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Aktenzeichen
8 K 1553/01
Datum
26. September 2003
Gericht
Verwaltungsgericht Karlsruhe
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Karlsruhe am 26. September 2003

8 K 1553/01

Von "Umweltbehörden" im Sinne des Umweltinformationsgesetzes sind solche Behörden zu unterscheiden, die lediglich mit Umweltbelangen in Berührung kommen. Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Umweltinformationsgesetzes genügt es nicht, dass eine Behörde lediglich umweltrechtliche Vorschriften wie "jedermann" einhält. Die Standortverwaltung der Bundeswehr ist somit keine informationspflichtige Stelle im Sinne des Gesetzes. Ein Anspruch auf Zugang zu ihren Akten über die Gestattung der Nutzung eines Übungsplatzes durch einen Fallschirmsportspringerclub besteht daher nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Begriffsbestimmung

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Az.: 8 K 1553/01 VERWALTUNGSGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil In der Verwaltungsrechtssache XXX -Kläger- prozessbevollmächtigt: XXX gegen Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung, ds. vertreten durch die Wehrbe- reichsverwaltung V, Heilbronner Str. 186, 70191 Stuttgart, Az: IV 6-Az- 45-04-01 -Beklagte- prozessbevollmächtigt: XXX wegen Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe - 8. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2003 für R e c h t erkannt: 1.    Die Klage wird abgewiesen. 2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3.    Die Berufung wird zugelassen.
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-2- Tatbestand: Der Kläger begehrt Einsicht in Akten der Beklagten. Die Standortverwaltung XXX stellt dem Fallschirmsportspringerclub XXX (FSC) einen Teil ihres Geländes auf dem Standortübungsplatz XXX zur Verfügung. Unter Auflagen erteilte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem FSC widerruflich die Erlaubnis, dort mit Luftfahr- zeugen zur Durchführung von Absetzflügen zu starten und zu landen sowie Außenlandun- gen durch Fallschirmspringer durchzuführen (Außenstarterlaubnis). Mit Schreiben vom 19.02.2001 beantragte der Kläger die Einsicht in die Akten der Stand- ortverwaltung zum Komplex Gestattung von Außenstarts und -landungen des FSC, ge- stützt auf das UIG und die UIR. Er machte geltend, dass ein Informationsanspruch auch dann bestehe, wenn es um die fiskalische Tätigkeit einer Behörde gehe. Mit Schreiben vom 21.03.2001, welchem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, lehnte die Standortverwaltung den Antrag ab. Sie ist der Auffassung, dass sie keine Be- hörde sei, die i. S. d. § 3 UIG Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen habe, sie habe Umweltbelange lediglich nach den für alle geltenden Rechtsvorschriften zu beach- ten. Unmittelbare Umweltschutzaufgaben nehme sie nicht wahr und sei daher zu Auskünf- ten nicht verpflichtet. Mit am 27.03.2001 bei der Standortverwaltung eingegangenem Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im wesentlichen ausführte: Es komme nicht darauf an, ob eine Behörde unmittelbar Umweltschutzaufgaben wahrnehme, sondern, ob diese überhaupt von ihr wahrzunehmen seien. Dies gehe sowohl aus der gesetzlichen Begründung von § 3 Abs.1 S.1 UIG (BT-Dr. 12/1738) hervor als auch aus der Aufgaben- beschreibung der Wehrbereichsverwaltungen, in der formuliert sei: „Sie ist zuständig für die Unterbringung der Streitkräfte, die Bewirtschaftung der Liegenschaften und nimmt Auf- gaben des Umweltschutzes wahr.“ Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2001 wies die Wehrbereichsverwaltung V den Widerspruch mit im wesentlichen folgender Begründung zurück: Behörden i. S. d. § 3 Abs.1 UIG seien solche, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrnähmen, wenn und so- weit ein auf Rechtsvorschriften oder Anordnung einer vorgesetzten Stelle beruhender
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-3- unweltbezogener Handlungsauftrag vorliege und kein rein fiskalisches Handeln gegeben sei. Bei dem Mitbenutzungsvertrag zwischen der Standortverwaltung und dem FSC han- dele es sich um eine privatrechtliche Vereinbarung, die dem FSC die Durchführung von Starts und Landungen auf einer Teilfläche des Standortübungsplatzes gestatte. Es liege eine rein fiskalische Tätigkeit der Beklagten vor. Selbst wenn die Standortverwaltung im Hinblick auf andere Aufgaben Behörde i. S.d. § 3 Abs.1 UIG sein sollte, eröffne ihr er- werbswirtschaftliches Handeln keinen Auskunfts- und Informationsanspruch nach dem UIG. Der Widerspruchsbescheid wurde am 22.05.2001 per Einschreiben zur Post gege- ben. Der Kläger hat mit am gleichen Tage bei Gericht eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom 21.06.2001 Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen folgendes vor- trägt: Durch eine Vereinbarung zwischen der Standortverwaltung XXX und dem FSC sei diesem die Mitbenutzung der Gefechtslandebahn und vermutlich weiterer Flächen für die Durchführung sogenannter Außenstarts und -landungen und anderer Tätigkeiten (z. B. Errichtung eines Vereinsheims, Tankstellenunterhaltung, Camping für Kunden, Kunden- parkplatz) auf dem Standort gestattet worden. Die Mitbenutzung des Standortübungsplat- zes durch den FSC sei mit beträchtlichem Lärm verbunden. Das große und laute Flugzeug des FSC führe an Freitagen, Samstagen und Sonn- und Feiertagen bis zu vier Auf- und Abstiege pro Stunde durch. Diese Maschine emittiere Lärm in die umliegenden Ortschaf- ten. Die Beklagte sei Umweltbehörde i. S. d. § 3 Abs.1 S.1 UIG. Es gelte für sie die Grundsatzweisung für den Umweltschutz der Bundeswehr des Bundesministeriums der Verteidigung vom 18.11.1998, die Richtlinie zur umweltverträglichen Nutzung von Übungsplätzen      der Bundeswehr     der   Bundesministeriums    der  Verteidigung  vom 10.11.1992 und das Konzept zur Schonung natürlicher Ressourcen in der Bundeswehr vom Bundesministerium der Verteidigung vom 04.01.1994. Diese Anordnungen enthielten spezifische umweltbezogene Handlungsaufträge für die Bundeswehr. Die Standortverwal- tung unterliege als eine dem Bundesministerium der Verteidigung unterstellte Verwaltung diesen Anordnungen. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1 S.2 Nr.2 UIG sei nicht ein- schlägig, denn die Standortverwaltung habe die Belange der Umwelt nicht lediglich nach den für alle geltenden Rechtsvorschriften zu beachten. Die Überlassung der Gefechtslan- debahn an den FSC sei eine Tätigkeit i. S. d. § 3 Abs.2 Nr.2 UIG, von der Belästigungen in Form von Lärm ausgingen. Der geltend gemachte Anspruch beziehe sich auf Umweltin- formationen. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Standortverwaltung und dem FSC regelten voraussichtlich u. a. das Ausmaß, die Art und die Bedingungen der Mitbe-
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-4- nutzung durch den FSC. Die Verträge enthielten voraussichtlich die Rahmenbedingungen für die Entstehung des Lärms bei der Benutzung der Gefechtslandebahn durch den FSC. Der Kläger beantragt, den Bescheid der Standortverwaltung XXX vom 21.03.2001 und den Wider- spruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung V vom 16.05.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm den aktuellen Mitbenutzungsvertrag zwischen der Standortverwaltung XXX und dem FSC, betreffend die Mitbenutzung des Standort- übungsplatzes für Außenstarts und -landungen und andere Tätigkeiten, sowie die sonstigen Akten zum Komplex „Mitbenutzung“ für den FSC XXX und die zu allen sonstigen Tätigkeiten des FSC XXX bei der Beklagten vorhandenen Informationen, die im Hinblick auf Umweltbelange relevant sind, entsprechend dem UIG zugänglich zu machen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung stellt sie darauf ab, dass der Standortverwaltung durch Rechtsvorschrif- ten ein umweltbezogener Handlungsauftrag nicht erteilt worden sei. Bei der „Anordnung einer vorgesetzten Stelle“, welche das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25.03.1999 (NVwZ 1999, 1220) für die Umweltbehördeneigenschaft i. S. d. § 3 Abs.1 UIG für erforderlich halte, handele es sich um eine Anordnung, die aufgrund einer gesetzlichen oder auf Gesetz beruhenden Ermächtigung von einer vorgesetzten Stelle ergangen sei. Eine rein verwaltungsinterne Anordnung, wie sie die Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung darstellten, sei darunter nicht zu verstehen. Die Bundeswehr sei bestrebt, im Bereich des Umweltschutzes eine Vorbildfunktion wahrzunehmen. Rechtliche Vorga- ben für diese internen Richtlinien gebe es nicht. Eine Behörde handele nur dann als „Um- weltbehörde“, wenn sie die ihr übertragene Aufgabe des Umweltschutzes zielgerichtet und nicht nur bei Gelegenheit der      Aufgabenerfüllung wahrnehme. Die internen Richtlinien würden von den Behörden nur bei der Gelegenheit ihrer Aufgabenerfüllung beachtet. Die Standortverwaltung habe beim Abschluss eines Nutzungsvertrags mit einem privaten Drit- ten keine anderen, die Umweltbelange betreffende Rechtsvorschriften als Jedermann zu beachten. Die fiskalische Tätigkeit, insbesondere die Liegenschaftsverwaltung, falle nicht in den Anwendungsbereich des Umweltinformationsgesetzes. Der Antrag des Klägers sei nicht hinreichend bestimmt, da er erkennen lassen müsse, auf welche Informationen i. S. d. § 3 Abs.2 UIG er gerichtet sei. Die pauschale Formulierung, dass alle Informationen zu „den Tätigkeiten des FSC“ begehrt würden, sei zu weitgehend. Der Antrag sei nicht auf Informationen über Tätigkeiten, von denen Belästigungen ausgehen könnten, beschränkt.
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-5- Der Kammer liegen die Akten der Beklagten vor sowie die im Schriftsatz des Klägervertre- ters vom 02.07.2002 auf S. 6 und 7 benannten Unterlagen Nr. 3, 4, 5, 6 und die vom Klä- ger in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2003 übergebenen Unterlagen. Auf diese sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergän- zend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 u. 5 VwGO). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Einsicht in die bei ihr zu den Tätigkeiten des FSC vorhandenen Unterlagen zu gewähren. Nach § 4 Abs. 1 UIG hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Um- welt, die bei einer Behörde vorhanden sind. Das Umweltinformationsgesetz setzt die Richtlinie 90/313/EWG - UIR - (ABl.EG 1990, Nr. L 158, S. 56, abgedruckt in: Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, 2. Aufl., 2001, Anhang) in nationales Recht um. Un- ter einer Behörde versteht das Umweltinformationsgesetz jede Stelle im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen hat (§ 3 Abs. 1 UIG). Der freie Informationszugang umfasst nicht nur die bei den Behörden vorhandenen Anga- ben über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf alle Daten über Tätigkeiten oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchti- gen können, sowie über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt in den ge- nannten Bereichen einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 UIG). Er wird auf Antrag des Berechtigten ge- währt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UIG); dieser Antrag muss hinreichend bestimmt sein und insbe- sondere erkennen lassen, auf welche Informationen im Sinne des § 3 Abs. 2 UIG er ge- richtet ist (§ 5 Abs. 1 UIG). Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Beklagten, dass der Antrag des Klägers nicht hinrei- chend bestimmt sei. Wie im Klageantrag verdeutlicht - und dies erstreckt sich auch auf die
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-6- Zugänglichmachung von Informationen über alle sonstigen Tätigkeiten des FSC - sieht der Kläger die Gestattung der Mitbenutzung des Standortübungsplatzes als Maßnahme an, die den Zustand der Umwelt beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (§ 3 Abs.2 Nr.2 UIG.) Dahingehende Informationen will er durch Einsichtnahme in die der Beklagten im Zusammenhang mit der Überlassung des Übungsplatzes an den FSC zur Verfügung ste- henden Akten und sonstigen Informationen gewinnen. Da der Kläger das der Beklagten zur Verfügung stehende Material im einzelnen nicht kennt, sondern sich darüber erst un- terrichten möchte, war ihm eine weitere Konkretisierung seines Antrags nicht möglich, je- denfalls aber nicht zumutbar. Die Frage, ob die Überlassung des Übungsplatzes zu Recht zu denjenigen Maßnahmen zählt, die nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 UIG Gegen- stand eines Informationsanspruchs sein können, betrifft nicht die Ordnungsmäßigkeit, sondern den materiellen Erfolg seines Antrags. Gleichwohl scheitert die Klage daran, dass die Beklagte keine Behörde i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG ist, gegen die dieses Gesetz einen Informationsanspruch begründet. Die Vorschrift definiert als Behörde jede Stelle nach § 1 Abs.4 VwVfG, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen hat; hiervon nimmt Satz 2 aus die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechts- verordnungen tätig werden (§ 3 Abs.1 S.2 Nr.1 UIG), Behörden, soweit sie Umweltbelange lediglich nach den für alle geltenden Rechtsvorschriften zu beachten haben (S. 2 Nr. 3) sowie Gerichte, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden (S. 2 Nr. 3). Art. 2 b UIR der deutschen Fassung legt fest, dass als Behörden im Sinne der Richtlinien diejenigen Stel- len der öffentlichen Verwaltung gelten, die auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und über diesbezügliche Informatio- nen verfügen, mit Ausnahme der Stellen, die im Rahmen ihrer Rechtsprechungs- oder Gesetzgebungszuständigkeit tätig werden. Hierzu zählen zunächst Behörden, deren Hauptaufgabe der Umweltschutz ist, z. B. Be- hörden, die Vorschriften des Wasser-, Abfall-, Naturschutz-, Bodenschutz-, Immissions- schutz- und Atomrechts zu vollziehen haben (BT-Drucks. 12/7138: zu § 3; Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Kommentar, Bd. 1, § 3 Anm. 50 ff.). Der Behördenbegriff i. S. d. Umweltinformationsgesetzes ist jedoch, wie bereits die Formulierung in der französischen und englischen Fassung des Art. 2 b der UIR („administration publique ... ayant des responsabilités   relatives   à l’environnement“   und:  „public  administration  ...  with
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-7- responsibilities ... relating to environment“) verdeutlicht, nicht einengend dahingehend zu verstehen, dass nur Umweltfachbehörden erfasst sein sollen. In einer klarstellenden, die Begründung des Gesetzesentwurfs betreffenden Erklärung hat der Ausschuss des Bun- destags für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausgeführt, dass neben den o. g. Behörden auch Behörden erfasst werden, die zur „Umweltpflege“ neben anderen Aufga- ben kraft Rechtsvorschrift oder Anordnung vorgesetzter Stellen verpflichtet sind; etwa Straßenbaubehörden, Wasser- und Schiffahrtsämter und Flurbereinigungsbehörden (BT- Drucks.    12/7582,     S.   11;   Röger,  UIG,    Kommentar,      1995,  §  3   Rn.  4  ff.; Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, 2. Aufl. 2001, § 3 Rn. 14 ff.). Das Bundesverwal- tungsgericht hat es in seinem Urteil vom 25.03.1999 - 7 C 21/98 - (NVwZ 1999, 1220 = BVerwGE 108, 369) zur Abgrenzung der „Umweltbehörde“ von sonstigen Behörden für ausreichend erachtet, dass ein auf Rechtsvorschriften oder der Anordnung einer vorge- setzten Stelle beruhender umweltbezogener Handlungsauftrag vorliegt und - unter Bezug- nahme auf § 3 Abs.1 S.2 Nr.2 UIG - diejenigen Behörden ausgeschieden, die im Zuge ih- rer Aufgabenerfüllung mit Umweltbelangen nur in Berührung kommen. Durchaus überein- stimmend hiermit lässt sich aus der Definition des Behördenbegriffs in Art. 2 b UIR und in § 3 UIG nicht herleiten, dass hierunter Behörden schon deshalb fallen, weil sie mit Belan- gen des Umweltschutzes zu tun haben. Umweltschutz als Querschnittsthema berührt fast alle Lebensbereiche der Gesellschaft und damit auch fast alle Verwaltungsbereiche. Art. 2 b UIR wollte ersichtlich nicht nahezu alle Behörden zur informationspflichtigen „Umweltbe- hörde“ machen. Von daher ist eine Abgrenzung zu den Behörden vorzunehmen, die ledig- lich wie jeder andere Umweltbelange nach den allgemeinen Rechtsvorschriften zu beach- ten haben (Fluck/Theuer, a. a. O. § 3, Anm. 85). Der Begriff des „Wahrnehmens“ von Auf- gaben im Bereich der Umweltpflege trägt nach Auffassung der Kammer das Erfordernis in sich, dass die Tätigkeit der Behörde zumindest auch dem Vollzug einer umweltschützen- den Rechtsnorm dient. Eine Behörde, die umweltrechtliche Vorschriften nur wie „jeder- mann“ einhält, handelt aber nicht in Vollzug derartiger Regelungen. Insoweit ist § 3 Abs.1 S.2 Nr.2 UIG, der Behörden, soweit sie Umweltbelange lediglich nach den für alle gelten- den Rechtvorschriften zu beachten haben, von den vom Informationsanspruch betroffenen Behörden ausnimmt, lediglich eine Klarstellung (Röger, Umweltinformationsgesetz,1995, § 3 Anm. 17). Diese steht in Einklang mit der Richtlinie. Dies zeigt namentlich der Vergleich mit deren französischer und englischer (Original-) Fassung. Denn dort wird von „responsabilités“ bzw. „responsibilities“ mit Bezug zur Umwelt gesprochen, also von Ver- antwortlichkeiten. Dadurch wird deutlich, dass es nicht ausreicht, dass eine Behörde ledig- lich Umweltvorschriften zu beachten hat. Vielmehr indiziert der in der englischen und fran-
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-8- zösischen Fassung gebrauchte Begriff der „Verantwortlichkeit“ eher noch eine an verstärk- ten Erfordernissen orientierte Auslegung der in der deutschen Fassung gebrauchten For- mulierung: „Behörde..., die Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrzunehmen hat“, nämlich in dem Sinne, dass der Behörde eine Kompetenz übertragen worden sein muss; mit anderen Worten: die Aufgabenwahrnehmung muss zum Verantwortungsbereich der Behörde gehören. Daraus folgt, dass die dem Informationsanspruch ausgesetzte Behörde nur eine Stelle sein soll, der eine rechtliche Verpflichtung zur Umweltpflege obliegt (Fluck/Theuer, a. a. O., § 3 Anm. 85; a. A.: Schomerus/Schrader/Wegener, a. a. O., § 3 Anm. 26 a. E.,). Dem genügt eine bloße innerbehördliche, ohne Rechtspflicht übernom- mene Aufgabe der Umweltpflege nicht (a. A. für eine durch Erlass eines Ministeriums be- gründete Verpflichtung: Schomerus/Schrader/Wegener, a. a. O., mit der Argumentation, dass die UIR nicht an eine rechtliche Verpflichtung, sondern an die tatsächliche Wahr- nehmung von Umweltschutzaufgaben anknüpfe). Danach sind Behörden i. S. v. § 3 Abs. 1 S. 1 UIG zwar auch solche Stellen, denen der Umweltschutz nicht als Hauptaufgabe zu- geschrieben ist, deren Kompetenz aber dahin geht, über die bloße Beachtung von Um- weltgesetzen hinaus durch hoheitliches Handeln mit Außenwirkung Umweltbelangen Gel- tung zu verschaffen. Hingegen fallen unter den in Frage stehenden Behördenbegriff nicht solche Stellen der öffentlichen Verwaltung, die lediglich die Umweltgesetze zu beachten haben und nicht mit Außenwirkung handeln, auch wenn sie durch interne Regelungen der Selbstorganisation eine freiwillige Verpflichtung zur Beachtung der Umweltgesetze oder sogar zu einer weiterreichenden Umweltpflege übernehmen. Die Standortverwaltung der Beklagten ist keine Umweltbehörde im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG; denn sie gehört zu denjenigen Behörden, die Umweltbelange lediglich nach den für alle geltenden Rechtsvorschriften zu beachten hat. Die Standortverwaltung dient den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte (Art. 87 b Abs.1 GG). Ein Auftrag, dass die Umweltpflege ihr als Hauptaufgabe zugewiesen wurde, ergibt sich weder aus dem Grundgesetz noch den nachgeordneten Rechtsvorschriften. Sie gehört auch nicht zu denjenigen Behörden, die zur „Umweltpflege“ neben anderen Aufgaben kraft Rechtsvorschrift oder Anordnung vorgesetzter Stellen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verpflichtet sind. Vielmehr ge- hört sie zu den Behörden, die wie jedermann umweltrechtliche Vorschriften einzuhalten haben. Allein der Umstand, dass das Bundesministerium für Verteidigung die vom Kläger genannten Regelungen erließ, insbesondere die „Grundsatzweisung für den Umweltschutz der Bundeswehr“ vom 18.11.1998, die „Richtlinie zur umweltverträglichen Nutzung der
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-9- Übungsplätze der Bundeswehr“ und die ZDv 70/1, macht die Bundeswehr nicht zur „Um- weltbehörde“. Denn diese Regelungen stellen keine Kompetenzzuweisungen dar, die es der Bundeswehrverwaltung ermöglichen, der Umweltpflege im Außenverhältnis, nämlich Dritten gegenüber, Geltung zu verschaffen, wie etwa durch belastende Eingriffe oder ge- währende Maßnahmen. Vielmehr entfalten die angeführten Regelungen lediglich behör- deninterne Geltung. Der Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 28.05.2003, eine Petition des Klägers betreffend, vermag die Kammer nicht zu folgen, soweit das Ministerium dort die Auffassung vertrat, dass mit der „Grundsatzweisung für den Umweltschutz der Bundeswehr“ die vom Bundesverwaltungs- gericht gestellte Anforderung eines umweltbezogenen Handlungsauftrags erfüllt sei. Eine Begründung dieser Meinung oder gar Auseinandersetzung damit, wie sich dies mit dem Gesetzesbegriff des „Wahrnehmens“ von Aufgaben des Umweltschutzes verträgt, enthält die Stellungnahme nicht. Insbesondere beachtet sie nicht, dass die „Grundsatzweisung“ - und dies im Unterschied zu der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.03.1999 (a.a.O.) zugrunde liegenden, die Gewährung von Umweltsubventionen betref- fenden Förderrichtlinie - keine Regelung ist, die auf ein Handeln mit Außenwirkung (Leis- tungen zugunsten Dritter) zugeschnitten ist. Diesem unterschiedlichen Ausgangspunkt entspricht, dass das Bundesverwaltungsgericht für die Bejahung der Umweltbehördenei- genschaft gerade darauf abstellte, dass die dortige Beklagte beim Vollzug von Förde- rungsrichtlinien in Wahrnehmung von Aufgaben des Umweltschutzes tätig geworden war. Hinter dem vom Bundesverwaltungsgericht gemeinten umweltbezogenen Handlungsauf- trag bleibt aber die Grundsatzweisung auch deshalb rechtlich zurück, weil es sich hierbei ausschließlich um eine selbst auferlegte Verpflichtung der Bundeswehr mit dem Ziel allein handelt, den Umweltschutz zu achten und in diesem Sinne ein Vorbild abzugeben. So ist in Nr. I 1. der Grundsatzweisung (Zielsetzung und Geltungsbereich dieser Grundsatzwei- sung) programmatisch festgehalten, dass Umweltschutz Bestandteil aller Planungen und Handlungen der Bundeswehr in Erfüllung ihres Auftrags sei und die Aufgaben der Bun- deswehr unter geringstmöglicher Belastung von Mensch und Umwelt zu erfüllen seien. In Nr. V. ist die Vorbildfunktion der Bundeswehr hervorgehoben. Ein über eine Selbstver- pflichtung hinausgehender Handlungsauftrag wird weder in der Grundsatzweisung noch in den darauf basierenden Erlassen des Bundesministeriums für Verteidigung, der ZDv 70/1 oder den sonstigen vom Kläger angeführten Druckschriften formuliert. Ähnlich sieht dies auch Fluck/Theuer (a. a. O., § 3 Anm. 85 a), der gerade bei Erlassen des Verteidigungs- ministers, betreffend Umweltschutzanforderungen bei der Verwaltung militärischer Liegen- schaften, die Übertragung eines echten (zusätzlichen) Handlungsauftrags anzweifelt und
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- 10 - zu dem Ergebnis kommt, dass damit eher „gelegentlich der Aufgabenerfüllung zu beach- tende Obliegenheiten“ formuliert werden. Auch das vom Kläger vorgelegte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.06.2003 - C-233/00 - stützt dessen Auffassung, die Beklagte sei eine „Umweltbehörde“, nicht. Denn mit der Frage der Umweltbehördeneigenschaft hat sich das Urteil nicht beschäftigt. Viel- mehr ging es um eine Vertragsverletzungsklage der Europäischen Kommission, die ver- schiedene Regelungen in der französischen „Loi n. 78-753 portant diverses mesures d’amélioration des relations entre l’administration et le public et diverses dispositions d’ordre administratif, social et fiscal“ (Gesetz Nr. 78-753) zum Gegenstand hatte. U. a. ging es darum, ob in Art. 1 dieses Gesetzes der Begriff der dem Informationsanspruch des Bürgers unterliegenden Verwaltungsdokumente restriktiver sei als der Begriff der Informa- tionen über die Umwelt im Sinne der UIR (Nr. 35 -37 des Urteils). Die Beschränkung des Informationsanspruchs auf „Verwaltungsdokumente“ schloss nämlich die Übermittlung be- stimmter Entscheidungen der Behörden ohne Verordnungscharakter in Bezug auf die Verwaltung privaten Grundbesitzes, die Verwaltung der gewerblichen und kommerziellen öffentlichen Dienstleistungen oder privatrechtliche Verträge zwischen einer Behörde und einer Privatperson aus, auch wenn diese umweltbezogene Informationen enthielten. Diese Beschränkung erachtete der Gerichtshof als Verstoß gegen Art. 2 a UIR und stellte fest, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber es vermieden habe, dem Begriff Informationen über die Umwelt eine Definition zu geben, die zum Ausschluss irgendeiner Behördentätigkeit führen könne (Nr. 45 des Urteils). Die UIR beziehe sich auf alle Vorgänge gleich welcher Art, die den Zustand eines der von dieser Richtlinie erfassten Umweltsektoren beeinträch- tigen oder schützen könne, so dass der Begriff Informationen über die Umwelt im Sinne dieser Richtlinie ... dahin zu verstehen sei, dass er die Dokumente einschließe, die nicht mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zusammenhingen (Nr. 47 des Urteils). Hiermit hat der Europäische Gerichtshof lediglich den Begriff der „Informationen über die Umwelt“ i. S. d. Art. 2 a UIR konkretisiert. Die Frage, wer Behörde i. S. d. Art. 2 b UIR ist, stellte sich nicht. Ähnlich verhält es sich mit dem vom Kläger ebenfalls angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.06.1998 (C-321/96, „Mecklenburg“). Dort ging es u. a. um die Frage, ob die Stellung einer unteren Landschaftspflegebehörde im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange in einem Planfeststellungsverfahren eine verwaltungstechnische Maßnahme zum Umweltschutz ist, d. h. ob es sich um eine „Infor- mation über die Umwelt“ i. S. d. Art. 2 a UIR handelt. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass dieser Begriff weit zu verstehen ist und alle Behördentätigkeiten umfasst. Demnach spricht
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