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Information

Aktenzeichen
23 A 93.03
Datum
14. November 2003
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Berlin am 14. November 2003

23 A 93.03

Das Verwaltungsgericht verpflichtet eine Behörde zur Gewährung von Akteneinsicht in die Bauakten zur Durchführung und Abwicklung des Bauvorhabens für eine Sporthalle auf dem Wege der einstweiligen Anordnung. Der Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes umfasst auch Unterlagen mit Bezug zu rein fiskalischer Tätigkeit der Behörden. Auch sperrt die bundesrechtliche Zivilprozessordnung nicht den Einsichtsanspruch auf der Grundlage des landesrechtlichen Informationsfreiheitsgesetzes. Letzteres schließt das Informationsrecht während laufender Gerichtsverfahren - anders als vergleichbare Gesetze anderer Länder - nicht aus. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Konkurrierende Rechtsvorschriften Schutz besonderer Verfahren Gefährdung des Erfolgs behördlicher Maßnahmen Fiskalische Interessen

Abschrift VG 23 A 93.03

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

In der Verwaltungsstreitsache des Herrn

Berlin, Antragstellers, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte , Berlin,

gegen

das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Fehrbelliner Platz 2, 10707 Berlin,

Bau 1.49 @&

Antragsgegner,

hat die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Wiekenberg, die Richterin am Verwaltungsgericht Böhme und den Richter am Verwaltungsgericht Maresch

am 14. November 2003 beschlossen:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Akteneinsicht in die Bauakten zur Durchführung und Abwicklung des Bauvorhabens Sporthalle für Artisten, Erich-Weinert-Straße in 10409 Berlin, zu gewähren.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller beantragte zunächst als Vertreter der GmbH & Co. KG am 11. April 2003 telefonisch Akteneinsicht in die Prüfunterlagen des Prüfstatikers zum Bauvorhaben "Neubau einer Sporthalle für Artisten, Erich-Weinert-Straße 103 - 105 in 10409 Berlin (Artistenschule).

Der Antragsgegner verwies darauf, dass der Antragsteller eine Vollmacht vorzulegen habe und dass der Antrag im Hinblick auf zwei laufende Zivilstreitverfahren zwischen der Firma und dem Land Berlin rechtlich zu prüfen sei.

Daraufhin beantragte der Antragsteller am 11. April 2003 schriftlich Akteneinsicht im eigenen Namen nach dem IFG.

Mit Bescheid vom 28. April 2003 versagte der Antragsgegner die Akteneinsicht unter Berufung auf $ 9 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative IFG wegen der laufenden Zivilprozesse zwischen der Firma und dem Land Berlin, da die Waffengleichheit der Parteien im Zivilprozess bei vorzeitigem Bekanntwerden des Akteninhalts nicht mehr gegeben sei und eine sachgerechte Prozessführung daher nicht oder nur eingeschränkt möglich sei.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 27. Mai 2003 Widerspruch und beantragte am gleichen Tag den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Er weist darauf hin, dass die Auffassung des Antragsgegners im Ergebnis dazu führe, dass jedes Fiskalhandeln der Behörde vom Akteneinsichtsrecht ausgeschlossen würde, da sich in diesem Bereich Bürger und Behörde immer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüber ständen. Der Gesetzgeber habe hingegen Fiskalhandeln dem Informationsrecht unterstellen und auch während eines laufenden Zivilprozesses nicht ausschließen wollen, anderenfalls hätte er eine ausdrückliche gesetzliche Regelung vorgenommen. Im Gegensatz zum älteren Umweltinformationsgesetz des Bundes sehe das Berliner IFG gerade keinen Ausschluss wäh-

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rend der Dauer eines Gerichtsverfahrens vor. Die Voraussetzungen für die Versagung von Akteneinsicht nach $ 9 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative IFG Berlin lägen nicht vor, da nicht ersichtlich sei, wieso die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Behörde dadurch beeinträchtigt würde, dass der Prozessgegner Akteneinsicht nähme. Er verweist insoweit auf Entscheidungen des VG Gelsenkirchen und des OVG Münster zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen, die er für vergleichbar hält.

Im Übrigen könnte ein etwaiger Ausschluss des Informationsrechtes während des Prozesses dadurch unterlaufen werden, dass Akteneinsicht bereits früher genommen werde oder die Klage zurückgenommen und nach erfolgter Akteneinsicht erneut erhoben würde.

Das Verbot effektiven Rechtsschutzes gebiete ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren, da bei einem Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung der etwaige Werklohnanspruch der Firma verjährt wäre bzw. der Zivilrechtsstreit nicht effektiv geführt werden könne.

Am 27. August 2003 hat der Antragsteller Untätigkeitsklage erhoben, mit der er nunmehr auch die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2003 begehrt, mit dem sein Widerspruch zurückgewiesen wurde.

Die Berichterstatterin hat die Streitsache sowie die Klage VG 23 A 162.03 am 16. September 2003 erörtert.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Akteneinsicht in die Bauakten zur Durchführung und Abwicklung (nicht jedoch der ursprünglichen Vergabe) zu dem Bauvorhaben Sporthalle für Artisten, Ericht-Weinert-Straße in 10409 Berlin, zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, wonach während des Führens von Zivilprozessen Akteneinsicht nach 8 9 IFG ausgeschlossen sei. Er verweist auf $ AA IG Bbg. und 8 9 Abs. 1 Nr. 2 IFG-SH, die er für vergleichbar hält, da sie - wie 8 9 IFG Berlin -

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auch den Schutz der Rechtsdurchsetzung und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gewährleisteten.

Im Übrigen macht er geltend, dass sich in den Bauakten Unterlagen befänden, die zahlreiche andere Unternehmen beträfen, so dass Akteneinsicht nach $ 7 IFG ausgeschlossen sei. Soweit Unterlagen für den Zivilprozess erheblich seien, würden sie im Prozess überreicht, so dass Akteneinsicht auch nicht erforderlich sei. Die Gewährung von Akteneinsicht sei auch deshalb nicht möglich, weil die Behörde damit räumlich und personell überfordert sei. Außerdem würden die Vorgänge zur Abwicklung des Bauvorhabens ebenso ständig benötigt wie zur Anfertigung der Klageerwiderung im Zivilprozessverfahren.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen vor. Nach 8 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint. Die vom Antragsteller begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung der vollständigen Akteneinsicht geht über eine einstweilige Regelung hinaus und würde zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen. Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich aber nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Die Vorwegnahme der Hauptsache ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur ausnahmsweise dann möglich, wenn ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Antragsteller in der Hauptsache obsiegen wird (Anordnungsanspruch) und wenn dem Antragsteller durch die Verweisung auf die Entscheidung im Hauptsachverfahren ein unzumutbarer schwerer Nachteil entstehen würde (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

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Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in seinen Rechten, denn er hat nach $ 3 IFG Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht.

Sie ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die vom Antragsgegner geführten Akten über den Bau der Sporthalle für Artisten in Ausübung rein fiskalischer Tätigkeit angelegt wurden. Der Geltungsbereich des IFG erfasst sowohl dem Wortlaut als auch der Zweckbestimmung nach fiskalisches Handeln der Behörden.

Nach 8 2 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht das Akteneinsichtsrecht gegenüber Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen und Privaten, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind. Da der letzte Halbsatz sich nur auf Private bezieht, ergibt sich schon daraus, dass dieses Erfordernis nicht bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen besteht, somit Fiskalhandeln vom Informationsanspruch umfasst wird. Hierfür spricht auch der Zweck des Gesetzes, durch ein umfassendes Informationsrecht das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen (8 1 IFG). Im Übrigen besteht auch sonst kein Anlass, fiskalische Behördentätigkeit vom Geltungsbereich des IFG auszunehmen. Soweit Daten Dritter betroffen sind, werden diese durch die Ausschlussgründe der 88 6 und 7 IFG geschützt.

Die Anwendung des IFG ist vorliegend auch nicht aufgrund von 8 17 Abs. 3 IFG ausgeschlossen, wonach auf Bundesrecht beruhende Geheimhaltungspflichten unberührt bleiben.

Soweit der Antragsgegner geltend macht, die Vorschriften der ZPO seien insoweit wegen der zurzeit zwischen ihm und der Firma anhängigen Zivilstreitigkeiten vorrangig, kann dem nicht gefolgt werden. Die ZPO regelt Rechte und Pflichten der Zivilprozessparteien untereinander und gegenüber dem Gericht. Abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht Partei in den Zivilprozessen mit dem Antragsgegner ist, konstituiert die ZPO auch keine Geheimhaltungspflichten i.S.v. 8 17 Abs. 3 IFG. Eine Geheimhaltungspflicht ist nur anzunehmen, wenn das Bundesrecht eine denselben Sachverhalt regelnde abschließende Bestimmung enthält, die die Auskunftserteilung untersagt. Nach der ZPO mögen nur eingeschränkte An-

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sprüche der jeweiligen Partei gegenüber der anderen auf Auskunftserteilung bestehen, Ausschlussgründe normiert sie hingegen nicht und trifft daher diesbezüglich keine abschließende und damit (weitergehende) landesrechtliche Vorschriften ausschließende Regelung (vgl. dazu: OVG Münster, NWVBI 2002 S. 441 [444 linke Spalte])

Der Anspruch auf Akteneinsicht ist - entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht nach $ 9 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative IFG ausgeschlossen. Danach besteht das Recht auf Akteneinsicht nicht, soweit und solange ein vorzeitiges Bekanntwerden des Akteninhalts nach der besonderen Art der Verwaltungstätigkeit mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar ist.

Es ist schon zweifelhaft, ob das Führen von Zivilprozessen durch die Behörde überhaupt dieser Regelung unterfällt. Gegen die Annahme, dass der Gesetzgeber das Informationsrecht während laufender Gerichtsverfahren ausschließen wollte, spricht bereits, dass insoweit keine ausdrückliche Regelung erfolgt ist, obwohl in anderen im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigten Informationsgesetzen (vgl. z. B. Beschlussprotokoll des Abgeordnetenhauses Berlin vom 13. Oktober 1998, Seite 2), insbesondere dem UIG, ein solcher Ausschlussgrund ausdrücklich geregelt ist. Der Verzicht auf eine entsprechende Norm lässt den Schluss zu, dass das Akteneinsichtsrecht, das grundsätzlich umfassend gedacht war, insoweit nicht eingeschränkt werden sollte.

Soweit der Antragsgegner meint, $ 9 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative IFG sei mit Parallelvorschriften anderer IFG vergleichbar, nach denen Akteneinsicht verweigert werden muss, wenn ein Zivilprozess anhängig ist, und sich insoweit auf die Vorschriften der 88 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG Bbg., $ 9 Abs. 1 Nr. 2 IFG-SH und 8 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG bezieht, ist dies nicht überzeugend. Alle genannten Normen sehen ausdrücklich den Ausschluss der Akteneinsicht (zum Teil unter bestimmten Bedingungen) bei laufenden Gerichtsverfahren vor und sind wegen dieser speziellen ausdrücklichen Regelung gerade nicht mit $ 9 IFG Berlin vergleichbar. Dies gilt entsprechend für den vom Antragsgegner angeführten Entwurf eines Bundesinformationsfreiheitsgesetzes zweier Professoren, $ 5 Nr. 2 IFG-Prof.E. Die Regelung des $ 9 Abs. 1 IFG Berlin ist am ehesten mit $ 6 IFG NRW vergleichbar, nach der der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, soweit und solange durch die Bekanntgabe der Information der Verfahrensablauf eines anhängigen Verwaltungsverfahrens, eines

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Ordnungswidrigkeitenverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder der Erfolg einer bevorstehenden behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde.

Diesbezüglich hat das OVG NRW in einem Beschluss vom 17. Juni 2002 (-5 A 1533/01 - NWVBI. 2002, Seite 441 ff.) entschieden, dass offenbleiben könne, ob diese Vorschrift überhaupt Zivilrechtsstreitigkeiten erfasse, weil möglicherweise nur aufgrund eines redaktionellen Versehens der Schutz anhängiger Gerichtsverfahren aus dem Wortlaut gefallen sei.

Spricht demnach schon mehr dafür, dass die "besondere Art der Verwaltungstätigkeit" im Sinne von $ 9 Abs. 1 Satz 1 IFG Berlin nicht die Prozessführung der Behörde in laufenden Gerichtsverfahren umfasst, so fehlt es vorliegend jedenfalls an der weiteren Voraussetzung, dass das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts (hier der die Artistenschule betreffenden Bauakten) mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar wäre.

Der Antragsgegner sieht seine Prozessführung im Falle der Einsicht in die Bauakten beeinträchtigt, da dann die Waffengleichheit der Parteien gestört sei und der Prozessgegner, der vom Antragsteller beraten wird, nach Belieben taktieren könne.

Die Auslegung des Gesetzes durch den Antragsgegner in dem Sinn, dass Akteneinsicht ausgeschlossen ist, soweit die Behörde auf der Ebene der Gleichordnung mit dem Bürger verkehrt, führt faktisch zur Nichtanwendbarkeit des IFG im Rahmen fiskalischer Tätigkeit. Dies wird Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerecht. Die Behörde verkennt insoweit, dass sie auch bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben im fiskalischen Bereich an Gesetz und Recht gebunden ist und hierbei weitergehenden Bindungen (z. B. Beachtung der Grundrechte) unterliegt als Private. Im Übrigen sind die Parteien im Zivilprozess zu Wahrheit und Vollständigkeit (vgl. $ 138 Abs. 1 ZPO) verpflichtet; dies gilt sowohl für den Antragsgegner als auch den Prozessgegner. Den aus der Aktenkenntnis möglicherweise resultierenden zivilprozessualen Vorteil der Firma ' besser vortragen zu können, da sie die der Behörde vorliegenden Umstände kennt, hat die Behörde aufgrund ihrer besonderen Bindungen hinzunehmen, da dies mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung nicht unvereinbar ist (so im Ergebnis auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2002, a.a.O. zu 8 6 Satz 1 Buchst.b IFG NRW m.w.N. zur Rechtslage vor Erlass des IFG).

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Der Anspruch auf Akteneinsicht ist auch nicht nach $ 7 IFG ausgeschlossen.

Nach 8 7 IFG besteht das Recht auf Akteneinsicht nicht, soweit dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird, es sei denn, das Informationsinteresse überwiegt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem Willen des Betriebsinhabers, der auf einem ausreichenden wirtschaftlichen Interesse beruht, geheimgehalten werden soll (vgl. Urteil der Kammer vom 17. Dezember 2002 - VG 23 A 182.01 -).

Der Antragsgegner hat sich darauf berufen, die Bauakten enthielten (zwangsläufig) diverse Unterlagen nicht nur der Firma - die in die Gewährung der Akteneinsicht durch den Antragsteller eingewilligt hat - sondern diverse Unterlagen fremder Firmen. Die Offenlegung sei daher ausgeschlossen.

Diese Ansicht ist bereits im Ansatz unzutreffend, denn $ 7 IFG beschränkt das Akteneinsichtsrecht nur soweit dadurch ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis offenbart wird. Schon daraus folgt, dass mangels Ausschlussgrundes Akteneinsicht zumindest in den sonstigen Teil der Bauakten (der keine Fremdfirmen betrifft) zu gewähren ist.

Vorliegend kann jedoch auch im Übrigen nicht angenommen werden, dass der Ausschlussgrund des $ 7 IFG gegeben ist, soweit Unterlagen von Fremdfirmen Aktenbestandteil sind. Auch auf Nachfrage war der Antragsgegner nicht bereit oder in der Lage, sein Vorbringen zu substantiieren und konkret darzulegen, welche Aktenbestandteile betroffen sein sollen, welche Informationen sie beinhalten und für den Fall, dass es sich um Geschäftsgeheimnisse Dritter handeln sollte, darzulegen, dass deren schutzwürdiges Interesse das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt.

Zweifel am Vorbringen des Antragsgegners, die Drittfirmen betreffenden Aktenbestandteile könnten dem Antragsteller nicht zugänglich gemacht werden, weil sie schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beträfen, bestehen auch aufgrund seiner Angaben, diese Unterlagen würden - soweit notwendig - von ihm im Zivilprozess eingebracht. Zwar ist ihm zuzubilligen, dass die Vorlage im Prozess nicht gleichzusetzen ist mit der Offenbarung an Jedermann im Rahmen des IFG. Es

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spricht aber dafür, dass jedenfalls eine Interessenabwägung nach $ 7 Satz 1 letzter Halbsatz IFG auf Seiten des Antragsgegners nicht stattgefunden hat, da insoweit nicht ersichtlich ist, wieso das schutzwürdige Interesse des Betroffenen (Dritten) an Geheimhaltung das des Antragstellers an Offenbarung überwiegt, wenn ihm als Vertreter der Firma werden.

im Zivilprozess die Unterlagen zugänglich gemacht

Soweit der Antragsgegner Akteneinsicht mit der Begründung verweigert, die Akten seien unentbehrlich und würden für die Klageerwiderung im Zivilprozess und zur Abwicklung des Bauprojektes benötigt, geht dies an der Gesetzeslage ebenso vorbei wie die Behauptung, die Behörde sei räumlich und personell hierzu nicht in der Lage.

Das IFG sieht die Verweigerung von Akteneinsicht wegen Unentbehrlichkeit der Akten nicht vor. In 8 14 Abs. i Satz 1 IFG ist lediglich geregelt, dass die Akteneinsicht, die im Falle der Stattgabe bei mündlicher Antragstellung grundsätzlich sofort zu gewähren wäre, verschoben werden kann. Im Übrigen hat sich die Behörde mit dem Berechtigten terminlich abzustimmen, soweit Akten oder einzelne Bestandteile zeitweilig von ihr benötigt werden.

Der Antragsgegner übersieht im Übrigen $ 13 Abs. 2 Satz 2 IFG, wonach die öffentliche Stelle verpflichtet ist, dem Antragsteller ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Durchführung der Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist geboten, da dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Er hat glaubhaft gemacht, seine Mandantin, die GmbH & Co.KG, in den anhängigen Zivilprozessen nicht ordnungsgemäß beraten zu können mit der Folge, dass mögliche erhebliche Werklohnforderungen gegen den Antragsgegner nicht mehr durchsetzbar wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus $ 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf 88 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Rechtsmitteibelehrung

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Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin zulässig.

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, einzulegen. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde endet zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dies. gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. In dem Verfahren über die Streitwertbeschwerde bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

Wiekenberg Maresch Böhme Va

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