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Information

Aktenzeichen
10 A 215.04
Datum
10. Januar 2006
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Berlin am 10. Januar 2006

10 A 215.04

Umweltinformationen i.S.d. UIG liegen auch dann vor, wenn der Schutz der Umwelt nicht der Hauptzweck, jedoch ein wichtiges Zwischenziel der Maßnahme ist. Die Gewährung von Exportkrediten im Bereich der Energieerzeugung kann zumindest teilweise Auswirkungen auf die Umwelt entfalten. Vor allem bei Investitionen von gewissem Gewicht und Dauer, die über die Pflicht zu nachhaltigem Handeln hinauswirken. Eine Ablehnung zum Schutz internationaler Beziehungen ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Es muss ein gewichtiger Grund vorliegen (z.B. Berichterstattungspflichten). (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Begriffsbestimmung Internationale Beziehungen

VG 10 A 215.04

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

In der Verwaltungsstreitsache

hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin durch

die Richterin Gaudernack als Berichterstatterin

am 10. Januar 2006 beschlossen:

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Den Beteiligten wird zur endgültigen Beilegung des Verwaltungsstreitverfahrens vorgeschlagen:

Ungeachtet der unterschiedlichen Rechtsauffassungen und ohne Präjudizwirkung wird Dr folgender Vergleich abgeschlossen:

  1. Die Beklagte verpflichtet sich, den Klägern folgende Informationen zu erteilen:

a) Eine Aufstellung aller Vorhaben im Bereich Energieerzeugung ab einem Auftragswert von 15 Millionen Euro und einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren, für die durch die Beklagte seit dem 1. Januar 2003 Ausfuhrgewährleistungen übernommen worden sind.

Unter "Vorhaben" werden hierbei die Lieferung / Errichtung von Anlagen bzw. Anlagenteilen verstanden.

b) Diese Liste ist nach der Art der jeweils bei den Vorhaben eingesetzten Energieträger zu gliedern:

Kohle, Öl, Gas, Kernbrennstoffe, Sonne, Wasser, Erdwärme, Wind.

c) Für jeden Gliederungspunkt der unter a) aufgeführten Liste ist die durch Ausfuhrgewährleistungen insgesamt gedeckte Summe aufzuführen.

d) Die unter a) genannte Liste der Projekte, die das "Screening" durchlaufen haben, ist nach der Zuordnung zu den Umweltrelevanz-Kategorien A, B oder C zu gliedern.

e) Soweit vorhanden sind für diejenigen Vorhaben der unter a) genannten Liste, welche die Energieträger Kohle, Öl oder Gas einsetzen, folgende weitere Informationen zu erteilen:

Brennstoffart

Brennstoffherkunft

  • Brennstoffinput pro Jahr in Tonnen; bei Mischfeuerungen ggf. Aufschlüsselung nach Brennstoffarten und -herkunft

  • die Produktionsmenge in Kilowattstunden pro Jahr

  • der Wirkungsgrad der Anlage in Prozent (ggf. Neuzustand)
  • die installierte Leistung in Megawatt

  • der Auslastungsgrad in Prozent

-3- die voraussichtliche Betriebsdauer der Anlage

f} Namen und Daten der Vorhabenträger sind ggf. zu schwärzen oder auf sonstige geeignete Weise unkenntlich zu machen.

  1. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 1/3, die Beklagte 2/3. Gründe

Diesem Vorschlag liegen die als Anhang beigefügten rechtlichen Erwägungen des Gerichts vom 21. Juli 2005 zugrunde, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Der Vorschlag hat gemäß $ 106 Satz 2 VwGO die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs, wenn ihn sämtliche Beteiligte durch einfach schriftliche Anzeige, die bis zum 31. Januar 2006 bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, einzugehen hat, annehmen.

Gaudernack

-A-, Anhang

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2005 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert. Die Beteiligten baten übereinstimmend um einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, in dem die bereits im Termin geäu-Rerten vorläufigen Rechtsauffassungen der Kammer zum Ausdruck kommen sollten. Nach Beratung durch die Berufsrichter liegen dem Vergleichsvorschlag folgende Erwägungen zugrunde:

  1. Maßgebliche Rechtslage Die Kammer geht in ihrer vorläufigen Einschätzung davon aus, dass für die Entscheidung des vorliegenden Streitverfahrens das seit 14. Februar 2005 geltende Umweltinformationsgesetz (UIG) in der Fassung vom 22. Dezember 2004 (BGBi I 2004, 3704) heranzuziehen ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein das materielle Recht die maßgebliche Rechtslage bestimmt und dies im Fall eines Verpflichtungsbegehrens in der Regel der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Die Argumentation der Beklagten, dass es nicht Intention der UlG-Novelle gewesen sei, rechtmäßig abgelehnte "Altfälle aufzurolien, dürfte nicht verfangen. Zum einen ist die Ablehnung des Auskunftsbegehrens nicht bestandskräftig geworden, zum anderen beruht das neue UIG auf einer EU-Richtlinie, die den Zugang zu Umweltinformationen bewusst erweitern wollte (vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 1). In Ermangelung einer Übergangsregelung im neuen UIG dürfte deshalb davon auszugehen sein, dass anhängige "Altfälle nach neuem materiellen Recht zu beurteilen sind.

  2. Anspruchsgrundlage Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Auskunftsanspruch der Kläger dürfte einzig 8 3 Abs. 1 UIG in Betracht kommen. Eine Berufung auf die Emissionshandelsrichtlinie (2003/87/EG), insbesondere auf deren Art. 17, der den öffentlichen Zugang zu Zuteilungsentscheidungen und den zu erstellenden Emissionsberichten vorsieht, erscheint hingegen wenig erfolgversprechend. Diese Emissionsberichte, deren Inhalt sich im Detail aus dem Anhang 2, Teil 2 zum TEHG ergibt, betreffen jeweils rein nationale Sachverhalte im Zusammenhang mit den Zuteilungsentscheidungen auf der Grundlage der nationalen Allokationspläne.

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Nach $ 3 Abs. 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des UIG Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Nach der Neufassung dürfte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gemäß 82 Abs. 1 UlG als Teil der Regierung grundsätzlich informationspflichtig sein.

  1. Umweltinformationen Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien in diesem Verfahren ist, ob es sich bei den von den Klägern begehrten Informationen um Umweltinformationen im Sinne von 8 2 Abs. 3 UIG, insbesondere von Nummer 3 a) und/oder b), handelt.

a) Umweltinformationen im Sinne von $ 2 Abs. 3 Nr. 3 a): Gemäß 8 2 Abs. 3 Nr. 3 a) UlG sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne von Nummer 1 (also Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen) oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 (wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken) auswirken oder wahrscheinlich auswirken.

Die Kammer geht in einer vorläufigen Einschätzung davon aus, dass es sich bei der Gewährung von Exportkrediten im Bereich der Energieerzeugung zumindest teilweise um Maßnahmen bzw. Tätigkeiten handelt, die sich auf Umweltbestandteile wahrscheinlich auswirken. Unstreitig dürfte sein, dass die zu fördernden Projekte selbst sich potentiell auf Umweltbestandteile wie beispielsweise die Atmosphäre auswirken können. Dass auch die Beklagte von dieser Prämisse ausgeht, ergibt sich aus ihren eigenen Publikationen (vgl. S. 28 des Jahresberichtes 2004: "Umweltauswirkungen von Projekten"). In diesem Zusammenhang ist die Kammer nach vorläufiger Beratung der Ansicht, dass sich auch die Gewährung bzw. Nichtgewährung einer Exportkreditsicherung positiv oder negativ auf die Durchführung eines Projektes und damit auf die Umwelt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auswirkt. Diese Einschätzung wird offenbar auch von der OECD geteilt, wenn es in deren "common approaches" heißt: "Noting that OECD Ministers in 2001 have recognised that export credit policy can

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contribute positively to sustainable development and should be coherent with ist objectives." (Recommendation on common approaches on environment and officially supported export credits, TD/ECG/(2005)3, 25. Februar 2005)

Im Sinne der zur Durchsetzung des Europarechts gebotenen extensiven Auslegung erscheint es ausreichend, dass eine staatliche Tätigkeit generell geeignet ist, die Umwelt zu beeinträchtigen (vgl. zur generellen Eignung zum Umweltschutz im alten UIG BVerwGE 108, 369 ff.). Dass gegebenenfalls ein Projekt unabhängig von der Sicherung durch die Beklagte mit Hilfe eines anderen Landes durchgeführt wird, dürfte dem nicht entgegenstehen, da nach einer ersten Einschätzung der Kammer der Wortlaut des UIG nicht notwendigerweise von einer direkten Kausalität ohne Zwischenschritte ausgeht. Insoweit versteht es sich von selbst, dass die Hauptverantwortung für ein Projekt und dessen Umweltauswirkungen vom Betreiber und nicht von der Beklagten ausgeht. Die Rechtsprechung hat zu $ 3 Abs. 2 Nr. 3 UlG a. F. jedoch ausgeführt, dass diese Vorschrift ein Kriterium der Unmittelbarkeit nicht vorsah (BVerwGE 108, 369 ff.). Dies dürfte auch auf 8 2 Abs. 3 Nr. 3 a) UlG n. F. übertragbar sein.

Ohne Weiteres dürften diese Ausführungen für die Förderung der Errichtung oder Lieferung ganzer Anlagen im Bereich der Energieerzeugung gelten. Problematisch erscheint jedoch die Forderung der Kläger nach Auflistung jeder Förderung einer bloßen Lieferung von Anlagenteilen, da sich in diesem Zusammenhang, z. B. bei der Lieferung von Kleinstteilen der Umweltbezug nicht aufdrängt. Würde jeder noch so kleine Teilbeitrag erfasst, dürfte dies eine unzulässige Ausdehnung des Kausalzusammenhanges darstellen und von der Intention des UlG, auch bei weiter Auslegung, nicht mehr gedeckt sein. Die genaue Abgrenzung, wann ein Umweltbezug gegeben ist und wann nicht, erscheint schwierig.

b) Umweltinformationen im Sinne von $ 2 Abs. 3 Nr. 3 b):

Gemäß 8 2 Abs. 3 Nr. 3 b) UIG sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne von Nummer 1 (s.o.) bezwecken; dazu gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme.

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Die Kammer erkennt, dass der Hauptzweck der Exportgarantien in der Förderung der deutschen Wirtschaft und nicht im Umweltschutz liegt. Sie ist jedoch im Rahmen ihrer vorläufigen Einschätzung der Ansicht, dass es sich zumindest bei geförderten Projekten, für die eine Umweltprüfung durchgeführt wird, dennoch um Maßnahmen bzw. Tätigkeiten handelt, die den Schutz der Umwelt bezwecken. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde: Der Wortlaut des UIG entspricht im wesentlichen dem der ihm zugrunde liegenden EU-Richtlinie 2003/4/EG und bedarf wegen der eher allgemein gehaltenen Fassung der Auslegung. Im Sinne einer an der effektiven Durchsetzung des Europarechts orientierten weiten Auslegung dürften auch solche Maßnahmen und Tätigkeiten unter 82 Abs. 3Nr. 3b) UIG fallen, die den Schutz der Umwelt zwar nicht als Hauptzweck, jedoch jedenfalls als wichtiges Zwischenziel haben. Umweltaspekte spielen nach eigenen Aussagen der Beklagten in ihren zahlreichen Veröffentlichungen sowie nach den internationalen Vereinbarungen bei der Gewährung von Exportkrediten eine beachtenswerte Rolle: Nach den eigenen Aussagen der Beklagten stellen Umweltaspekte einen 'festen Bestandteil des Entscheidungsverfahrens" (Jahresbericht 2003, S. 26) dar und werden bei der Entscheidung über die Vergabe einer Exportgarantie "verantwortungsvoll geprüft und berücksichtigt" (Jahresbericht 2004, S. 28). In einem Bericht an die OECD spricht die Beklagte gar von einer zentralen Bedeutung der Umweltaspekte ("central importance", OECD-Papier TD/ECG(2004)3/FINAL, S. 35). Bezüglich des Kriteriums der Unmittelbarkeit wird auf die Ausführungen unter 3 a) verwiesen.

Die Kammer ist nach vorläufiger Einschätzung der Ansicht, dass auch eine Vergleichbarkeit mit den zum alten UlG ergangenen Urteilen zu Subventionen im Umweltbereich (vgl. BVerwGeE 108, 369 ff.) im Bereich der Exportkredite nicht fernliegend ist. Auch in diesen Fällen lag die Letztverantwortung für die Umweltauswirkungen bei den durchführenden Firmen; dennoch sahen die Gerichte den durch die Subvention gewährten Beitrag als ausreichend im Sinne des UIG an, da die sog. ökonomischen Instrumente des Umweltschutzes gegenüber dem klassischen Instrumentarium des Ordnungsrechts stetig an Bedeutung gewinnen.

Dies gilt jedoch - nach erster Einschätzung durch die Kammer - nur für diejenigen Projekte, für die nach den "common approaches" der OECD und den diesen nachgebildeten "Leitlinien für die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Gesichtspunkten" eine Umweltprüfung durchgeführt wird. Bezüglich

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aller Förderungen unter 15 Millionen Euro und einer Laufzeit von unter 2 Jahren dürfte der Umweltschutzcharakter der Maßnahmen nicht über das allgemeine Gebot der Nachhaltigkeit staatlichen Handelns hinausgehen. Insoweit ist bezüglich derjenigen Informationen, die Projekte ohne Umweltprüfung betreffen, fraglich, ob es sich bei einer Exportkreditgewährung um Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne von 82 Abs. 3 Nr. 3 b) UIlG handelt.

  1. "Verfügen" über Umweltinformationen Streitig ist zwischen den Parteien weiterhin, ob die Beklagte über die geforderten Informationen verfügt. Dies ist gemäß $ 2 Abs. 4 UlG.dann der Fall, wenn die Informationen bei der Behörde vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden.

Die Kammer geht nach ihrer vorläufigen Einschätzung davon aus, dass zumindest folgende Informationen bei der Beklagten bzw. bei der Euler Hermes AG vorhanden sein müßten:

  • eine Liste derjenigen Vorhaben im Bereich der Energieerzeugung, für die durch die Beklagte Ausfuhrgewährleistungen übernommen und eine Umweltprüfung durchgeführt wurde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in den Jahresberichten der Jahre 2003 (vgl. S. 27) und 2004 (vgl. S. 28) jeweils eine Zahl für alle Vorhaben genannt wird, für die eine Umweltprüfung durchgeführt wurde. Aus dieser Summe von 152 Geschäften für 2003 und 123 Geschäften für 2004 müßte eine Selektion der Vorhaben aus dem Bereich der Energieerzeugung möglich sein.
  • Die in diesem Zusammenhang eingesetzten Energieträger müßten sich ohne weiteres aus den Antragsunterlagen entnehmen lassen.
  • Die aus statistischen Gründen ohnehin erhobene Deckungssumme dürfte sich ebenfalls unproblematisch entnehmen lassen.
  • Gleiches gilt wegen der Berichtspflichten an die OECD für die Kategorisierung der Projekte.

Problematisch erscheint lediglich das Vorhandensein der im Klageantrag unter 3.) geforderten Informationen, welche die Details der Vorhaben im Bereich fossiler Energien betreffen. Eine Pflicht zur gesonderten Erhebung dieser Informationen besteht nach Ansicht der Kammer für die Beklagte nicht. Sollten sie jedoch in den

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eingereichten Environmental Impact Assessment Reports oder sonst in den Akten verfügbar sein, würden sie der Herausgabepflicht unterfallen.

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  1. Anspruchsausschluss Die Kammer sieht nach einer ersten Einschätzung keinen Ausschlussgrund im Sinne von 88 8, 9 UIG als gegeben an. Dabei gilt es zunächst zu berücksichtigen, dass nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der dem UIG zugrundeliegenden Richtlinie 2003/4/EG die Ablehnungsgründe eng auszulegen sind. Das Gericht vermag nach vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Argumentation der Beklagten, durch eine Veröffentlichung würden die internationalen Beziehungen im Sinne von $ 8 Abs. 1 Nr. 1 UIG beeinträchtigt, nicht zu folgen. So ergibt der Vergleich mit den sonstigen in Nr. 1 genannten Schutzgütern (z.B. der Verteidigung), dass die Beeinträchtigung der internationalen Beziehungen ein gewisses Gewicht erreichen müßte. Dass es in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen sollte, dass die Empfängerstaaten selbst ggf. aus völkerrechtlichen Verträgen Berichtspflichten haben, ist nicht ersichtlich.

Der Antrag ist wohl auch nicht gemäß 8 8 Abs. 2 Nr. 1 UlG wegen offensichtlicher Missbräuchlichkeit abzulehnen, etwa weil die Kläger bereits über die begehrten Informationen verfügen. Die Internetpräsentation erscheint insoweit nicht vollständig und enthält darüber hinaus selbst bei den Projekten, bei denen die Firmen der Veröffentlichung zugestimmt haben, keine umweltrelevanten Daten. Der erhöhte Aufwand, der mit der Zurverfügungstellung der Informationen zwangsläufig verbunden sein wird, stellt bei einem ernsthaften Informationsgesuch kein Kriterium dar, welches den Antrag offensichtlich mißbräuchlich machen würde. Er soll vielmehr in einem gewissen Maß durch die zu erhebenden Gebühren aufgefangen werden.

Weiterer Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist in diesem Zusammenhang, ob der Anspruch gemäß 8 9 Abs. 1 Nr. 3 UlG deshalb ausgeschlossen ist, weil durch die Bekanntgabe Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass das neue UIG eine Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe ermöglicht, wenn Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse betroffen sein sollten. Die Berufung der Beklagten auf 8 203 StGB dürfte schon deshalb nicht greifen, weil das Tatbestandsmerkmal "unbefugt" nicht einschlägig ist, wenn ein Gesetz die Weitergabe der Informationen erlaubt oder gar fordert. Insgesamt dürfte nach Ansicht der Kammer den Geheimschutzinteressen und

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den Wettbewerbsinteressen der Exporteure durch eine Schwärzung der Namen ohne weiteres Rechnung getragen werden (vgl. auch BVerwGE 108, 369 ff).

  1. Vorschläge zu einer gütlichen Einigung a) Einschränkungen bezüglich des von den Klägern geforderten Zeitraums Es wird vorgeschlagen, den Zeitpunkt, ab dem die von den Klägern begehrten Informationen erteilt werden sollen, für die Vergangenheit von 1997 auf 2003 zu verlegen. Dieser Vorschlag beruht einerseits auf der Erwägung, dass zwar das von den Klägern als maßgeblicher Zeitpunkt herangezogene Kyoto-Protokoll bereits 1997 angenommen wurde, jedoch erst mit der Ratifizierung durch Russland im November 2004 am
  2. Februar 2005 in Kraft trat. Die Kläger hatten in der mündlichen Verhandlung angedeutet, ggf. zu einer Beschränkung des Klageantrags auf den Zeitpunkt 2001 bereit zu sein. Zwar markiert dieser Zeitpunkt den Beginn der Umweltprüfung anhand der common approaches durch die Beklagte. Einen im Rahmen des gegenseitigen Nachgebens nach Auffassung des Gerichts für den relevanten Zeitraum jedoch ebenfalls beachtlichen Gesichtspunkt stellt die UlG-Novelle dar: vor Inkrafttreten des UIG in der neuen Fassung, also auch im Zeitpunkt der Antragstellung und Klageeinreichung war fraglich, ob das BMWA überhaupt informationspflichtige Stelle im Sinne von 8 3 Abs. 1 Satz 1 UlG a.F. war. Darüber hinaus bestanden selbst bei angenommener Informationspflichtigkeit des BMWA die umfassenden Förderpflichten des 8 7 UIG n.F. in keinem Fall, so dass eine Speicherung ggf. nicht stattgefunden hat und Aufbereitung der geforderten Informationen für beinahe 10 Jahre zurückliegende Sachverhalte voraussichtlich sehr schwierig sein dürfte. Dem Gericht erscheint der Zeitpunkt 2003 aus praktischen Erwägungen heraus sinnvoll: Anfang 2003 begann die Beklagte ausweislich des Jahresberichts 2003 (S. 27) mit dem sog. Reporting, d.h. dem in den OECD-Richtlinien vorgesehenen Berichtsverfahren über umweltrelevante Geschäfte der Kategorie A und B (Nr. 19). Im Rahmen dieses Berichtsverfahrens muß die Beklagte jährlich an die OECD alle Projekte der Kategorien A und B melden, für die eine endgültige Deckungszusage erteilt wurde. Komplette Anlagen zur Energieerzeugung dürften ohnehin nahezu ausschließlich unter die Kategorie A (vgl. Annex I der common approaches) fallen.

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b) Einschränkungen bezüglich des Volumens Die Einschränkung des Umfangs der den Klägern zur Verfügung zu stellenden Informationen ergibt sich aus folgenden Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Vergleich stets von beiderseitigem Nachgeben geprägt sein muss: wie unter 3. dargestellt ist die Erfassung jeder noch so geringen Lieferung von Teilen als Umweltinformation nicht unproblematisch. Darüber hinaus gilt es wiederum zu berücksichtigen, dass die Beklagte ggf. unter der Geltung des alten UIG nicht informationspflichtig war und in keinem Fall den umfangreichen Förderungspflichten des 87 UIGn.F. unterlag. Schließlich soll im Interesse dauerhaften Rechtsfriedens eine dem Ziel größtmöglicher Transparenz entsprechende praktikable Lösung gefunden werden, die auch den Aufwand für die Beklagte, der mit der Informationsauffindung und -aufbereitung verbunden ist, im Blick behält.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Aufbereitung der Informationen für die Vergangenheit einen nicht unbeachtlichen Mehraufwand für die Beklagte bedeutet. Dies hat auch der Gesetzgeber gesehen (vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 2). Dieser Aufwand erscheint jedoch nicht zuletzt wegen des deutlich verkürzten Zeitraums hinnehmbar. Dies gilt umso mehr, als die Zahl derjenigen Vorhaben, für die überhaupt ein Umweltscreening durchgeführt wurde, sich in den Jahren 2003 und 2004 auf nur 152 bzw. 123 Geschäfte belief. Davon wiederum machen Vorhaben aus dem Bereich der Energieerzeugung nur einen Teil aus. Weiterhin entspricht der Umfang der im Vergleichs-. vorschlag enthaltenen Informationen in weiten Teilen den ohnehin an die OECD zu übermittelnden Informationen. Schließlich dürfte die Beklagte gemäß 8 7 UIG zumindest für die Zukunft verpflichtet sein, den Informationszugang auf geeignete Weise, wie etwa durch die entsprechende Speicherung in elektronischer Form, zu erleichtern und zu fördern.

Gaudernack Gauw/ge

Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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