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Information

Aktenzeichen
2 A 59.04
Datum
26. November 2004
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 26. November 2004

2 A 59.04

Der Einsicht in einen Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang, der als Bestandteil der Personalakte im materiellen zu betrachten ist, stehen bundesrechtliche Geheimhaltungspflichten entgegen. Das hier einschlägige Beamtenrechtsrahmengesetz enthält spezielle und abschließende Regelungen auch zum Informationszugang durch Dritte. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Personenbezogene Daten

28-APR-2005 11:48 VG-BERLIN GRUPPE 4

VG 2A 59.04

+49 30 90148730 Ss.de

Schriftliche Entscheidung 'Mitgeteilt durch Zustellung an a) Kl.

  • am 11.12.2004 b) Bekl. am 14,12.2004 Kelm Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN __. .

URTEIL a Eu age Im Nameri des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache Klägers,

Beklagten, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, durch

den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wichmann, die Richterin am Verwaltungsgericht Reisiger, . den Richter am Verwaltungsgericht Schaefer sowie die ehrenamtlichen Richter Psech und Hohensee

im Wege schriftlicher Entscheidung am 256. November 2004 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung n n Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

28-APR-2085 11:49 VG-BERLIN GRUPPE d- 2

Tatbestand

+49 398 99148798 5.03

Der Kläger begehrt Akteneinsicht in einen beim Beklagten geführten Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang.

Er befand sich von Dezember 1999 bis Mai 2002 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstait Moabit. Gegen ihn ist beim 1. Strafsenat des Kammergerichts ein

Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung ("RZ-Verfahren") anhängig. Im Jahre 2001 warf der Kläger der Vorsitzenden des 1. Strafsenats in mehreren Dienstaufsichtsbeschwerden Verfehlungen bei der Entscheidung über die Aushändigung der an ihn gerichteten Post vor. Zur Bearbeitung der von ihm eingelegten Dienstaufsichtsbeschwerden wurde ein Vorgang als Sammelordner

unter der Bezeichnung "Eingaben des H. 5." mit dem Geschäftszeichen 3133 E-F 56.01 angelegt. Die Eingaben blieben in der Sache ohne Erfolg. Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 beantragte der Kläger "Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang zu

meinen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Präsidentin des Kammergerichts, ein-

gelegt bei der Senatsverwaltung für Justiz am 12.8.01 (2mal), sowie vom 1. und vom 2.9.01". Mit der Übersendung vollständiger Kopien der dienstlichen Erklärungen und Berichte der Präsidentin des Kammergerichts und der Vorsitzenden Richterin des 1. Strafsenats erklärte er sich zufrieden geben zu wollen. Die Präsidentin des Kammergerichts lehnte mit Bescheid vom 22. Februar 2002 die Gewährung von Akteneinsicht

in den bei ihr geführten Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang wie auch die Erteilung von

Auskünften ab. Zur Begründung führte sie aus, der Akteneinsicht stehe entgegen, dass Dienstaufsichtsbeschwerdevorgänge oftmals personenbezogene Daten über die betroffenen Bediensteten enthielten und der Kläger mit seinen Dienstaufsichtsbeschwerden überwiegend private Interessen verfolge, da diese vor allem Fragen der Kontrolle der privaten Post des Klägers beträfen. Darüber hinaus dienten die von ihr und von der Vorsitzenden des 1. Strafsenats gefertigten Stellungnahmen der behördeninternen Willensbildung. Im Übrigen sei ein Teil der Schriftstücke, die der Kläger einsehen wolle, zugleich Bestandteil seinsr Haftakte; für Akteneinsicht in Gerichtsak-

ten bestünden jedoch Sondervorschriften, die nicht umgangen werden dürften. Es könne jedoch mitgeteilt werden, dass der Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang im Wesentlichen die vom Kläger eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerden, die Stellung-

nahmen der Vorsitzenden des 1. Strafsenats, die bei der Präsidentin des Kammerge-

J 28-APR-2805 11:48 VG-BERLIN GRUPPE 4

3.

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richts gefertigten Vermerke, die Berichte an Jie Senatsverwaltung für Justiz sowie die Korrespondenz des Klägers mit der Senatsverwaltung für Justiz enthalte und der wesentliche Akteninhalt in den Bescheiden an den Kläger zur Kenntnis gegeben worden sei. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte unter Berufung auf seinen Status als Untersuchungsgefangener geltend, es gehe ihm um die Einsicht in einen konkreten Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang, an Hand dessen er überprüfen wolle, ob den ablehnenden Bescheiden sachlich unzutreffende dienstliche Erklärungen der Vorsitzenden des 1. Strafsenats bzw. der Präsidentin des Kammergerichts zu

Grunde lägen. Die Senatsverwaltung für Justiz wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2002 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang habe Jie Klärung der Frage zum Gegenstand, ob wegen des vom Kläger gerügten Verhaltens Maßnahmen der Dienstaufsicht gegen-

über der Vorsitzenden des 1. Strafsenats zu ergreifen seien. Es seien zwar keine

Dienstaufsichtsmaßnahmen ergriffen und der. Vorgang daher nicht in die Personalakte aufgenommen worden, jedoch werde aus dem engen sachlichen Zusammenhang zur Personalakte deutlich, dass Dienstaufsichtsbeschwerdevorgänge in jedem Fall beson-

derer Geheimhaltung bedürften. Darüber hinaus verfolge der Kläger mit seinem Antrag auf Akteneinsicht überwiegend private Interessen. Ihm gehe es nicht darum, als

Teil der Bevölkerung in die Akten einzusehen, um auf die demokratische Meinungs- und Willensbildung einzuwirken, sondern darum, seinen ihn allein betreffenden Status als Untersuchungsgefangener zu verbessern. Er wolle die n hn betreffenden richterlichen Entscheidungen revidieren. Ferner sei die Einsicht in den Vorgang, soweit er Erklärungen bzw. Verfügungen der Vorsitzenden des 1. Strafsenats, der Präsidentin des Kammergerichts und der Senatsverwaltung für Justiz enthalte, auch deswegen zu versagen, weil diese Schriftstücke der behärdeninternen Willensbildung gedient hätten. Das Gleiche gelte auch, soweit der Vorgang auch Kopien aus Haftakten enthalte, da sich die Vorsitzende des 1. Strafsenats deren Inhalt zu eigen und zum Gegenstand ihrer Erklärungen in dem Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren gemacht habe. Zudem bestünden für Akteneinsicht in Strafakten strafprozessuale Sondervorschriften, die nicht umgangen werden dürften. Ob die Voraussetzungen hiernach vorliegen, sei allein von der Vorsitzenden des mit der Strafsache betrauten Gerichts auf entsprechen-

den Antrag zu prüfen. Im Übrigen enthalte der Vorgang noch Schreiben, die an den Kläger gerichtet worden seien bzw. von ihm stammten. Da diese n hm bekannt seien, bestehe insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis.

I 28-APR-2005 11:48 VG-BERLIN GRUPPE 4

A-

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Mit der am 28. Mai 2002 erhobenen (zunächst zu VG 5 A 104.02 und dann zu VG 23 A

129.02 geführten) Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor, er habe nach dem Informationsfreiheitsgesetz einen Anspruch auf Akteneinsicht in den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang, zumindest die darin enthal-

tenen dienstlichen Erklärungen der Vorsitzenden des 1. Strafsenats bzw. der Präsidentin des Kammergerichts. Er bezweifele, dass die Vorgänge schützenswürdige per-

sönliche Daten enthielten. Er verfolge auch nicht überwiegend Privatinteressen, son-

dern habe seine Dienstaufsichtsbeschwerden in einer Situation geschrieben, die durch ein besonderes öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen Untersuchungshäftling und

Staat charakterisiert sei. Schließlich sei der behördliche Willensbildungsprozess in den Dienstaufsichtsvorgängen abgeschlossen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

hs

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Präsidentin des Kammergerichts vom 22. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Justiz vom 29. April 2002 zu verpflichten, ihm Akteneinsicht in den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang mit dem Geschäftszeichen 3133 E-F 56.01 zu gewähren, hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Präsidentin des Kammergerichts vom 22. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Justiz vom 29, April 2002 zu verpflichten, ihm Akteneinsicht in die zum Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang mit dem Geschäftszeichen 3133 E-F 56.01 erstellten dienstlichen Erklärungen der Vorsitzenden des 1. Strafsenats bzw. der Präsidentin des Kammergerichts zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Zur Begründung vertieft er im Wesentlichen das Vorbringen in dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, Akteneinsicht könne-auch nicht in begrenztem Umfang, etwa unter Aussonderung der personenbezogenen Daten oder der aus den

Haftakten stammenden Unterlagen, gewährt werden. Der Vorgang enthalte eine solche Vielzahl schützenswerter Daten, dass eine Trennung in zu schützende und zu

veröffentlichende Teile ausgeschlossen und im Übrigen unverhältnismäßig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach. und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen,

2S-APR-2885 11:40 VG-BERLIN GRUPPE 4. E" -5-

Entscheidungsgründe r. 1

+43 38 98148799 S-&6

Über die Klage kann gemäß 5 101 Abs. 2 VwGO im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierzu ihr Ein- verständnis gegeben haben,

Die Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Ablehnung der vom Kläger begehrten Akteneinsicht ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht n n seinen Rechten; der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte umfassende Akteneinsicht noch einen Anspruch auf die hilfsweise begehrte eingeschränkte Akteneinsicht ($ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). u

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist 8 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheits- gesetz - IFG) vom 15. Oktober 1999 (GVBl. S. 561). Hiernach hat jeder Mensch nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in $ 2 IFG genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten. Die beklagte Behörde, das Kammergericht, ist nach $ 2 Abs. 1 Satz 1 IFG als Gericht eine "sonstige öffentliche Stelle" im Sinne des Gesetzes, und der vom Kammergericht geführte Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang ist eine Akte im Sinne der Vorschrift (vgl. die Legaldefinition in 8 3 Abs. 2 IFG). Dem Akteneinsichtsbegehren steht jedoch ein.zwingender Versagungsgrund entgegen. Nach 8 17 Abs. 3 IFG bleiben auf Bundesrecht beruhende Geheimhaltungspflichten

unberührt, d.h. sind in einem Bundesgesetz Akteneinsichtsrechte geregelt oder steht Bundesrecht einer Einsichtnahme oder Auskunft entgegen, gehen diese Regelungen vor (vgl. Erste Hinweise der Senatsverwaltung für Inneres vom 16. November 1999 zur Anwendung des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes, Seite 3; Beschluss der 23. Kammer vom 31. Juli 2003 - VG 23 A 129.03 -). So liegt der Fall hier, Bundesrecht steht dem Akteneinsichtsbegehren entgegen.

Die Vorschriften des Rahmengeseizes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG) in. der Fassung vom 31. März 1999 (BGBl. IS. 654), zuletzt geändert mit Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl. | S. 3322), zählern zu den Rahmenvorschriften, welche die Länder bei der Gestaltung ihres eigenen Beam- tenrechts zu beachten haben, sie müssen die Vorgaben umsetzen und dürfen die da-

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durch abgesteckten Grenzen nicht Überschreiten. Die darin enthaltenen Regelungen über die Personalakten, die den Beamten betreffende Daten enthalten, bilden ein umfassendes und abschließendes Regelsystem über den Umgang mit Personaldaten, die s n ch im Besitz des Dienstherrn befinden. 8 56 Abs. 1 BRRG legt fest, welche Vorgänge die Personalakte bilden; 8 56 b BRRG regelt die Anhörung des Beamten vor Aufnahme von Vorgängen mit ihm ungünstigen Äußerungen in die Personalakte; $ 56 c BRRG gewährt ein Recht auf Einsicht in die Personalakte und in Sachakten, die personenbezogene Daten über den Beamien enthalten und für sein Dienstverhältnis verarbeitet oder benutzt werden, und bestimmten die Modalitäten der Einsichtnahme sowie die Fälle, in denen statt eines Anspruchs auf Einsichtnahme in Sachakten ein Anspruch auf Auskunft aus diesen besteht; 8 56 d BRRG regelt die Voraussetzungen der Vorlage oder Auskunftserteilung an andere Behörden sowie an Dritte. Diese Vorschriften enthalten spezielle und abschließende Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten der Beamten und schließen einen Rückgriff auf das allge- meine Datenschutzrecht aus (vgl. zum Vorstsehenden BVerwGE 118, 10 [12]).

Nach 8 56 d Abs. 2 Satz 1 BRRG dürfen Auskünfte aus der Personalakte eines Beamten an Dritte nur mit Einwilligung des Beamten erteilt werden, es sei denn, dass die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Dritten die Auskunftserteilung zwingend erfordert. Personalakte im formellen Sinne bezeichnet die von der personalverwaltenden Behörde als "Personalakte" gekennzeichneten Ordner, Hefter oder sonstigen Blattsammlungen (vgl. BVerwGE 62, 135 [137] m.w.N.), Im materiellen Sinne umfasst die Personal-

akte gemäß der l.egaldefinition in $ 56 Abs. 1 Satz 2 BRRG - kraft Gesetzes, d.h. un- abhängig von der Art der Registrierung und Aufbewahrung und damit unabhängig da- von, ob die Behörde sie bereits in die formelle Personalakte eingeordnet hat - "alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die den Beamten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten)". Dies präzisiert die frühere gesetzliche Regelung ("alle ihn betreffenden Vorgänge", $ 90 Satz 1 BRRG a.F.) auf der Grundlage der dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayr, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand der Kommentierung: August 2004, 5 90 BBG Rdnr. 8). Zu den Vorgängen, die in diesem Sinne in einem inneren Zusammenhang mit dem Beamtenverhältnis stehen und deshalb Bestandieil der Personalakten sind, gehören - neben Personalunterlagen und dienstlichen Beuiteilungen - nicht nur die Vorgänge, die den

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Inhalt des Dienstverhältnisses insgesamt oder einzelner aus ihm fließender Rechte oder Pflichten bestimmen oder verändern, 'sondern auch die Unterlagen, die die Art

und Weise erhellen, in der die jeweilige Entscheidung vorbereitet worden ist, oder die

Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen geben, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren (vgl. BVerwGE 67, 300 [302] m.w.N.). Für den erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen dem angefallenen Aktenmaterial und dem konkreten Beamtenverhältnis kommt es entscheidend auf den Zweck an, dem die Vorgänge zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, a.a.0.). Vorgänge gehören dann nicht zu den Personalakten, "wenn der Zweck, zu welchem Vorgänge angelegt worden sind, außerhalb des durch das (konkrete) Beamtenverhältnis begründeten Rechts- und Pflichtenkreises

liegt", nämlich wenn diese Vorgänge "besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Beamten sachlich zu trennenden Zwecken dienen" (vgl.

BVerwG a.a.0.). Nach diesen Maßstäben gehören zur Personalakte (im materiellen

Sinne) etwa die bei einer Dienstbehörde geführten förmlichen Disziplinarvorgänge, disziplinarrechtliche Vorermittlungsakten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1989, NJW 1989, 1942), Vorgänge über etwaige formlose "Verwaltungsermittlungen"

(vgl. BVerwGE 36, 134 [139 ff.]) als auch bloße Hinweise auf möglicherweise pflicht-widriges oder die Eignung des Beamten minderndes dienstliches oder außerdienstliches Verhalten. Ebenso sind Dienstaufsichtsbeschwerden bzw. der Dienstaufsichts-

beschwerdevorgang Bestandteil der Personalakte (im materiellen Sinne). Denn (Dienstaufsichts-) Beschwerden, d.h. Eingaben Dritter, die sich gegen ein Verhalten

des Beamten richten und ihm daraus einen persönlichen Vorwurf machen (vgl. Plog u.3., 8.4.0., $ 90 b Rdnr. 5), betreffen die Eignung gerade dieses Beamten in seinem Dienstverhältnis und geben Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren (vgl. BVerwGE 59, 355 [359]). Im für den Beamten

ungünstigen Fall sind sie die Vorstufe einer behördeninternen "Verwaltungsermittlung" oder gar eines förmlichen Disziplinarverfahrens, Insbesondere aus $ 56 b Satz 1

BRRG ergibt sich, dass (Dienstaufsichts-) Beschwerden zur Personalakte (im materiellen Sinne) gehören. Denn hiernach ist der Beamte zu Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, die für ihn ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, vor deren Aufnahme in die Personalakte zu hören. (Dienstaufsichts-) Beschwerden Dritter sind dabei Bestandteil der Personalakte (im materiellen Sinne) unabhängig davon, ob sie zu behördeninternen formlosen Ermittlungen oder förmlichen Disziplinarverfahren

führen und ob der Dienstherr im Hinblick auf 8 56 e Abs, 1 Satz 1 Nr. 1 BRRG (vgl.

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$ 90 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, $ 90 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBG Bin) von einer Aufbewahrung absieht und den Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang zur alsbaldigen Vernichtung vorsieht, wenn er die Unrichtigkeit der Beschwerde als erwiesen ansieht (vgl. zu dieser Vorgehensweise die Begründung des Regierungsentwurfes zu $ 90 b BBG, BT-Drs. 12/544, 5. 18), den Vorgang also nicht in die formelle Personalakte aufnimmt.

Der Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang, den der Kläger einsehen will, ist demnach Teil der Personalakte (im materiellen Sinne) der betroffenen Vorsitzenden des 1.

Strafsenats. Eine Einwilligung der Vorsitzenden liegt nicht vor. Ebensowenig liegen die Voraussetzungen des 8 56 d Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BRRG vor. Eine Akten-

einsicht des Klägers bzw. Auskunfterteilung an ihn ist damit ausgeschlossen.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob. dem Akteneinsichtsbegehren des Klägers auch die zu 8 56 d Abs. 2 Satz 1 BRRG gleichlautende landesrechtliche Vorschrift des

8 90 d Abs. 2 Satz 1 LBG als Spezialregelung entgegensteht, ob ferner $ 6 Abs. 1 IFG eine Akteneinsicht des Klägers ausschließt (vgl. hierzu das den Beteiligten bekannt gegebene Urteil der 23. Kammer vom 26. Februar 2002 - VG 23 A 202.00 -) oder ob schon der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes nach $ 2 Abs. 1 Satz 2 IFG nicht eröffnet ist, weil die Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers die Tätigkeit der betroffenen Richterin in Wahrnehmung ihrer Rechtsprechungstätigkeit bzw. richterlichern Unabhängigkeit betreffen.

Die Berufung ist nicht gemäß 8 124 a Abs, 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keine der dafür im Gesetz genannten Voraussetzungen vorliegt (8 124 a VwGO i.V.m. 8 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO), insbesondere die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf $ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus $ 167 VwGO i.V. 88 708 Nr. 11, 711 ZPO-

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

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Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb vor zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist, Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.

Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen, Juristische Personen des Ööffentlichen Rechts und Behörden können sich:auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Wichmann Reisiger Schaefer

Beschluss Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß 88 68, 72 GKG n.F., 88 13 ff GKG af.

auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkuridsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist spätestens innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Wichmann Reisiger Schaefer

schae/Neu. Ausgefertigt

Justizangesteillte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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