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Aktenzeichen
7 K 2124/05
Datum
31. August 2006
Gericht
Verwaltungsgericht Minden
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Minden am 31. August 2006

7 K 2124/05

Die Klägerin strebte die Feststellung an, dass die Verweigerung der Akteneinsicht in Unterlagen zu einer Bauleitplanung bzw. deren späte Durchführung rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht weist die Fortsetzungsfeststellungsklage ab, weil es der Klägerin an dem erforderlichen berechtigten Interesse fehlte. Die von ihr angeführte Wiederholungsgefahr - im vorliegenden Fall die Gefahr, dass die Beklagte die Akten möglicherweise wieder erst später als gewünscht vorlegt - genügt hierfür nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2124/05                                              Seite 1 von 4 Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2124/05 Datum:                   31.08.2006 Gericht:                 Verwaltungsgericht Minden Spruchkörper:            7. Kammer Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            7 K 2124/05 Tenor:                   Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand:                                                                                    1 Die Klägerin ist Eigentümerin eines bebauten Grundstückes in E. . Während des Aufstellungsverfahrens für den Bebauungsplan "M1. U. ", in dessen Geltungsbereich ihr Grundstück liegt, beantragte sie mit Schreiben vom 19.04.2005 Akteneinsicht, um sich darüber zu informieren, aus welchen Gründen 2 eine bestimmte Planvariante verworfen worden war. Nachdem ihr der Beklagte Akteneinsicht nur in die Beschlussvorlage gewährt hatte, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 06.06.2005 nach § 5 Abs. 2 IFG NRW einen schriftlichen Ablehnungsbescheid. Der Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 20.06.2005 ab, der Klägerin                            3 Akteneinsicht in die Verfahrensakten des laufenden Bauleitplanverfahrens zur Änderung des Bebauungsplanes 01-0/09 der Stadt E. zu gewähren. Zur Begründung berief er sich darauf, dass § 7 Abs. 1 IFG NRW den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen zum Schutz des behördlichen Willensbildungsprozesses einschränke. Das Bauleitplanverfahren sei noch nicht abgeschlossen und in den Akten befänden sich Informationen, die nur der Vorbereitung der einzelnen Verfahrensschritte und der Willensbildung der Behörde dienten. Die Klägerin könne diese Akten erst nach Abschluss des Verfahrens einsehen. Dagegen legte die Klägerin am 19.07.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass die Offenlegung des Entwurfs gerade einer Beteiligung der Öffentlichkeit diene, diese sich aber nicht effizient beteiligen könne, wenn sie nicht alle 4 Planvarianten kenne. Außerdem sei § 7 IFG NRW einschränkend auszulegen. Gutachten, die Grundlage für die Willensbildung der Behörde seien, müssten einsehbar sein. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW äußerte mit                 5 Schreiben vom 15.07.2005 an den Beklagten die Ansicht, dass dieser der Klägerin die beantragte Akteneinsicht gewähren solle. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2005, der dem Prozessbevollmächtigten der http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2006/7_K_2124_05urteil20060831.h... 28.09.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2124/05                                           Seite 2 von 4 Klägerin am 31.08.2005 zugestellt wurde, gewährte der Beklagte der Klägerin insoweit Akteneinsicht in die Verfahrensakte des laufenden Bauleitplanverfahrens zur Änderung des Bebauungsplanes 01-0/09 der Stadt E. , als das Verfahren bis zur Offenlegung des Entwurfs geführt worden war. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Die Stellungnahmen der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange, die im Rahmen des Offenlegungsverfahrens             6 abgegeben worden seien, seien unmittelbar Grundlage für die Abwägungsentscheidung der Stadt E. . Solange der Rat die einzelnen Stellungnahmen noch nicht kenne, wäre der Willensbildungsprozess zwischen den Organen der Stadt E. erheblich beeinträchtigt, wenn Dritte Kenntnis nehmen könnten. Am 03.10.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass § 7 Abs. 1          7 IFG NRW schon wegen des Zweckes des Gesetzes eng auszulegen sei und daher nicht jeder Akteneinhalt, der nicht zuvor einem politischen Entscheidungsgremium vorgelegen habe, zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses geheim gehalten werden dürfe. Zu ihrem am 10.10.2005 gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trägt sie vor, dass ihr Prozessbevollmächtigter, der ein Einzelanwalt ohne weiteres Kanzleipersonal sei, geplant habe, die Klageschrift am 29.09.2005 zu erstellen und zu übersenden. Am Morgen des 29.09.2005 habe er sich jedoch mittelschwer am linken Arm verletzt und habe sich deswegen ärztlich behandeln 8 lassen müssen. Der gesamte linke Arm sei in einem Stützgips gewesen und habe ruhig gestellt werden müssen. Der Prozessbevollmächtigte sei bis zum 04.10.2005 krankgeschrieben gewesen. Er habe zwar versucht, die Klageschrift noch am 30.09.2005 zu schreiben, sei aber wegen seiner Armverletzung daran gehindert gewesen, diese noch fertig zu stellen und zu übersenden. Das Gericht hat mit Gerichtsbescheid vom 09.02.2006, der Klägerin zugestellt am             9 17.02.2006, über den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht entschieden und die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung führte die Kammer aus, dass die Klage verfristet sei und Wiedereinsetzung nicht gewährt werden könne. Am 16.03.2006 hat die Klägerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Sie führt dazu aus, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Klageschrift 10 am 30.09.2005 verletzungsbedingt nicht zu Ende habe schreiben und sie deswegen auch nicht mehr hätte rechtzeitig übersenden können. Nachdem der Beklagte der Klägerin am 24.05.2006 die begehrte Akteneinsicht                 11 angeboten und die Klägerin diese am 07.06.2006 wahrgenommen hatte, erklärte der Beklagte das Verfahren in der Hauptsache für erledigt. Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Verfahren um die Gewährung von Akteneinsicht grundsätzliche Bedeutung besitze und eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehe. Seit den 60-er Jahren gebe es Planungen bei der Stadt M2. , u.a. ihr Haus abzureißen, um eine Straße zu verbreitern. Von 1983 bis 1986 habe eine Veränderungssperre bestanden. Seitdem habe sie keine Erhaltungsmaßnahmen mehr an diesem Haus durchgeführt. Um das Gebäude vor dem Verfall zu bewahren und um Planungssicherheit zu bekommen, habe sie verschiedene Auskünfte beim Beklagten einholen wollen. Dieser habe die                     12 Akteneinsicht jedoch nur sehr zögerlich gewährt. Da der Beklagte bisher eine vollständige Einsicht in Bauakten nur gewährt habe, wenn der Rat zuvor die Akten gesehen habe, und da der aktuelle Plan überarbeitet werden müsse, bestehe die Gefahr, dass sie die Bauakten auch zukünftig erst nach dem Rat einsehen könne, was rechtswidrig sei. Außerdem solle ihr Haus möglicherweise enteignet werden. Sie befürchte, in dem anstehenden Enteignungsverfahren auch erst spät in die Akten einsehen zu können. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2006/7_K_2124_05urteil20060831.h... 28.09.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2124/05                                              Seite 3 von 4 Die Klägerin beantragt,                                                                       13 1. festzustellen, dass die vollständige Einsichtnahme in die Bauplanungsakten der Stadt E. zum Bebauungsplan 01-30/09 durch den Widerspruchs- und                               14 Teilabhilfebescheid vom 29.08.2005 zu Unrecht verweigert wurde, 2. ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der                         15 Klagefrist zu gewähren. Der Beklagte beantragt,                                                                       16 die Klage abzuweisen.                                                                         17 Er beruft sich darauf, dass die Klage verfristet sei. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klageschrift, die er nach eigenen Angaben am Abend des 30.09.2005 erstellt habe, nicht am gleichen Abend auch an das Gericht habe faxen können. Im Übrigen habe der Klägerin vor der Kenntnisnahme durch den Rat kein Anspruch auf Akteneinsicht zugestanden. Denn der Akteninhalt beziehe sich auf den Prozess der Willensbildung des Rates der Stadt E. , weil die planerische Willensbildung erst nach Prüfung der Einwendungen möglich sei. Wenn einzelne Informationssuchende vorher den Inhalt der Akten kennten, wäre eine Beeinflussung des Rates nicht ausgeschlossen. Ein nach dem BauGB                              18 vorgesehener geordneter Verfahrensablauf wäre gefährdet worden. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht erkennbar. Da der Bebauungsplan, der das Grundstück der Klägerin, die nicht in E. wohne, gerade geändert worden sei, sei erfahrungsgemäß nicht damit zu rechnen, dass in naher Zukunft erneut ein Verfahren zur Änderung dieses Bebauungsplanes angestrengt werde. Er vertrete nur für die Verfahren der Bauleitplanung die Auffassung, dass Bauakten erst dem Rat vorgelegt werden müssten, bevor Akteneinsicht gewährt werden könne. Akten über Baugenehmigungsverfahren, die das Grundstück der Klägerin beträfen, könnten auch eher eingesehen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug                        19 genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten. Entscheidungsgründe:                                                                          20 Die Klage ist unzulässig.                                                                     21 Unabhängig von der Frage, ob die Klage verfristet ist, fehlt der Klägerin jedenfalls das für die Zulässigkeit der jetzt vorliegenden Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung daran, dass die Verweigerung der Akteneinsicht durch den Beklagten bis zum 24.05.2006 rechtswidrig war. Zu diesem berechtigten Interesse gehört vor dem 22 Hintergrund der Frage, ob die Klägerin mit dem Urteil "etwas anfangen kann" und dieses geeignet ist, ihre Position zu stärken, jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die Klägerin ihr berechtigtes Feststellungsinteresse substantiiert darlegen muss. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.01.2003 - 13 A 4859/00 -.                                      23 Die Klägerin beruft sich insoweit auf eine drohende Wiederholungsgefahr. Eine solche liegt jedoch nur dann vor, wenn die Klägerin hinreichend konkret mit einer 24 Wiederholung der erledigten Maßnahme rechnen muss, wobei die Klärung für einen Dritten nicht ausreicht. Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 113 Rdnr. 270;                25 Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: April 2006; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2005, § 113 Rdnr. 141. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Eine Wiederholung droht hier nicht http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2006/7_K_2124_05urteil20060831.h... 28.09.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2124/05                                           Seite 4 von 4 hinreichend konkret. Die Klägerin macht zwar geltend - was der Beklagte bestätigt -, dass sie bei einer nächsten Bauleitplanung, die ihr Grundstück betrifft, die vollständigen Akten wiederum erst nach dem Rat einsehen kann. Gegenwärtig ist jedoch auch nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten überhaupt nicht absehbar, wann das nächste Verfahren zur Änderung des 26 betreffenden Bebauungsplanes eingeleitet wird, nachdem der Bebauungsplan erst vor zwei Monaten geändert wurde. Der Umstand, dass der Beklagte Anträge auf Akteneinsicht in Verfahren der Bauleitplanung in anderen Fällen in der gleichen Weise wie bei der Klägerin behandelt, genügt nicht für ein berechtigtes Interesse der Klägerin i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie in einem u.U.                   27 anstehenden Enteignungsverfahren, das ihr Grundstück in E. betrifft, die Akten des Beklagten möglicherweise auch wieder erst später als gewünscht einsehen kann. Denn das Enteignungsverfahren ist noch gar nicht eingeleitet worden. Außerdem ist nicht absehbar, dass der Beklagte die Gewährung von Akteneinsicht im Enteignungsverfahren ebenso wie im Verfahren zur Änderung eines Bebauungsplans handhabt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.                                       28 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2        29 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2006/7_K_2124_05urteil20060831.h... 28.09.2007
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