 6.06

Umweltinformationen sind - auch - Daten über Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken/wahrscheinlich auswirken; hier Daten über Glasproduktion als Tätigkeit im Sinne des Treibhaus-Emissionshandelsgesetzes (TEHG). Emissionen i.S.d. § 9 UIG versteht die Kammer als Daten über die Menge des freigesetzten Stoffs (hier CO2); dazu gehören nicht Angaben zu den der Freisetzung vorgelagerten Umständen. "Freisetzung" bedeutet eine Handlung, durch die eine Lage geschaffen wird, in der sich ein Stoff unkontrollierbar in die Umwelt ausbreiten kann. Der Emissionsbegriff ist im Hinblick auf den Ausschluss des Ablehnungsgrundes § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG scharf einzugrenzen. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat; Betriebsgeheimnisses umfassen technisches Wissen, Geschäftsgeheimnisse betreffen kaufmännisches Wissen. Zuteilungsbescheide für Emissionen betreffen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Angaben zur Kapazität einer Anlage unterliegen nicht dem Geheimhaltungsschutz. Die Entscheidung befasst sich auch mit der missbräuchlichen Antragstellung. (Quelle: LDA Brandenburg)

Missbräuchliche Antragstellung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Begriffsbestimmung

VG 10 A 6.06

Verkündet am 17. November 2006

Sobczyk Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache

der _____

Im Namen des Volkes

Klägerin, Verfahrensbevollmächtigte:

g e g e n

die Beklagte,

beigeladen: 1. _2. ___

Verfahrensbevollmächtigter zu 1.: Verfahrensbevollmächtigte zu 2.:

h at das Verwaltungsgericht Berlin, 10. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht M. Richter, den Richter am Verwaltungsgericht Böcker, den Richter am Verwaltungsgericht Dolle, die ehrenamtliche Richterin sowie die ehrenamtliche Richterin

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird - insoweit unter Aufhebung des Bescheids vom 11. August 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2005 - verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 9. Juli 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der

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Beigeladenen tragen die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Vollstreckungsschuldnern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 11. Januar, 3. März und 9. Juli 2005 beantragte die Klägerin bei dem Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle (im Folgenden: DEHSt), den Zugang zu Umweltinformationen bezüglich der Beigeladenen mit der Begründung, es solle geprüft werden, inwieweit alle Antragsteller eine Gleichbehandlung in Rahmen des Verfahren, insbesondere in Ansehung von Härtefallregelungen gem. § 7 ZuG, erfahren hätten. Im Einzelnen beantragte die Klägerin, ihr Ablichtungen der Entscheidungen über die Zuteilung von Berechtigungen nach §§ 9 f. TEHG für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 an die Beigeladenen und für deren bezeichnete Anlagen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sollte jeweils anlagenbezogen und in schriftlicher Form mitgeteilt werden: Einmal die Menge der zugeteilten Berechtigungen, aufgeschlüsselt nach Zuteilungen für energiebedingte und prozessbedingte Emissionen, dann die Rechtsgrundlage der jeweiligen Zuteilungsentscheidung nach dem Zuteilungsgesetz 2007, ferner bei Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007, nach § 8 Abs. 1 – 5 ZuG 2007 und nach § 8 Abs. 6 i.V.m. § 11 ZuG 2007 die angemeldeten Emissionen pro Produkt, aufgeschlüsselt nach energiebedingten und prozessbedingten Emissionen, die Anlagenkapazität, die erwartete durchschnittliche jährliche Auslastung in Prozent, der Emissionswert der Anlage je Produkteinheit in t CO2 je Einheit sowie die prognostizierte Produktionsmenge pro Kalenderjahr der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007, schließlich bei Zuteilungen nach § 7 Abs. 1 – 6 ZuG 2007 die jährliche CO2-Emissionen während der Jahre der jeweiligen Basisperiode, aufgeschlüsselt nach energiebedingten und prozessbedingten Emissionen, die Anlagenkapazität sowie die jährliche Auslastung während der jeweiligen Basisperiode in Prozent.

Mit Bescheid vom 11. August 2005 lehnte die DEHSt diesen Antrag ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen: Der Antrag sei nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG offensichtlich missbräuchlich gestellt, da er unter keinem Aspekt zu einer Verbesserung der Umwelt führen könne. In der Antragsbegründung sei ausgeführt, es solle geprüft werden, inwieweit die Antragsteller eine Gleichbehandlung im Rahmen des Zuteilungsverfahrens erfahren hätten. Zudem enthielten die begehrten Ablichtungen von Zuteilungsbescheiden Informationen,

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durch deren Bekanntgabe Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden und bei denen es sich nicht um Umweltinformationen über Emissionen handle.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die DEHSt mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2005 zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen: Bei den verlangten Informationen aus den Zuteilungsbescheiden handle es sich abgesehen von der Gesamtemissionsmenge nicht um Umweltinformationen. Informationen wie Anlagenkapazität, jährliche Auslastung, Emissionswert, prognostizierte Produktionsmenge oder Auslastung während der Basisperiode fielen nicht unter § 2 Abs. 3 Nr. 1 – 6 UIG. Es handle sich um interne Daten über Betriebsabläufe, die sich außerhalb des Betriebs nicht auf die dort genannten Faktoren auswirkten. Die Zuteilungsbescheide wirkten sich nicht auf Umweltbestandteile aus. Ein Zuteilungsbescheid genehmige lediglich eine bestimmte Anzahl von Emissionen. Bei den in den Zuteilungsbescheiden enthaltenen Informationen handle es sich - bis auf die Gesamtzuteilungsmenge - auch nicht um Umweltinformationen über Emissionen. Mit dem Begriff 'Umweltinformation über Emissionen' seien nicht diejenigen Informationen gemeint, aus denen hervorgehe, wie eine Emission zu Stande komme. Die Gesamtemissionsmenge aber sei im Internet veröffentlicht. Selbst wenn man die begehrten Informationen als Umweltinformationen ansähe, wäre der Antrag gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Variante 1 UIG abzulehnen, weil Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden. Es handle sich um sensible Daten bezüglich eingesetzter Produktionsmittel und anderer betriebsrelevanter Informationen, aus denen Rückschlüsse auf die unternehmerische Tätigkeit gezogen werden könnten. Die Betroffenen hätten nicht in eine Veröffentlichung eingewilligt und das öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe überwiege nicht. Im Übrigen sei der Antrag auch gemäß § 8 Abs. 2

Nr. 1 UIG missbräuchlich gestellt. Handele sich bei den geforderten Ablichtungen von Zuteilungsbescheiden um solche von Konkurrenzunternehmen, so lasse dies die Nutzung der Daten zu Umweltzwecken fraglich erscheinen. Offenkundig Zwecken außerhalb des Umweltschutzes diene es schließlich, verfolge die Klägerin den Zweck zu prüfen, inwieweit eine Gleichbehandlung im Rahmen des Verfahrens, insbesondere in Ansehung von Härtefällen gewährleistet gewesen sei.

Mit ihrer am 4. Januar 2006 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Es handle sich bei den begehrten Informationen um Umweltinformationen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 a und Nr. 3 b UIG. Die Zuteilungsentscheidungen enthielten umfangreiche Daten über Faktoren wie Stoffe, Energie und Emissionen sowie über die energie- wie prozessbedingten Kohlendioxid-Emissionen. Umweltinformation seien alle Daten über Emissionen; dies umfasse auch alle Angaben über die maßgeblichen Faktoren für das Entstehen

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von Emissionen. Der Betrieb einer emissionsträchtigen Industrieanlage stelle eine Tätigkeit im Sinne der Norm dar, die sich negativ auf den Umweltbestandteil Luft auswirke. Zuteilungsbescheide nach dem Zuteilungsgesetz 2007 seien als Verwaltungsakte Maßnahmen, die den Schutz von Umweltbestandteilen bezweckten und Auswirkungen auf das Klima hätten. Eine Berufung auf schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG) scheide auf Grund gesetzlicher Anordnung aus, da es sich bei den angefragten Informationen insgesamt um Umweltinformationen über Emissionen handle (§ 9 Abs. 1 Satz 2 UIG). Im Übrigen sei ein schützenswertes Interesse der betroffenen Anlagenbetreiber nicht zu erkennen. Dem Antrag könne Missbräuchlichkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG nicht entgegengehalten werden. Die Behörde solle lediglich vor unnötigen Anträgen geschützt werden, die etwa lediglich zum Zwecke der Verfahrensverzögerung gestellt werden. Die Klägerin beabsichtige aber, mit Hilfe der angefragten Informationen zu kontrollieren, ob die Beklagte die umweltbezogenen Bestimmungen des Treibhausgasemissionshandelsgesetzes und des Zuteilungsgesetzes 2007 im Einzelfall rechtmäßig vollziehe. Dies stehe in voller Übereinstimmung mit den Zielvorstellungen des Umweltinformationsgesetzes und den von der Beklagten geschlossenen völkerrechtlichen Abkommen. Ferner benötige die Klägerin die Informationen auch nicht für etwaige Rechtsbehelfsverfahren wegen der Zuteilung von Berechtigungen an sich selbst. Ein öffentliches Interesse sei schon deshalb gegeben, weil die Kontrolle der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns durch die Öffentlichkeit nur möglich sei, wenn auch die maßgeblichen Rechtsgrundlagen und die Ausgangsdaten bekannt seien. Erst hierdurch werde die Öffentlichkeit in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Umweltbehörde einen Sachverhalt unter die richtige Norm subsumiert habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. August 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2005 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 9. Juli 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend: Bis auf die im Internet zugänglich gemachte Gesamtemissionsmenge bezögen sich die von der Klägerin gewünschten Auskünfte nicht auf Umwel-

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tinformationen. Begehre die Klägerin zudem Einsicht in die Zuteilungsbescheide von Konkurrenten, so begehre sie Informationen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG. Die Berufung auf diesen Ablehnungsgrund sei nicht wegen § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG ausgeschlossen. Der Antrag sei darüber hinaus auch offensichtlich missbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG gestellt. Es liege nahe, Fälle des Ausspähens von Wirtschaftsunternehmen durch Konkurrenten unter den Missbrauchstatbestand zu subsumieren. Der Missbrauch sei vorliegend auch offensichtlich. Die Klägerin versuche unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz Informationen über Konkurrenzunternehmen zu erlangen, mit deren Hilfe sie letztendlich eine höhere Zuteilung an Berechtigungen für ihre eigenen Anlagen in anhängigen Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren erreichen möchte. Ebenso könne die Klägerin die Informationen direkt am Markt nutzen. Das öffentliche Interesse schließlich überwiege nicht. Eine Veröffentlichung sämtlicher in den Zuteilungsbescheiden enthaltener Daten sei für eine umfassende Information und Partizipation der Öffentlichkeit zur Verbesserung des Umweltschutzes nicht notwendig. Demgegenüber hätten die Anlagenbetreiber ein begründetes Interesse an der Geheimhaltung ihrer Produktionsdaten, insbesondere gegenüber Konkurrenzunternehmen.

Die Beigeladenen beantragen jeweils, die Klage abzuweisen.

Sie berufen sich im Wesentlichen auf den Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG. Das Begehren der Klägerin erstrecke sich auf sämtliche von den Beigeladenen betriebenen Anlagen, so dass systematisch Informationen zur Verwendung im Wettbewerb gesammelt würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die auf Neubescheidung des Antrags vom 9. Juli 2005 gerichtete Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO) zulässig.

Sie ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet. Die begehrte Informationserteilung stellt eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar (§ 35 Satz 1 VwVfG). Spricht vorliegend bereits die Entscheidungsform der Behörde für das Vorliegen

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eines Verwaltungsaktes - das Bundesumweltministerium hat einen ablehnenden Bescheid mit Rechtsmittelbelehrung erlassen - setzt die Gewährung wie die Ablehnung der Informationserteilung zudem eine umfängliche rechtliche Prüfung insbesondere der im Gesetz vorgesehenen Ablehnungsgründe - hier insbesondere der §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes vom 22. Dezember 2004, in Kraft getreten am 14. Februar 2005 (BGBl. I 2004, S. 3704 – im Folgenden: UIG) - voraus, die ggf. auch mit der Entscheidung verbunden ist, in welchem Umfang eine - teilweise - Informationserteilung gewährt werden soll (vgl. dazu VG Frankfurt, Urteil vom 10. Mai 2006 – 7 E 2109/05 - und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. September 1998 - 4 L 139/98 - zitiert nach Juris; zu der Frage, wann eine Auskunft als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, siehe auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Februar 1969 - 1 C 65.67- und Beschluss vom 26. Mai 1992 - 3 B 87.91 -).

II. Die Klage ist nach Maßgabe der folgenden Ausführungen begründet. Die vollständige Ablehnung der Gewährung des Informationszugangs durch den Bescheid vom 11. August 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Umweltinformationsgesetzes vom 22. Dezember 2004, in Kraft getreten am 14. Februar 2005 (BGBl. I 2004, S. 3704 – im Folgenden: UIG) hat jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gesetzes verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.

Das Umweltbundesamt ist eine informationspflichtige Stelle. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG sind informationspflichtige Stellen die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Das Umweltbundesamt ist als selbständige Bundesoberbehörde, die in eigener Zuständigkeit Verwaltungsaufgaben wahrnimmt (vgl. §§ 1 und 2 des Gesetzes über die Errichtung des Umweltbundesamts vom 22. Juli 1972, BGBl. I S. 1505, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 2. Mai 1996, BGBl. I S.660), eine Stelle öffentlicher Verwaltung. Es verfügt über die begehrten Informationen. Bei diesen handelt es sich schließlich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 a UIG. Danach sind Umweltinformationen - auch - Daten über Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG - unter anderem Luft und Atmosphäre - auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin begehrt mit den Zuteilungsbescheiden Daten über die Beigeladenen. Beide Beigeladenen üben als Glasproduzenten eine Tätigkeit im Sinne des Tätigkeitsbegriffs von § 3 Abs. 3 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhaus-

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gasen (Treibhaus-Emissionshandelsgesetz – im Folgenden: TEHG) in Verbindung mit Anlage 1 Ziffer XII des Gesetzes aus. Damit ergibt sich von Gesetzes wegen, dass sich deren Tätigkeit auf die Umwelt auswirken kann.

Hat die Klägerin vor diesem Hintergrund gemäß § 3 Abs. 1 UIG einen grundsätzlichen Anspruch auf freien Zugang zu den von ihr begehrten Umweltinformationen, so besteht dieser Anspruch im Weiteren nur nach Maßgabe des Umweltinformationsgesetzes, d. h. hier: eingeschränkt durch den in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Alt. UIG formulierten Ablehnungsgrund. Gemäß dieser Einschränkung kann die Klage keinen Erfolg haben.

Die Berufung auf diesen Ablehnungsgrund ist dem beklagten Umweltbundesamt nicht wegen § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG verwehrt. Danach kann der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen unter anderem nicht unter Berufung auf die in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Mit Ausnahme der Information über die von den Beigeladenen freigesetzten Emissionsmengen handelt es sich bei den von der Klägerin begehrten Informationen nicht um Umweltinformationen über Emissionen.

Der Begriff der 'Emission' ist im Umweltinformationsgesetz nicht legaldefiniert. Die Kammer versteht vorliegend unter Umweltinformationen über Emissionen Daten über die Menge des freigesetzten, d.h. hier des nach außen gelangten Kohlendioxid CO2. Daten über die Freisetzung sind nach dieser Lesart nicht Angaben zu den dieser Freisetzung vorgelagerten Umständen. Dies ergibt sich aus Folgendem: In § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG wird die Emission lediglich beschrieben als Unterfall der Freisetzung von Stoffen. Das Zuteilungsgesetz 2007 und das Treibhaus-Emissionshandelsgesetz bestimmen 'Emission' als die Freisetzung von Treibhausgasen durch eine Tätigkeit im Sinne des Treibhaus-Emissionshandelsgesetzes (vgl. § 3 Abs. 1 ZuG 2007 und § 3 Abs. 1 TEHG). Sind Daten über Emissionen demnach Daten über die Freisetzung - hier - von Treibhausgasen, so meint 'Freisetzung' in diesem Sinne jede Handlung, durch die eine Lage geschaffen wird, in der sich ein Stoff ganz oder teilweise unkontrollierbar in die Umwelt ausbreiten kann (vgl. dazu Körner/ Vierhaus, Treibhaus-Emissionshandelsgesetz, § 3 Rz. 2). Kann sich in der Umwelt nur das ausbreiten, was in sie gelangt, mithin nach Außen abgegeben wird, kann sich ein Auskunftsbegehren auf Daten über Emissionen nur auf Daten über das nach außen Gelangte beziehen, d.h. auf die Menge und die Art des freigesetzten Treibhausgases, hier Kohlendioxid CO2. Anderes ergibt sich nicht, greift man auf den - weiteren - Emissionsbegriff in § 3 Abs. 3 BImSchG zurück. Danach sind Emissionen die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Erscheinungen. Emissionen gehen von einer Anlage aus, wenn sie in die Umgebung gelangen (vgl. dazu Jarass, Bundesimmis-

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sionsschutzgesetz, 6. Auflage, § 3 Rz.13; von den 'ausgehenden' Verunreinigungen sprechen auch § 2 Nr. 4 der 1. BImSchV, § 2 Nr. 2 der 11. BImSchV, § 2 Nr.7 der 13. BImSchV, § 2 Nr. 3 der 17 BImSchV, § 2 Nr. 7 der 20. BImSchV, § 2 Nr. 2 der 25. BImSchV, § 2 Nr. 4 der 27. BImSchV, § 2 Nr. 8 der 30.BImSchV).

Dieser Auslegung kann man nicht - wie die Klägerin meint – mit Erfolg entgegenhalten, aus Art. 4 Abs. 2 der 'Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates' (Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. Februar 2003 - L 41/26 – im Folgenden: Richtlinie), ergebe sich, dass eine Information über Emission jede Information sei, die sich auf Emissionen in die Umwelt 'beziehe', der Emissionsbegriff mithin weit und umfassend auszulegen sei. Dagegen spricht, dass in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie - und damit in Einklang stehend auch in § 2 Abs. 3 UIG - der Begriff der Umweltinformation ganz im Sinne einer weiten Auslegung in sechs umfänglichen Unterpunkten und gleichzeitig dabei sehr differenziert geregelt ist. Die Umfänglichkeit dieser Normen und die damit verbundene Weite des Regelungsbereiches, die darauf abzielen, eine genaue Regelung für eine Vielzahl möglicher Sachverhalte zu treffen, sprechen schon gegen die Notwendigkeit, ein einzelnes der Tatbestandsmerkmale von § 2 Abs. 3 UIG weit auszulegen. Die Differenziertheit der Norm wiederum macht nur Sinn, wenn die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 3 UIG jedes für sich eine eigenständige Bedeutung im Sinne eines gegeneinander abgegrenzten Geltungsbereichs haben - wobei Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind. Denn dieser differenzierte, abgegrenzte Geltungsbereich ist insbesondere von Bedeutung für sich an die Art der Umweltinformation anknüpfende Rechtsfolgen, hier dem Ausschluss des Ablehnungsgrundes § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG. Soll dieser Ausschluss nur bei Informationen gerade über Emissionen eingreifen, so ist es aus Gründen der Handhabbarkeit der Norm erforderlich, den Emissionsbegriff scharf einzugrenzen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Alt. UIG ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. März 2006 – 1 BvR 2087/03 – zitiert nach Juris; siehe hierzu auch OVG Saarland, Beschluss vom 3. Juli 2002 – 3 Q 59/01 – in: Amtliche Sammlung

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Rheinland Pfalz-Saarland Bd. 30, S. 93; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Juni 2005 – 8 B 940/05 – zitiert nach Juris; Schomerus/ Schrader/ Wegener, Umweltinformationsgesetz, 2. Auflage, § 8 Rz. 24 zur alten Fassung des Umweltinformationsgesetzes). Die von der Klägerin begehrten Zuteilungsbescheide sowie die sonst von ihr laut ihrem Antrag vom 9. Juli 2005 begehrten Informationen betreffen - mit Ausnahmen (dazu unten) - Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen.

Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass mit der Freigabe der in den Zuteilungsbescheiden enthaltenen Informationen die Wettbewerbsfähigkeit und Marktstellung der Anlagen der Beigeladenen offen gelegt würde, sich aus der Rechtsgrundlage ersehen lasse, ob die betreffende Anlage eine Zuteilung nach Härtefallregeln erhalten habe, ferner sich aus dem Umfang der zurückliegenden wie der geplanten Produktion direkt auf Wettbewerbsfähigkeit wie Marktstellung der Anlage schließen lasse und sich durch die Offenlegung von energie- wie prozessbedingten Emissionen wegen der Ähnlichkeit der Produktionsmethoden in der Glasindustrie Rückschlüsse auf Marktstellung wie Produktion ziehen ließen.

Diese Einschätzung der Beklagten ist durch die Erläuterungen seitens der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Diese haben an Hand eines beispielhaft herangezogenen Zuteilungsbescheids Abhängigkeiten eines Glasproduzenten von Zulieferunternehmen darlegt, welche wiederum durch das Wissen des Zulieferers um die in den Zuteilungsbescheiden enthaltenen Informationen zu Lasten der Beigeladenen beeinflusst werden können. So ist erläutert worden, wie an einen Zulieferbetrieb weitergegebene Informationen über die bei der konkreten Glasproduktion eingesetzten Stoffe dazu führen können, dass Unternehmen, die einzelne Rohstoffe für die Glasproduktion zuliefern, mit dem dann vorhandenen Wissen um die Gesamtheit der bei einem Glasproduzenten verarbeiteten Rohstoffe einerseits und die Nachfragesituation am Markt andererseits Abhängigkeiten des Glasproduzenten von bestimmten Rohstoffen erkennen und in ihre Preisgestaltung einfließen lassen können. Weiterhin ist nachvollziehbar erläutert worden, wie aus dem Energieverbrauch einerseits und der Art der bei der Produktion eingesetzten Stoffe andererseits auf die konkrete Rezeptur des Glases rückgeschlossen werden kann. Ebenso ist dargelegt worden, wie an Hand der Einsatzstoffe über entsprechende Nachfragen am Markt zu deren Kosten auf die Kostenstruktur der jeweiligen Glasproduktion rückgeschlossen werden kann bzw. aus dem Auslastungsfaktor ersichtlich ist, ob beispielsweise Reparaturen durchgeführt wurden.

Über die von der Beklagten bereits im Internet veröffentlichten und deshalb nicht geheimen Emissionsdaten hinaus hält die Kammer - im Anschluss an das Oberverwaltungsgericht Saarland - indes dafür, dass ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an der Geheimhal-

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tung der jeweiligen Anlagenkapazität nicht dargelegt ist. Laut Oberverwaltungsgericht Saarland (Beschluss vom 3. Juli 2002, a.a.O.), dem sich die Kammer hier anschließt, ist ein umweltinformationsrechtlicher Anspruch auf die Mitteilung der Kapazität einer Anlage anzuerkennen, da diese typischerweise nicht dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses des Umweltinformationsgesetzes unterfalle. Umweltspezifisch betrachtet ist die Anlagenkapazität eine Schlüsselgröße. Das Genehmigungserfordernis nach Maßgabe der Anlage zur 4. BImSchV hängt häufig von einer bestimmten Leistungsgrenze oder Anlagengröße ab. Hierzu wird in § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BimSchV klargestellt, dass jeweils der technisch und rechtlich mögliche Betriebsumfang maßgebend ist. Im Genehmigungsverfahren nach § 10 Abs. 2 BImSchG sind Unterlagen, soweit sie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthielten, getrennt vorzulegen, indes muss mit Blick auf die Offenlegung der Unterlagen ihr Inhalt, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen sein können. Den Unterlagen ist nach § 4 Abs. 3 der 9. BImSchV eine allgemein verständliche, für die Auslegung geeignete Kurzbeschreibung beizufügen, die einen Überblick über die Anlage, ihren Betrieb und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft ermöglicht. In die Kurzbeschreibung gehören in allgemein verständlicher Form die Angaben nach §§ 4 a und 4 b der 9. BImSchV, darunter die Angaben über Kapazität und Leistung der Anlage. Aus dieser immissionsschutzrechtlichen Relevanz der Anlagenkapazität für die Unterrichtung der Öffentlichkeit wird deutlich, dass diese typischerweise nicht einem Geheimhaltungsschutz unterliegt. Plausible Gründe dafür, dass diese Bewertung, wonach die Anlagenkapazität typischerweise kein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis darstellt, ausnahmsweise vorliegend nicht zutrifft, haben weder die Beklagte noch die Beigeladenen vorgetragen.

Soweit die von der Klägerin begehrten Informationen - wie ausgeführt - Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen darstellen, ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an ihrer Bekanntgabe mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Alternative UIG weder dargelegt noch sonst zu erkennen. Macht die Klägerin als öffentliches Interesse geltend, die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns durch die Öffentlichkeit sei nur möglich, wenn die maßgeblichen Rechtsgrundlagen und die Ausgangsdaten bekannt seien, was allein die Öffentlichkeit in die Lage versetze zu prüfen, ob die Umweltbehörde einen Sachverhalt unter die richtige Norm subsumiert habe, vermag allein dies ein öffentliches Interesse nicht zu begründen. Dem öffentlichen Interesse einer Rechtmäßigkeitskontrolle exekutiven Handelns hat der Gesetzgeber bereits ohne Rückgriff auf die Regelungen des Umweltinformationsgesetzes genügt und entsprechende Institutionen geschaffen: Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf behördliches Handeln ist originäre rechtsstaatliche Aufgabe der

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Verwaltungsgerichtsbarkeit. Daneben besteht kein zusätzliches öffentliches Interesse gerade an weiterer Rechtmäßigkeitskontrolle. Meint die Klägerin, in eigener Verantwortung eine zusätzliche Rechtmäßigkeitsprüfung von Verwaltungshandeln durchführen zu müssen, so ist dies ihr Privatinteresse. Weitere, über die bloße Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehende Anhaltspunkte für ein öffentliches Interesse hat die Klägerin nicht vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich. Es ist nach dem Vortrag der Klägerin auch nicht erkennbar, wofür sie der begehrten Daten ansonsten bedürfte. Die Klägerin hat insbesondere ausdrücklich in Abrede gestellt, die Informationen über die Beigeladenen zum substantiierten Vortrag in einem gerichtlichen Verfahren auf Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen zu benötigen. Im Übrigen wäre auch dies ihr Privatinteresse.

Selbst wenn man schließlich nach dem Vortrag der Klägerin hypothetisch ein öffentliches Interesse an weiterer Rechtmäßigkeitskontrolle annähme, so überwöge es dann nicht das Interesse der Beigeladenen an einer Geheimhaltung. Ist Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf behördliches Handeln Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit, so handelt diese nach dafür vorgesehenen prozessualen Regeln, die auch den Schutz der Interessen Verfahrensbeteiligter und eine Geheimhaltung von Informationen ermöglichen - siehe beispielhaft die §§ 171 b und 172 GVG über den Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine daneben angenommene Rechtmäßigkeitskontrolle durch Private bzw. die sonstige Öffentlichkeit sähe solche Regelungen zum Schutze Dritter gerade nicht vor. Ein neben der Gerichtsbarkeit als gegeben angenommenes Interesse an einer weiteren Rechtmäßigkeitsprüfung ohne die Möglichkeit von Geheimhaltung aber könnte ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an einer Geheimhaltung ihrer Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht überlagern, wenn es daneben ein gesellschaftliches System der Rechtmäßigkeitsprüfung gibt, das einen solchen Schutz grundsätzlich ermöglicht.

Die Beklagte kann sich für die Ablehnung des Antrags allerdings nicht mit Erfolg auf § 8 Abs.2 Nr. 1 UIG berufen. Danach ist ein Antrag abzulehnen, soweit er offensichtlich missbräuchlich gestellt wurde, es sei denn, das öffentliche lnteresse an der Bekanntgabe überwiegt. Vorliegend lässt sich nicht mit der erforderlichen Entscheidungsgewissheit feststellen, dass der Antrag der Klägerin vom 9. Juli 2005 missbräuchlich gestellt wurde. Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes soll ein Antrag offensichtlich missbräuchlich sein, wenn z. B. der Antragsteller bereits über die beantragte Information verfügt oder der Antrag offensichtlich zum Zwecke der Verzögerung von Verwaltungsverfahren gestellt wurde. Das Schutzgut entspricht danach weitgehend dem § 7 Abs. 3 UIG alte Fassung (vgl. Drucksache des deutschen Bundestages 15/3406 vom 21. Juni 2004). Schutzgut der Regelung ist die Arbeitsfähigkeit der

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Behörde, die vor überflüssiger Bearbeitung offensichtlich missbräuchlicher Anträge bewahrt werden soll. Die Offensichtlichkeit des Missbrauchs verlangt eine gesteigerte Offenkundigkeit, d. h. die Missbrauchsabsicht muss auf der Hand liegen, wobei Darlegungs- und Nachweislast bei der Behörde liegen (vgl. dazu Schomerus u. a., a.a.O., § 7 Rz. 30 ff.). Mit Blick auf das Schutzgut der Arbeitsfähigkeit der Behörde lässt sich ein Missbrauch nicht feststellen. Es ist weder erkennbar noch vorgetragen, dass die Arbeitsfähigkeit des Umweltbundsamts oder der Deutschen Emissionshandelsstelle durch die Bearbeitung des Auskunftsbegehrens überhaupt beeinträchtigt oder gefährdet wäre. Damit aber liegt diesbezüglich auch keine Offensichtlichkeit vor.

Der Antrag der Klägerin vom 9. Juli 2005 ist nicht deshalb missbräuchlich gestellt, weil er - wie die Beklagte meint - dem Ausspähen am Markt konkurrierender Wirtschaftsunternehmen, hier der Beigeladenen, dient. Es besteht kein Bedarf, den Schutzbereich von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG im Auslegungswege dahingehend auszudehnen, dass auch Anträge als missbräuchlich zu qualifizieren sein sollen, die dem Ausspähen der Konkurrenz dienen. Der Gesetzgeber hat bereits eine entsprechende Regelung getroffen. Dem Schutz konkurrierender Wirtschaftsunternehmen dient bereits § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG, wonach Anträge abzulehnen sind, wenn durch das Bekanntgeben der Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden.

D ie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1,162 Abs. 3 VwGO. Haben die Beigeladenen mit ihrem Abweisungsantrag und dem damit verfolgten Anliegen, ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schützen, im Wesentlichen obsiegt, so waren ihnen Kosten nicht aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gemäß §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zuzulassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu. Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

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Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

M . Richter Böcker Dolle