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Information

Aktenzeichen
3 K 335/02
Datum
7. Mai 2002
Gericht
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Düsseldorf am 7. Mai 2002

3 K 335/02

Aus dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen ergibt sich kein Anspruch des Mitglieds einer Industrie- und Handelskammer auf Informationen über die Wahl zur Vollversammlung der Kammer. Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin keine natürliche Person ist. Deshalb kann offen bleiben, in welchem Umfang die verlangten Angaben dem Informationsbegriff des Gesetzes unterfallen. Das Gesetz verpflichtet die jeweiligen Stelle jedenfalls nicht zu einer statistischen Auswertung. (Quelle: LDA Brandenburg)

Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung Antragsberechtigung

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                          Seite 1 von 7 Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02 Datum:                    07.05.2002 Gericht:                  Verwaltungsgericht Düsseldorf Spruchkörper:             3. Kammer Entscheidungsart:         Urteil Aktenzeichen:             3 K 335/02 Tenor:                    Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten zu 1. Ihr Geschäftsführer wurde bei der               1 Vollversammlungswahl 2001 in die Beklagte zu 2. gewählt. Das Wahlergebnis wurde durch den Wahlausschuss am 22. Oktober 2001 festgestellt, die Namen der gewählten Bewerber wurden im Mitteilungsblatt der Beklagten unter dem 10. November 2001 bekannt gegeben. Mit Schreiben vom 8. November 2001 bat die Klägerin um Übersendung folgender Daten: Anzahl der Wahlberechtigten gesamt, Anzahl der abgegebenen Stimmen gesamt, Wahlbeteiligung in Prozent, Aufgliederung der vorgenannten Daten nach Wahlgruppen, Anzahl der Stimmen pro Kandidat, absolut und in Prozent bezogen auf die jeweilige Wahlgruppe. Unter dem 3. Dezember 2001 erhob die Klägerin Einspruch gegen die Kammerwahl. Die Wahl sei ungültig, weil die Beklagte zu 1. höherrangiges Recht verletzt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Wahlgruppen aufgestellt worden seien. Es gebe keine von der Beklagten niedergelegten und überprüfbaren Kriterien für die Einteilung der Wahlgruppen. Diese müssten jedoch abstrakt definiert und niedergelegt werden, bevor man sie anwende. Jedenfalls entsprächen die Wahlgruppen nicht der Wirtschaftsstruktur im Kammerbezirk. Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl sei verletzt, weil lediglich der Zählwert innerhalb der Wahlgruppe, nicht jedoch der Erfolgswert der Stimmen gleich gewesen sei. Unterschiedliche Bedingungen für die Bewerber in unterschiedlichen Gruppen bedeuteten unterschiedliche Chancen. Der Erfolgswert der Stimmen werde zusätzlich dadurch in Frage gestellt, dass die in die Vollversammlung unmittelbar Gewählten weitere Mitglieder in die Vollversammlung hinzuwählen dürften. Diese Möglichkeit werde dazu genutzt bzw. könne dazu genutzt werden, nicht gewählte Bewerber dennoch in die Vollversammlung aufzunehmen. Es fehle eine Überprüfung der Wahl durch ein unabhängiges Gremium. Schließlich sei auf den Stimmzetteln und in den Wahlunterlagen nicht darauf hingewiesen worden, dass auch weniger Kandidaten als die Höchstzahl angekreuzt werden dürften. Die Beklagte zu 2. wies den Einspruch mit "Widerspruchsbescheid" vom 18. Dezember 2001 zurück. Sie verwies darauf, dass die Wahlordnung http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 2 von 7 nachvollziehbare Kriterien über die Einteilung der Wahlgruppen enthalte. Bei der Einteilung der Wahlgruppen orientiere sich die Kammer an der Systematik der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes. Dabei seien für den Kammerbezirk wesentliche Gruppen herausgestellt worden, zum Beispiel sei auf den erheblichen Zuwachs im Dienstleistungsbereich mit der Einteilung des Bereichs in zwei Gruppen reagiert worden. Ebenso sei die gestiegene Bedeutung des Medien- und IT-Bereichs durch die Einführung einer eigenen Wahlgruppe berücksichtigt worden. Die Verteilung der Sitze werde nach einem Gewichtungsschema vorgenommen, das sich nach der Zahl der kammerzugehörigen Betriebe, der Beschäftigtenzahl, der Anzahl der Ausbildungsverhältnisse und der Summe der Gewerbesteuermessbeträge richte. Die Kriterien für die Einteilung der Wahlberechtigten und die Verteilung von Sitzen auf die jeweiligen Gruppen müssten nicht in der Wahlordnung abstrakt definiert und niedergelegt werden. Bei der Zuordnung handele es sich um einen wertenden Vorgang. Durch die Orientierung an der Systematik der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes werde eine willkürliche Zuordnung ausgeschlossen. Der Umstand, dass den Stimmen der Wähler durch die unterschiedliche Größe der Wahlgruppen nur der gleiche Zählwert, nicht aber der gleiche Erfolgswert 2 zukomme, entspreche dem System der Gruppenwahl. Die Gleichheit der Wahl werde auch nicht durch die mögliche Zuwahl von bis zu zehn Mitgliedern der Vollversammlung beeinträchtigt. Es bestehe ein Ermessensspielraum zur Gestaltung des Wahlsystems, sodass die Entscheidung für ein System, das Elemente der mittelbaren Wahl enthalte, möglich sei. Der Wahlausschuss kontrolliere unabhängig die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl. Auch der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages bestehe aus Mitgliedern dieses Gremiums. Der Stimmzettel der Wahlgruppe 6 enthalte ebenso wie alle anderen Stimmzettel den Hinweis auf die Anzahl der zu wählenden Bewerber. Ferner werde darauf hingewiesen, dass nach § 12 Abs. 4 der Wahlordnung (WO) höchstens so viele Bewerber angekreuzt werden dürften, wie in dem Wahlbezirk der Wahlgruppe zu wählen seien. Aus dieser Formulierung ergebe sich, dass die Wahl von weniger Bewerbern möglich sei. Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses durch die Nennung der Namen der gewählten Bewerber entspreche § 14 Abs. 2 WO. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, auf Grund dessen die öffentliche Bekanntmachung eines detaillierteren Wahlergebnisses verlangt werden könne. Im Übrigen könne die Veröffentlichung keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben. Die Klägerin macht geltend, sie benötige zur eingehenderen Begründung alle                   3 Wahlunterlagen, insbesondere die Unterlagen, die zur Festlegung der Anzahl der zu wählenden Mitglieder auf die einzelnen Gruppen maßgebend gewesen seien. Die Regelung des § 14 WO verstoße gegen das Demokratieprinzip. Unabhängig hiervon habe ihr Geschäftsführer als Vollversammlungsmitglied Anspruch auf die Erteilung von Auskünften. Nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein- Westfalen (IFG NRW) sei die Beklagte zur Erteilung von Auskünften selbst an Dritte verpflichtet. Der Hinweis im Stimmzettel habe nicht lauten dürfen "Es sind vier Vollversammlungsmitglieder zu wählen", vielmehr habe es heißen müssen, dass bis zu vier Vollversammlungsmitglieder gewählt werden könnten. Das Wort "wählen" könne nur gewertet werden wie "ankreuzen". Der Hauptgeschäftsführer der Beklagten habe massiv in den Wahlkampf eingegriffen, indem er sich zu den Wahlzielen des Geschäftsführers geäußert habe. Der Eingriff in die Wahl mache diese rechswidrig. Im Übrigen hätten zwar innerhalb der Wahlgruppe die Stimmen gleichen Zählwert gehabt, es sei aber gegen den Grundsatz des gleichen Erfolgswertes der Stimmen verstoßen worden. Die Einteilung der Wahlgruppen könne nicht nachvollzogen werden, weil es keine in der Wahlordnung niedergelegten und überprüfbaren Kriterien gebe. Für die nach der Wahlordnung http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 3 von 7 mögliche mittelbare Wahl bestehe keine Notwendigkeit, vielmehr bestehe die Gefahr, dass der Wählerwille verfälscht werde. Um dies auszuschließen, müsse die Wahlordnung zumindest die Regelung enthalten, dass nicht gewählte Bewerber auf diesem Wege nicht zugewählt werden dürften. Weiterhin sei rechtswidrig die Tatsache, dass die Wahlgruppen I, II, III, VI und VII noch in drei Wahlbezirke unterteilt worden seien. Hierdurch werde erreicht, dass ein Kandidat in jedem der drei Wahlbezirke unterschiedliche Stimmenzahlen auf sich vereinigen müsse. Hinsichtlich der Aufteilung der Sitze liege mangels besonderer Kriterien Willkür vor. Die Begriffe "Industrie, Einzelhandel, Verkehrsgewerbe und sonstiges Dienstleistungsgewerbe" seien nicht eindeutig abgegrenzt. Ferner liege eine Ungleichbehandlung der Kandidaten vor, weil in der Juli/August 2001-Ausgabe der Kammerzeitschrift zwei Kandidaten bildlich, die übrigen Kandidaten dagegen nur mit Namen und Anschrift vorgestellt worden seien. Diese beiden Vollversammlungsmitglieder seien zwar Ende 2000 nachgerückt. Die Tatsache habe jedoch bereits im Januarheft 2001 mitgeteilt werden können. Die Klägerin beantragt,                                                                      4 1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, Auskunft zu geben über                                 5 a) die Anzahl der Wählerstimmen insgesamt,                                                   6 b)                                                                                           7 c) die Anzahl der abgegebenen Stimmen insgesamt,                                             8 d)                                                                                           9 e) die Wahlbeteiligung in Prozenten,                                                        10 f)                                                                                          11 g) die Aufgliederung der vorgenannten Daten nach Wahlgruppen,                               12 h)                                                                                          13 i) die Anzahl der Stimmen pro Kandidat, absolut und in Prozenten bezogen auf die 14 jeweilige Wahlgruppe j)                                                                                          15 2. die Beklagte zu 2. unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Dezember 2001 zu verpflichten, die Wahl zur Vollversammlung im Jahre 2001 für ungültig zu erklären           16 und insoweit eine Wiederholungswahl anzuordnen. Die Beklagten beantragen,                                                                   17 die Klage abzuweisen.                                                                       18 19 Sie machen geltend, die Klägerin habe kein Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie detailliertere Auskünfte über das Wahlergebnis verlange, weil diese Zahlen für die Begründung der Wahlanfechtung irrelevant seien. Dass die Wahlgruppen und Wahlbezirke unterschiedlich groß seien und damit auch der Erfolgswert der Stimmen, sei unbestritten und folge aus § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG, der eine Gruppenwahl vorschreibe. Die Klägerin habe auch keinen selbständigen, von der Wahlanfechtung unabhängigen Auskunftsanspruch. Wenn § 14 Abs. 2 WO die Veröffentlichung auf die Namen der gewählten Bewerber beschränke, bedeute dies zugleich, dass alle anderen Einzelheiten in die Wahlniederschrift gehörten, die aber nach allen Wahlordnungen ein vertrauliches Protokoll sei. Die Forderung der Klägerin, die Wahlunterlagen vorzulegen, scheitere daran, dass ihr Einspruch vom 3. Oktober 2001 nicht ausreichend substantiiert sei und sich die gerichtliche Überprüfung des ablehnenden Bescheides auf diejenigen Punkte beschränke, in denen rechtzeitig und konkret Mängel des Wahlverfahrens gerügt worden seien. Soweit die Klägerin vermute, es könnten Unregelmäßigkeiten bestehen, würden keine konkreten Vorgänge benannt, die Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Wahlverfahrens begründen könnten. Die Unterlagen für die Sitzverteilung gehörten http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 4 von 7 nicht zu den Wahlunterlagen, sondern hätten der Vorbereitung der Neufassung der Wahlordnung vom 5. Dezember 2000 gedient. Auch insoweit habe die Klägerin nicht konkret gesagt, wo sie, die Beklagte, ihren gesetzlichen Gestaltungsspielraum überschritten habe sollte. Soweit sich der Wahleinspruch in Wahrheit gegen § 7 Abs. 1 WO richte, verkenne die Klägerin, dass die Bildung von Wahlgruppen und die Sitzverteilung keine Rechenaufgabe seien, sondern eine Wertung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kammerbezirks voraussetzten. § 7 Abs. 1 Satz 2 WO lege die entsprechenden Richtgrößen fest. Nach den allgemeinen Erfahrungen der Kammern sei eine Kombination aus der Zahl der Unternehmen und ihren Erträgen am besten geeignet, die Bedeutung der einzelnen Gewerbegruppen zu beurteilen. Diese Punkte würden hier noch ergänzt um die Zahl der Beschäftigten. Die Gewichtung dieser drei Kriterien könne in der Wahlordnung nicht abstrakt geregelt werden, für einen fehlerhaften Ermessensgebrauch habe die Klägerin nichts Konkretes vorgetragen. Die mittelbare Wahl in § 1 Abs. 1 WO sei vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich anerkannt worden und führe zu keiner Verzerrung der Gruppeneinteilung. Der Großteil der mittelbaren Wahlen betreffe das Nachrücken nach der Vakanz eines Vollversammlungssitzes. Im Übrigen habe die Beklagte zu 2. von der Möglichkeit einer mittelbaren Wahl noch keinen Gebrauch gemacht. Deshalb sei die Bestimmung für die Wahlanfechtung ohne Bedeutung. Die interne Wahlprüfung werde überall - auch bei politischen Wahlen - von einem Wahlprüfungsausschuss und der Wahlkörperschaft selbst wahrgenommen, die Wahlzettel entsprächen § 12 Abs. 4 S. 2 der Wahlordnung. Wenn höchstens so viele Bewerber angekreuzt werden dürften, wie in dem Wahlbezirk oder der Wahlgruppe zu wählen seien, folge hieraus, dass der jeweilige Wähler auch weniger Bewerber ankreuzen könne. Entscheidungsgründe:                                                                        20 Die Klage ist unbegründet.                                                                  21 Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1. auf Auskunft über die näheren Einzelheiten des Wahlergebnisses. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf detailliertere Auskünfte ist nicht ersichtlich. § 14 Abs. 2 WO sieht lediglich vor, dass die Namen der gewählten Bewerber nach Feststellung des Wahlergebnisses bekannt zu machen sind. Nach § 16 WO erfolgen die in der Wahlordnung vorgesehenen Bekanntmachungen im Mitteilungsblatt der Kammer. Bedenken gegen diese Art der Veröffentlichung bestehen nicht (vgl. OVG Lüneburg, GewArch 1992, 420 (422). Die Klägerin kann sich insbesondere nicht mit Erfolg auf die Erwägung stützen, die verlangten Auskünfte dienten dem Wahlprüfungsverfahren. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2001 gab sie an, Gründe für die Einlegung des Einspruches könnten nur dann festgestellt und benannt werden, wenn die geforderten Unterlagen vorlägen. Dies trifft indessen nicht zu. Soweit die Klägerin geltend macht, der Erfolgswert der abgegebenen                22 Stimmen sei ungleich, ergibt sich dies nicht erst aus den verlangten detaillierten Angaben über das Wahlergebnis, sondern folgt bereits aus der Bildung von Wahlgruppen und Wahlbezirken gemäß § 7 der Wahlordnung. Neue Anfechtungsgründe könnte die Klägerin auf die verlangten Angaben nicht stützen. Gegenstand der Klage zu 2. ist nicht unmittelbar die Gültigkeit der angefochtenen Wahl, sondern der auf den Einspruch hin ergangene Bescheid. Daraus ergibt sich zugleich, dass der allgemeine Grundsatz des Wahlprüfungsrechtes zu beachten ist, der das Verwaltungsgericht auf die Prüfung der innerhalb der Einspruchsfrist vorgetragenen Einspruchsgründe beschränkt (vgl. BVerfG, DVBl. 1994, 41, BVerwG, Buchholz, 160 Wahlrecht Nr. 32, VGH Baden-Württemberg, GewArch. 1998, 65 (67), GewArch 2001, 422, OVG NRW, NWVBl. 1998, 60 (61), VGH Baden-Württemberg, DVBl. 1992, 437). Etwaige Ansprüche ihres Geschäftsführers als Vollversammlungsmitglied kann die Klägerin nicht geltend machen. Ebenfalls http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 5 von 7 ergibt sich kein Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW. Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin keine natürliche Person ist. Deshalb kann offen bleiben, in welchem Umfang die von der Beklagten verlangten Angaben vorhandene Informationen im Sinne des § 3 IFG NRW sind. Das Gesetz verpflichtet die jeweilige Stelle jedenfalls nicht zu einer statistischen Auswertung "im Auftrag" eines Auskunftsbegehrenden. Die Klage ist ebenfalls unbegründet, soweit sie sich gegen die Gültigkeit der Wahl          23 richtet. Das Begehren der Klägerin ist im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgen, weil es sich bei der Entscheidung der Beklagten zu 2. um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September 1980 - 15 A 583/79 - Blatt 5 ff. des Entscheidungsabdrucks, VGH Baden-Württemberg, a.a.O., GewArch 1998, 65 und GewArch 2001, 422). Zwar fehlt es an der Durchführung eines grundsätzlich erforderlichen Widerspruchsverfahrens (vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September                24 1980, S. 9 des Urteilsabdrucks). Die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens ergibt sich jedoch hier daraus, dass die bereits als Widerspruchsbescheid bezeichnete Entscheidung in der Rechtsmittelbelehrung auf die Klagemöglichkeit verweist und sich die Beklagte im Klageverfahren sachlich mit dem Begehren der Klägerin auseinander setzt (vgl. OVG NRW a.a.O.). Die Rügen der Klägerin zur Vollversammlungswahl 2001 sind - soweit nicht                    25 ohnehin ohne Belang, weil erst im Klageverfahren erhoben - unbegründet. Aus den mit dem Einspruch erhobenen Bedenken gegen die Wahlordnung und die Wahlhandlung lässt sich keine Verletzung des Grundsatzes der Wahlgleichheit herleiten. Soweit einzelne Stimmen ein ungleiches Gewicht im Hinblick auf die Zusammensetzung der gesamten Kammerversammlung haben, ist dies notwendige Folge einer Gruppenwahl, wie sie § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG vorsieht. Danach muss die Wahlordnung Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen. Die Bildung von Wahlgruppen führt notwendigerweise dazu, dass für den Erwerb eines Mandats in den verschiedenen Wahlgruppen je nach Stärke dieser Wahlgruppe und Wahlbeteiligung eine unterschiedliche Stimmzahl zum Erwerb eines Mandats erforderlich ist (vgl. OVG Lüneburg, GewArch 1992, 420 (422), VGH Baden- Württemberg, GewArch 2001, 422 (426)). Da es sich bei der Kammerversammlung um ein Organ der Selbstverwaltung und kein Parlament handelt, wird auch der aus dem Demokratieprinzip folgende Grundsatz der Gleichheit der Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, GewArch 2001, 422 (426)). Innerhalb der einzelnen Wahlgruppe - gegebenenfalls des Bezirks - hat dagegen jede Stimme den gleichen Zählwert. Notwendigerweise ergibt sich aus dem ungleichen Erfolgswert auch, dass die einzelnen Wahlbewerber in verschiedenen Gruppen jeweils eine unterschiedliche Zahl von Stimmen auf sich vereinigen müssen, um einen Sitz in der Vollversammlung zu erlangen. Die Wahlordnung enthält entsprechend der Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen. Aus § 7 Abs. 1 WO ergibt sich, dass die Verteilung der Sitze auf die Wahlgruppen unter Berücksichtigung des Gewerbeertrages, der Beschäftigtenzahl und der Zahl der ihnen zuzurechnenden Kammerzugehörigen erfolgte. Damit trägt die Wahlordnung wiederum § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG Rechnung, der vorsieht, dass die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen und die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es in der Wahlordnung keiner Wiedergabe eines abstrakten Berechnungsprogramms unter Berücksichtigung der vorstehenden http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 6 von 7 Kriterien. Bei der Gewichtung der einzelnen aufgeführten Kriterien und der Entscheidung, in welchen Fällen Wahlbezirke gebildet werden sollen, hat die Beklagte einen Beurteilungsspielraum. Dies ergibt sich aus der Ermächtigungsgrundlage des § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG, der lediglich die zu beachtenden Gesichtspunkte benennt, ohne weitere einschränkende Vorgaben zu enthalten. Aus der Ermächtigung ergibt sich insbesondere keine Verpflichtung, abstrakte Rechenmodelle in die Wahlordnung aufzunehmen, aus denen sich mit Hilfe der zu Grunde gelegten Indikatoren die Größe der einzelnen Wahlgruppen mathematisch nachvollziehen lässt. Ein Mangel der Wahlordnung, der sich auf das Wahlergebnis auswirken könnte, läge erst dann vor, wenn die Wahlgruppen die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen nicht mehr berücksichtigten. Wenn die Klägerin in ihrem Einspruch geltend macht, es müsse für die Zwangsmitglieder überprüfbar sein, welche Überlegungen zur Einteilung der Wahlgruppen geführt hätten, wird dem durch die Benennung der Faktoren in § 7 Abs. 1 Wahlordnung Rechnung getragen. Die Rüge, die Wahlgruppen entsprächen jedenfalls nicht der Wirtschaftsstruktur im Kammerbezirk, hat die Beklagte zu 2. in ihrer Entscheidung vom 18. Dezember 2001 insoweit aufgegriffen, als sie die Systematik der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes als maßgeblich für die Einteilung der Wahlgruppen und die Gewichtung nach Zahl der kammerzugehörigen Betriebe, die Beschäftigtenzahl, die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse und die Summe der Gewerbesteuermessbeträge für die Gewichtung angeführt hat. Damit trug sie dem Wahlprüfungsbegehren der Klägerin hinreichend Rechnung, denn die schlichte Behauptung, die Wahlgruppen entsprächen nicht der Wirtschaftsstruktur im Kammerbezirk, war von der Klägerin nicht erläutert worden. Es fehlte jegliche Angabe dazu, wo hier eine vermeintliche Fehlgewichtung erfolgt sein könnte. Die Klägerin kann im Klageverfahren nicht 26 mehr mit Erfolg geltend machen, sie müsse zunächst Einsicht in die Unterlagen erhalten, die zur Festlegung der Anzahl der zu wählenden Mitglieder auf die einzelnen Gruppen und Wahlbezirke maßgebend gewesen seien. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung einer Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, eröffnen insoweit keine Überprüfungsmöglichkeit (vgl. BVerfG, DVBl. 1994, 41). Die Beklagte zu 2. musste sich mangels näherer Konkretisierung der Rüge der Klägerin darauf beschränken, die Grundlagen der Wahlgruppenbildung zu erläutern. Zu einer näheren Auseinandersetzung bestand mangels weiterer Substantiierung durch die Klägerin keine Möglichkeit. Eine solche Substantiierung kann die Klägerin im Klageverfahren nicht mehr nachholen. Das Gericht muss sich vielmehr auf die Überprüfung der im Wahleinspruch geltend gemachten Anfechtungsgründe beschränken. Dies steht einer Beiziehung von Verwaltungsvorgängen entgegen, die zur Substantiierung neuer Rügen benutzt werden sollen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Substantiierungspflicht entfällt auch nicht auf Grund der Erwägung, dass der einzelne Einspruchsführer mangels ausreichender Information bestimmte Wahlfehler nicht erkennen und überblicken kann und deshalb gleichsam auf Vorrat denkbare Fehler pauschal anführen müsste (vgl. VGH Baden- Württemberg, a.a.O., GewArch 2001, 422 (424)). Die Begründung muss mindestens den Tatbestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen und genügend substantiierte Tatsachen für eine Nachprüfung enthalten (vgl. BVerfG, NJW 1994, 927 f.). Die Rüge der Klägerin ließ jedoch nur erkennen, dass sie der Meinung war, auf Grund mangelnder Aufnahme der Berechnungsfaktoren in die Wahlordnung könne es zu keiner sachgerechten Bildung der Wahlgruppen gekommen sein. Die erst im Klageverfahren begehrte Einsicht in die Unterlagen, die zur Festlegung der Wahlgruppen- und -Bezirke http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 335/02                                         Seite 7 von 7 maßgebend gewesen sind, könnte der Klägerin nicht mehr dazu verhelfen, einen gänzlich unbestimmten Verdacht nachträglich in eine bestimmte Richtung hin zu konkretisieren. Die Rüge, durch die Möglichkeit der mittelbaren Wahl könne es zu einer                      27 Verfälschung des Wählerwillens kommen, ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Wirksamkeit der unmittelbaren Wahl, die hier zur Überprüfung gestellt wurde, zu begründen. Im Übrigen hat die Beklagte geltend gemacht, bislang von der Möglichkeit der mittelbaren Wahl keinen Gebrauch gemacht zu haben. Ebenfalls geht die Rüge fehl, es fehle ein unabhängiges Gremium zur Wahlprüfung. Allein ein sachlicher Mangel der Wahl, nicht aber etwaige Bedenken hinsichtlich des Wahlprüfungsgremiums sind geeignet, einen Anspruch auf Beanstandung der Wahl zu begründen. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Wahl können nicht auf die Gestaltung des Stimmzettels gestützt werden. Er ist nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass in jedem Fall die Höchstzahl der Stimmen auszuschöpfen ist. Dem steht gerade entgegen, dass hinsichtlich der Zahl der vom Wähler Benannten ausdrücklich nur für den Fall, dass "mehr Bewerber angekreuzt sind als in dem Wahlbezirk der Wahlgruppen zu wählen sind", der Hinweis erteilt wird, der 28 Stimmzettel werde ungültig. Soweit es einleitend heißt, es seien vier Vollversammlungsmitglieder zu wählen, entspricht dies § 12 Abs. 2 WO. Danach enthält der Stimmzettel einen Hinweis auf die Anzahl der in der Wahlgruppe bzw. in dem Wahlbezirk zu wählenden Bewerber. Da zugleich auf den Inhalt der Regelung des § 12 Abs. 4 Satz 2 WO hingewiesen wurde, ist der Stimmzettel nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, die Entscheidung zur vorläufigen            29 Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3, 30 4 VwGO liegen nicht vor. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2002/3_K_335_02urteil2002050... 16.01.2007
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