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Information

Aktenzeichen
8 A 10267/06
Datum
2. Juni 2006
Gericht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz am 2. Juni 2006

8 A 10267/06

Auch die bei einer Behörde vorhandenen Informationen zu einem in der Vergangenheit liegenden Zustand der Umwelt sind vom Anspruch auf Umweltinformationszugang umfasst. Umweltinformationen, die der Behörde im Rahmen eines aufgrund einer europarechtlichen Verordnung - VO(EG) Nr. 882/2004 - geschaffenen Schnellwarnsystems zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Lebensmittel bekannt werden, sind nicht pauschal geheimhaltungsbedürftig, sondern unterliegen einer Einzelfallprüfung auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes. Ein Konkurrenzverhältnis beider Normen besteht nicht. Gegenstand des Informationsinteresses war die Belastung einer Tongrube mit Dioxin, das über den Zusatz im Tierfutter in die Nahrungskette gelangte. Das Urteil der Vorinstanz wird damit bestätigt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung

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8 A 10267/06.OVG 5 K 923/05.TR OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit ********************************************************************************************** *********************, ************************, ***** ****, - Kläger und Berufungsbeklagter - gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Willy-Brandt-Platz 3, 54290 Trier, - Beklagter und Berufungskläger - beigeladen: Firma ***********************, ****************, ***** *****************, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Gassner, Stockmann & Kollegen, Kronenstraße 30, 70174 Stuttgart,
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-2- beteiligt: Vertreter des öffentlichen Interesses - Ministerium der Justiz -, Ernst-Ludwig- Str. 3, 55116 Mainz, wegen          Zugang zu Umweltinformationen hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2006, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch Richter am Verwaltungsgericht Bender ehrenamtliche Richterin Bankangestellte Benninghoven ehrenamtlicher Richter Pensionär Bertram für Recht erkannt: Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 18. Januar 2006 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergericht- lichen Kosten der Beigeladenen und des Vertreters des öffentlichen Interesses tragen zu 2/3 der Beklagte und zu 1/3 die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des noch festzu- setzenden vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleiche Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. -3-
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-3- Tatbestand Die Beigeladene betreibt ein Tongrubenunternehmen. Nachdem in den Jahren 1999 und 2004 Dioxinkontaminationen geologischen Ursprungs in Lebensmitteln festgestellt worden waren, führten die auf euro- päischer Ebene angestrengten Ermittlungen zum Zwecke der Rückverfolgung der Kontamination zu den Tongruben der Beigeladenen. Daraufhin wurde im August 1999 der Beigeladenen untersagt, Tonerde aus ihren Gruben zum Zwecke der Futtermittelproduktion zu veräußern. Im Jahr 2004 hatte sich ein Verdacht, dass Kaolin-Ton    aus   den   Tongruben    der    Beigeladenen  zum   Zwecke     der Futtermittelproduktion veräußert wurde, nicht bestätigt. Am 7. Juli 2005 beantragte die Klägerin unter Berufung auf den Umweltinforma- tionsanspruch beim Beklagten die Einsicht in die Akten oder die Überlassung von Informationen zu den vorgenannten Vorgängen hinsichtlich Dioxinbelastungen in den Tongruben der Beigeladenen. Nach Ablehnung des Antrags und erfolglosem Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht Trier den Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung zur Neubescheidung verurteilt, dass sich der Umweltinformationsanspruch auch auf Informationen hinsichtlich eines in der Ver- gangenheit abgeschlossenen Vorgangs zum Umweltzustand beziehe und die vom Beklagten angeführten lebensmittelrechtlichen Bestimmungen dem Informations- anspruch nicht grundsätzlich entgegenstünden. Der Beklagte habe daher nun noch nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art der Informationsgewährung zu entscheiden und dabei darauf zu achten, dass Informationen, deren Bekanntgabe ausgeschlossen sei, nicht weitergegeben würden. Hiergegen wenden sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin. -4-
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-4- Der Beklagte führt zur Begründung aus: Der Umweltinformationsanspruch beziehe sich nicht auf Tatsachen, die einen in der Vergangenheit liegenden Zustand der Umwelt beträfen. Voraussetzung für den Anspruch sei vielmehr, dass eine Gefährdung der Umwelt aktuell noch mög- lich sei. Das sei aber angesichts der bereits abgeschlossenen Vorgänge nicht (mehr) der Fall. Das Landesumweltinformationsgesetz sei auch erst rückwirkend zum 14. Februar 2005 in Kraft getreten und könne daher keine weitergehende Rückwirkung hinsichtlich der zeitlich davor liegenden Sachverhalte entfalten, auf die sich der geltend gemachte Anspruch beziehe. Der allgemeine Umweltinformationsanspruch          sei auch bereits durch die spezielleren Regelungen des Lebensmittelsrechts nach Art. 52 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. EG L 31) ausgeschlossen. Danach seien alle im sog. Schnellwarnsystem zur Rückverfolgung von Kontaminationen der Lebensmittel- kette erlangten Informationen naturgemäß geheimhaltungsbedürftig und daher nicht preiszugeben. Dies gelte zumindest für die im Zusammenhang mit den Vorgängen von 2004 erlangten Informationen. Es sei schließlich nicht möglich, den Akteninhalt insofern unkenntlich zu machen, als geheimhaltungsbedürftige Informationen betroffen seien. Die danach vorzu- nehmenden Schwärzungen seien so weit reichend, dass der Informationsgehalt der Akten völlig entwertet würde. Eine Akteneinsicht sei dann nicht mehr möglich. Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 18. Januar 2006 die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, -5-
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-5- und darüber hinaus, den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Juli 2005 und des Widerspruchs- bescheids vom 4. August 2005 zu verurteilen, ihr die Akten zu den Dioxinfunden in den Tongruben der Beigeladenen, insbesondere zu den Vorgängen von 1999 bis 2001 und 2004 betreffend des Verbots der Veräußerung von Tonmaterialen zur Ein- sichtnahme zu übersenden, hilfsweise, Kopien der Akten zu übermitteln, hilfsweise, diese Akten zur Einsicht vor Ort zur Verfügung zu stellen, hilfsweise, die begehrten Umweltinformationen auf geeignete andere Weise zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung führt sie aus: Das Verständnis des Beklagten von einem eingeschränkten Anspruch auf Infor- mationen nur zum aktuellen Zustand der Umwelt werde dem mit dem Umwelt- informationsrecht verfolgten Ziel der Verbesserung des Umweltschutzes durch mehr Transparenz des Verwaltungshandelns und erweiterter Information der Bürger nicht gerecht. Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gehe nicht als speziellere Norm dem Umweltinformationsanspruch nach dem Landesumweltinformationsgesetz(LUIG) vor, sondern betreffe einen anderen Regelungsgegenstand, der sich nur teilweise mit dem des Umweltinformationsrechts überschneide. Aus dieser Norm folge auch nicht, dass alle im Schnellwarnsystem bei der Rückverfolgung einer Kontamination der Lebensmittelkette gewonnenen Erkenntnisse geheim zu halten seien. Entgegen dem verwaltungsgerichtlichen Urteil habe man auch ein Recht auf Akteneinsicht, da die Art und Weise der Informationsgewährung nicht im Ermessen des Beklagten stehe. Vielmehr müsse der Beklagte dem Antrag auf -6-
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-6- Akteneinsicht grundsätzlich entsprechen, wenn es nicht im Einzelfall angemessen sei, die Information in anderer Form zugänglich zu machen. Ein Bericht des Beklagten über die Vorgänge sei aber keineswegs ausreichend, um dem Informa- tionsanspruch zu genügen. Die Beigeladene schließt sich der rechtlichen Bewertung des Beklagten an, stellt aber keinen eigenen Antrag. Der Vertreter des öffentlichen Interesses ist dem Verfahren beigetreten und trägt vor, dass es Zielsetzung des Landesumweltinformationsgesetzes in Anlehnung an die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 - ABl. EG L 41/26 - (Umweltinformationsrichtlinie) gewesen sei, der Öffentlichkeit umweltbezogene Daten möglichst weitgehend zur Verfügung zu stellen. Davon ausgehend spiele es daher keine Rolle, ob es sich bei den vorhan- denen Umweltinformationen um solche handele, die aktuelle oder abgeschlossene Vorgänge oder Prognosen beträfen. Art. 52 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 stehe nicht als Ausschlussnorm dem Umweltinformationsanspruch entgegen. Die Norm verfolge einen anderen Regelungszweck und beziehe sich nur auf die aktive Warnpflicht der Behörden im Sinne von Art. 10 der Verordnung. Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Behördenakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. -7-
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-7- Entscheidungsgründe Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin bleiben ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten auch nach Auffassung des Senats zu Recht zur Neubescheidung des klägerischen Begehrens auf Zugang zu Informationen nach dem Landesumweltinformationsgesetz vom 19. Oktober 2005 (GVBl. S. 484) - LUIG - verpflichtet. I. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Gewährung der begehrten Umweltinformationen nach § 3 Abs. 1 LUIG. Sie gehört unstreitig zum Kreis der danach anspruchsberechtigten Personen, die ohne Geltendmachung eines    besonderen      Interesses   einen   Anspruch   auf    Erteilung    von Umweltinformationen gegenüber einer Behörde haben, die über entsprechende Informationen verfügt. Die gegen die Informationsgewährung von dem Beklagten erhobenen Einwände greifen nicht durch. 1. Die Informationen zu dem Dioxinereignis in den Tongruben der Beigeladenen im Jahr 1999 und zu dem Verdachtsfall im Jahr 2004 sind bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des Beklagten vorhandene Umweltinformationen nach § 2 Abs. 3 LUIG. Die Informationen betreffen den Zustand des Umweltbestandteils Boden in den Tongruben der Beigeladenen (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 LUIG), den Einflussfaktor Dioxin als Stoff, der auf den Zustand dieses Umweltbestandteils einwirkt (Nr. 2) und -8-
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-8- schließlich auch die Kontamination der Lebensmittelkette, die nach § 2 Abs. 3 Nr. 6 LUIG auch Gegenstand von Umweltinformationen ist, sofern sie - wie hier - durch den Zustand eines Umweltbestandteils nach Nr. 1 oder von Faktoren nach Nr. 2 betroffen ist oder betroffen sein kann. Gegenstand der begehrten Informa- tionen sind daher nur die Teile der Verwaltungsvorgänge, die den Einfluss des von der Beigeladenen in ihren Tongruben in R.-B. geförderten Kaolin-Tons auf die Lebensmittelproduktion betreffen. Der Kaolin-Ton gelangte zumindest im Jahr 1999   noch     unmittelbar  in  die   Futtermittelproduktion   und  damit in  die Lebensmittelkette. Insoweit führte eine auf europäischer Ebene durchgeführte behördliche Rückverfolgung einer Dioxinbelastung von Milchprodukten in den Niederlanden letztlich zu den Tongruben der Beigeladenen, in denen dann auch eine Dioxinkontamination festgestellt wurde. Im Jahr 2004 wurden bei einer Rückverfolgung einer Dioxinbelastung in Milchprodukten schon frühzeitig die Tongruben der Beigeladenen als unmittelbare Verursacher ausgeschlossen, aber auf einen Zusammenhang mit der Verwendung des Kaolin als Kartoffelsortiermittel hingewiesen. Die danach ermittelten Wirkungspfade einer Dioxinbelastung in der Lebensmittelkette, die in den Tongruben der Beigeladenen ihren Ursprung hatte oder    hätte    haben    können,    sind    damit   Gegenstand     der  begehrten Umweltinformationen nach § 2 Abs. 3 Nr. 6 LUIG. Hingegen sind die ebenfalls nach dem Vortrag des Beklagten in den Verwaltungsakten enthaltenen Informationen über andere Wirkungspfade, die entweder von dem belastenden Endprodukt (Milch) ausgehen, aber nicht zu den Tongruben der Beigeladenen führen, oder von dort ihren Ausgang nehmen, aber nicht  in   die   Lebensmittelkette   einfließen,   auch   nicht  Gegenstand   des Umweltinformationsanspruchs,         der      hier    geltend     gemacht     wird. Umweltinformationen betreffen nach §§ 2 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 6 LUIG nur ein konkretes Umweltmedium, das von bestimmten Faktoren beeinflusst wird und deswegen Auswirkungen auf die Lebensmittelkette hat. Damit sind aber auch nicht alle bei den Ermittlungen zunächst in Betracht gezogene Wirkungspfade -9-
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-9- schon deswegen Umweltinformationen, nur weil sie wegen der Besonderheiten des interbehördlichen Informationsweges beim Rückverfolgungsverfahren Eingang in die bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu den Tongruben der Beigeladenen angelegten Verwaltungsakten gefunden haben, ohne aber mit dem Zustand des dort geförderten Tons und seiner Verwendung innerhalb der Lebens- oder Futtermittelkette im Zusammenhang zu stehen. 2. Die danach vom Informationsanspruch betroffenen Vorgänge sind nicht deswegen vom Umweltinformationsbegriff nach § 2 Abs. 3 LUIG ausgeschlossen, weil sie in der Vergangenheit liegende abgeschlossene Lebenssachverhalte betreffen. Die Auffassung des Beklagten, dass nach der Definition der Umweltinformationen nach §§ 2 Abs. 3 Nr. 2, 3 a) und 6 LUIG nur solche Informationen betroffen seien, die sich noch aktuell auf den Zustand der Umwelt auswirkten oder auswirken könnten, kann nicht überzeugen. Schon der Wortlaut des Gesetzes gibt eine derartige Auslegung einer zeitlichen Zäsur der vom Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 LUIG umfassten Informationen nicht her. Nach § 3 Abs. 1 LUIG sind alle bei den Behörden vorhandenen Informationen vom Informationsanspruch umfasst. Hierzu gehören aber auch solche Informationen zu Geschehnissen, die sich bereits in der Vergangenheit abgespielt haben. Der Gesetzgeber hat daher auch in den vom Beklagten herangezogenen Vorschriften keine zeitliche Zäsur von Informationen vorgenommen, sondern vielmehr durch die Bezugnahme auf die tatsächliche oder mögliche Auswirkung auf Umweltbestandteile lediglich eine qualitative   Bestimmung      der   vorhandenen    Informationen    nach     ihrer Umweltrelevanz geregelt. Dies wird besonders in der Begründung des Gesetzesentwurfs (vgl. LT-Drucks. 14/4307, B zu § 2 Abs. 3 Nr. 6) deutlich, wonach der Umweltinformationsanspruch sich nur auf solche Kontaminationen der Lebensmittelkette bezieht, die auf dem Umweltpfad vermittelt wurden und nicht auf - 10 -
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- 10 - anderen     Ursachen   wie   z.B.   Hygienemissständen     eines  betriebsinternen Produktionsprozesses beruhen. Ein anderes Verständnis der Norm wird auch dem Sinn und Zweck, den das Landesumweltinformationsgesetz in Umsetzung der Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (UIRL 2003) verfolgt, nicht gerecht. Die insoweit richtlinienkonforme, weite Aus- legung des Umweltinformationsbegriffs muss berücksichtigen, dass Ziel der Umweltinformationsrichtlinie 2003 ist, den Rechtsanspruch auf Erteilung von Umweltinformationen noch zu erweitern (vgl. Erwägungsgründe Nr. 1 und 2 der UIRL 2003 und Begründung A des Gesetzesentwurfs zum LUIG, LT-Drucks. 14/4307). Bereits die vorangegangene Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG war aber schon auf einen möglichst weitgehenden und umfassenden Zugang zu Informationen über die Umwelt gerichtet (vgl. hierzu BVerwGE 102, 282; EuGH, NVwZ 1999, 1209). Soll also mit der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie 2003 eine weitere Verbesserung des Umweltschutzes dadurch erreicht werden, dass die Möglichkeit der effektiven Kontrolle von behördlichem Handeln durch eine höhere Transparenz und einen erweiterten Zugang zu Umweltinformationen verbessert wird (vgl. hierzu Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 3, Stand Dezember 2005, UIG [2004] § 1 Rn. 7; Vorbem. Rn. 36, 2), dann lässt sich dieses Ziel kaum verwirklichen, wenn die Behörde sich der so beabsichtigten Kontrolle schon mit dem Hinweis auf einen abgeschlossenen Prüfungsvorgang, der nach ihrer Meinung zum Ausschluss einer Umweltgefahr führte, entziehen kann. Ohne Kenntnis der Fakten, auf denen diese Bewertung der Behörde beruht, ist eine effektive Kontrolle des behördlichen Handelns nicht mehr gewährleistet. Mithin gewinnt die Information über einen vergangenen Zustand der Umwelt auch deswegen Bedeutung, weil nur deren Kenntnis die verlässliche Prognose über künftige Umweltbelastungen und vergleichende Bewertungen ermöglicht     (so   auch:    Schomerus       in:   Schomerus/Schrader/Wegener, Umweltinformationsgesetz     [1995]   §3    Rn.   102,  103;     Reidt/Schiller  in: - 11 -
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