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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
3 K 1900/00
Datum
6. April 2004
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Potsdam am 6. April 2004

3 K 1900/00

In einem Mitzeichnungsverfahren verwendete Unterlagen zur Vorbereitung einer Stellungnahme der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage eines Landtagsabgeordneten fallen unter den Ausnahmetatbestand zum Schutz der Beratung der Landesregierung. Dieser Schutz dauert über den Beratungszeitraum hinaus. Der Rechtsstreit wurde in der Hauptsache für erledigt geklärt; die Entscheidungen enthält ausführungen zur Kostenaufteilung. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess) Exekutiver Kernbereich (Regierungshandeln)

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VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM
BESCHLUSS
3 K 1900/00
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

S Deutschland e. V., vertreten durch den Präsidenten,

Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg,
Steinstraße 104/106, 14480 Potsdam, Az.:
| Beklagten,

wegen: Akteneinsichtsrechts
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam
auf Grund der mündlichen Verhandlung

vom 6. April 2004

durch

Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Vondenhof,
Richter am Verwaltungsgericht Kirkes,

Richterin Heinrich,

ehrenamtlichen Richter Rühlemann und

ehrenamtlichen Richter Schlese

beschlossen:

Das Verfahren wird eingestellt.
1

-2-

Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und der Kläger zu je 1/2.

Gründe:

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichti-
gung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden ($ 161 Abs. 2 der Verwaltungsge-

richtsordnung).

Unter den gegebenen Umständen entspricht es billigem Ermessen, die Kosten hälftig zu tei-
len. Denn die Klage wäre ohne die eingetretene Erledigung hinsichtlich des Antwortentwurfs
des Ministeriums des Innern auf die Kleine Anfrage Nr. 341 vom 17. Dezember 1992 zur S
(im Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 8. Februar 2000 unter 2. genannt; i.F. "Ant-
wortentwurf") erfolglos geblieben (a), während der Beklagte erst in der mündlichen Verhand-
lung Gründe für den Schutz öffentlicher Interessen hinsichtlich des Aktenvermerks vom 9.
April 1994 über die Sitzung des Landtagsausschusses für Bildung, Jugend und Sport vom 5.
Mai 1994 (im genannten Schreiben vom 8. Februar 2000 unter 4. genannt; i.F. "Aktenver-

merk") benannt hat (b).

a) Hinsichtlich des Antwortentwurfs hatte die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Dem aus $ 1
AIG grundsätzlich folgenden Akteneinsichtsrecht des Klägers steht insoweit $ 4 Abs. 1 Nr. 3
AIG entgegen, wonach der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen ist, wenn sich der Inhalt der
Akten auf Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung bezieht. Der
Beklagte hatte hierzu bereits im Bescheid vom 10. April 2000 ausgeführt, dass in Gestalt des
Antwortentwurfs die Mitzeichnung betroffener Ressorts (der Landesregierung) im Hinblick
auf eine Kleine Anfrage eines Mitglieds der Landtages in Rede stehe und sich die Landesre-
gierung im Rahmen des Mitzeichnungsverfahrens berate. Es steht außer Frage, dass die im
Wege der Mitzeichnung zur Kenntnisnahme und Stellungnahme innerhalb der Landesregie-
rung vorgelegten Unterlagen der Vorbereitung einer - hier die Antwort der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage eines Abgeordneten hin betreffenden - Beratung der Landesregierung
dienen. Soweit der Kläger meint, dass nach Abschluss der diesbezüglichen Beratung der Lan-
desregierung keine Schutzbedürftigkeit hinsichtlich solcher Akten mehr angenommen werden
könne, findet eine solche Auffassung im Gesetz keinerlei Stütze. Vielmehr dient $ 4 Abs. 1
Nr. 3 AIG ersichtlich dem Schutz des Beratungsgeheimnisses der Landesregierung (vgl. in-
2

-3-

soweit auch $ 22 GOLdRegBbg); dieses Beratungsgeheimnis kann nur dann als effektiv ge-

schützt betrachtet werden, wenn der Schutz über den Beratungszeitraum hinaus fortdauert.

b) Hinsichtlich des Aktenvermerkes sind zwar die Voraussetzungen des Versagungsgrundes
von $ 4 Abs. I Nr. 2 AIG erfüllt. Hiernach ist der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen, wenn
durch das Bekanntwerden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen,
die nicht dem Anwendungsbereich des AIG unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart
würden. Dies wäre der Fall gewesen, da der Aktenvermerk über eine nichtöffentliche Sitzung
eines Ausschusses des Landtages angefertigt wurde, so dass mit einer Akteneinsicht in den
Vermerk der Charakter der Ausschusssitzung als nichtöffentlich umgangen würde; bei dem
Landtagsausschuss handelt es sich auch gemäß $ 2 Abs. I und Abs. 2 Satz 1 AIG i.V.m. N |
Abs. 2 LOG um eine vom Anwendungsbereich des AIG ausgenommene Stelle. Allerdings hat
der Beklagte dem Kläger erst in der mündlichen Verhandlung den nichtöffentlichen Charakter
der betroffenen Ausschusssitzung mitgeteilt und damit dem Klagebegehren den Grund entzo-
gen, während er sich noch in seinem Bescheid vom 10. April 2000 auf den - rechtlich uner-
heblichen - Umstand bezogen hatte, der Vermerk sei von einem Mitarbeiter des Ministerbüros
gefertigt worden und deshalb vom Akteneinsichtsrecht nicht umfasst. Ohne die auf die Ver-
traulichkeit der betroffenen Ausschusssitzung abhebende Begründung konnte aber die Ableh-
nung des Akteneinsichtsgesuchs des Klägers nicht überzeugen, da eine Ausnahme des Minis-
terbüros vom Anwendungsbereich des AIG nicht ersichtlich ist, zumal es entgegen der Auf-

fassung des Beklagten nicht in $ 2 Abs. 2 Satz 1 AIG i.V.m. $ 1 Abs. 2 LOG genannt ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Vondenhof Kirkes Heinrich
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