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Information
- Aktenzeichen
- 3 K 3376/00
- Datum
- 13. November 2001
- Gericht
- Verwaltungsgericht Potsdam
- Gesetz
- Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Urteil: Verwaltungsgericht Potsdam am 13. November 2001
3 K 3376/00
Der Einsichtnahme in die Akten eines sparkassenaufsichtlichen Verfahrens stehen Ausschlusstatbestände des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes entgegen. Es handelt sich dabei um die Regelung zum Schutz von Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die dem Gesetz nicht unterfallen und der Einsichtnahme nicht zugestimmt haben. Außerdem liegt auch der Ausschlussgrund zum Schutz von Akten, die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen vor. Soweit das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz - wie hier vorliegend - den Ausschluss der Akteneinsicht vorsieht, kann daneben nicht auf allgemein rechtsstaatliche Gründe und den Grundsatz von Treu und Glauben als Grundlage für den Informationszugang zurückgegriffen werden. (Quelle: LDA Brandenburg)
Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten Aufsichtsaufgaben
3 K 3376/00 VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahra der T GmbH vertreten durch Herm Jochen K sals Geschäftsführer, Klägerin, gegen das Ministerium der F inanzen des Landes Brandenburg, Steinstraße 104-106, 14480 Potsdam, Az.: Beklagten, wegen Akteneinsichtsrechts . hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Vondenhof, die Richterin am Verwaltungsgericht Herrmann, die Richterin Henze, den ehrenamtlichen Richter Dittmann sowie den ehrenamtlichen Richter Enge für Recht erkannt:
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand: Die Klägerin begehrt Akteneinsicht in von dem Beklagten geführte Akten. Sie befindet sich seit 1995/1996 im Gesamtvollstreckungsverfahren. Mit Schreiben vom 3.4.2000 wandte sich der Geschäftsführer der Klägerin für diese beschwerdeführend an den für die Sparkassenaufsicht zuständigen Beklagten. Die Be- schwerde der Klägerin richtete sich gegen die Sparkasse Uckermark. Zur Begründung führte sie aus: Sie habe am 7.2.1994 Grundschulden in Gesamthöhe von 1,8 Mio DM zugunsten der Sparkasse Uckermark zur Absicherung von neuen Krediten bestellt. Diese Kredite seien aber bis zum 15.3.1995 nicht ausgereicht worden. Im April 1995 sei eine Teildar- lehenssumme von 800.000,00 DM ausgezahlt worden. Dieses Darlehen sei aber zwei Monate später wegen einer rechtswidrigen Pfändungsverfügung des F inanzamtes Prenzlau, von der die Sparkasse Kenntnis erlangt habe, gekündigt worden. Der Beklagte holte von der Sparkasse Uckermark eine Stellungnahme zu dem ent- sprechenden ‚Sachverhalt ein. Er stellte kein gegen sparkassenrechtliche Bestimmungen verstoßendes Verhalten der Sparkasse fest. Von diesem Ergebnis informierte er die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juni 2000. Mit Schreiben vom 18.6.2000 beantragte der Geschäftsführer der Klägerin bei dem Be- klagten Akteneinsicht zu dem entsprechenden Vorgang, insbesondere zu den Stellungnahmen der Sparkasse Uckermark. Den Antrag stellte er ausdrücklich als Geschäftsführer der Klägerin, ,
3 Mit Bescheid vom 25 .7.2000 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er‘ ‘', aus: Ein Akteneinsichtsrecht sei hinsichtlich der Stellungnahme der Sparkasse Uckermark und dem dazugehörigen Schriftwechsel semäß $ A Abs. I Nr. 2 Akteneinsichts- und Infor- mationszugangsgesetz (AIG) vom 10.3.1998 (GVBL IS. 46) ausgeschlossen, da die Spar- kasse Uckermark nicht dem Anwendungsbereich des AIG unterliege und ihre Zustimmung nicht erteilt habe. Bestandteil der bei ihm geführten Fachaufsichtsakte über die Sparkasse Uckermark sei jedoch der Schriftwechsel zwischen der Klägerin und der Sparkasse, der Klägerin begehrte Stellungnahme der Sparkasse Uckermark an ihn und ein Schriftwechsel zwischen ihm und der Sparkasse. Hinsichtlich des übrigen Teils der Akte sei ein Akten- einsichtsrecht abzulehnen, da es sich um Schriftwechsel handele, der von der Klägerin selbst geführt worden sei. Die Einsicht in solche Unterlagen könne er gemäß $ 6 Abs. 4 AIG ablehnen. Gründe seiner ablehnenden Ermessenentscheidungen insoweit seien der Verwal- fungsaufwand, um die geschützten Aktentejle auszusondern und der Umstand, dass das Interesse der Klägerin in erster Linie der Einsicht in die Stellungnahmen der Sparkasse gelte,
4 Die Klägerin, die ursprünglich Akteneinsicht in die gesamte Aufsichtsakte beantragt hat, beantragt nunmehr, den Bescheid des Beklagten vom 25.7.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Einsicht in die Stellungnahme der Sparkasse Uckermark gegenüber dem Beklagten zu der seitens der Klägerin erhobenen Beschwerde zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und-trägt ergänzend vor: Die Sparkasse habe nunmehr mit Schreiben vom 11.9.2000 ihre Zustimmung ausdrücklich verweigert. Der Wortlaut des $ 4 Abs. 1 Nr. 2 AIG sei insoweit eindeutig, als die Offenlegung der geschützten Aktenteile zwingend ausgeschlossen sei und ihm kein ‚Ermessen zustehe. Eine Güterabwägung finde deshalb nicht statt. Auch seien die von der Klägerin behaupteten Amtshaftungs- und Schadensersatzansprüche nicht Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. Entscheidunessründe: uU SSST UNE: Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage durch Einschränkung des Klagebegehrens zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt (vgl. $ 92 Abs. 3 VwGO). ' Im Übrigen hat die Klage, soweit die Klägerin Akteneinsicht betreffend die Stellungnahme der Sparkasse Uckermark begehrt, keinen Erfolg.
m ee) Sie ist zwar als Anfechtungsklage verbunden mit einer Leistungsklage (vgl. 8 113 Abs, 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) auf Gewährung von Akteneinsicht nach Auslegung des Klagebegehrens jm Sinne von $ 88 VwGO statthaft und insoweit zulässig, da die Gewährung von Akteneinsicht nach Auffassung der Kammer keinen Verwaltungsakt darstellt. Streckungsmasse i. S. y. S$5S.2Nr. 1,7 Gesamtvollstreckungsordnung (Geso). © Do > Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Ablehnung des Antrages der Klägerin auf Zwar hat gemäß $ 1 AIG jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den $$ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Auch unterfällt der Beklagte nach $ 2 Abs. 1 AIG als oberste Landesbehörde gemäß $ 3 Landesorganisationsgesetz Brandenburg (LOG Bbg) dem Anwendungsbereich des AIG. Jedoch ist gemäß 8 4 Abs. 1 Nr. 2 AIG der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen, wenn durch das Bekanntwerden des Akteninhaltes Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereiches dieses Gesetzes unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart werden würden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Da die Sparkasse als rechtsfähige Anstalt des Öffentlichen Rechts (8 1 Abs. I S.2 Sparkassengesetz Brandenburg - Bbg SpkG -) nicht im zweiten Abschnitt des LOG genannt wird, und es Sich bei ihr auch nicht um eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband .S.d.$2 Abs 1 AIG handelt, würde durch das Bekanntwerden des Akteninhalts eine Mitteilung einer Öffentlichen Stelle, dıe nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt, offenbart werden. Denn die
6 Sparkasse har ausdrücklich eine nach 8 4 Abs. 1 Nr. 2 AIG geforderte Zustimmung verweigert, Auch steht vorliegend der Ausschlussgrund des $ 4 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alt. AIG einem Akteneinsichtsrecht der Klägerin entgegen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Akten- ‚einsicht abzulehnen, wenn durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offen- bart würden, die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen. So liegt der Fall hier. Die Klägerin begehrt Akteneinsicht in eine Akte, die der Aufsicht über eine andere Stelle dient. Der Beklagte übte in dem zugrunde liegenden Verfahren die Aufsicht über die Sparkasse Uckermark aus. Es handelt sich hierbei gemäß 8S 30 Abs. 2, 31 Bbg SpkG um Rechts- aufsicht. Gemäß $ 31 Abs. 2 Bbg SpkG kann sich die Sparkassenaufsichtsbehörde jederzeit über die Angelegenheiten der Sparkasse unterrichten, insbesondere sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsvorgänge nachprüfen, hierfür die Geschäftsräume der Sparkasse betreten sowie Berichte und Akten anfordern. Der Beklagte hat hier von seinem Unterrichtungsrecht Gebrauch gemacht, indem er auf die Anregung der Klägerin die Sparkasse zu einer Stellung- nahme aufforderte. Die Aufforderung zur Stellungnahme und die Stellungnahme selbst dienten damit der Aufsicht. Der Klägerin steht ein Akteneinsichtsrecht auch nicht nach $ 29 Abs. 18.1 Verwaltungs- verfahrensgesetz Brandenburg (VwVfG Bbg), wonach Beteiligte eines Verwaltungsverfah- rens ein Akteneinsichtsrecht haben können, zu, da sie nicht Beteiligte (8 13 VwVfG Bbg) des Aufsichtsverfahrens zwischen der Sparkasse Uckermark und dem Beklagten, welches auf ihre Anregung hin erfolgte, ist. Ein Anspruch auf Akteneinsicht folgt ferner nicht aus dem Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten in Brandenburg (Bbg DSG). Zwar räumt $ 18 Abs. 4 Bbg DSG den Betroffenen ein Akteneinsichtsrecht hinsichtlich personenbezogener Daten ein; ein solches Recht steht aber der Klägerin nicht zu. Gemäß $ 3 Abs. 1 Bbg DSG sind Personen- bezogene Daten Einzelgaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse bei einer bestimmten natürlichen Person (Betroffener). Die Klägerin ist als GmbH aber gerade keine natürliche Person. Es bedarf daher auch nicht der Entscheidung, ob die Aufsichtsakten überhaupt personenbezogene Daten i. S.d. $ 18 Abs. 4 Bbg DSG enthalten. A
7 Ebenso besitzt die Klägerin auch nicht einen Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht aus Art. 21 Abs. 4 der Brandenburgischen Landesverfassung (Bbg Verf), Zwar hat danach Jeder nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder Private Interessen entgegenstehen. Jedoch liegt insoweit mit $ 4 Abs. I Nr. 2 und 5 AIG eine spezielle, verfassungsrechtlich nicht zu fassungsrechtliche Normierung zurückgegriffen werden dürfen. Der Gesetzgeber im Land Brandenburg hat Insoweit eine Abwägung zum Schutz überwiegender öffentlicher und Privater Interessen vorgenommen und diese entsprechend in den Normtatbestand des SA Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 AIG einfließen lassen. Da 8 4 Abs. 1 AIG auf der Rechtsfolgenseite fassungsrechtlich zu beanstanden, denn der Gesetzgeber kann den Kreis der Stellen, gegen- insbesondere daraus ergeben kann, dass nicht offensichtlich aussichtslose Sekundäransprüche (hier: Schadensersatzansprüche) geltend gemacht werden sollen und die Kenntnis des Akten- ınhalts Voraussetzung für die wirksame Rechtsverfolgung ist. Ein solches Recht besteht nach
des Landesgesetzes bzw. der entsprechenden Norm, die diesem Ausnahmefall nicht gerecht wird, eine entsprechende Vorlage an das Landesverfassungsgericht beschließen. Anhalts- punkte hierfür sind der Kammer jedoch vorliegend, wie oben dargestellt, nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung folgt aus 88 154, 155 Abs. 2 VwGo. Rechtsmittelbelehruno: TTTTTTTT TA Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von .dem Oberver- waltungsgericht für das Land Brandenburg zugelassen wird. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dıes gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Vondenhof Herrmann Henze
BESCHLUSS Der Streitwert wird auf 8.000,00 DM festgesetzt ($ 13 Abs. ] Satz 2 GKG), da die Einsichtnahme in verschiedene Teile der Akra streitwertmäßig nicht unterteilt werden kann. Rechtsmittelbelehrune: TI Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerde. gegenstandes einhundert Deutsche Mark übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Allee nach Sanssouci 6, 14471 Potsdam, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle inner- Vondenhof Herrmann Henze
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