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Information

Aktenzeichen
3 K 1162/02
Datum
26. Januar 2004
Gericht
Verwaltungsgericht Minden
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Minden am 26. Januar 2004

3 K 1162/02

Die informationspflichtige Stelle ist nicht verpflichtet, dem Kläger jene Informationen zu verschaffen, über die dieser bereits verfügt; dies gilt unabhängig davon, ob sie ihm diese selbst zur Verfügung gestellt hat. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit ist nicht per se auf ein Handeln der Exekutive in den Formen des öffentlichen Rechts beschränkt und das Informationsfreiheitsgesetz nicht auf öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeiten begrenzt. Informationen dürfen nicht verweigert werden, um die Verfolgung gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche zu erschweren. Ergebnisse und Tatsachen sind vom Zweck des Schutzes des behördlichen Willensbildungsprozesses nicht ausgenommen, denn die Effektivität und Unabhängigkeit der Verwaltung erfährt keine wesentliche Beeinträchtigung, wenn der Willensbildungsprozess abgeschlossen ist. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Personenbezogene Daten Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess) Bestimmtheit des Antrags Beratungspflicht

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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                               Seite 1 von 7 Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02 Datum:                   26.01.2004 Gericht:                 Verwaltungsgericht Minden Spruchkörper:            3. Kammer Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            3 K 1162/02 Tenor:                   Der Bescheid vom 3. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 wird - soweit er entgegensteht - aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger in Blatt 1, 5, 11, 12-17 (personenbezogene Daten geschwärzt), 21-23, 29, 39-45, 56-58, 74, 79, 92-93, 112, 122-146, 149-151, 160-161, 167-170, 175, 177-178, 186, 189-191,193, 195, 206, 209-214, 217, 221, 224, 226-229, 233-236, 244, 246-258, 260, 262-263, 265-281, 287, 290, 309-312, 314-329, 348-349, 353- 358 (personenbezogene Daten geschwärzt), 359, 367-368, 370, 378-380, 383-384, 397-398, 401-402 des Verwaltungsvorgangs Haus C. `scher Fonds, Eigenjagdbezirk "W. " (15.60-58- 0) Einsicht zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 60% und die Beklagte zu 40%. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand:                                                                                     1 Unter dem 31. Januar 1990 schlossen der Kläger sowie ein Herr Dr. K. N. mit dem Land Nordrhein-Westfalen - Haus C. `scher Fonds -, vertreten durch den Regierungspräsidenten der Beklagten, dieser wiederum vertreten durch den Leiter des Stiftsrentamtes, hinsichtlich des Jagdreviers "W. " für die Zeit vom 1. April 1990 bis zum 31. März 1999 einen Jagdpachtvertrag. In einem am 2. Dezember                      2 1993 zwischen dem Kläger und dem Regierungspräsidenten der Beklagten, vertreten durch den Leiter des Stiftsrentamtes, geschlossenen Zusatzvertrag heißt es: "Nach Ablauf der Pachtzeit zum 31. März 1999 hat Herr G. die Möglichkeit, in das Höchstgebot einzutreten." Anfang Januar 1999 teilte der Haus C. `scher Fonds - Stiftsrentamt - dem Kläger                 3 mit, dass nach Absprache mit dem Staatlichen Forstamt Q. eine Neuaufteilung des Jagdbezirks "W. " vorgenommen worden sei. Diese sei insbesondere aus forstwirtschaftlichen Gründen erforderlich gewesen sei. Das Höchsteinstiegsrecht bestehe nur, wenn ein Revier ohne Veränderung der Reviergröße wieder verpachtet werde. Dies sei vorliegend auf Grund der Neuaufteilung nicht (mehr) der Fall. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                           Seite 2 von 7 Am 2. Februar 1999 beantragte der Kläger vor dem Landgericht Q. den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, dem Land Nordrhein Westfalen - Haus C. `scher Fonds -, vertreten durch den Regierungspräsidenten der Beklagten, dieser wiederum vertreten durch den Leiter des Stiftsrentamtes, zu               4 untersagen, den Eigenjagdbezirk "W. " in zwei Pirschbezirke und eine Feldjagd aufzuteilen und aufzugeben, den Eigenjagdbezirk "W. " im Ganzen zum 1. April 1999 zur Verpachtung auszuschreiben. Das Landgericht Q. wies den Antrag zurück (Beschluss vom 4. Februar 1999 - 4 O              5 58/99 -). Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg (OLG Hamm, Beschluss vom 4. März 1999 - 18 W 6/99 -). Mit Schreiben vom 12. April 2000 fragte der Kläger beim Staatlichen Forstamt Q. an, ob ein schriftlich verfasstes Konzept existiere, welches die Aufteilung des Eigenjagdbezirks "W. " vorsehe. Ferner sei - falls ein derartiges Konzept vorliege -        6 von Interesse, welche forstwirtschaftlichen und jagdrelevanten Vorgaben dabei berücksichtigt worden seien. Am 7. August 2000 erhob der Kläger vor dem erkennenden Gericht Klage mit dem                7 Begehren, das Staatliche Forstamt Q. zu verurteilen, ihm die oben angeführten Fragen zu beantworten. Am 20. September 2000 gewährte das erkennende Gericht dem Kläger 8 Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge des Staatlichen Forstamtes Q. . Am 2. Oktober 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten Akteneinsicht in die             9 Verwaltungsvorgänge des Dezernates 15: Die von ihm eingesehen Akten des Staatlichen Forstamtes Q. enthielten an mehreren Stellen Querverweise auf "Anordnungen" dieses Dezernates. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2000 lehnte die Beklagte das Akteneinsichtsgesuch des Klägers mit der Begründung ab, dass sie in dem Verwaltungsstreitverfahren G. ./. Staatliches Forstamt Q. nicht Beteiligte sei und zudem in diesem Verfahren auch keine Anordnungen getroffen habe. Mit Schreiben vom 13. November 2000 führte sie ergänzend an, dass er - der Kläger - zwar auf ihre Räumungsklage hinsichtlich 10 eines Wehrturmes im Jagdbezirk "W. " am 6. Januar 2000 Widerklage auf Abschluss eines neuen Pachtvertrages sowie eines Mietvertrages für den Wehrturm erhoben habe. Ein Akteneinsichtsrecht im Rahmen des Zivilverfahrens bestehe aber ebenfalls nicht, da dieses mit dem - für den Kläger negativen - Urteil des Landgerichts Q. vom 7. September 2000 rechtskräftig abgeschlossen sei. Am 14. Dezember 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf             11 das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - IFG NRW -, ihm ab dem 1. Januar 2002 in die dort geführten Verwaltungsvorgänge Haus C. `scher Fonds, Eigenjagdbezirk "W. " Einsicht zu gewähren. Mit Bescheid vom 3. Januar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Der Inhalt des Verwaltungsvorgangs liege dem Kläger zum Teil vor, und zwar in Form des mit ihm geführten Schriftwechsels sowie der Schriftsätze im Zusammenhang mit den Verfahren vor dem Amtsgericht und Landgericht Q. und dem Verwaltungsgericht Minden. Insoweit bestehe gemäß § 5 Abs. 4 IFG NRW kein weiter gehendes                     12 Akteneinsichtsrecht mehr. Die restlichen Informationen unterfielen dem Prozess der Willensbildung innerhalb der beteiligten Stellen im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Jagdbezirke "N. " und "W. ", so dass diesbezüglich der Antrag gemäß § 7 Abs. 2 IFG NRW abzulehnen sei. Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 übersandte die Beklagte dem Kläger eine                 13 Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen den Bescheid vom 3. Januar 2002 erhob der Kläger am 2. März 2002 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2002 als unbegründet zurückwies: Es sei schon fraglich, ob die Verpachtung eines http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                           Seite 3 von 7 Jagdbezirkes als fiskalische Tätigkeit einer Behörde überhaupt dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes NRW unterfalle. Dies bedürfe jedoch keiner Klärung, da dem Anspruch des Klägers auf Informationszugang bereits der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW entgegenstehe. Denn auf Grund des anfallenden Verwaltungsaufwandes überwiege das Interesse des Klägers an einer nochmaligen Kenntnisnahme der ihm bereits übersandten Unterlagen nicht gegenüber den dienstlichen Belangen. Überdies sei der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 2 IFG NRW zu bejahen, da sich der verbleibende Akteninhalt auf den Prozess der Willensbildung innerhalb der 14 Behörde und mit den sonstigen beteiligten Stellen beziehe. Am 18. April 2002 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass mit den Gründen, die die Beklagten für die Ablehnung seines Akteneinsichtsgesuchs anführe, ein Anspruch auf Informationszugang immer ausgehebelt werden könne. Dies sei aber nicht der Wille des Gesetzgebers. Gerade durch eine Akteneinsicht im vorliegenden Fall könne die außergewöhnliche Zusammenarbeit von verschiedenen Behörden durchleuchtet werden. Genau diese Transparenz solle durch das Informationsfreiheitsgesetz erreicht werden. Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2002 in Gestalt des              15 Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 zu verpflichten, ihm Einsicht in den Verwaltungsvorgang Haus C. `scher Fonds, Eigenjagdbezirk "W. " zu gewähren. Die Beklagte beantragt,                                                                    16 die Klage abzuweisen.                                                                      17 Zur Begründung vertieft sie früheres Vorbringen und führt ergänzend an, dass von einer erneuten Übersendung der dem Kläger bereits zur Verfügung gestellten Informationen auf Grund des hohen Verwaltungsaufwandes abzusehen sei. Dieser resultiere daraus, dass der Verwaltungsvorgang zu teilen sei, in Informationen, deren Einsichtnahme nicht beantragt worden sei (hier: umsatzsteuerliche Behandlung von Einnahmen aus der Verpachtung), Informationen, auf deren 18 Einsichtnahme aus anderen Gründen ein Anspruch nicht bestehe und solchen Informationen, die zugänglich zu machen seien. Der zugängliche Teil sei dann auf personenbezogene Daten zu überprüfen und die Einwilligung der betroffenen Personen einzuholen. Von der Einholung einer solchen Einwilligung habe sie vorliegend abgesehen, da ein Anspruch auf Informationszugang schon auf Grund der übrigen Ausschlussgründe zu verneinen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die                   19 Gerichtsakte, die Verfahrensakte - 8 K 2870/00 - sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Hefte) verwiesen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:                                                     20 Die Klage ist zulässig.                                                                    21 Diese ist als Verpflichtungsklage statthaft, da - den Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 IFG NRW in den Blick genommen - die nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes NRW erfolgende Gewährung des Zugangs zu bei den öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen nach Vorstellung des                    22 Gesetzgebers nicht als lediglich schlichtes Verwaltungshandeln, sondern auf Grund einer gedanklich vorgeschalteten behördlichen Entscheidung und damit in der Handlungsform des Verwaltungsaktes erfolgt. Dem Kläger fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte             23 Regelung. Zwar sieht § 13 IFG NRW die Möglichkeit der Anrufung des Landesbeauftragten für den Datenschutz vor, auch ist dieser nach § 13 Abs. 1 IFG NRW für die Sicherstellung des Rechts auf Information zuständig, es fehlen ihm jedoch rechtlich verbindliche Instrumentarien, um dem Antragsteller im Falle einer http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                            Seite 4 von 7 Weigerung der Behörde den Zugang zu den begehrten Informationen zu gewährleisten - vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21. März 2002 - 17 L 494/02 -, NWVBl. 24 2002, 242 -. Darüber hinaus ist das Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt                     25 worden (§§ 68 ff. VWGO). Insbesondere ist die Widerspruchsfrist gewahrt, da die Beklagte unter dem 22. Februar 2002 die zunächst fehlende Rechtsbehelfsbelehrung nachgeholt hat. Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.               26 Dass die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger Einsicht in Blatt 1, 5, 11, 12-17            27 (personenbezogene Daten geschwärzt), 21-23, 29, 39-45, 56-58, 74, 79, 92-93, 112, 122-146, 149-151, 160-161, 167-170, 175, 177-178, 186, 189-191,193, 195, 206, 209-214, 217, 221, 224, 226-229, 233-236, 244, 246-258, 260, 262-263, 265- 281, 287, 290, 309-312, 314-329, 348-349, 353-358 (personenbezogene Daten geschwärzt), 359, 367-368, 370, 378-380, 383- 384, 397-398, 401-402 des Verwaltungsvorgangs Haus C. `scher Fonds, Eigenjagdbezirk "W. " (15.60-58-0) zu gewähren, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn ihm steht ein solcher Anspruch zu. § 4 Abs. 1 IFG NRW bestimmt, dass jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen hat. Informationen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Schrift-, Bild-, Ton- oder 28 Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden (§ 3 Satz 1 IFG NRW). Damit sind sämtliche dienstlichen Zwecken dienende Unterlagen gemeint, die dazu bestimmt sind, zu einem Vorgang zu gehören - vgl. Beckmann, Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW, DVP 2003, 142 - .              29 Gegen die Heranziehung des § 4 Abs. 1 IFG NRW bestehen vorliegend auch im Hinblick auf den in § 2 normierten allgemeinen Anwendungsbereich des                        30 Informationsfreiheitsgesetzes NRW keine Bedenken. 31 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW gilt dieses Gesetz für die Verwaltungstätigkeit der Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen (öffentliche Stellen). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Tätigwerden im Zusammenhang mit der Verpachtung von Jagdbezirken als "Verwaltungstätigkeit" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Es bedarf dabei keiner Klärung, ob die Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger privatrechtlichen Charakter hat oder ob, da die Beklagte Aufsichtsbehörde über den Haus C. `scher Fonds ist, (auch) ein Handeln in den Formen des öffentlichen Rechts vorliegt. Denn der Begriff der Verwaltungstätigkeit ist nicht per se auf ein Handeln der Exekutive in den Formen des öffentlichen Rechts beschränkt. Die Nichtanwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes und inhaltsgleicher Verwaltungsverfahrensgesetze des Länder auf privatrechtliches Handeln der Behörden folgt nicht schon aus dem Begriff der "Verwaltungstätigkeit", sondern allein aus dem in den einschlägigen Vorschriften zudem verwendeten Adjektiv "öffentlich-rechtliche" Verwaltungstätigkeit. Einen derartigen einschränkenden Zusatz enthält § 2 Abs. 1 IFG NRW im Gegensatz zu § 1 Abs. 1 VwVfG NRW gerade nicht. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Informationsfreiheitsgesetzes NRW auf ausschließlich öffentlich- rechtliche Verwaltungstätigkeiten wäre zudem unpraktikabel und würde überdies den Gesetzeszweck weitgehend leer laufen lassen. So müsste bei jedem einzelnen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                            Seite 5 von 7 Informationsbegehren geprüft werden, für welche Tätigkeit die öffentliche Stelle die Informationen vorhält bzw. im Rahmen welcher Tätigkeiten die Informationen gewonnen worden sind oder Verwendung finden sollen. Die erklärten Ziele des Gesetzgebers, die Transparenz und Akzeptanz behördlichen Handelns zu erhöhen sowie das Mitspracherecht und - mittelbar - auch die Kontrollmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe zu verbessern, würden angesichts der den öffentlichen Stellen zunehmend eröffneten und in Anspruch genommenen Möglichkeiten, bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen zurückzugreifen, weitgehend verfehlt. Darüber hinaus ist es ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber die nahe liegende Möglichkeit der Verwendung erlangter Informationen - sei es zum rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil des Informationssuchenden, sei es zum rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachteil der öffentlichen Stelle oder eines Dritten - nicht gesehen hat. Er hat dies jedoch nicht zum Anlass genommen, einen entsprechenden allgemeinen Ablehnungsgrund in das Gesetz aufzunehmen. Die Gründe, aus denen ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden kann oder abzulehnen ist, sind vielmehr - vorbehaltlich vorrangiger besonderer Rechtsvorschriften i.S. von § 4 Abs. 2 IFG NRW - abschließend in § 5 Abs. 4 und §§ 6 bis 9 IFG NRW geregelt. Über diese Ablehnungsgründe hinaus hat der Gesetzgeber ein öffentliches oder privates Interesse, die Verfolgung gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche durch Verweigerung der begehrten Informationen zu erschweren oder zu vereiteln, demnach nicht für schützenswert erachtet. Es ist nicht Sache der Gerichte, einen unter Umständen seitens der Behörden als unzulänglich empfundenen Schutz vor einer möglicherweise nachteiligen Verwendung amtlicher Informationen durch eine vom Gesetzeswortlaut nicht mehr getragene verengende Auslegung des Begriffs der Verwaltungstätigkeit zu verbessern - vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2002 - 21 B 589/02 -, DVP 2003, 195 - .              32 Die Anwendung des § 4 Abs. 1 IFG NRW ist vorliegend auch nicht durch die                    33 Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW gesperrt. Nach dieser Vorschrift tritt das Informationsfreiheitsgesetz NRW zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Im Hinblick auf das Informationsbegehren des Klägers ist keine besondere, denselben Sachverhalt abschließend regelnde Vorschrift erkennbar. Weiter hat der Kläger nicht - wie von der Beklagten erstmals im Klageverfahren vorgetragen - die Informationen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einnahmen aus der Verpachtung von seinem Informationsbegehren ausgenommen, vielmehr erstreckt sich dieses - den Wortlaut seines Antrages in den Blick genommen - auf den gesamten Verwaltungsvorgang Haus C. `scher Fonds, Eigenjagdbezirk "W. ". Diesem nach den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW zu beurteilenden Begehren steht zunächst                  34 nicht § 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW entgegen. Hiernach muss ein Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. Der Antrag des Klägers bezieht sich zwar nicht auf einzelne, klar umrissene Informationen. Bei der Frage nach der Bestimmtheit des Antrags ist jedoch zu Grunde zu legen, dass keine überzogenen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht gestellt werden dürfen - vgl. Bischopink, Das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für            35 das Land Nordrhein-Westfalen vom 27.11.2001, NWVBl. 2003, 245 -, da anderenfalls der Zweck des Gesetzes, dem Bürger einen umfassenden verfahrensunabhängigen Informationszugangsanspruch ohne Bedingung einzuräumen, verfehlt würde. Berücksichtigt man darüber hinaus die die Behörde http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                           Seite 6 von 7 treffenden Hinweis- und Mitwirkungspflichten (§ 25 VwVfG NRW), so genügt der Antrag des Klägers (noch) dem Bestimmtheitserfordernis des § 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW. Allerdings ist dem Begehren des Klägers teilweise § 5 Abs. 4 IFG NRW entgegenzuhalten. Nach dieser Vorschrift kann ein Antrag unter anderem abgelehnt werden, wenn die Information der Antragstellerin oder dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist. Dies ist vorliegend bezogen auf Blatt 2-4, 9-10, 19-20, 24-28, 30-35, 46-52, 60-64, 66, 69- 73, 75-78, 80-91, 95-100, 103- 105, 107, 109, 113-121, 147-148, 153-159, 162-166, 171-173, 179-181, 192, 196- 205, 207-208, 216, 223, 225, 230-232, 237, 245, 259, 261, 264, 282, 284- 286, 288-289, 293-308, 313, 330-338, 340-345, 360-362, 369, 371-377, 381-382, 385- 396, 399-400, 403 des Verwaltungsvorgangs der Fall. Es handelt sich hierbei um             36 Schriftsätze, die der Kläger oder dessen Prozessbevollmächtigte entweder selbst verfasst haben oder die ihnen im Rahmen diverser Gerichtsverfahren seitens der Gerichte bzw. außerhalb derartiger Verfahren seitens der Beklagten oder anderen Behörden zugeleitet worden sind. Ferner sind dies Verträge, in denen der Kläger als Vertragspartei aufgeführt ist, und gerichtliche Entscheidungen, die den Kläger als Beteiligten betreffen. Unerheblich ist, dass die Beklagte dem Kläger nicht sämtliche dieser Informationen selbst zur Verfügung gestellt hat. Denn es ist nicht erforderlich, dass die nunmehr in Anspruch genommene Stelle die Informationen dem Antragsteller verschafft hat, vielmehr genügt es, dass dieser über die Information verfügt - vgl. Stollmann, Das Informationsfreiheitsgesetz NRW, NWVBl. 2002, 216 -.                 37 Auch ist die Beklagte in Anbetracht dessen, dass der Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigte insbesondere in den Schriftsätzen ausdrücklich als Verfasser oder Adressaten bezeichnet sind, zu Recht davon ausgegangen, dass ein Teil der Vorgänge dem Kläger bereits bekannt ist, es deshalb einer erneuten 38 Zurverfügungstellung nicht mehr bedarf. Darüber hinaus hat die Beklagte von dem ihr im Rahmen des Ablehnungsgrundes des § 5 Abs. 4 IFG NRW eingeräumten Ermessen bei ihrer Entscheidung, dem Kläger hinsichtlich dieser Informationen keinen Zugang zu gewähren, rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Des Weiteren ist bezüglich Blatt 6, 8, 18, 36-38, 52-55, 59, 65, 67-68, 94, 101-102,       39 106, 108, 110-111, 152, 174, 176, 182-185, 187-188, 194, 215, 218-220, 222, 238- 243, 283, 291- 292, 339, 346-347, 350-352, 363-365 des Verwaltungsvorgangs der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 2 lit. a) IFG NRW gegeben. Danach soll der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn sich der Inhalt der Information auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen öffentlichen Stellen bezieht. Hierdurch soll die unbefangene Meinungsbildung und ein freier Meinungsaustausch innerhalb von und zwischen Behörden gewährleistet und eine effektive, funktionsfähige und neutrale Entscheidungsfindung der Behörde sichergestellt werden. Dagegen sind die Ergebnisse und die der Willensbildung zu Grunde liegenden Tatsachen vom Schutzzweck der Norm ausgenommen, denn die Effektivität und Unabhängigkeit der Verwaltung erfährt keine wesentliche Beeinträchtigung, wenn der Willensbildungsprozess abgeschlossen ist - vgl. zum Umweltinformationsgesetz OVG Schleswig, Urteil vom 15. September 40 1998 - 4 L 139/98 -, NVwZ 1999, 670 -. Legt man dieses zu Grunde, so sind vorliegend die oben angeführten Bestandteile            41 des Verwaltungsvorgangs vom Informationszugang ausgenommen, da sich diese als Meinungsaustausch innerhalb der Beklagten oder mit anderen Behörden zu den Fragen der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einnahmen aus der Verpachtung von Eigenjagdbezirken, der Neuaufteilung des Eigenjagdbezirks "W. " und dessen Neu- bzw. Weiterverpachtung darstellen. Der Informationsanspruch des Klägers bezieht sich somit einzig auf das Ergebnis dieser Willensbildungsprozesse, nicht dagegen auf den verwaltungsinternen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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Verwaltungsgericht Minden, 3 K 1162/02                                           Seite 7 von 7 Gedankenaustausch, der der Entscheidungsfindung diente. Schließlich sind Blatt 12-17 und 353-358 des Verwaltungsvorgangs dem Kläger nur in geschwärzter Form zugänglich zu machen (§§ 9 Abs. 1 lit. a), 10 Abs. 1 IFG 42 NRW), da diese Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person enthalten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung               43 über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2004/3_K_1162_02urteil20040126.h... 17.01.2007
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