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Information

Aktenzeichen
C-233/00
ECLI
ECLI:EU:C:2003:371
Datum
26. Juni 2003
Gericht
Gerichtshof der Europäischen Union
Gesetz
Richtlinie 90/313/EWG (Umweltinformationsrichtlinie)
Richtlinie 90/313/EWG (Umweltinformationsrichtlinie)

Urteil: Gerichtshof der Europäischen Union am 26. Juni 2003

C-233/00

Die Aufzählung der Gründe in der Richtlinie 90/313, die die Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Informationen über die Umwelt rechtfertigen, ist abschließend. Die Richtlinie ist nicht vollständig umgesetzt, sofern das nationale Gesetz keine ausdrückliche Regelung über den auszugsweisen Zugang zu Information betreffend die Umwelt enthält. Die Regelung, dass ein Antrag auf Zugang zu Informationen abgelehnt werden kann, der sich auf die Übermittlung von noch nicht abgeschlossenen Schriftstücken, noch nicht aufbereiteter Daten oder interner Mitteilungen bezieht, muss nicht ausdrücklich umgesetzt werden, wenn der Regelung durch den allgemeinen rechtlichen Kontext des nationalen Rechts genüge getan ist. Die Entscheidung, einen Antrag abzulehnen, muss nicht zugleich mit der Begründung ergehen, allerdings gilt auch für die Begründung die Frist von zwei Monaten. (Quelle: LDA Brandenburg)

Durchführung des Antragsverfahrens Bearbeitungsfrist Missbräuchliche Antragstellung Ablehnungsbegründung Entwürfe oder Vorarbeiten

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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                           Seite 1 von 16 Avis juridique important 62000J0233 Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 26. Juni 2003. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 90/313/EWG - Freier Zugang zu Informationen über die Umwelt - Unvollständige oder unrichtige Umsetzung. - Rechtssache C-233/00. Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite I-06625 Parteien Entscheidungsgründe Kostenentscheidung Tenor Parteien In der Rechtssache C-233/00 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. zur Hausen und J.-F. Pasquier als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Klägerin, gegen Französische Republik, zunächst vertreten durch J.-F. Dobelle und D. Colas, sodann durch J.- F. Dobelle und G. de Bergues als Bevollmächtigte, Beklagte, "wegen Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L 158, S. 56) und aus Artikel 189 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 Absatz 3 EG) verstoßen hat, dass sie Artikel 2 Buchstabe a und Artikel 3 Absätze 2, 3 und 4 dieser Richtlinie nicht richtig umgesetzt hat, erlässt DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und V. Skouris, der Richterin F. Macken und des Richters J. N. Cunha Rodrigues, Generalanwältin: C. Stix-Hackl, Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des Sitzungsberichts, nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 17. Oktober 2002, in der die Kommission durch J.-F. Pasquier und die Französische Republik durch C. Isidoro als Bevollmächtigte vertreten waren, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Januar 2003 folgendes Urteil http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                           Seite 2 von 16 Entscheidungsgründe 1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 13. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L 158, S. 6) und aus Artikel 189 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 Absatz 3 EG) verstoßen hat, dass sie Artikel 2 Buchstabe a und Artikel 3 Absätze 2, 3 und 4 dieser Richtlinie nicht richtig umgesetzt hat. Rechtlicher Rahmen Richtlinie 90/313 2 Nach ihrem Artikel 1 verfolgt die Richtlinie 90/313 das Ziel, "den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen". 3 Artikel 2 der Richtlinie 90/313 lautet: "Im Sinne dieser Richtlinie gelten als a) $Informationen über die Umwelt` alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder DV-Form vorliegenden Informationen über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume sowie über Tätigkeiten (einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen) oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz. b) $Behörden` die Stellen der öffentlichen Verwaltung, die auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und über diesbezügliche Informationen verfügen, mit Ausnahme der Stellen, die im Rahmen ihrer Rechtsprechungs- oder Gesetzgebungszuständigkeit tätig werden." 4 Artikel 3 der Richtlinie 90/313 bestimmt: "(1) Vorbehaltlich der Absätze 2, 3 und 4 gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Behörden verpflichtet werden, allen natürlichen oder juristischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen. Die Mitgliedstaaten legen die praktischen Regeln fest, nach denen derartige Informationen tatsächlich zugänglich gemacht werden. (2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu einer derartigen Information abgelehnt wird, wenn diese Folgendes berührt: - die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, die internationalen Beziehungen und die Landesverteidigung; - die öffentliche Sicherheit; - Sachen, die bei Gericht anhängig oder Gegenstand von Ermittlungsverfahren (einschließlich Disziplinarverfahren) sind oder waren oder die Gegenstand von Vorverfahren sind; - Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse einschließlich des geistigen Eigentums; - die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten; - Unterlagen, die von einem Dritten übermittelt worden sind, der dazu nicht gesetzlich verpflichtet war; - Informationen, deren Bekanntgabe die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung der Umwelt in dem betreffenden Bereich noch erhöhen würde. Informationen, die sich im Besitz der Behörden befinden, werden auszugsweise übermittelt, sofern es möglich ist, Informationen zu Fragen, die die oben aufgeführten Interessen berühren, auszusondern. (3) Ein Antrag auf Zugang zu Informationen kann abgelehnt werden, wenn er sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten oder interner Mitteilungen bezieht oder wenn der Antrag offensichtlich missbräuchlich ist oder http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                               Seite 3 von 16 zu allgemein formuliert ist. (4) Eine Behörde erteilt dem Antragsteller so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Monaten eine Antwort. Die Ablehnung eines Antrags auf Information ist zu begründen." 5 Nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 90/313 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dieser Richtlinie bis spätestens 31. Dezember 1992 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen. Nationales Recht 6 Die Loi nº 78-753 portant diverses mesures d'amélioration des relations entre l'administration et le public et diverses dispositions d'ordre administratif, social et fiscales (Gesetz Nr. 78-753 mit verschiedenen Maßnahmen zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Verwaltung und der Öffentlichkeit und mit verschiedenen verwaltungs-, sozial- und steuerrechtlichen Bestimmungen) vom 17. Juli 1978 (JORF vom 18. Juli 1978, S. 2851) räumt dem Einzelnen ein Recht auf Zugang zu Verwaltungsdokumenten ein. 7 Der Erste Titel des Gesetzes Nr. 78-753, "Freier Zugang zu Verwaltungsdokumenten", umfasst die Artikel 1 bis 13. 8 Artikel 1 des Gesetzes bestimmt: "Das Recht der Bürger auf Information wird durch diesen Titel hinsichtlich des freien Zugangs zu nicht personenbezogenen Verwaltungsdokumenten näher bestimmt und garantiert. Als Verwaltungsdokumente im Sinne dieses Titels gelten alle Akten, Berichte, Studien, Zusammenfassungen, Protokolle, Statistiken, Richtlinien, Anweisungen, Rundschreiben, Vermerke und ministeriellen Antworten, in denen das positive Recht ausgelegt oder die Verwaltungsverfahren beschrieben werden, Gutachten, mit Ausnahme der Gutachten des Conseil d'Etat und der Verwaltungsgerichte, Vorhaben und Entscheidungen in Schrift, Ton oder Bild oder in Form elektronischer Verarbeitung nicht personenbezogener Daten." 9 Artikel 2 des Gesetzes sieht vor: "Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 6 sind Verwaltungsdokumente für Personen, die dies beantragen, von Rechts wegen unabhängig davon einsehbar, ob es sich um Dokumente der Verwaltung des Staates, der Gebietskörperschaften, der öffentlich-rechtlichen Anstalten oder der mit der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe betrauten Einrichtungen, seien sie auch solche des Privatrechts, handelt." 10 Artikel 4 des Gesetzes lautet: "Der Zugang zu den Verwaltungsdokumenten wird wie folgt gewährt: a) durch kostenlose Einsichtnahme an Ort und Stelle, es sei denn, die Wahrung des Dokuments steht der Einsichtnahme oder der Reproduktion entgegen; b) falls die Reproduktion nicht der Erhaltung des Dokuments schadet, durch Übermittlung einer einzigen Kopie auf Kosten des Antragstellers, wobei diese Kosten jedoch die tatsächlichen Kosten des mit der Anwendung dieses Titels verbundenen Verwaltungsaufwands nicht übersteigen dürfen. Die Dienststelle hat die beantragte Kopie oder die in Artikel 7 vorgesehene Benachrichtigung über die Ablehnung der Mitteilung zu übermitteln." 11 Artikel 5 des Gesetzes bestimmt: "Der so genannte $Ausschuss für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten` hat die Wahrung des freien Zugangs zu den Verwaltungsdokumenten unter den in diesem Titel vorgesehenen Bedingungen u. a. dadurch zu überwachen, dass er Stellungnahmen abgibt, wenn er von einer Person angerufen wird, die auf Schwierigkeiten hinsichtlich der Übermittlung eines Verwaltungsdokuments gestoßen ist, dass er die zuständigen Behörden bei jeder die Anwendung dieses Titels betreffenden Frage berät und dass er alle zweckdienlichen Änderungen von Gesetzes- oder Verordnungstexten vorschlägt, die die Übermittlung von Verwaltungsdokumenten betreffen. Der Ausschuss erstellt einen Jahresbericht, der zu veröffentlichen ist. Zusammensetzung und Funktionsweise des in diesem Artikel vorgesehenen Ausschusses werden durch Dekret des Conseil d'Etat festgelegt." 12 Artikel 6 des Gesetzes lautet: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                           Seite 4 von 16 "Die in Artikel 2 genannten Verwaltungen können die Einsichtnahme in ein Verwaltungsdokument oder dessen Übermittlung versagen, wenn die Einsichtnahme oder die Übermittlung Folgendes beeinträchtigen würde: - das Beratungsgeheimnis der Regierung und der zuständigen Behörden der Exekutive, - das Geheimnis der Landesverteidigung oder der Außenpolitik, - die Währung und den öffentlichen Kredit, die Sicherheit des Staates und die öffentliche Sicherheit, - den Ablauf gerichtlicher Verfahren oder vorbereitender Maßnahmen zu solchen Verfahren, es sei denn, es liegt eine Genehmigung der zuständigen Behörde vor, - das Geheimnis des Privatlebens sowie der Personalakten und medizinischen Akten, - das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis, - die Steuer- und Zollfahndung der zuständigen Behörden - oder allgemein die gesetzlich geschützten Geheimnisse. Zur Anwendung der vorstehenden Vorschriften werden die Listen der Verwaltungsdokumente, die der Öffentlichkeit ihrer Natur oder ihrem Gegenstand nach nicht zugänglich gemacht werden können, nach Stellungnahme des Ausschusses für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten durch Ministerialerlass aufgestellt." 13 Artikel 7 des Gesetzes sieht vor: "Die Versagung der Einsichtnahme wird dem Betroffenen durch mit Gründen versehene schriftliche Entscheidung mitgeteilt. Wird der Antrag nicht innerhalb von zwei Monaten beschieden, steht dies einer Versagungsentscheidung gleich. Im Fall der ausdrücklichen oder stillschweigenden Versagung kann der Betroffene den in Artikel 5 vorgesehenen Ausschuss um Stellungnahme ersuchen. Diese Stellungnahme ist innerhalb eines Monats nach der Anrufung des Ausschusses abzugeben. Die zuständige Behörde hat den Ausschuss innerhalb von zwei Monaten nach Empfang dieser Stellungnahme darüber zu unterrichten, wie sie in der Sache entscheidet. Die Frist für eine Klage wird bis zur Zustellung der Antwort der zuständigen Behörde an den Betroffenen verlängert. Das Verwaltungsgericht, das mit einer Klage gegen eine Verweigerung der Einsichtnahme in ein Verwaltungsdokument befasst wird, hat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eintragung der Klageschrift zu entscheiden." 14 Mit dem Décret nº 88-465 relatif à la procédure d'accès aux documents administratifs (Dekret Nr. 88-465 über das Verfahren für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten) vom 28. April 1988 (JORF vom 30. April 1988, S. 5900) wurde Artikel 7 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 des Gesetzes Nr. 78-753 aufgehoben. 15 Artikel 2 dieses Dekretes bestimmt: "Schweigt die zuständige Behörde, bei der nach dem Ersten Titel des Gesetzes Nr. 78-753 vom 17. Juli 1978 die Einsichtnahme in Dokumente beantragt worden ist, länger als einen Monat, steht dies einer Versagungsentscheidung gleich. Im Fall der ausdrücklichen oder stillschweigenden Versagung kann der Betroffene binnen zwei Monaten nach Zustellung der Versagungsentscheidung oder Ablauf der in Absatz 1 festgelegten Frist den gemäß Artikel 5 des Gesetzes Nr. 78-753 vom 17. Juli 1978 eingerichteten Ausschuss anrufen. Eine Klage kann erst erhoben werden, nachdem der Ausschuss gemäß den in Absatz 2 vorgesehenen Bedingungen angerufen worden ist. Der Ausschuss übermittelt seine Stellungnahme binnen eines Monats nach seiner Anrufung der zuständigen Behörde, die den Ausschuss innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Stellungnahme darüber unterrichtet, wie sie über den Antrag zu entscheiden beabsichtigt. Schweigt die zuständige Behörde länger als zwei Monate nach Anrufung des Ausschusses durch den Betroffenen, steht dies einer Versagungsentscheidung gleich. Die Klagefrist wird bis zur Zustellung der Antwort der zuständigen Behörde an den Betroffenen verlängert." 16 Artikel 5 der Loi nº 79-587 relative à la motivation des actes administratifs et à l'amélioration des relations entre l'administration et le public (Gesetz Nr. 79-587 über die Begründung von Verwaltungshandlungen und zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Verwaltung und der Öffentlichkeit) vom 11. Juli 1979 (JORF vom 12. Juli 1979, S. 1711) http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                         Seite 5 von 16 sieht vor: "Eine stillschweigende Entscheidung, die in Fällen ergangen ist, in denen die ausdrückliche Entscheidung hätte begründet werden müssen, ist nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil sie keine Begründung enthält. Dem Betroffenen sind jedoch auf Antrag, der innerhalb der für eine Klage geltenden Fristen zu stellen ist, binnen eines Monats nach Antragstellung die Gründe einer stillschweigenden Ablehnungsentscheidung mitzuteilen. In diesem Fall verlängert sich die Frist für eine Klage gegen diese Entscheidung bis zum Ablauf von zwei Monaten nach dem Tag, an dem ihm die Gründe mitgeteilt worden sind." Vorverfahren 17 Mit Schreiben vom 20. August 1990 erinnerte die Kommission daran, dass die Richtlinie 90/313 bis zum 31. Dezember 1992 umzusetzen sei. 18 Mit Schreiben vom 28. März 1991 übermittelten die französischen Behörden der Kommission eine Kopie der nationalen Vorschriften, die nach ihrer Ansicht die Umsetzung dieser Richtlinie in das französische Recht gewährleisteten, nämlich das Gesetz Nr. 78-753 und das Dekret Nr. 88-465. 19 Mit Schreiben vom 13. Juli 1992 wies die Kommission diese Behörden auf bestimmte Aspekte des französischen Rechts hin, die es nicht ermöglichten, das mit der Richtlinie 90/313 angestrebte Ergebnis zu erreichen. 20 Da keine Antwort einging, wurde den französischen Behörden am 21. Januar 1993 ein Erinnerungsschreiben zugesandt. 21 Mit Schreiben vom 2. Februar 1993 nahmen die französischen Behörden zu den Ausführungen der Kommission Stellung. 22 Mit Mahnschreiben vom 17. November 1994 forderte die Kommission die Französische Republik auf, sich innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt dieses Schreibens zur Umsetzung von Artikel 2 Buchstabe a und Artikel 3 Absätze 2, 3 und 4 der genannten Richtlinie zu äußern. 23 Am 23. Februar 1995 antwortete die französische Regierung, dass die nationale Regelung keine der Verpflichtungen aus der Richtlinie verletze. 24 Am 8. Februar 1999 richtete die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Französische Republik, mit der sie diese aufforderte, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um den Verpflichtungen aus Artikel 2 Buchstabe a und Artikel 3 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie 90/313 nachzukommen. 25 Mit Schreiben vom 25. Juni 1999 antwortete die französische Regierung auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme und bestritt die von der Kommission vorgeworfene Vertragsverletzung. Sie vertrat die Ansicht, dass das französische Recht die Vorschriften der Richtlinie zwar nicht in allen Punkten wortgenau umsetze, aber weitgehend gleichwertige Garantien enthalte und der Verwaltung in vielen Bereichen noch umfassendere Verpflichtungen auferlege. Sie wies jedoch darauf hin, dass die französischen Behörden gleichwohl die Möglichkeiten prüften, den Zugang zu Informationen über die Umwelt zu vervollkommnen. 26 Am 19. Januar 2000 teilte die französische Regierung der Kommission mit, dass das Kabinett des Premierministers gerade den Entwurf eines Gesetzes gebilligt habe, das verschiedene Bestimmungen zur Anpassung des nationalen Rechts an das Gemeinschaftsrecht im Umweltbereich sowie einen Teil enthalte, der dem Zugang zu Informationen über die Umwelt gewidmet sei, und dass dieser Entwurf der Kommission mitgeteilt werde, sobald die für Februar 2000 vorgesehene Übermittlung an den französischen Conseil d'Etat zur Stellungnahme erfolgt sei. 27 Da die Kommission der Ansicht war, dass die Französische Republik ihren Verpflichtungen aus der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht innerhalb der darin vorgesehenen Frist nachgekommen sei, hat sie die vorliegende Klage erhoben. Zur Klage Vorbemerkungen 28 Am 13. September 2001 hat die französische Regierung dem Gerichtshof mitgeteilt, dass die in ihrem Schreiben vom 19. Januar 2000 angekündigten Maßnahmen erlassen worden seien, und dazu folgende Texte vorgelegt: die Loi nº 2000-321 relative aux droits des citoyens dans leurs relations avec les administrations (Gesetz Nr. 2000-321 über die Rechte der Bürger http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                         Seite 6 von 16 in ihren Beziehungen mit den Verwaltungen) vom 12. April 2000 (JORF vom 13. April 2000, S. 5646) und die Ordonnance nº 2001/321 relative à la transposition de directives communautaires et à la mise en oeuvre de certaines dispositions du droit communautaire dans le domaine de l'environnement (Verordnung Nr. 2001/321 zur Umsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien und zur Durchführung bestimmter Vorschriften des Gemeinschaftsrechts im Umweltbereich) vom 11. April 2001 (JORF vom 14. April 2001, S. 5820). Die Regierung trägt vor, dass diese Texte auch der Kommission mit dem Ersuchen übermittelt worden seien, ihre Klage zurückzunehmen. 29 Die Kommission hat den Gerichtshof mit Schreiben vom 24. September 2001 darüber informiert, dass sie nicht beabsichtige, ihre Klage zurückzunehmen. 30 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Änderungen kann der Gerichtshof nicht berücksichtigen (u. a. Urteil vom 12. September 2002 in der Rechtssache C-152/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I-6973, Randnr. 15). 31 Im Übrigen hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass es nach dem System des Artikels 226 EG im Ermessen der Kommission steht, eine Vertragsverletzungsklage zu erheben, und dass es nicht Sache des Gerichtshofes ist, die Zweckmäßigkeit der Ausübung dieses Ermessens zu beurteilen (u. a. Urteil vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache C-236/99, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I-5657, Randnr. 28). Somit hat nur die Kommission darüber zu entscheiden, ob sie eine solche Klage aufrechterhält (in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2002 in der Rechtssache C-474/99, Kommission/Spanien, Slg. 2002, I-5293, Randnr. 25), zumal auch dann, wenn eine Vertragsverletzung nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist abgestellt wird, das Interesse an der Weiterbetreibung der Klage fortbesteht, da sie die Grundlage für die Haftung schafft, die einen Mitgliedstaat wegen seiner Vertragsverletzung möglicherweise anderen Mitgliedstaaten, der Gemeinschaft oder Einzelnen gegenüber trifft (in diesem Sinne u. a. Urteil vom 6. Dezember 2001 in der Rechtssache C-166/00, Kommission/Griechenland, Slg. 2001, I-9835, Randnr. 9). 32 Unter diesen Umständen kann der Gerichtshof bei der Prüfung der Klage keinen der beiden nationalen Texte berücksichtigen, die in Randnummer 28 des vorliegenden Urteils erwähnt sind. 33 Zur Begründung ihrer Klage erhebt die Kommission folgende fünf Rügen: - unvollständige Umsetzung des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 90/313, da der Anwendungsbereich, den die Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen über die Umwelt nach der französischen Regelung habe, weniger weit sei als der der Richtlinie; - unrichtige Umsetzung des Artikels 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 90/313, da die französische Regelung unter den Ausnahmen von der Verpflichtung zur Übermittlung dieser Informationen einen Verweigerungsgrund vorsehe, der in der Richtlinie nicht genannt sei; - Nichtumsetzung des Artikels 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 90/313, da in der französischen Regelung nicht die Verpflichtung erwähnt werde, auszugsweise Informationen über die Umwelt zu übermitteln, sofern es möglich sei, Informationen zu Fragen, die eine Verweigerung der Übermittlung rechtfertigten, auszusondern; - Nichtumsetzung des Artikels 3 Absatz 3 der Richtlinie 90/313, da die französische Regelung nicht die Möglichkeit vorsehe, einen Antrag abzulehnen, der die Übermittlung noch nicht aufbereiteter oder interner Daten oder noch nicht abgeschlossener oder interner Schriftstücke betreffe oder offensichtlich missbräuchlich oder zu allgemein formuliert sei; - unrichtige Umsetzung des Artikels 3 Absatz 4 der Richtlinie 90/313, da die französische Regelung es ermögliche, Anträge auf Zugang zu Informationen über die Umwelt durch stillschweigende, nicht begründete Entscheidungen abzulehnen. 34 Die Begründetheit dieser verschiedenen Rügen ist nacheinander zu prüfen. Zur Rüge, der Anwendungsbereich der französischen Regelung hinsichtlich der Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen über die Umwelt sei zu begrenzt Vorbringen der Parteien 35 Die Kommission wirft der französischen Regierung vor, dem Gesetz Nr. 78-753 einen engeren sachlichen Anwendungsbereich als den der Richtlinie 90/313 zugewiesen zu haben, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                          Seite 7 von 16 da der in diesem Gesetz verwendete Begriff "Verwaltungsdokumente" restriktiver sei als der Begriff "Informationen über die Umwelt" im Sinne dieser Richtlinie. 36 Auch wenn einzuräumen sei, dass der erstgenannte Begriff in seiner Bedeutung weiter sei als der Begriff "Verwaltungshandlung" im französischen Recht, umfasse er nur diejenigen im Besitz der Verwaltung befindlichen Dokumente, die einen Zusammenhang mit einer Tätigkeit des öffentlichen Dienstleistungsbereichs aufwiesen oder mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zusammenhingen, während der in der Richtlinie verwendete Begriff "Informationen über die Umwelt" keine derartige Begrenzung enthalte. 37 Das Gesetz Nr. 78-753 ermögliche somit nicht die Übermittlung bestimmter Entscheidungen der Behörden ohne Verordnungscharakter in Bezug auf die Verwaltung ihres privaten Grundbesitzes (z. B. die Erlaubnis, ihn zu bewohnen oder zu nutzen) oder auf die Verwaltung der gewerblichen und kommerziellen öffentlichen Dienstleistungen (z. B. die Verträge mit den Nutzern der Wasser- oder Energieversorgungseinrichtungen) oder auch privatrechtlicher Verträge zwischen einer Behörde und einer Privatperson oder sogar zwischen zwei Behörden, auch wenn diese Dokumente umweltbezogene Informationen enthielten, die die Bürger interessieren könnten. 38 Die französische Regierung hält diese erste Rüge für falsch, hilfsweise für nicht fundiert. 39 Sie stellt zwar nicht in Abrede, dass der Begriff "Informationen über die Umwelt" im Sinne der Richtlinie 90/313 weit auszulegen sei, der Begriff "Verwaltungsdokumente" im Sinne des Gesetzes Nr. 78-753 sei jedoch ebenfalls weit zu verstehen, da er private Dokumente einschließe, die einen Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienstleistungsbereich und/oder den von Privatpersonen ausgeübten öffentlichen Aufgaben aufwiesen. Der Begriff der Verwaltungsdokumente umfasse außer den administrativen Vorgängen privatrechtliche Vorgänge der Behörden und von Privatpersonen herrührende, im Besitz dieser Behörden befindliche Vorgänge, sofern sie unmittelbar oder mittelbar mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zusammenhingen. Die einzige Einschränkung der Qualifizierung als "Informationen über die Umwelt" im Sinne der Richtlinie 90/313 betreffe daher die Dokumente, die sich im Besitz einer Behörde befänden, die als Privatperson ohne jede Verbindung mit dem öffentlichen Dienstleistungsbereich handele. 40 Darüber hinaus habe die Kommission nicht konkret dargetan, dass der Begriff "Verwaltungsdokumente" weniger umfassend sei als der Begriff "Informationen über die Umwelt". Sie habe nicht nachgewiesen, dass es im Besitz der französischen Behörden Informationen gebe, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 90/313 fielen, aber nicht vom Gesetz Nr. 78-753 erfasst seien. Insbesondere habe die Kommission niemals auch nur ein Beispiel genannt, bei dem eine Information über die Umwelt nicht als "Verwaltungsdokument" im Sinne dieses Gesetzes qualifiziert worden sei. Würdigung durch den Gerichtshof 41 Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der französischen Regierung der in dem Gesetz Nr. 78-753 verwendete Begriff "Verwaltungsdokumente" außer den administrativen Vorgängen auch die privatrechtlichen Vorgänge der Behörden sowie die Vorgänge abdeckt, die sich im Besitz dieser Behörden befinden, aber von Privatpersonen herrühren; wie die französische Regierung jedoch selbst einräumt, gilt dies nur insoweit, als diese Schriftstücke "unmittelbar oder mittelbar mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zusammenhängen". In diesem Zusammenhang führt die französische Regierung aus, dass nur diejenigen Dokumente nicht unter das Gesetz Nr. 78-753 fielen, die sich im Besitz einer als Privatperson handelnden Behörde befänden und keinen Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienstleistungsbereich aufwiesen; solche Dokumente stellten jedoch auch keine "Informationen über die Umwelt" im Sinne der Richtlinie 90/313 dar. 42 Zum anderen ist daran zu erinnern, dass der Begriff "Informationen über die Umwelt" nach Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 90/313 für Zwecke dieser Richtlinie Folgendes umfasst: "[A]lle in Schrift-, Bild-, Ton- oder DV-Form vorliegenden Informationen über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume sowie über Tätigkeiten (einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen) oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz". 43 Diese Definition enthält keinen Anhaltspunkt, der die These der französischen Regierung stützen könnte, dass ein Dokument, das keinen Zusammenhang mit dem öffentlichen http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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EUR-Lex - 62000J0233 - DE                                                                        Seite 8 von 16 Dienstleistungsbereich aufweist, keine in den Anwendungsbereich der Richtlinie 90/313 fallende "Information über die Umwelt" sei. 44 Schon nach dem Wortlaut von Artikel 2 Buchstabe a und insbesondere auch unter Berücksichtigung des verwendeten Ausdrucks "alle Informationen" ist nämlich davon auszugehen, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift und somit der der Richtlinie 90/313 weit gefasst sind. Erfasst werden somit sämtliche Informationen, die sich entweder auf den Zustand der Umwelt oder auf die Tätigkeiten oder Maßnahmen, die diese beeinträchtigen können, oder aber auf die Tätigkeiten oder Maßnahmen, die dem Umweltschutz dienen, beziehen, ohne dass die Aufzählung in dieser Vorschrift irgendeinen Anhaltspunkt enthält, der die Tragweite in dem von der französischen Regierung vertretenen Sinne beschränken könnte. 45 Diese Feststellung wird durch die Art und Weise untermauert, in der der Gerichtshof diese Vorschrift bereits im Urteil vom 17. Juni 1998 in der Rechtssache C-321/96 (Mecklenburg, Slg. 1998, I-3809, Randnrn. 19 bis 22) ausgelegt hat. So hat der Gerichtshof in Randnummer 20 dieses Urteils entschieden, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber es vermieden hat, dem Begriff "Informationen über die Umwelt" eine Definition zu geben, die zum Ausschluss irgendeiner Behördentätigkeit führen könnte. 46 Außerdem folgt aus der Verwendung des Ausdrucks "einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen" in Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 90/313, dass der Begriff "Informationen über die Umwelt" logischerweise eine größere Tragweite haben muss als sämtliche Behördentätigkeiten. 47 Nach alledem bezieht sich die Richtlinie 90/313 auf alle Vorgänge gleich welcher Art, die den Zustand eines der von dieser Richtlinie erfassten Umweltsektoren beeinträchtigen oder schützen können, so dass der Begriff "Informationen über die Umwelt" im Sinne dieser Richtlinie entgegen dem Hauptvorbringen der französischen Regierung dahin zu verstehen ist, dass er die Dokumente einschließt, die nicht mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zusammenhängen. 48 Die erste Rüge der Kommission ist also begründet. Zur Rüge, es bestehe ein in der Richtlinie 90/313 nicht vorgesehener Grund für die Verweigerung der Übermittlung von Informationen über die Umwelt Vorbringen der Parteien 49 Die Kommission beanstandet bei der Liste der Ausnahmen von der Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen über die Umwelt, dass Artikel 6 Absatz 1 letzter Gedankenstrich des Gesetzes Nr. 78-753 einen Verweigerungsgrund vorsehe, der in Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 90/313 nicht enthalten sei, nämlich die Fälle der Beeinträchtigung der "gesetzlich geschützten Geheimnisse". 50 Dieses Gesetz ergänze nicht nur die Richtlinie 90/313, indem es den Bereich der in der Richtlinie abschließend vorgesehenen Ausnahmen erweitere, sondern der Ausdruck "gesetzlich geschützte Geheimnisse" sei auch zu allgemein formuliert, um eine Anwendung im Geist der Richtlinie gewährleisten zu können. 51 Die französische Regierung vertritt dagegen die Ansicht, dass die Liste der im Gesetz Nr. 78-753 vorgesehenen Ausnahmen nicht über die des Artikels 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 90/313 hinausgehe. Die allgemeine Kategorie der "gesetzlich geschützten Geheimnisse" sei in dieses Gesetz aufgenommen worden, um die verschiedenen Einzelregelungen über die Vertraulichkeit von Daten zusammenzufassen, die im Übrigen häufig keinen Zusammenhang mit der Umwelt aufwiesen. 52 Um im vorliegenden Fall eine Vertragsverletzung nachzuweisen, hätte die Kommission nach Ansicht der französischen Regierung die Einzelregelungen bezeichnen müssen, die der Richtlinie 90/313 nicht entsprächen, und die Klage hätte somit gegen diese Einzelregelungen gerichtet werden müssen und nicht gegen die allgemeine Kategorie der "gesetzlich geschützten Geheimnisse". 53 Vorliegend sei aber die Kommission nicht in der Lage gewesen, auch nur ein gesetzlich geschütztes Geheimnis zu bezeichnen, das nicht von einem der in Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie aufgezählten Gründe für die Verweigerung der Übermittlung, nämlich von der "öffentlichen Sicherheit", den "Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen" oder der "Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten", gedeckt sei. 54 Zudem sei bisher noch von keiner Einzelperson eine Beschwerde oder Klage erhoben worden, was belege, dass der Ausdruck "gesetzlich geschützte Geheimnisse" im Sinne der http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62000J0233:DE:HT... 14.02.2007
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