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Information

Aktenzeichen
23 A 236.00
Datum
17. Dezember 2002
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 17. Dezember 2002

23 A 236.00

Die Einholung der Zustimmung betroffener öffentlicher Stellen außerhalb des Landes Berlin steht nicht im Ermessen der Behörde; diese ist verpflichtet, nach der Zustimmung zu fragen. Der Antragsteller kann nicht darauf verwiesen werden, die Zustimmung selbst einzuholen. Der Ausnahmetatbestand des Gesetzes zum Schutz des Willensbildungsprozesses kommt nur zum Tragen, wenn die Akten den Verlauf der Willensbildung darstellen. Sachinformationen und das Ergebnis der Willensbildung fallen nicht darunter, wenn sie von dem Prozess isoliert werden können. Geschützt sind hingegen auch Teilnehmerlisten und Einladungen zu Treffen, auf denen eine behördliche Willensbildung stattfand. Der Schutz ist zeitlich nicht begrenzt; er soll sicherstellen, dass Behördenmitarbeiter künftig noch bereit sind, sich unbefangen zu äußern. Das Urteil enthält zudem Ausführungen zur Erforderlichkeit der Durchführung eines Vorverfahrens. Siehe auch Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom17. Dezember 2002, AZ: 23 A 182.01. (Quelle: LDA Brandenburg)

Durchführung des Antragsverfahrens Drittbetroffenheit Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess) Beziehungen zum Bund / zu anderen Bundesländern

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| Verkündet am 17. Dezember 2002 Eckert Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN

URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache 'e.V.

Klägers, Prozessbevollmächtigte:

gegen

das Land Berlin, vertreten durch die Senatsver- waltung für Justiz, Salzburger Straße 21-25, 10825 Berlin, Beklagten,

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 23. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Wiekenberg den Richter am Verwaltungsgericht Maresch den Richter Dr. Mol! die ehrenamtliche Richterin Stolz die ehrenamtliche Richterin Ermel

auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2002 am 17. Dezember 2002 für Recht erkannt:

Der Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz vom 5. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2000 wird aufgehoben, soweit der Antrag des Klägers auf Akteneinsicht in den Vorgang 4110-E-IV 29/92 zu Band Ill, Bl. 42, 44, 125 - 126, 176 - 207, 209 - 210, Band IV, Bl. 62 - 66, 196 - 201, Band V, Bl. 57, 115, Band VI Bi. 6 und 108 -109 abgelehnt worden ist.

Der Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz vom 11. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 wird aufgehoben, soweit der Antrag des Klägers auf Akteneinsicht in den Vorgang 6024-V/1 zu BI. 12 - 16, 18 - 35 und 49 - 51 abgelehnt worden ist.

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Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Akteneinsicht in den Vorgang-4110 E-IV 29/92 der Senatsverwaltung für Justiz zu Band Ill, Bl. 42, 44, 125 - 126, 176 - 207, 209 - 210, Band IV, Bl. 62 - 66, 196 - 201, Band V, Bl. 57, 115 und Band VI Bi. 6, 108 -109 sowie in den Vorgang 6024-V/1 der Senatsverwaltung für Justiz zu Bl. 12 - 16, 18 - 35 und 49 - 51 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner:darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Votlstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrte mit Schreiben vom 31. März 2000 Akteneinsicht in Unterlagen, (die bei der Senatsverwaltung für Justiz zum Thema "Scientology Church",

"Scientology-Kirche" sowie Mitgliedern von Scientology geführt werden. Der Antrag des Klägers wurde von den verschiedenen Abteilungen.der Senatsverwaltung für

Justiz getrennt bearbeitet und beschieden.

Die Abteilung IV lehnte die Einsichtnahme in den bei ihr geführten Vorgang 4110 E-IV 29/92 durch Bescheid vom 5. Juni 2000 ab. Zur Begründung wurde angeführt,

daß die Unterlagen sich auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von oder zwischen Behörden bezögen; es handele es sich um Vorüberlegungen zur strafrechtlichen Überprüfung des Gebarens der Scientology-Kirche. Hiergegen legte der Kläger am 27. Juni 2000 Widerspruch ein, den er am 14. Juli 2000 begründete. Der

Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, an den der Kläger

sich gewandt hatte, bat die Senatsverwaltung für Justiz mit Schreiben vom 7. September 2000, den Widerspruch erst nach seiner Stellungnahme zu bescheiden. Die Stellungnahme des Beauftragten erfolgte durch Schreiben vom 25. Oktober 2000.

Die Abteilung V lehnte die Einsichtnahme in die Vorgänge 4450-V/10 und 6024-V/1 durch Bescheid vom 11. Mai 2000 ab. Zur Begründung hieß es, daß sich die begehrten Dokumente auf Beratungen des Senats bezögen oder es sich um Mitteilun-

gen anderer Bundesländer handele, die nicht dem Anwendungsbereich des IFG

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'unterfielen; ferner bezögen sich Aktenteile auf den internen WillensbildungsprozeR der Berliner Verwaltung: außerdem würden durch eine Veröffentlichung personenbezogene Daten offenbart, und das Informationsinteresse des Klägers trete gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen zurück. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 27. Juni 2000.

Durch Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 gewährte die Abteilung V dem Kläger Einsichtnahme "in sämtliche, die Scientology Kirche Deutschland e.V. betreffenden Aktenbestandteile der Generalakte 4450-V/10", nämlich Bl. 15 und 16, sowie in den Vorgang 6024-V/1 zu Bl. 8, 48, 53 und 55 - 57. Im übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß Ausschlußtatbestände für den Anspruch auf Akteneinsicht vorlägen. Bei dem Vor- gang 6024-V/1 sei zu Bl. 1, 2, 3 - 7, 10, 11, 19 - 35, 49 - 51, 52 und 54 der Willensbildungsvorgang innerhalb von und zwischen Behörden betroffen. Dieser Vorgang diene dem offenen Meinungsaustausch im Vorfeld von Entscheidungen und sei auch noch nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens geschützt. Die Dokumente zu BI. 12 - 16, 18, 38, 46 und 47 des Vorgangs 6024-V/1 wiederum seien von Behörden verfaßt, die nicht dem Anwendungsbereich des IFG unterfielen. Es liege im Ermessen des Beklagten, ob er diese Behörden um Zustimmung zur Akteneinsicht bitte; hiervon habe er schon angesichts der großen Zahl dieser Stellen abge-

sehen.

Mit seiner am 22. September 2000 bei Gericht eingegangene Klage hat der Kläger "begehrt, den Bescheid der Abteilung V vom 11. Mai 2000 betreffend die Vorgänge 6024-V/1 und 4450-V/10 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Au-

" gust 2000 aufzuheben, soweit sein Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt wurde, und den Beklagten zu verpflichten, den Antrag auf Akteneinsicht erneut zu bescheiden. In der Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, daß nur die Abteilung V der Senatsverwaltung für Justiz den Antrag auf Akteneinsicht beschieden habe: da die

anderen Abteilungen dies hingegen nicht getan hätten, sei in bezug auf die bei diesen anderen Abteilungen vorhandenen Akten Untätigkeitsklage geboten.

Durch Bescheid vom 16. Oktober 2000 hat die Abteilung V dem Kläger mitgeteilt, sie gewähre ihm betreffend den Vorgang 6024-V/1 zusätzlich Akteneinsicht in BI. 38 und 54, nicht jedoch in Bl. 36, 37 und 39 bis 45; bei letzteren Aktenteilen handele es sich um Dokumente anderer Verwaltungen, die nicht dem Anwendungsbereich des IFG unterfielen. Außerdem hat die Abteilung V in dem Schreiben Gebühren für

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die Akteneinsicht festgesetzt. Durch Schreiben vom 7. November 2000 hat der Kläger Widerspruch erhoben, dessen Reichweite zwischen den Beteiligten umstritten ist. Das Widerspruchsverfahren ist derzeit mit Einverständnis des Klägers ausgesetzt. Hinsichtlich Bl. 38 und 54 des Vorgangs 6024-V/1 haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im übrigen hat der Kläger die Klage betreffend den Bescheid vom 16. Oktober 2000 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

In seiner Klageerwiderung vom 21. November 2000 hat der Beklagte darauf hingewiesen, daß dem Kläger in die Vorgänge der Abteilungen |, II und II! Akteneinsicht _ bereits gewährt worden sei. Hinsichtlich der Akten der Abteilung V hat der Beklagte ausgeführt, daß dem Kläger in alle, Scientology betreffenden Teile des Vorgangs ' 4450-V/10 der Abteilung V - nämlich Bl. 15 und 16 - durch den Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 Einsichtnahme gewährt worden sei. Ferner seien aus der Altregistratur die bis dahin nicht durchgesehenen Bände 1 und 2 des Vorgangs

  • 4450-V/10 der Abteilung V zugänglich geworden. Hinsichtlich dieser Bände werde der Kläger noch beschieden. Betreffend den Vorgang 6024-V/1 hat der Beklagte' zu jedem einzelnen Dokument, für das er dem Kläger die Einsichtnahme verwehrte, ' Verfasser, Datum und Thema des Dokuments mitgeteilt.

Durch. Bescheid vom 24. November 2000 hat der Beklagte die Akteneinsicht sodann hinsichtlich mehrerer, in den Bänden 1 und 2 des Vorgangs 4450-V/10 enthaltener Dokumente, "über die in unserem Bescheid vom 11. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 noch nicht entschieden worden war", abgelehnt. Im einzelnen handelte es sich um Band I Bl. 108, 109, 122 und 250 sowie Band Il Bl. 41 - 44, 47 - 49 und 68 - 70. Im übrigen hat er Akteneinsicht gewährt. Hinsichtlich dieser Aktenteile haben die Beteiligten den Rechtsstreit über'einstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Widerspruchsbescheid der Abteilung IV vom 18. Dezember 2000, der auf den

Ausgangsbescheid vom 5. Juni 2000 ergangen ist, hat der Beklägte dem Kläger schließlich teilweise Akteneinsicht in den Vorgang 4110 E-IV 29/92 gewährt. Im

übrigen ist der Widerspruch zurückgewiesen worden. In dem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte zwei Kategorien von Versagungsgründen aufgeführt: Zum

einen den Umstand, daß es sich bei den begehrten Unterlagen teilweise um Mittei-

lungen und Schreiben anderer Landes- sowie Bundesbehörden handele, die nicht dem Anwendungsbereich des Informalionsfreiheitsgesetzes - IFG - unterfielen; zum

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anderen: bezögen sich Aktenbestandteile auf den behördeninternen oder behördenübergreifenden Meinungsaustausch, der noch nicht abgeschlossen sei. In dem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte die Dokumente, auf die sich die Versagungsgründe beziehen, jeweils mit Band- und Blattzahl bezeichnet. Insoweit wird auf den Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Durch Schriftsatz vom 1. Februar 2001, bei Gericht eingegangen am 3. Februar 2001, hat der Kläger seine Klage umgestellt. Er hat nunmehr beantragt, den Be-

scheid der Abteilung V zu den Vorgängen 6024-V/1 und 4450-V/10 vom 11. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 sowie den Bescheid der Abteilung Iv zum Vorgang 4110 E-IV 29/92 vom 5. Juni 2000 in der

Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2000 aufzuheben, soweit der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt wurde, und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Einsichtnahme in die Akten der Abteilungen IV und V erneut zu befinden. Soweit die Einsichtnahme in Akten der Abteilungen I, I und Ill betroffen war, hat der Kläger seine Klage zurückgenommen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit ferner übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die Abteilung IV durch den Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2000 Akten-

einsicht gewährt hat.

Der Beklagte hat durch Schriftsatz vom 15. Juni 2001 zu jedem einzelnen Dokument aus dem Vorgang 4110 E-IV 29/92, für das er dem Kläger die Einsichtnahme

verwehrte, Verfasser, Datum und Thema des Dokuments mitgeteilt. Daraufhin hat

der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich der Mehrzahl der Dokumente in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung ange-

schlossen. Aufrechterhalten hat der Kläger die Klage hinsichtlich solcher Dokumen-

te, die von Verwaitungsstellen der Bundesländer Brandenburg und Schleswig'Holstein stammen; diese Länder hätten eigene Informationsfreiheitsgesetze; der | Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Zustimmung dieser Länder zu der Veröffentlichung der von ihnen verfaßten Dokumente einzuholen; mit dieser Zustimmung sei auch zu rechnen gewesen, da diese Länder, wie erwähnt, in ihrem Landesrecht

ihrerseits freien Informationszugang vorsähen.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich einzelner Aktenteile aus verschiedenen Generalakten Akteneinsicht bewilligt hat. Hin-

sichtlich des Vorgangs 4110 E-IV 29/92 hat der Kläger in der mündlichen Verhand-

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lung die Klage zu Band V BI. 73-79 zurückgenommen, hinsichtlich des Vorgangs 6024-V/1 zu Bl. 46.

Der Kläger meint, seine Klage sei hinsichtlich Band 1 und 2 des Vorgangs 4450-v/10 zulässig; die am 22. September 2000 erhobene Klage habe auch die Einsicht"nahme in jene beiden Bände umfaßt; streitig sei nurmehr das Einsichtsrecht in diejenigen Aktenteile, die auch noch nach Erlaß des Bescheides vom 24. November 2000 von der Einsichtnahme ausgeschlossen seien. Im übrigen hält der Kläger seine Klage für begründet. Er vertritt die Auffassung, daß der Beklagte verpflichtet gewesen sei, in bezug auf die von $ 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG betroffenen Aktenteile die Zustimmung der jeweiligen anderen öffentlichen Stelle einzuholen. Soweit der Beklagte wiederum Unterlagenschutz nach $ 10 Abs. 4 IFG geltend mache, 'währe dieser Unterlagenschutz nur bis zum Abschluß des konkreten Verwaltungsverfah-

rens. Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz vom 11. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 und des Bescheides vom 24. November 2000 sowie den Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz vom 5. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht hinsichtlich folgender Aktenteile erneut zu bescheiden: Aus dem Vorgang 4110-E-IV 29/92 zu Bd. Ill, Bl. 42, 44, 125 - 126, 176 -207, 209 - 210; Bd. IV, Bl. 62 - 66, 196 - 201; Bd. V, Bl. 57, 115; Bdn VI BI. 6, 108 -109, 231 - 235; aus dem Vorgang 6024-V/1 zuBl. 1- 7,10 -16, 18 - 35, 49 - 52; aus dem Vorgang 4450-V/10 zu Bd. I, Bl. 108, 109, 122, 250; zu Bd. Il, BI. 41 - 44, 47 - 49, 68 - 70.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Klage sei unzulässig, soweit durch Bescheid vom 24. No-

vember 2000 die Einsicht in den nachträglich aus der Altregistratur zugänglich gewordenen Teilvorgang 4450-V/10 verweigert worden sei. Denn gegen den Bescheid

vom 24. November 2000 habe der Kläger Widerspruch nicht eingelegt.

. Unbegründet ist die Klage nach Auffassung des Beklagten hinsichtlich derjenigen Aktenteile, die den Schriftverkehr des Beklagten mit öffentlichen Stellen anderer

'Bundesländer bzw. Schriftverkehr anderer Bundesländer untereinander betreffen,

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für die das IFG nicht gelte; nach Abwägung sei davon Abstand genommen worden, die Zustimmung der betroffenen Behörden zur Akteneinsicht einzuholen, und zwar zum einen wegen des Umfangs des Schriftverkehrs mit nahezu allen Bundesländern, zum anderen weil mit einer Zustimmung ohnehin nicht zu rechnen sei. Ansonsten müßten die anderen Bundesländer in eine aufwendige Prüfung eintreten, ob sie der Einsichtnahme zustimmen: dem Beklagten sei es überlassen abzuwägen, ob er die anderen Bundesländer bzw. den Bund mit diesem Aufwand belaste. Dies gelte auch, soweit in anderen Bundesländern Informationsfreiheitsgesetze erlassen worden seien; der Kläger könne nämlich gegebenenfalls in diesen Ländern seinen Anspruch auf Akteneinsicht geltend machen.

. Ferner sei die Akteneinsicht teilweise versagt worden, soweit die Dokumente interne Wiltensbildungsprozesse der Berliner Verwaltung enthielten.

Der Kammer haben zum einen diejenigen Verwaltungsvorgänge vorgelegen, die die verfahrensmäßige Behandlung des Akteneinsichtsantrags des Klägers betreffen. In diese Verwaltungsvorgänge stand dem Kläger die Einsichtnahme offen. Daneben hat der Beklagte der Kammer die streitgegenständlichen Akten aus den Abteilungen IV und V vorgelegt. Diese Unterlagen hat die Kammer im In-camera-Verfahren

durchgesehen. Insoweit wurde dem Kläger Akteneinsicht nicht gewährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Akteneinsicht in die durch Bescheid vom 24. November 2000 von der Einsichtnahme ausgeschlossenen Teile der Bände 1 und 2 (Altregistratur) des "Vorgangs 4450-V/10 der Abteilung V begehrt. Hinsichtlich dieser Bände hatte der Beklagte den Kläger dahingehend beschieden, daß die Einsichtnahme in einige, in

dem Bescheid vom 24. November 2000 näher bezeichnete Dokumente der Bände 1 und 2, "über die in unserem Bescheid vom 11. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 noch nicht entschieden worden war", ver-

sagt werde.

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Die Klage ist insoweit unzulässig; da der Kläger den Bescheid nicht wirksam in das Klageverfahren einbezogen hat. Er hat zwar in seinem am 3. Februar 2001 bei Gericht eingegangen Schriftsatz vom 1. Februar 2001 mitgeteilt, daß er hinsichtlich des Vorgangs 4450/V-10 der Abteilung V weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für . seine Klage habe, da ihm durch den Bescheid vom 24. November 2000 Akteneinsicht teilweise verweigert worden sei. Damit könnte er beabsichtigt haben, den Bescheid vom 24. November 2000 in den Rechtsstreit einzubeziehen. Dies ist allerdings schon deswegen zweifelhaft, weil er - anwaltlich vertreten - in dem gleichen Schriftsatz vom 1. Februar 2001 einen neuen Klageantrag formuliert hat, in dem der Bescheid vom 24. November 2000 keine Erwähnung findet. Erst später hat der Kläger ausdrücklich bekundet, daß er auch den Bescheid vom 24. November 2000 zur gerichtlichen Nachprüfung stellt.

Jedenfalls wäre der Versuch, den Bescheid in das Klageverfahren einzubeziehen, untauglich, weil zunächst Widerspruch einzulegen war, $ 14 Abs. 3IFG. Der Beklagte hat auch nicht im gerichtlichen Verfahren auf die Durchführung des Widerspruchsverfahrens verzichtet.

Zu Unrecht meint der Kläger, daß es der Durchführung eines Vorverfahrens nicht bedurft habe. Diese Auffassung begründet er damit, daß der Bescheid vom 11. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 den gesamten Vorgang 4450-V/10 umfaßt habe und damit auch die Einsichtnahme in die beiden Bände aus der Altregistratur durch die Klageerhebung am 22. September 2000 rechtshängig gewörden sei.

Es ist dem Kläger zuzugeben, daß sich der Bescheid vom 11. Mai 2000 i.d.F, des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 aus der maßgeblichen Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizontes (88 133, 157 BGB analog) auf den gesam-

ten Vorgang 4450-V/10 erstreckte. Eine Einschränkung hinsichtlich der einzelnen Bände des Vorgangs ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. |

Die Klage bezog sich aber von vornherein nicht auf den Vorgang 4450-V/10 und damit auch nicht auf die Bände 1 und 2, da sie sich ausdrücklich gegen die teilweise Versagung der Akteneinsicht richtete. Aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 geht aber hervor, daß die Abteilung V dem Kläger Einsichtnahme in (vermeintlich) sämtliche, Scientology betreffende Teile des Vorgangs 4450-V/10, nämlich Bl. 15 und 16, gewähre. Der Beklagte war mithin der Auffassung, daß der

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Vorgang 4450-V/10 nur zu Bl. 15 und 16 Dokumente über Scientology enthalte. Nur in diesem Umfang sah der Beklagte ein Bescheidungsbedürfnis, wobei die im Widerspruchsbescheid getroffene Entscheidung aus seiner Sicht ausschließlich begünstigend war, da er die Akteneinsicht insoweit vollständig gewährte. Der Kläger seinerseits hatte keinen Anhaltspunkt dafür, daß dies unzutreffend sein könnte und sich weitere Akten in der Altregistratur des Beklagten befinden.

Die Bände 1 und 2 aus der Altregistratur konnten auch nicht dadurch zum Gegenstand des Klageverfahrens werden, daß der Kläger mit der Klageschrift vom 22. September 2000 zugleich Untätigkeitsklage erhoben hat. Diese richtete sich 'nämlich nach den Ausführungen auf Seite 6 der Klageschrift allein gegen die Untätigkeit der Abteilungen | bis IV der Senatsverwaltung für Justiz, nicht aber gegen die Abteilung V. Außerdem kann den Ausführungen des Klägers in der Klageschrift nicht entnommen werden, daß er sich gegen die teilweise Nichtbescheidung seines Antrages hinsichtlich der Bände 1 und 2 aus der Altregistratur wende. Vielmehr wußte er zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht, daß diese Bände überhaupt existieren und sein Akteneinsichtsantrag insoweit noch nicht beschieden war,

In dem Bescheid vom 24. November 2000 hat der Beklagte dann im nachhinein den Antrag auf Akteneinsicht auch hinsichtlich der Bände 1 und 2 beschieden. Da der Kläger insoweit - unerkannt - noch nicht beschieden war, blieb dem Beklagten gar nichts anderes übrig, als den Kläger nachträglich zu bescheiden und dabei zu regeln, auf welche Akten sich der neue Bescheid vom 24. November 2000 bezieht. Der Kläger konnte aus dem Bescheid vom 24. November 2000 deutlich genug ent-

nehmen, daß nunmehr eine getrennte Regelung für die Bände 1 und 2 getroffen wird. Hierüber war er zudem durch den Schriftsatz des Beklagten vom 21. November 2000, der dies ankündigte, im. voraus informiert worden.

Entgegen der Ansicht des Klägers war die Durchführung des Widerspruchsverfahrens auch nicht deswegen entbehrlich, weil es sich bei den Sach- und Rechtsfragen des Bescheides vom 24. November 2000 um die gleichen wie in dem Bescheid vom 11. Mai 2000 und dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 gehandelt hät-

te, Dies trifft nämlich nicht zu. Der Bescheid vom 24. November 2000 steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorangegangenen Bescheiden und dem

durch diese Bescheide geregelten Sachverhalt und beruht nicht in allen wesentlichen.Punkten auf gleichliegenden Gründen (hierzu Kopp, VwGO, 12. Aufl., 2000,

8 68 Anm. 24). Zwar handelt es sich insgesamt um ein und denselben Generalvor- Zr

gang.' Der Sachverhalt ist jedoch von Mal zu Mal ein anderer, denn es muß jeweils das einzelne Dokument, für das Akteneinsicht gewährt werden soll, in Betracht gezogen werden. Ansonsten würde es ausreichen, den Streit um die Akteneinsicht in ein einziges Dokument rechtshängig zu machen; jedwede weiteren Einsichtswünsche könnten dann ohne die von dem Gesetzgeber gewollte Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sogleich in das zu dem ersten Dokument in Gang gesetzte Klageverfahren einbezogen werden, obwohl! immer wieder andere Konstellationen vorliegen. Außerdem hat der Beklagte in dem Bescheid vom 24. November 2000 einen anderen Rechtsgrund für seine ablehnende Haltung herangezogen als in dem Bescheid vom 11. Mai 2000 in der Fassung des Widerfspruchsbescheides vom 15. August 2000, indem er die Verweigerung der Akteneinsicht auch auf 8 6 IFG gestützt hat.

Soweit die Rechtsprechung in der Vergangenheit die Durchführung eines - erneuten — Vorverfahrens für entbehrlich gehalten hat, lag dem eine andere Konstellation zugrunde. Es handelte sich jeweils darum, daß der Kläger während des Prozesses eine Klageänderung vornahm und diese ohne erneute Durchführung eines Vorverfahrens für sachdienlich gehalten wurde, wenn der Streitstoff im wesentlichen unverändert blieb. Anderenfalls bestünde etwa die Gefahr, daß bei schnellen technischen Entwicklungen gerichtliche Entscheidungen über Gebühr verzögert würden, wenn der Kläger einen Genehmigungsantrag während des gerichtlichen Verfahrens geänderten technischen Erfordernissen anpassen möchte, er aber hierfür auf die erneute Durchführung des dem gerichtlichen Verfahren grundsätzlich vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens verwiesen wird (BVerwG NJW 1970, 1564 [1565]; so i.E. auch BVerwG NJW 1982, 2513 [2514)).

Demgegenüber würde durch die Einbeziehung des Bescheides der Senatsverwaltung für Justiz vom 24. November 2000 in das gerichtliche Verfahren keine Klageänderung, kein Übergang von einem Bescheid auf den anderen, stattfinden, son-'dern eine Klageerweiterung und objektive Klagenhäufung, indem der Bescheid vom 24. November 2000 zusätzlich zu dem Bescheid vom 11. Mai 2000 in der Fassung

des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 zur gerichtlichen Überprüfung 'gestellt wird. | |

Im übrigen ist die Klage zulässig und teilweise begründet.

Hinsichtlich des Vorgangs 41 10 E-IV 29/92 hat der Kläger zu Band Ill Bl. 177°- 207 einen Anspruch auf Akteneinsicht aus 83 Abs. 1 IFG, der nicht durch 8 10.Abs. 3 Nr. 2 IFG eingeschränkt wird, Allerdings besteht gemäß $ 10 Abs, 3 Nr. 2 IFG das Recht auf Akteneinsicht nicht, soweit durch das Bekanntwerden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich des IFG unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart werden. Der betreffende Aktenteil enthält Dokumente, die aus Schleswig-Holstein übersandt wurden. Die dort enthaltenen Angaben und Mitteilungen sind aber frei zugängliche Drucksachen des schleswig-holsteinischen Landtags. Von der Zustimmung der anderen öffentlichen Stelle ist in einem solchen Falle auszugehen, da sie sich durch Veröffentlichung in einer Landtags-Drucksache erkennbar entschieden hat, ihre Angaben und Mitteilungen einem unbestimmten Personenkreis zugänglich zu machen. Es ist .auch sonst kein Gesichtspunkt ersichtlich, der gegen eine Veröffentlichung spräche.

Einen Anspruch auf erneute Ermessensausübung unter Beachtung der Rechtsauf- . fassung des Gerichts hat der Kläger betreffend die Einsichtnahme in den Vorgang 4110 E-IV 29/92 der Abteilung IV zu Band Ill Bl. 42, 44, 125 - 126, 176, 209 - 210, Band IV Bl. 62 - 66, 196 - 201, Band V Bl. 57, 115 und Band VI Bl. 6, 108 - 109 sowie betreffend die Einsichtnahme in den Vorgang 6024-V/i der Abteilung V zu Bl. 12 - 16 und 18. Der Beklagte kann dem Kläger die Akteneinsicht insoweit nicht unter Berufung auf $ 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG verwehren. 'Die genannten Dokumente sind zwar Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen _ außerhalb des Landes Berlin. Der Beklagte hat es aber ohne Berechtigung 'unterlassen, diese Öffentlichen Stellen um Zustimmung zur Akteneinsicht zu bitten. Die Einholung der Zustimmung' der anderen öffentlichen Stellen steht nicht im Ermessen des Beklagten, sondern dieser ist verpflichtet, nach der Zustimmung zu "fragen. Diese Nachfrage unterbleibt nur dann, wenn der Beklagte sich im Rahmen seines Ermessens von vornherein dafür entscheidet, den betreffenden Aktenteil zu veröffentlichen, ohne die andere öffentliche Stelle nach ihrer Zustimmung zu fragen (so zu 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG auch Schoch/Kloepfer, IFG-ProfE, 2002, S. 87 sowie der Bericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informatiönsfreiheit für das Jahr 2000).

Gemäß 8 3 Abs. 1 IFG hat jeder Mensch und jede juristische Person grundsätzlich einen Anspruch auf Akteneinsicht. Nach der Begründung zum IFG (Drs. 13/1623) soll das IFG die "gläserne Verwaltung" gewährleisten, deren Handeln transparent ist und deren Wis-

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sen kein Geheimwissen darstellt. Die Schaffung eines allgemeinen Akteneinsichtsrechts hat nach der Begründung eine wichtige rechtsstaatliche Funktion und ist wesentlicher "Bestandteil öffentlicher Partizipation und Kontrolle staatlichen Handelns. Besteht aber zu dem in der Gesetzesbegründung erklärten und hervorgehobenen Zweck der Gewährleistung einer effektiven öffentlichen Kontrolle ein grundsätzlicher Anspruch auf freien Zugang zu Verwaltungswissen und sind - wie in SS 5 bis 12 IFG - Ausnahmen '. ausdrücklich vorgesehen, so müssen diese insoweit eng ausgelegt und angewandt werden, als die beabsichtigte Wirkung des Grundsatzes nicht beeinträchtigt werden darf (so auch OVG Schleswig NVwZ 1999, 670 [673] zum UIG). Dies gilt um so mehr, als die Begründung zum IFG die im IFG geregelten Beschränkungen des Informationsanspruchs als "normklar und abschließend" bezeichnet. Die Ausschlußtatbestände des IFG müssen in diesem Lichte so ausgelegt werden, daß sie nicht die Verwirklichung des Gesetzesziels der Transparenz behördlicher Tätigkeit vereiteln. Begriffsbestimmungen haben daher zumindest insoweit in enger Auslegung zu erfolgen, als das im IFG festgelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis von Zugangsanspruch und Ausnahmetatbeständen nicht in sein 'Gegenteil verkehrt werden darf.

Der Beklagte kann demnach nicht damit gehört werden, daß sich aus dem Gesetzeswortlaut keine Pflicht zur Einholung der-Zustimmung der fremden Verwaltung ergebe. Zwar sieht der Wortlaut des $ 10 Abs. 3Nr. 2 IFG nicht ausdrücklich die Pflicht der Behörde zur Einholung der Zustimmung vor. Umgekehrt stellt sich aber die Frage, woraus sich ergibt, daß die Behörde insoweit Ermessen hat. Auch hierfür. folgt aus dem Wortlaut des $ 40 Abs. 3 Nr. 2 IFG nichts. Wenn die Verwaltung Ermessen hinsichtlich der Einholung der Zustimmung der anderen öffentlichen Stelle hätte, stünde der Antragsteller schlechter, als wenn die Verwaltung zumindest verpflichtet wäre, sich um die Zustimmung zu bemühen. Das Gebot der Auslegung des IFG in Richtung auf eine Förderung des Akteneinsichtsrechts führt demnach dazu, eine Pflicht der Verwaltung zur Nachfrage anzunehmen. Die Vorschrift des 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG ist Ausdruck der auf das Land Berlin beschränkten Kompetenz des Landesgesetzgebers und dient zudem dem Schutz der Beziehungen Berlins zum Bund und den anderen Bundesländern. Es soll verhindert werden, daß diese ihren Meinungsaustausch mit Berlin einschränken, weil sie befürchten müssen, daß Berlin ihre Bekundungen veröffentlicht, obwohl Sie selbst die Geheimhaltung ihrer Äußerungen gewünscht hätten. Ob sie aber solch einen Wunsch haben, können nur der Bund und die anderen Bundesländer selbst entscheiden. Es ist nicht Aufgabe des Beklagten, darüber zu spekulieren, ob der Bund oder ein anderes Bundesland die Zustimmung voraussichtlich verweigern werde.

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Dem Beklagten fehlen auch Anhaltspunkte dafür, wie die betreffende andere öffentliche Stelle sich entscheiden wird. In diesem Lichte geht der Hinweis des Beklagten fehl, daß die Zustimmung der anderen öffentlichen Stellen schon deswegen . nicht eingeholt worden sei, weil mit der Erteilung der Zustimmung nicht zu rechnen

gewesen sei. Dies gilt um so mehr bezüglich der Länder Brandenburg und Schleswig-Holstein, die ihrerseits Informationsfreiheitsgesetze erlassen haben. Für diese Länder ist durchaus damit zu rechnen, daß sie die Zustimmung zur Veröffentlichung | zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen. Wenn der Beklagte die andere öffentliche Stelle nicht um Zustimmung nachzusuchen hätte, wäre auch nicht nachvollziehbar, warum der Passus "... ohne deren Zustimmung ..." überhaupt in den Text des $ 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG aufgenommen wurde. Wenn die Einholung der Zustimmung nur nach Ermessen der Berliner Verwaltung stattzufinden hätte, könnten diese Worte ebenso gut gestrichen werden. Denn die Berliner Verwaltung könnte dann immer noch im Rahmen ihres die Gewährung der Akteneinsicht betreffenden Ermessens die andere öffentliche Stelle um Zustimmung ersuchen oder - wahlweise - ohne deren Zustimmung sogleich die Akteneinsicht verweigern.

Ohne Einfluß auf die Auslegung des 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG bleibt, daß zu der wortgleichen Vorschrift in 8 4 Abs. 1 Nr. 2 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz - AlG - des Landes Brandenburg vom 10. März 1998 (GVBi. I S. 46) eine ergänzende Regelung in $ 6 Abs. 5 AIG besteht, wonach die Behörde die Zustim-"mung des Dritten - nur - auf Verlangen des Antragstellers einzuholen hat. Diese Regelung wurde nicht in das IFG übernommen. Aus dem Fehlen einer solchen Regelung im IFG kann nicht geschlossen werden, daß die Einholung der Zustimmung der anderen öffentlichen Stelle entbehrlich ist.

Dem Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, daß er die Einholung der Zustimmung aufgrund der Vielzahl zu befragender öffentlicher Stellen unterlassen \ habe..Eine solche Verhältnismäßigkeitsschranke ist 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG nicht zu entnehmen. Der Beklagte läßt auch nicht erkennen, ab welcher Anzahl von Adressaten er seinen Verwaltungsaufwand für unverhältnismäßig hält. Außerdem kann er den ihm entstehenden Aufwand gemäß $5 Verwaltungsgebührenordnung - VGebO - bei der Bemessung der Rahmengebühr für die Akteneinsicht nach Tarifstelle 1004 der Anlage zur VGebO berücksichtigen.

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Daß bei den anderen Bundesländern durch eine solche Verfahrensweise erhöhter Verwaltungsaufwand entsteht, bleibt ohne Bedeutung für die Auslegung des $ 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG. Dies ist zum einen Sache der anderen Bundesländer und nicht des Beklagten. Zum anderen entsteht der erhöhte Verwaltungsaufwand bei den anderen Bundesländern nicht notwendig. Sie haben keine Pflichten nach dem IFG und können die Zustimmung zur Akteneinsicht ohne weiteres verweigern,

Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Zustimmung selbst einzuholen oder sich unmittelbar bei der anderen öffentlichen Stelle um das betref- "_ fende Dokument zu bemühen. Eine solche dem Akteneinsichtsrecht nach dem IFG vorgehende Obliegenheit sieht das IFG nicht vor.

Dies alles gilt auch, soweit der Beklagte die Einsichtnahme in Beschlußniederschriften von Fachministerkonferenzen oder interministeriellen Gesprächskreisen verweigert. Es handelt sich insoweit jedenfalls um die Mitteilung des protokollführenden Bundeslandes an die anderen Bundesländer - und so auch an den Beklagten -, daß bei der betreffenden Zusammenkunft in bestimmter Weise abgestimmt wurde. Ob der Beklagte die Zustimmung aller an der Zusammenkunft beteiligten Bundesländer zur Veröffentlichung einholen mußte, kann dahinstehen. Jedenfalls führt es bereits 'zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, daß der Beklagte die Akteneinsicht verweigert hat, ohne zumindest bei dem protokollführenden Bundesland um Zustimmung nachzusuchen.

Schließlich hätte der Beklagte auch um Zustimmung fragen müssen, soweit er von seinen Verwaltungsstellen verfaßte Dokumente von der Veröffentlichung ausgenommen hat, die den Inhalt von mündlichen oder schriftlichen Mitteilungen der Dienstkräfte anderer Bundesländer oder des Bundes wiedergeben. Diese Wiedergabe der Äußerungen von Dienststellen außerhalb Berlins unterfällt 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG, da die Vorschrift nicht auf Dokumente beschränkt ist, die von einer fremden Stelle abgefaßt und versandt wurden, sondern die Vorschrift schützt den Mei-

nungsaustausch der fremden Stellen mit den Behörden des Beklagten schlechthin und erfaßt auch solche Angaben und Mitteilungen fremder Stellen, die von Dienstkräften des Beklagten niedergeschrieben wurden.

Das gleiche gilt, soweit der Beklagte sich Angaben und Mitteilungen anderer öffent-

licher Stellen nach außen hin ersichtlich zu eigen macht oder weiterbearbeitet, die ihm von diesen ohne erkennbaren Veröffentlichungswillen überlassen wurden.

.15.

Wenn Dokumente des Beklagten veröffentlicht würden, aus denen sich die Haltung anderer öffentlicher Stellen ergäbe, wäre der Schutzzweck des 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG ebenso berührt, wie wenn die ursprüngliche Mitteilung der anderen öffentlichen Stelle preisgegeben würde.

Die Nichteinholung der Zustimmung durch den Beklagten führt zu einem Anspruch des Klägers auf erneute Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. 8 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG stuft den nach 8 3 IFG grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht herunter zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Diesen Anspruch hat der Beklagte noch nicht erfüllt, weil seine angefochtene Entscheidung, die Akteneinsicht ohne Einholung

  • der Zustimmung der anderen öffentlichen Stellen abzulehnen, ermessensfehlerhaft ist. Der Beklagte hat nämlich nicht alle Tatsachen ermittelt, die seiner Ermessensentscheidung zugrundezulegen waren. Zu diesen Tatsachen gehörte auch die

Auffassung der fremden öffentlichen Stellen zu dem Akteneinsichtsbegehren; frü- "hestens wenn der Beklagte weiß, wie die fremden öffentlichen Stellen zu dem Begehren stehen, kann er seine Entscheidung ordnungsgemäß treffen.

Einen Anspruch auf Akteneinsicht hat der Kläger wiederum in bezug auf mehrere Dokumente, für die der Beklagte ohne Erfolg geltend macht, daß sich ihr Inhalt gemäß $ 10 Abs. 4 IFG auf die behördliche Willensbildung beziehe. Nach dieser Vorschrift soll die Akteneinsicht versagt werden, wenn sich der Inhalt der Akten auf

den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden bezieht.

Eine solche Beziehung zum Prozeß der Willensbildung besteht nur, soweit die Ak-

ten den Verlauf der Willensbildung darstellen. Nicht ausgeschlossen ist die Akteneinsicht hingegen bezüglich der dem Willensbildungsprozeß zugrunde liegenden Sachinformationen, etwa den zur Entscheidung führenden Tatsachen, sowie bezüglich des Beratungsergebnisses. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die der Willensbildung zugrunde liegenden Sachinformationen sowie das Ergebnis der Willensbil-

dung von dem Willensbildungsvorgang isoliert werden können.

Nach dem Wortsinn schützt 8 10 Abs. 4 IFG mit dem "Prozeß der Willensbildung"

den dynamischen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung. den Vorgang des allgemeinen Überlegens, Besprechens und Beratschlagens, die gründliche

Prüfung und Abwägung aller für die Entscheidungsbildung wichtigen Umstände mit dem Ziel einer Ergebnisfindung. Die Kammer folgt mit dieser Definition den Überle-

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gungen des OVG Schleswig (NVwZ 1999, 670 [672]), das zu 8 7 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. UlG den Begriff der "Beratung" umschrieben hat. Gemäß 8 7 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. UIG besteht der durch 8 4 Abs. 1 UIG grundsätzlich gewährte Anspruch auf . Zugang zu Informationen über die Umwelt dann nicht, wenn die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden berührt ist. Das OVG Schleswig umschreibt den Begriff "Beratung" in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch mit "interner Willensbildung" bzw. "Entscheidungsprozeß", der durch seinen "Kooperativen Charakter" gekennzeichnet sei (OVG Schleswig, a.a.O., unter Bezugnahme auf Oebbecke, DVBI 1994, 147 [148]).

Eine enge Auslegung des $ 10 Abs. 4 IFG ist auch im Lichte des Gesetzeszwecks und der aus der Begründung zum IFG hervorgehenden gesetzgeberischen Grundentscheidung geboten, einen möglichst umfassenden Zugang zu Verwaltungswissen zu gewähren und die Ausnahmen klar und abschließend zu beschreiben. Würde man neben dem behördlichen Beratungs- und Abwägungsvorgang auch die dem Willensbildungsprozeß zugrunde liegenden Sachinformationen und Tatsachen sowie das Ergebnis des Willensbildungsprozesses dem Ausschlußtatbestand des $ 10 Abs. 4 IFG unterwerfen, so liefe der grundlegende Zweck des umfassenden Einsichtsrechts der Öffentlichkeit nahezu leer. Es wären nämlich dann nahezu alle behördlichen Akten und Informationen in unterschiedlichsten Verfahrensstadien von der Veröffentlichung ausgeschlossen. Ohne Sachinformationen und Tatsachen ist keine sachgerechte Willensbildung denkbar, und diese Willensbildung Wire in vielen Fällen in ein Ergebnis einmünden; die behördliche Wil- | lensbildung steht in einem natürlichen Zusammenhang zu Aktenteilen, die "vor" und "nach" der Willensbildung zustande gekommen sind, ohne selbst die Willensbildung zu dokumentieren.

All dem steht der Schutzzweck des 8 10 Abs. 4 IFG nicht entgegen. 8 10 Abs. 4 IFG schützt das Interesse an der Effektivität und Unabhängigkeit der Verwaltung in Gestalt der unbefangenen Meinungsbildung und des freien Meinungsaustausches innerhalb von und zwischen Behörden. Sichergestellt werden soll eine effektive, funktionsfähige und neutrale Entscheidungsfindung der Behörde. Die Gefahr des

Bekanntwerdens von Meinungsäußerungen. die im Rahmen der Willensbildung ge-

tätigt werden, kann Einfluß auf die Unbefangenheit und Unabhängigkeit des Wil lensbildungsprozesses haben (OVG Schleswig a.a.O. S. 673 zu 8 7 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. UIG m.w.N.). Dieser Zweck ist indes durch den Schutz der behördlichen Wil-

lensbildung im engeren Sinne hinreichend gewährleistet. Dagegen werden sich die

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Teilnehmer an der Entscheidungsfindung nicht deswegen in ihrer Unbefangenheit und Unabhängigkeit beeinträchtigt fühlen, weil dasjenige Material, aufgrund dessen sie überhaupt erst die Meinungsbildung vornehmen, veröffentlicht wird. Ebenso kann das Ergebnis der Meinungsbildung veröffentlicht werden, weil der Willensbildungsprozeß dann bereits beendet ist.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn die genannten Bestandteile von dem Willensbildungsprozeß isoliert werden können. Es kann schwierig sein, eine Differenzierung zwischen der Willensbildung und dem "Davor" und "Danach" vorzunehmen. Der Anspruch auf Akteneinsicht besteht dann nicht, wenn aus den vor oder nach dem Prozeß der Willensbildung entstandenen Aktenteilen auf den Prozeß der Willensbil- . dung geschlossen werden kann. Denn ein Teilnehmer an der Willensbildung wird seine Unbefangenheit und Unabhängigkeit berechtigterweise auch dann gefährdet sehen, wenn aus sonstigen Aktenteilen auf seine Haltung geschlossen werden kann.

Unerheblich ist dagegen, ob der Prozeß der Willensbildung schriftlich vor sich ging oder zwar mündlich erfolgte, im Anschluß aber für die Akten ein.Gesprächsprotokoll niedergeschrieben wurde. In beiden Fällen ist die Unbefangenheit und Unabhängigkeit der Verwaltung gefährdet.

Schließlich führt auch die historische Auslegung des 8 10 Abs. 4 IFG zur Beschränkung dieses Ausschlußtatbestands. 8 10 Abs. 4 IFG war in dem ursprünglichen Ge- . setzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht vorhanden. Die Vorschrift . gelangte erst auf Betreiben des Innenausschusses in seiner Sitzung vom 6. September 1999 sowie des Rechtsausschusses in der Sitzung vom 16. September 1999 in den Gesetzestext. In der Sitzung des Innenausschusses vom 6. September 1999 äußerte der SPD-Abgeordnete Lorenz ausweislich des Inhaltsprotokolls: "Seine Fraktion habe einen Änderungsantrag eingebracht, um bestimmte Bearbeitungsphasen aus dem Einsichtsrecht zu nehmen und die Innovation der Verwaltung nicht zu behindern. Eine Verwaltung müsse auch Überlegungen und Entscheidungsprozesse anstellen können, ohne dies gleich der Öffentlichkeit preisgeben zu müssen". Die Abgeordnete Lottenburger (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. September 1999 ausweislich des Inhaltsprotokolls: "Durch einen Änderungsantrag der Fraktion der SPD sei der Schutz von Informatio-

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nen, die ausschließlich den behördlichen Entwicklungsprozeß beträfen, verstärkt worden". Hiernach sollte nur der eigentliche Vorgang des Überlegens von der Akteneinsicht ausgeschlossen werden, nicht aber die sonstigen Aktenteile.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger einen Anspruch auf Akteneinsicht in den Vorgang 6024-V/1 zu Bl. 19 - 35. Insoweit kann der Beklagte nicht geltend machen, " die Dokumente bezögen sich auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von oder zwischen Behörden (8 10 Abs. 4 IFG). Vielmehr handelt es sich bei dem Aktenteil "um eine Umfrage, die höchstens Voraussetzung für die Ingangsetzung eines Prozesses der Willensbildung sein konnte. Das gleiche gilt für den Vorgang 6024-V/1 zu Bl. 49 - 51. Es handelt sich dabei um eine von dem Kläger selbst stammende Unterlage, die auch durch eine auf Bl. 49 angebrachte Verfügung nicht zum Bestandteil des behördlichen Willensbildungsprozesses wird; die Verfügung ist höchstens das Ergebnis einer Willensbildung. Die genannten Aktenteile können auch von den die Darstellung des Willensbildungsprozesses betreffenden anderen Aktenteilen isoliert werden. Sie sind nicht dergestalt mit einer etwaigen Willensbildung verknüpft, daß beide nicht getrennt voneinander betrachtet werden könnten, sondern die Veröffentlichung Rückschlüsse auf den Prozeß der Wiltensbildung zuließe.

Dagegen hat der Beklagte dem Kläger zu Recht die Akteneinsicht in folgende Unterlagen verwehrt: Aus dem Vorgang 4110 E-IV 29/92 das Protokoll der 2. Sitzung der'AG "Scientology" auf Staatssekretärs-Ebene in Band VI Bl. 231 - 235; aus dem Vorgang 6024-V/1 der interne Schriftverkehr der Senatsverwaltung für Justiz vom 18. Januar 1996 zur Bildung einer Arbeitsgruppe zum Umgang mit dem Kläger auf Bl. 1 - 2, ferner das Protokoll vom 11. Januar 1996 über eine Sitzung der Arbeitsgruppe Scientology zu Bl. 3 - 7 sowie der Vermerk vom 1. August 1997 zu Bl. 10 - 11 und die Stellungnahme auf Bl. 52. Insoweit macht der Beklagte zu Recht geltend, daß der Inhalt der Dokumente sich gemäß 8 10 Abs. 4 IFG auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden bezieht. Geschützt ist die Willensbildung dabei nicht nur, soweit sie sich auf die Anbahnung einer materiellen Sachentscheidung bezieht, sondern auch dann, wenn sie Überlegungen zu formellen Fragen betrifft. Auch solche Zuständigkeits- oder Verfahrensüberlegungen werden von & 10 Abs. 4 IFG geschützt, da auch insoweit eine Willensbildung stattfindet und das Gesetz nicht zwischen verschiedenen Gegenständen der Willensbildung unterscheidet.

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Es:kann dabei dahinstehen, ob das Verwaltungsverfahren, für deren Fortgang die Willensbildung der Verwaltung erfolgte, mittlerweile abgeschlossen ist oder ob es sich gleichsam um eine bis heute andauernde Willensbildung und ein angesichts seiner ständigen Fortschreibung noch nicht abgeschlossenes Verwaltungsverfahren handelt. Jedenfalls dauert der Unterlagenschutz bis heute fort. Allerdings gibt der Wortlaut des $ 10 Abs. 4 IFG keinen Aufschluß über die zeitliche | Begrenzung des Unterlagenschutzes. Für eine Erstreckung des Unterlagenschutzes über den Abschluß des Verwaltungsverfahrens hinaus streitet aber der bereits beschriebene Zweck des 8 10 Abs. 4 IFG. Wenn diese Vorschrift die Offenheit und Freimütigkeit des Gedankenaustauschs innerhalb der Verwaltung gewährleisten soll, kann es nicht darauf ankommen, ob mit der Offenlegung dieses Gedankenaustauschs erst nach getroffener Entscheidung oder bereits vorher gerechnet werden muß. Die Gefahr einer solchen Offenlegung, ob schon bald oder später, würde zurückwirken auf die Bereitschaft der Verwaltungsmitarbeiter,. jetzt freimütig ihre unter Umständen kontroverse Meinung in den Willensbildungsprozeß einzubringen (so . zum Unterlagenschutz von Behördenakten gegenüber parlamentarischen Untersuchungsausschüssen: Busse, Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung im Spannungsfeld der staatlichen Gewalten, in: DÖV 1989, 45 [51)). Dabei bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Figur des "Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung". Dieser Bereich schließt nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zum Flick-Untersuchungsausschuß (BVerfGE 67, 100 [139]) einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-; Beratungs- und Handlungsbereich in Gestalt der Willensbildung der Verwaltung ein. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Begriff des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung dabei in Zusammenhang mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz: Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setze notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der auch vom Parlament _ durch dessen Untersuchungsausschüsse nicht ausgeforscht werden dürfe. Ob der Exekutive ein solcher Eigenverantwortungsbereich nicht nur gegenüber der Legislative, sondern auch gegenüber dem Akteneinsichtsbegehren eines Bürgers zusteht, mag offenbleiben,. da die Reichweite des $ 10 Abs. 4 IFG ohne weiteres auf andere Weise als durch Rückgriff auf den Begriff des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung geklärt werden kann. Allerdings ist zu vermerken, daß das

Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Flick-Untersuchungsausschuß

(a.a.0.) ausdrücklich Fälle für möglich hält, in denen die Verwaltung auch bei schon

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abgeschlossenen Vorgängen Tatsachen nicht zu offenbaren braucht und das Dienstgeheimnis wahren darf.

Zum Unterlagenschutz über den Abschluß des Verwaltungsverfahrens hinaus führt auch die historische Auslegung des $ 10 Abs. 4 IFG. Ss 10 IFG enthielt in dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drs. 13/1623) nur die heutigen Absätze 1.und 2 mit ihren klaren zeitlichen Vorgaben für den Unterlagenschutz sowie einen $ 10 Abs. 3 IFG, wonach das Beratungsgeheimnis des Senats und der Bezirksämter nicht verletzt werden dürfe. 8 10 Abs. 1 IFG schloß und schließtimmer noch — den Anspruch auf Akteneinsicht (nur) bis zum Abschluß des Verwaltungsverfahrens für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für Arbeiten zu Ihrer unmittelbaren Vorbereitung aus. Im ursprünglichen Gesetzentwurf galt mithin auch für den Ausschluß.des Einsichtsrechts in Akten über die Beratungen des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung die zeitliche Grenze des $ 10 Abs. 1 IFG. Hieraus wurde erst auf Vorschlag des Innenausschusses vom 6. September 1999 sowie des Rechtsausschus- . ses vom 16. September 1999 der heutige $ 10 Abs. 3 IFG, in dem ein spezieller Unterlagenschutz für den Senat und die Bezirksämter formuliert wurde. Diese Änderung gegenüber dem ersten Entwurf kann aber nur als Erweiterung des: Unterlagenschutzes über die zeitliche Grenze des 8 10 Abs. 4 IFG hinaus verstanden wen den. Denn wenn die in $ 10 Abs. 3 IFG beschriebenen Akten weiterhin nur bis zu der zeitlichen Grenze des $ 10 Abs. 1 IFG von der Akteneinsicht hätten ausgeschlossen sein sollen, wären die Beratungen des Senats und der Bezirksämter bereits durch die Entwurfsfassung des $ 10 Abs. 3 IFG hinreichend geschützt worden. Gleiches gilt dann aber auch für $ 10 Abs. 4 IFG, Die Abgeordnete Lottenburger (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte in der Sitzung des Innenausschusses vom 6. September 1999 ausweislich des Inhaltsprotokolls: "Ihre Fraktion halte zwar die Einschränkungen durch den Änderungsantrag der SPD für überzogen, aber man wolle sich dem nicht versperren". Wenn diese Einschränkung aber nur bis zum Abschluß des Verwaltungsverfahrens gelten sollte, hätte sich viel eher eine qualitative Erweiterung des $ 10 Abs. 1 IFG auch auf den Prozeß der behördlichen Willensbildung angeboten. Dieser Weg wurde aber nicht beschritten.

Darüber hinaus bezeugt die bereits wiedergegebene Darstellung des Abgeordneten Lorenz in der Sitzung des Innenausschusses vom 6. September 1999, daß der Unterlagenschutz nicht nur bis zum Abschluß des Verwaltungsverfahrens währen sollte. Vielmehr sollten bestimmte Bearbeitungsphasen schlechthin aus dem Ein-

sichtsrecht herausgenommen werden. Die von ihm gewünschte. Stärkung der Inno-

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vation der Verwaltung ist nämlich nach dem oben Gesagten nur denkbar, wenn.die Verwaltung nicht sogleich nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens die Offenbarung ihrer innovativen Ansätze besorgen muß. Und wenn eine Verwaltung in die Lage versetzt werden soll, Überlegungen und Entscheidungsprozesse anzustellen, ohne dies gleich der Öffentlichkeit preisgeben zu müssen, so setzt auch dies einen Schutz des behördlichen Prozesses jenseits des zeitlichen Abschlusses des Ver- _ waltungsverfahrens voraus. | . Die Äußerung des Abgeordneten Wieland in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. September 1999 zu den Brandenburger Erfahrungen mit dem dortigen Akteneinsichtsrecht führt in die gleichen Richtung. Der Abgeordnete Wieland (Bündnis 90/Die Gründen) äußerte: "Man habe den Antrag in der letzten Sitzung vertagt, um die Brandenburger Erfahrungen in die Gesetzesberatung einzubringen. Dies sei nun geschehen". Insoweit ist zu vermerken, daß $ 10 Abs. 4 IFG wörtlich der Vorschrift des brandenburgischen 84 Abs. 2 Nr. 1 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz - AlG - nachgebildet ist. Nach dieser Vorschrift soll der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt werden, soweit sich der Inhalt der Akten auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden oder Verwaltungseinrichtungen bezieht. Diese Vorschrift allerdings setzt nach der Brandenburger Rechtslage voraus, daß das Verwaltungsverfahren bereits abgeschlossen ist. 8 2 Abs. 5 AIG Brbg. mit der amtlichen Überschrift "Anwendungsbereich" regelt nämlich, daß in laufenden Verfahren Akteneinsicht nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt wird. Hiermit sind hauptsächlich $ 29 VwViG sowie spezialgesetzliche Regelungen wie $ 25 SGB X gemeint. Die Vorschrift des 84 Abs. 2 Nr. 1 AIG wird von den an der Ausarbeitung des AIG maßgeblich beteiligten Ministerialbeamten Breidenbach und Palenda als Folge der Geheimhaltungspflicht-zum Schutze der Verfahrensbeteiligten gesehen (zum AIG insgesamt: Breidenbach/Palenda, Das neue AIG des Landes Brandenburg, LKV 1998, 252). Mithin findet das AIG Brbg. nur auf abgeschlossene Verwaltungsverfahren Anwendung. Dies wird mit einem "Konsens" zwischen Bund und Ländern beim Verfahrensrecht begründet, auch wenn gegen die Regelung eingewandt wird, das Homogenitätsprinzip des Art. 28 GG gebiete sie nicht (Partsch, Das Brandenburger AIG,

Neue Justiz 1998, 346 [348]).

Breidenbach/Palenda (a.a.0,. S. 255) äußern insoweit, daß der interne WillensbildungsprozeßR unzugänglich bleiben soll. Nur so werde sichergestellt, daß innerhalb

der Behörde und zwischen den Behörden im Vorfeld der Entscheidung - für das "nach dem oben Gesagten der Anwendungsbereich des AIG noch nicht eröffnet ist -

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ein offener Meinungsaustausch stattfinden kann. Demnach wird durch den nach Ergehen der behördlichen Entscheidung einsetzenden Schutz des Meinungsaustauschs sichergestellt, daß der Meinungsaustausch vor Ergehen der Entscheidung überhaupt so stattfindet, wie es für die Qualität der zu treffenden Entscheidung wichtig ist. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, daß der Anwendungsbereich des IFG . damit eingeschränkt wird. Die Ausnahmen vom Akteneinsichtsrecht sind zwar nach _ dem oben Gesagten eng auszulegen. Das Akteneinsichtsrecht hat andererseits keinen Verfassungsrang. Seine einschränkende Gestaltung kann dementsprechend nicht an höherrangigem Recht gemessen werden. Es mag sein, daß für die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung und die Kontrolle des staatlichen Handelns ($ 1 IFG) die Kenntnisnahme der Öffentlichkeit von dem Vorgang der behördlichen Willensbildung dienlich wäre. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll die Kontrolle des staatlichen Handelns aber gerade nicht so weit rei- " chen, daß auch Überlegungen und Entscheidungsprozesse der Verwaltung offengelegt werden. Statt dessen richtet sich das Akteneinsichtsrecht zuvörderst auf die schließlich getroffene Entscheidung der Verwaltung sowie auf das dorthin führende | Verwaltungsverfahren, soweit es nicht den behördlichen Willensbildungsprozeß betrifft.

Die den Willensbildungsprozeß des Beklagten betreffenden Aktenteile werden durch $ 10 Abs. 4 IFG dauerhaft geschützt. Der Vorschrift ist keine zeitliche Grenze des Unterlagenschutzes zu entnehmen. Durch 8 10 Abs. 4 IFG wird auch letztlich nicht nur der bereits erfolgte Willensbildungsprozeß geschützt, und es ist dementsprechend nicht nur zurückschauend die Schutzbedürftigkeit dieses einen Prozesses zu beurteilen, sondern 8 10 Abs. 4 IFG soll losgelöst vom Einzelfall sicherstellen, daß Behördenmitarbeiter künftig noch bereit sind, in Willensbildungsprozessen ihre Ansicht unbefangen und unabhängig zu äußern. Dies kann nur durch einen generellen Schutz ihrer Äußerungen vor Veröffentlichung sichergestellt werden.

Dem steht $ 15 Abs. 4 IFG nicht entgegen. 8 15 Abs. 4 IFG führt nicht zur zeitlichen Begrenztheit:des Unterlagenschutzes nach $ 10 Abs. 4 IFG. Der Beklagte hatte dem Kläger demzufolge auch nicht mitzuteilen, wann die Akteneinsicht erfolgen kann. & 15 Abs. 4 IFG ist nämlich auf 8 10 Abs. 4 IFG nicht anwendbar. Gemäß 8 15 Abs. 4 IFG hat die öffentliche Stelle, wenn sie die Akteneinsicht unter Berufung auf $ 9 oder $ 10 IFG ablehnt, dem Antragsteller mitzuteilen, zu welchem

Zeitpunkt eine Einsichtnahme voraussichtlich erfolgen kann. Diese Vorschrift paßt

=WDISE-

ohne weiteres auf die Vorschriften der 88 9, 10 Abs. 1 und 21IFG, die jeweils als solche eine zeitliche Beschränkung der Verweigerung der Akteneinsicht enthalten. Nach $ 9 ist zum Schutz der Rechtsdurchsetzung der Behörde sowie zur Strafverfolgung das Recht auf Akteneinsicht ausgeschlossen. Dabei regelt 8 9 Abs. 2 IFG aber ausdrücklich, daß die Akteneinsicht nur für die Dauer von drei Monaten verweigert-werden dürfe. $ 10 Abs. 1 IFG wiederum schließt das Akteneinsichtsrecht bis zum Abschluß eines Verwaltungsverfahrens für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung aus. Auch insoweit wird also eine konkrete zeitliche Grenze genannt. In gleichem Sinne regelt 8 10 Abs. 2 IFG, daß die Akten zur Vorbereitung und Durchführung der Bauleitplanung einsehbar sind, sobald der Beschluß, einen Bauleitplan aufzustellen, gefaßt ist. Keine zeitliche Grenze, die durch die Mitteilung nach $ 15 Abs..4 IFG konkretisiert werden könnte, enthält demgegenüber $ 10 Abs. 3 IFG, wonach das Recht auf Akteneinsicht nicht besteht in bezug auf Beratungen des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung, ferner in bezug auf Angaben und Mitteilungen anderer Behörden, für die das IFG nicht gilt. Keine zeitliche Grenze enthält schließlich auch $ 10 Abs. 4 IFG. Hieraus erhellt, daß 8 15 Abs. 4 IFG sich nur auf solche Tatbestände der 8$ 9 und 10 IFG bezieht, denen ihrerseits bereits nach der Gesetzesformulierung eine zeitliche Beschränkung des Ausschlusses des Akteneinsichtsrechts innewohnt. Dies ist . in bezug auf $ 10 Abs. 4 IFG nicht der Fall.

Zum gleichen Ergebnis führt die historische Auslegung der Vorschrift. $ 15 Abs. 4 IFG war in dem ursprünglichen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen bereits in der heutigen Fassung enthalten. Dagegen enthielt 8 10 nur die heutigen Absätze . 1 und 2 mit ihren klaren zeitlichen Vorgaben. !In8$ 10 Abs. 3 IFG des Entwurfs war, wie bereits erwähnt, nur die Formulierung vorgesehen, daß das Beratungsgeheimnis des Senats und der Bezirksämter nicht verletzt werden dürfe. Im ursprünglichen _ Gesetzentwurf galt mithin auch für den Ausschluß des Einsichtsrechts in Akten über die Beratungen des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung "die zeitliche Grenze des $ 10 Abs. 1 IFG. Nach den obigen Ausführungen konnte die Einführung des $ 10 Abs. 3 IFG in der Gesetz gewordenen Fassung, wonach ein spezieller Unterlagenschutz für den Senat und die Bezirksämter formuliert wur-

de, gegenüber dem ersten Entwurf nur als Erweiterung des Unterlagenschutzes

über die zeitliche Grenze des $ 10 Abs. 1 IFG hinaus verstanden werden. Denn wenn die in $ 10 Abs. 3 IFG beschriebenen Akten weiterhin nur bis zu der zeitlichen Grenze des $ 10 Abs. 1 IFG von der Akteneinsicht hätten ausgeschlossen sein

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sollen, wären die Beratungen des Senats und der Bezirksämter bereits durch die Entwurfsfassung des 8 10 Abs. 3 IFG hinreichend geschützt worden. Dann steht aber auch der auf Betreiben des Innenausschusses in der Sitzung vom 6. September 1999 sowie des Rechtsausschusses in der Sitzung vom 16. September 1999 neu geschaffene $ 10 Abs. 4 IFG nicht im Regelungszusammenhang mit - 8 15 Abs. 4 IFG. Vielmehr hält die Kammer dafür, daß der Gesetzgeber und die zuständigen Ausschüsse sich bei Hinzufügung der Absätze 3 und 4 des $ 10 IFG nicht darüber im klaren waren, daß die Verweisung des 8 15 Abs. 4 IFG auf 88 9, 10 IFG sich formal auch auf $ 10 Abs. 3 und 4 IFG bezieht.

Der Beklagte hatte keine ausdrücklichen Ermessenserwägungen darüber anzustellen, ob er entgegen der Soll-Vorschrift des $ 10 Abs. 4 IFG dem Kläger Akteneinsicht gewährt. Die Regelung in einer Rechtsvorschrift, daß eine Behörde sich in bestimmter Weise verhalten soll, bedeutet strikte Bindung für den Regelfall, gestattet aber Abweichungen in atypischen Fällen, in denen besondere, angebbare, nicht von der Behörde selbst zu vertretende überwiegende Gründe für das Abgehen von der Vorschrift sprechen; die Behörde darf dabei von der Regel nur in Fällen abweichen, in denen die für den Normalfall geltende Regelung von dem Sinn der Rechtsvorschrift offenbar nicht mehr gefordert wird (Kopp, VwGO, 12. Aufl., 2000, 8 114 Anm. 21 m.w.N.). Hierfür ist in bezug auf die streitgegenständlichen Akten nichts

ersichtlich.

" Der Kläger hat hinsichtlich'der von dem Beklagten berechtigterweise unter Berufung auf 8 10 Abs. 4 IFG zurückgehaltenen Aktenteile auch keinen Anspruch aus 8 15 Abs. 2 IFG auf Information über den Inhalt der vorenthaltenen Akten.

Gemäß 8 15 Abs. 2 IFG hat die öffentliche Stelle.in der Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist, den Antragsteller über den Inhalt der vorenthaltenen Akten zu informieren. Diese Verpflichtung ist nicht formeller Natur (8 39 VwVfG), weil sie

nicht bloß die ablehnende Sachentscheidung begründet, sondern der Antragsteller hat einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die in 8 15 Abs. 2 IFG beschriebenen Angaben. $ 15 Abs. 2 IFG ist nämlich ein materiell-rechtliches "Minus" zur vollständigen (8 3 IFG) bzw. herabgestuften, teilweisen (8 12 IFG) Akteneinsicht.

Wenn weder vollständige noch teilweise Akteneinsicht gewährt werden kann, hat

die Behörde statt dessen die Pflicht, den Antragsteller so weit wie überhaupt ohne Verstoß gegen die Ausschlußvorschriften des IFG möglich über den Inhalt der zu-

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rückgehaltenen:Akten zu informieren. Dieser Informationsanspruch wird auf solche Weise Teil des Informationsrechtes nach $ 3 Abs. 1 IFG und tritt nur dann zurück, wenn der vorgehende:Anspruch auf vollständige oder teilweise Akteneinsicht nicht besteht. oo | Der Kläger hat indes keinen Anspruch mehr auf Information nach 8 15 Abs. 2 IFG, da der Beklagte den Anspruch bereits erfüllt hat. Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren einzeln ausgeführt, welchen Verfasser, welches Datum und welches _ Thema die einzelnen Dokumente haben.

Die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens sowie die Kostenentschei-

dung folgen aus 88 92 Abs. 3 Satz 1, 155 Abs. 1, Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO. Diese einheitliche Kostenentscheidung beruht darauf, daß sowohl hinsichtlich des streitig 'entschiedenen als auch hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Kläger ganz überwiegend durchgedrungen ist, wobei er sich auf seine Quote anrechnen lassen mußte, daß er hinsichtlich des von ihm zurückgenommenen Teils die Kosten voll zu tragen hatte. Hieraus ergab sich in der Gesamtschau

eine Aufteilung der Kosten von 1/3 zu 2/3. Die Entscheidung über die vorläufige Volistreckbarkeit beruht auf $ 167 VwGO i.V.m. 8 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Kam-

mer hat gemäß $ 124 a Abs. 1 Satz 1 i,V.m. $ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen, da die Frage der Auslegung der 88 10 Abs. 3 Nr. 2, Abs, 4 IFG von ° grundsätzlicher Bedeutung ist.

Rechtsmittelbelehrung l

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin zu.

Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen, Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richter: amt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen

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Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Wiekenberg - Dr. Moll Maresch

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß 88 13 ff des Gerichtskostengesetzes für das gesamte Verfahren einheitlich auf 8.000,00 DM festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 Euro übersteigt.

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

In dem Verfahren über die Streitwertbeschwerde bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

Wiekenberg Dr. Moll Maresch Ma/Va

Ausgefertigt

Jistizangesfellte

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