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Information

Aktenzeichen
T-204/99
Datum
12. Juli 2001
Gericht
Gericht der Europäischen Union
Gesetz
Verhaltenskodex für den Zugang zu Rats- und Kommissionsdokumenten
Verhaltenskodex für den Zugang zu Rats- und Kommissionsdokumenten

Urteil: Gericht der Europäischen Union am 12. Juli 2001

T-204/99

Der Europäische Rat und die Europäische Kommission sind berechtigt, der Öffentlichkeit den teilweisen Zugang zu Dokumenten zu verweigern, sofern sich nach Prüfung der Dokumente ergibt, dass der teilweise Zugang sinnlos ist. Dies ist der Fall, wenn die Teile der Dokumente so wenig Informationen enthalten, dass sie für den Kläger wertlos sind. Die Europäischen Organe sind gehalten, für jedes beantragte Dokument zu prüfen, ob die Verbreitung geeignet ist, ein geschütztes öffentliches Interesse zu beeinträchtigen. Sie müssen jedoch nicht für jedes einzelne Dokument die zwingenden Gründe, die zur Verweigerung des Zugangs geführt haben, angeben. Es ist ausreichend, Gruppen von Dokumenten zu bilden und Gründe für die jeweiligen Gruppen anzugeben. (Quelle: LDA Brandenburg)

Aussonderungen Ablehnungsbegründung Internationale Beziehungen

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Seite 1 von 16 WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS: Für die Angaben auf dieser Website besteht Haftungsausschluss und Urheberrechtsschutz. URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer) 12. Juli 2001 (1) „Zugang zu Dokumenten - Beschlüsse 93/731/EG und 94/90/EGKS, EG, Euratom - Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen - Teilweiser Zugang“ In der Rechtssache T-204/99 Olli Mattila, wohnhaft in Hyvinkää (Finnland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Z. Sundström und M. Kauppi, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Kläger, gegen Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Aussant und M. Bauer als Bevollmächtigte, und Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch U. Wölker und X. Lewis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte, wegen Klage auf Nichtigerklärung der Beschlüsse der Kommission und des Rates vom 5. und 12. Juli 1999, mit denen dem Kläger der Zugang zu bestimmten Dokumenten verwehrt wurde, erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter R. García-Valdecasas und J. D. Cooke, Kanzler: B. Pastor, Hauptverwaltungsrätin aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2000, folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen 1.        Der Rat und die Kommission billigten am 6. Dezember 1993 einen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten (ABl. L 340, S. 41; im Folgenden: Verhaltenskodex), durch den die Grundsätze für den Zugang zu den ihnen vorliegenden Dokumenten festgelegt werden sollen. 2.        Der Verhaltenskodex stellt folgenden allgemeinen Grundsatz auf: „Die Öffentlichkeit erhält möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates.“ http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 2 von 16 3.        Dokument im Sinne des Verhaltenskodex ist „unabhängig vom Datenträger jedes im Besitz des Rates oder der Kommission befindliche Schriftstück mit bereits vorhandenen Informationen“. 4.        Die Umstände, auf die sich ein Gemeinschaftsorgan zur Rechtfertigung der Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten berufen kann, werden im Verhaltenskodex wie folgt aufgeführt: „Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch deren Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in Bezug auf - den Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen, Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten); ... Die Organe können ferner den Zugang verweigern, um den Schutz des Interesses des Organs in Bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen zu gewährleisten.“ 5.        Darüber hinaus bestimmt der Verhaltenskodex: „Die Kommission und der Rat ergreifen vor dem 1. Januar 1994 jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung dieser Grundsätze.“ 6.        Zur Erfüllung dieser Verpflichtung erließ der Rat am 20. Dezember 1993 den Beschluss 93/731/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten (ABl. L 340, S. 43). 7.        Artikel 4 des Beschlusses 93/731 enthält bezüglich der Umstände, auf die sich der Rat zur Rechtfertigung der Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten berufen kann, die gleiche Regelung wie der Verhaltenskodex. 8.        Die Kommission erließ, um die Erfüllung dieser Verpflichtung zu gewährleisten, am 8. Februar 1994 den Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (ABl. L 46, S. 58). Durch Artikel 1 dieses Beschlusses wurde der in seinem Anhang wiedergegebene Verhaltenskodex förmlich angenommen. Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt 9.        Der Kläger wandte sich am 8. März 1999 über seinen Anwalt an die Generaldirektion „Außenbeziehungen: Europa und Neue Unabhängige Staaten, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Außendienst“ der Kommission, um Zugang zu folgenden Dokumenten zu erhalten: „- Tagesordnung des Gemischten Ausschusses EU-Russland vom 17. Februar 1997, Sitzungsdokument Nr. 32 (Gruppe Osteuropa und Mittelasien); - Russland, Vorbereitung des ersten Kooperationsrats im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens vom 8. Dezember 1997, mit Datum vom 14. November 1997 (IA.C.2.GS:jhp D(97) EU-RU 1001/98); - Erster Kooperationsrat EU-Russische Föderation (Brüssel, 27. Januar 1998), mit Anmerkungen versehener Entwurf der Tagesordnung vom 9. Januar 1998. Dokument Nr. EU-RU 1001/98; - Anlage zum Bericht über die Sitzung des Kooperationsausschusses EU-Russland vom 7. April 1998. Sitzungsdokument Nr. 23/98 (Gruppe Osteuropa und Mittelasien); - Mit Anmerkungen versehene Tagesordnung der Sitzung des Kooperationsausschusses EU- Russland vom 20. April 1998, Sitzungsdokument Nr. 35/98 (Gruppe Osteuropa und Mittelasien)“. 10.       Mit Schreiben vom selben Tag, das dem Rat am 12. März 1999 zuging, beantragte der Kläger beim Rat Zugang zu folgenden Dokumenten: „-    Ergebnisse der Arbeiten der Gruppe .Osteuropa und Mittelasien' vom 23. September 1997, http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 3 von 16 vorläufige Dokumenten-Nr. 10188/97 NIS 116, Dokument vom 24. September 1997 (30.09); 10859/97. - Informationsvermerk EU/Vereinigte Staaten: SD 27/98: dieses Dokument stammt von der .EU III section'. - Erster Kooperationsrat EU-Ukraine, Brüssel, 8./9. Juni 1998: Entwurf der mit Anmerkungen versehenen Tagesordnung EU-Ukraine vom 15. Mai 98. Sitzungsdokument 40/98 (Gruppe .Osteuropa und Mittelasien'). - COREU: COEST/CODIA-Bericht über das Treffen zwischen der Troika der Gruppe .Osteuropa und Mittelasien' und den Vereinigten Staaten vom 10. Februar 1998. GASP/SEC/0203/98. - COREU/COEST Energieressourcen des Kaspischen Meeres: Entwurf einer Erklärung EU/Vereinigte Staaten vom 11. Mai 98. GASP/PRES/LON/1239/98. - COREU: COCEN COEST: Russland/Lettland: Treffen mit Herrn Primakow vom 8. Mai 98. GASP/PRES/LON/1244/98.“ 11.      Da die beantragten Dokumente zum Teil im Rahmen einer Zusammenarbeit der beiden Gemeinschaftsorgane erstellt worden waren, fanden informelle Kontakte zwischen dem Rat und der Kommission zur Abstimmung der Antworten auf diese Anträge statt. 12.      Mit Schreiben vom 19. April 1999 teilte der Rat dem Kläger seine Entscheidung mit, ihm Zugang zum Dokument Nr. 10859/97, dem ersten Dokument auf seiner Liste, zugewähren. Den Antrag auf Zugang zu den übrigen Dokumenten lehnte der Rat mit folgender Begründung ab: „[J]edes dieser Dokumente betrifft Verhandlungen mit bestimmten Drittstaaten. Die Verbreitung dieser Texte könnte die Position der EU im Rahmen dieser Verhandlungen oder gegebenenfalls bei allen künftigen Verhandlungen zwischen der EU und diesen oder anderen Drittstaaten schwächen.“ Er wies auch darauf hin, dass die in Rede stehenden Dokumente dem Kläger nach Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. 13.      Mit Schreiben vom selben Tag lehnte die Kommission den Antrag des Klägers auf Zugang zu den Dokumenten ab. Sie berief sich insoweit auf die im Verhaltenskodex genannte Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses und verwies auf die Notwendigkeit, die Gespräche zwischen der Europäischen Union und den Drittstaaten geheim zu halten. 14.      Mit Schreiben vom 30. April 1999 stellte der Kläger über seinen Anwalt bei den beiden Gemeinschaftsorganen Zweitanträge gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 und Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 94/90, um die Übermittlung der Dokumente zu erreichen, zu denen ihm der Zugang verwehrt worden war. 15.      Mit Schreiben vom 5. Juli 1999 an den Anwalt des Klägers lehnte die Kommission den Zweitantrag ab. Der Generalsekretär der Kommission wies insoweit zunächst darauf hin, dass das Dokument Nr. 4 (Anlage zum Bericht über die Sitzung des Kooperationsausschusses EU-Russland vom 7. April 1998, Sitzungsdokument 23/98, Gruppe Osteuropa und Mittelasien) nicht habe identifiziert werden können. Sodann führte er Folgendes aus: „Nach Prüfung ihres Antrags hinsichtlich der übrigen Dokumente sehe ich mich gezwungen, daran festzuhalten, dass ich Ihnen diese Dokumente nicht übermitteln kann, weil sie unter die zwingende Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses und insbesondere der internationalen Beziehungen fallen. Diese Ausnahme wird im Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten, den die Kommission am 4. Februar 1994 angenommen hat, ausdrücklich genannt. Jedes der beantragten Dokumente enthält detaillierte Informationen über den Standpunkt, den die Europäische Union in ihren Beziehungen zu Russland einzunehmen beabsichtigt. Die Verbreitung dieser Dokumente könnte die Position der EU in ihren derzeitigen und künftigen Verhandlungen mit diesem Drittstaat schwächen. Diese Dokumente können Ihnen daher nicht übermittelt werden. Diese Dokumente sind von den Dienststellen der Kommission für die entsprechenden Dienststellen http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 4 von 16 des Rates erstellt worden. Da der Rat den Zugang zu ähnlichen Dokumenten aus den vorgenannten Gründen verweigert hat, ist die Kommission aus dem gleichen Grund nicht in der Lage, Ihnen Zugang zu diesen Dokumenten zu gewähren.“ 16.      Das Generalsekretariat des Rates bereitete den Entwurf einer Antwort vor, der zunächst von der Gruppe „Information“ des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) in seiner Sitzung vom 23. Juni 1999 geprüft wurde. Sämtliche Delegationen stimmten dem Antwortentwurf des Generalsekretariats zu, die Dokumente gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 nicht zu verbreiten. Dieser Antwortentwurf stand sodann unter „Punkt I“ der Tagesordnung für die Sitzung des AStV II vom 30. Juni 1999, der sich aus den Botschaftern/Ständigen Vertretern der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union zusammensetzt, schließlich unter „Punkt A“ der Tagesordnung des Rates und wurde von diesem am 12. Juli 1999 gebilligt. Das Generalsekretariat des Rates teilte dem Kläger die abschlägige Entscheidung mit Schreiben vom 14. Juli 1999 mit. Darin heißt es: „Der Rat hat die vorgenannten Dokumente sorgfältig geprüft und ist zu folgendem Ergebnis gekommen: 1. SD 27/98: EU-USA: allgemeine Anmerkung zur Ukraine, erstellt von den Dienststellen der Europäischen Kommission zur Prüfung durch die Arbeitsgruppe Osteuropa und Zentralasien. Das Dokument beschreibt sehr genau den Standpunkt der Europäischen Union und die vorrangigen Ziele der mit den Vereinigten Staaten hinsichtlich der Ukraine zu führenden Verhandlungen. Die Bekanntmachung dieser Strategie könnte für die Interessen der Europäischen Union im Rahmen dieser Verhandlungen sowie im Rahmen anderer vergleichbarer Verhandlungen mit Drittstaaten abträglich sein. Außerdem könnte die Verbreitung der in dem Dokument enthaltenen Bemerkungen und Erwägungen die Beziehungen der Europäischen Union zur Ukraine belasten. Aus diesen Gründen hat der Rat in Abstimmung mit der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses [93/731] (internationale Beziehungen) entschieden, dass der Zugang zu diesem Dokument nicht gewährt werden kann. 2. SD 40/98: mit Anmerkungen versehener Tagesordnungsentwurf für den ersten Kooperationsrat Europäische Union/Ukraine (8./9. Juni 1998), der der Arbeitsgruppe Osteuropa und Mittelasien von den Dienststellen der Europäischen Kommission vorgelegt wurde. Das Dokument enthält zu jedem Tagesordnungspunkt eingehende Bemerkungen, u. a. hinsichtlich des Standpunkts und der Ziele der Europäischen Union. Die Offenlegung dieser Bemerkungen könnte die Position der Europäischen Union bei den nächsten Sitzungen des Kooperationsrats schwächen und ihre Beziehungen zur Ukraine im Allgemeinen belasten. Der Rat hat daher in Abstimmung mit der Europäischen Kommission entschieden, dass der Zugang zu diesem Dokument gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses [93/731] (internationale Beziehungen) nicht gewährt werden kann. 3. COREU GASP/SEC/0203/98: Vertraulicher Bericht über das Treffen der Troika Osteuropa/Arbeitsgruppe Mittelasien und Vereinigte Staaten (Washington, 10. Februar 1998). Das Dokument enthält detaillierte Bemerkungen der amerikanischen Delegation in der Sitzung der Troika, die in einem vertraulichen Rahmen stattgefunden hat. Es enthält ferner Beurteilungen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten hinsichtlich der Situation und der Politik von Drittstaaten, deren Verbreitung die Position der Europäischen Union im Rahmen der Verhandlungen mit diesen Ländern schwächen könnte. Der Rat hat daher entschieden, dass der Zugang zu dem Dokument gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses [93/731] (internationale Beziehungen) nicht gewährt werden kann. 4. COREU GASP/PRES/1239/98: COEST Energieressourcen des Kaspischen Meeres: Erklärungsentwurf EU/US: Dieses vertrauliche Dokument wurde erstellt, um den Standpunkt der Europäischen Union in den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten über die Energieressourcen des Kaspischen Meeres vorzubereiten. Die Offenlegung der in diesem Dokument enthaltenen Informationen könnte die Interessen der Europäischen Union in diesen noch laufenden http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 5 von 16 Verhandlungen sowie in vergleichbaren künftig zu führenden Verhandlungen beeinträchtigen. Der Rat hat daher entschieden, dass der Zugang zu dem Dokument gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses [93/731] (internationale Beziehungen) nicht gewährt werden kann. 5. COREU GASP/PRES/LON/1244/98: COEST: Russland/Lettland: Treffen mit Herrn Primakow (8. Mai 1998). Dieses Dokument betrifft die Bemerkungen von Herrn Primakow in dem vertraulichen Rahmen des bilateralen Treffens zwischen den Ministern für auswärtige Angelegenheiten. Das Dokument betrifft ferner die Beurteilungen der Europäischen Union und Russlands hinsichtlich der Situation und der Politik von Drittstaaten sowie hinsichtlich der laufenden Verhandlungen mit den fraglichen Drittstaaten. Die Offenlegung dieser Beurteilungen könnte die Beziehungen der Europäischen Union und Russlands zu diesen Staaten belasten und ihre Verhandlungspositionen gegenüber ihnen schwächen. Der Rat hat daher entschieden, dass der Zugang zu dem Dokument gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses [93/731] (internationale Beziehungen) nicht gewährt werden kann.“ Verfahren und Anträge der Parteien 17.      Der Kläger hat daher mit Klageschrift, die am 23. September 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben, mit der er vorrangig die Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission und des Rates vom 5. und 12. Juli 1999 begehrt (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen). 18.      Das Gericht (Fünfte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Kommission zur Vorlage ihres Schreibens vom 19. April 1999 aufzufordern, mit dem der Erstantrag des Klägers auf Zugang zu den Dokumenten im Besitz dieses Gemeinschaftsorgans abgelehnt wurde. Die Kommmission ist dieser Aufforderung nachgekommen. 19.      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 21. November 2000 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 20.      Der Kläger beantragt, -   die angefochtenen Entscheidungen für nichtig zu erklären; - den Rat und die Kommission aufzufordern, ihren Standpunkt noch einmal zu überdenken und ihm Zugang zu den beantragten, in seinen Schreiben vom 8. März 1999 aufgeführten Dokumenten zu gewähren. und/oder, wenn das Gericht es für erforderlich halten sollte, - ihm wenigstens teilweisen Zugang zu den Dokumenten nach Schwärzung der Passagen zu gewähren, die als geeignet angesehen werden, die internationalen Beziehungen der Europäischen Gemeinschaft zu belasten; -   dem Rat und der Kommission gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 21.      In seiner Erwiderung beantragt der Kläger, die Vorlage der beantragten Dokumente anzuordnen, damit das Gericht diese prüfen könne. 22.      Der Rat beantragt, -   die Klage als unbegründet abzuweisen; -   dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 23.      Die Kommission beantragt, http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 6 von 16 - den Antrag auf Zugang zu den Dokumenten und den Antrag auf teilweisen Zugang als unzulässig abzuweisen; -   die Klage als unbegründet abzuweisen; -   dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zur Zulässigkeit Zur Zulässigkeit der Anträge auf Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten Vorbringen der Parteien 24.      Nach Ansicht der Kommission und des Rates ist die Klage insoweit teilweise offensichtlich unzulässig, als der Kläger das Gericht ersucht, ihm zumindest teilweisen Zugang zu den Dokumenten nach Schwärzung der Passagen zu gewähren, die als geeignet angesehen würden, die internationalen Beziehungen der Europäischen zu belasten. Insoweit verweist die Kommission auf die Rechtsprechung, nach der der Gemeinschaftsrichter nicht befugt sei, den Organen Weisungen zu erteilen (Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in den Rechtssachen T-374/94, T-375/94, T- 384/94 und T-388/94, European Night Services u. a./Kommission, Slg. 1998, II-3141, Randnr. 53, und Beschluss des Gerichts vom 27. Oktober 1999 in der Rechtssache T-106/99, Meyer/Kommission, Slg. 1999, II-3273, Randnr. 21). 25.      Nach Auffassung des Klägers ist die von der Kommission angeführte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da er beantrage, das Gericht möge die Entscheidungen, mit denen ihm Zugang zu Dokumenten des Rates und der Kommission verweigert worden sei, für nichtig erklären. Der Zugang der Öffentlichkeit zu den amtlichen Dokumenten sei ein wesentlicher Aspekt der Politik der Transparenz. Würdigung durch das Gericht 26.      Nach ständiger Rechtsprechung ist das Gericht im Rahmen der von ihm ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt, den Organen Weisungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen. Diese Beschränkung der Rechtmäßigkeitskontrolle gilt für alle Arten von Rechtsstreitigkeiten, für deren Entscheidung das Gericht zuständig ist, einschließlich solcher über den Zugang zu Dokumenten; darauf hat das Gericht bereits im genannten Beschluss Meyer/Kommission (Randnr. 21) hingewiesen. 27.      Die Klage ist daher insoweit unzulässig, als der Kläger beantragt, das Gericht möge zum einen den Rat und die Kommission auffordern, ihm Zugang zu den in seinen Schreiben vom 8. März 1999 aufgeführten Dokumenten zu gewähren, und zum anderen ihm zumindest teilweisen Zugang zu den Dokumenten nach Schwärzung der Passagengewähren, deren Zugänglichmachung als geeignet angesehen werden könne, die internationalen Beziehungen der Europäischen Gemeinschaft zu belasten. Zur Zulässigkeit der vom Kläger geltend gemachten Klagegründe 28.      Der Kläger führt in seiner Klageschrift im Wesentlichen fünf Klagegründe an. Der erste betrifft einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Ausnahme zum Schutz der internationalen Beziehungen. Der zweite wird auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gestützt, da ein teilweiser Zugang zu den fraglichen Dokumenten weder in Betracht gezogen noch gewährt worden sei. Der dritte bezieht sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz, dass ein Antrag auf Zugang hinsichtlich jedes einzelnen Dokuments zu prüfen sei. Der vierte betrifft eine Verletzung der Begründungspflicht und der fünfte eine Verkennung des besonderen Interesses des Klägers am Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten. 29.      In seiner Erwiderung macht der Kläger die beiden folgenden weiteren Klagegründe geltend: - die angefochtenen Entscheidungen verstießen gegen den „Grundsatz der selbständigen Beurteilung“ durch den Rat und durch die Kommission, u. a. weil das vom AStV II angewandte Verfahren zu einer Ersetzung der selbständigen Beurteilung durch die Gemeinschaftsorgane, in deren Besitz sich die Dokumente befänden, durch eine Beurteilung der Botschafter/Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union führe. Der Entwurf einer Antwort auf den http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 7 von 16 Antrag auf Zugang habe nämlich unter „Punkt I“ der Tagesordnung des AStV II und anschließend unter „Punkt A“ der Tagesordnung des Rates gestanden, woraus folge, dass keine Diskussion stattgefunden habe und der Rat somit keine Prüfung vor Erlass einer Entscheidung vorgenommen habe, die, wenn auch nicht formell, so doch jedenfalls faktisch vom AStV II stamme; - die angefochtenen Entscheidungen seien ermessensfehlerhaft, da der Rat und die Kommission die Ablehnung der Übermittlung der Dokumente nur allgemein begründeten, ohne auf den Inhalt dieser Dokumente oder den tatsächlichen Nachteil einzugehen, der aus ihrer Übermittlung folgen könnte. Diese Vorgehensweise mache es dem Kläger, der gerade keinen Zugang zu den Dokumenten habe, unmöglich, darzulegen, inwieweit der Standpunkt des Rates oder der Kommission im Hinblick auf den Inhalt der Dokumente falsch sei. 30.      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger einen weiteren Klagegrund geltend gemacht, wonach die beklagten Gemeinschaftsorgane gegen ihre Pflicht zur Zusammenarbeit verstoßen hätten, weil sie seine Anträge teilweise wegen mangelnder Bestimmtheit abgelehnt hätten, ohne zu versuchen, die fraglichen Dokumente zu identifizieren und ausfindig zu machen. 31.      Die Kommission hält den Klagegrund eines Verstoßes gegen den „Grundsatz der selbständigen Beurteilung“ für unzulässig. Da das Gericht jedoch nach Artikel 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen kann, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen, ist ohne Beschränkung auf den Einwand der Kommission zu prüfen, ob die Klagegründe, die erstmals in der Erwiderung oder in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden sind, zulässig sind (Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T- 316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 1999, II-931, Randnrn. 60 und 63). 32.      Gemäß Artikel 44 § 1 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten; im Übrigen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher - unmittelbar oder implizit - in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem aufweist, ist jedoch für zulässig zu erklären (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1983 in der Rechtssache 306/81, Verros/Parlament, Slg. 1983, 1755, Randnr. 9, und Urteile des Gerichts vom 5. Februar 1997 in der Rechtssache T-207/95, Ibarra Gil/Kommission, Slg. ÖD 1997, I-A-13 und II-31, Randnr. 51, und vom 17. Dezember 1997 in der Rechtssache T-217/95, Passera/Kommission, Slg. ÖD 1997, I-A-413 und II-1109, Randnr. 87). 33.      Die Klagegründe, die auf einen Verstoß gegen den „Grundsatz der selbständigen Beurteilung“, auf einen Ermessensmissbrauch und auf die Nichtbeachtung der den Gemeinschaftsorganen obliegenden Pflicht zur Zusammenarbeit gestützt werden, sind weder unmittelbar noch implizit in der Klageschrift geltend gemacht worden und weisen keinen engen Zusammenhang mit den anderen in der Klageschrift angeführten Klagegründen auf. Sie stellen daher neue Angriffsmittel dar. 34.      Außerdem ist weder vorgetragen noch nachgewiesen worden, dass diese Angriffsmittel auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Sie sind daher offensichtlich unzulässig. Zur Begründetheit 35.      Es ist angebracht, zum einen die ersten beiden Klagegründe und zum anderen den dritten und den vierten Klagegrund, die der Kläger in seiner Klageschrift geltend gemacht hat, gemeinsam zu prüfen (siehe oben, Randnr. 28). Zum ersten und zum zweiten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Ausnahme zum Schutz der internationalen Beziehungen und Verstoßgegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da ein teilweiser Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten weder in Betracht gezogen noch gewährt worden sei Vorbringen der Parteien 36.      Nach Ansicht des Klägers haben die beiden Gemeinschaftsorgane die in den Beschlüssen 93/731 http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 8 von 16 und 94/90 genannte Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses falsch ausgelegt. Es bestehe keine Gefahr, dass das öffentliche Interesse durch eine Übermittlung der in Rede stehenden Dokumente berührt werde. 37.       In seiner Erwiderung führt der Kläger aus, die Gemeinschaftsorgane hätten bei ihrer Auslegung weder den Wortlaut dieser Beschlüsse noch die Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts beachtet, aus der sich ergebe, dass der Zugang zu den Dokumenten die Regel sei. Der Rat und die Kommission hätten ihre Prüfung auf die Gründe begrenzt, die eine Beschränkung des Zugangs rechtfertigten, ohne zu berücksichtigen, dass diese Gründe eng auszulegen seien. 38.       Das Gericht habe in seinem Urteil vom 19. Juli 1999 in der Rechtssache T-14/98 (Hautala/Rat, Slg. 1999, II-2489; dieses Urteil ist Gegenstand eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsmittels, Rechtssache C-353/99 P) die Verpflichtung des Rates, möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, besonders betont. 39.       Der Kläger weist darauf hin, dass die vorliegende Rechtssache insofern besonders gelagert sei, als er eine gewisse Kenntnis vom Inhalt der beantragten Dokumente habe, die auf bestimmten Versionen dieser Dokumente beruhe, auch wenn er nicht kategorisch sagen könne, dass die beantragten Dokumente in allen Punkten mit denen übereinstimmten, die ihm bekannt seien. Er habe diese Kenntnis ihm Rahmen seiner Tätigkeit im finnischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und seiner Teilnahme für die Republik Finnland an den Arbeiten der Arbeitsgruppe der Europäischen Union betreffend die Russische Föderation und Osteuropa erlangt. Er sei daher in der Lage, zu behaupten, dass der Rat und die Kommission die bestehenden Transparenzregeln dem ersten Anschein nach nicht richtig angewandt hätten. Es obliege daher den beklagten Gemeinschaftsorganen, das Gegenteil zu beweisen. 40.       Die bei der Kommission beantragten Dokumente beträfen alle auf die eine oder andere Weise den Kooperationsausschuss EU-Russland oder den Kooperationsrat, beides Einrichtungen, deren Tätigkeit in den öffentlichen Bereich falle. Angesichts der Themen, mit denen sich der Ausschuss oder der Rat beschäftigt hätten, könne nicht geltend gemacht werden, die in diesen Dokumenten behandelten Fragen seien geheim im Sinne der anwendbaren Regelung. Insoweit weist der Kläger darauf hin, dass ihm das Dokument Nr. 10859/97 übermittelt worden sei, obwohl darin dasselbe Thema wie in den Dokumenten behandelt werde, zu denen ihm der Zugang verwehrt worden sei. Nach Kommentierung des Inhalts jedes Dokuments kommt der Kläger zu der Schlussfolgerung, dass nichts in diesen Dokumenten die Geheimhaltung erforderlich zu machen scheine. Sie hätten ihm daher übermittelt werden müssen. 41.       Ebenso verhalte es sich mit den Dokumenten im Besitz des Rates. Die meisten dieser Dokumente beträfen das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits (ABl. L 327, S. 3) und seine Durchführung. Ein Dokument beziehe sich auf ein Treffen der „Troika“ vom Juni 1998, während das Dokument Nr. 1239/98 eine Erklärung der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten enthalte, die zur Veröffentlichung bestimmt und auch tatsächlich veröffentlicht worden sei. Hinzu komme ein Dokument (Nr. 1244/98) in Bezug auf ein Treffen in Finnland, an dem der Premierminister der Russischen Föderation, Herr Primakow, teilgenommen habe, das Erläuterungen enthalte, die nach Kenntnis des Klägers ebenfalls veröffentlicht worden seien. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Anschluss an die Erklärungen des Rates eingeräumt, dass das Dokument Nr. 1244/98 sich auf ein Treffen beziehe, dass nicht in Finnland, sondern in London stattgefunden habe, und erklärt, dass er zu diesem Dokument keinen Zugang beantrage. 42.       Nach Auffassung des Klägers werden Probleme der Sicherheit in den beantragten Dokumenten nicht behandelt; außerdem enthielten sie keine Informationen, deren Übermittlung die Beziehungen zu einem Drittstaat belasten könne. Es bestehe daher kein überzeugender Grund, die Übermittlung der beantragten Dokumente zu verweigern. 43.       Im Übrigen sei der Inhalt der beantragten Dokumente von begrenzter Bedeutung. Sie beträfen Fragen, die der Öffentlichkeit normalerweise zur Kenntnis gebracht würden, wie Handelsabsprachen, die nukleare Sicherheit, den Stand des TACIS-Programms für technische Hilfe, Umwelt- und Verbraucherschutz, die Gesetzgebungsprogramme usw. Die Tatsache, dass für Programme zur Verwirklichung der vorgenannten Ziele eine Gemeinschaftsfinanzierung bestehe, wie sie in den beantragten Dokumenten möglicherweise beschrieben werde, sei für die Öffentlichkeit von besonderem Interesse, so dass eine möglichst umfassende Unterrichtung geboten sei. http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 9 von 16 44.       Der Kläger schließt daraus, dass seine Anträge auf Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten im Wesentlichen, wenn nicht sogar ausschließlich, auf der Grundlage ihrer formalen Einordnung geprüft worden seien, nämlich als Dokumente, die im Rahmen des COREU-Netzes erstellt worden seien, einem speziellen Korrespondenzsystem, das die Mitgliedstaaten und die Kommission im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gemäß den Bestimmungen des Titels V des Vertrages über die Europäische Union beschlossen hätten. 45.       Wenn die Kommission und der Rat in einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf Zugang abgelehnt werde, lediglich zu behaupten brauchten, dass das Dokument unter eine der durch die Regelung vorgesehenen Ausnahmen falle, folge daraus, dass sie nicht auf den Inhalt dieser Dokumente Bezug nehmen müssten. Der Bürger könne dann nicht beurteilen, ob die Bedeutung eines Dokuments geprüft worden sei und, wenn eine solche Prüfung stattgefunden habe, ob die Zugangsverweigerung auf legitime Gründegestützt sei oder, wie in diesem Fall, ausschließlich darauf beruhe, das irgendein Zusammenhang mit den internationalen Beziehungen oder einer besonderen Art der Übermittlung der Dokumente bestehe. 46.       Der Kläger macht abschließend geltend, die Gemeinschaftsorgane seien nach der Rechtsprechung (vgl. Urteil Hautala/Rat) verpflichtet, möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten in ihrem Besitz zu gewähren, weshalb sie hätten untersuchen müssen, ob es möglich wäre, wenigstens teilweisen Zugang zu den beantragten Dokumenten zu gewähren; dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen. 47.       Der Rat weist unter Bezugnahme auf das Urteil Hautala/Rat (Randnrn. 71 und 72) darauf hin, dass sein Ermessen im vorliegenden Fall aus den politischen Aufgaben folge, die ihm die Bestimmungen des Titels V des Vertrags über die Europäische Union übertrügen. Er müsse nämlich auf der Grundlage dieser Zuweisungen die möglichen Folgen einer Verbreitung eines Dokuments über die internationalen Beziehungen der Europäischen Union beurteilen. Die Kontrolle des Gerichts müsse sich daher auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensbestimmungen und die Bestimmungen über die Begründung des angefochtenen Rechtsakts eingehalten worden seien, ob der Sachverhalt zutreffe, ob bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler unterlaufen sei und ob kein Ermessensmissbrauch vorliege. 48.       Der Rat macht geltend, er habe die Gefahren, die mit der Übermittlung der vom Kläger beantragten Dokumente verbunden seien, konkret geprüft. Nach seiner Einschätzung und nach der Einschätzung der Kommission könne der Zugang zu den Dokumenten die internationalen Beziehungen der Europäischen Union belasten. 49.       Insoweit weist der Rat darauf hin, dass die Hälfte der Dokumente im Rahmen des COREU- Systems erstellt worden sei und die Verteilung der Dokumente mittels dieses Systems auf eine begrenzte Zahl autorisierter Adressaten in den Mitgliedstaaten, auf die Kommission und auf das Generalsekretariat beschränkt sei. Die mittels des COREU-Systems übersandten Mitteilungen ständen diplomatischen Telegrammen gleich. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat jedoch hervorgehoben, dass die über das COREU-Netz übermittelten Dokumente nicht vom Anwendungsbereich des Beschlusses 93/731 ausgenommen seien und dass die Frage ihrer Verbreitung immer Gegenstand einer Sacherörterung sei, wie dies auch hier der Fall gewesen sei. 50.       Die betroffenen Dokumente enthielten detaillierte Bemerkungen zu den Standpunkten und Zielen der Europäischen Union im Rahmen der fraglichen internationalen Verhandlungen; diese Informationen behielten ihre Bedeutung auch nach den Verhandlungstreffen. Ein Zugang zu diesen Dokumenten könne die internationalen Beziehungen der Europäischen Union, insbesondere mit der Ukraine, belasten. 51.       Der Rat bestreitet das Vorbringen des Klägers, diese Dokumente enthielten nichts, was ihre Geheimhaltung erforderlich mache. Die Vertraulichkeit eines Dokuments werde nicht nur durch das darin behandelte Thema bestimmt, sondern auch durch die Natur der darin enthaltenen Informationen und dadurch, wie detailliert diese seien. Andersals das dem Kläger übermittelte Dokument Nr. 10859/97, das eine Zusammenfassung der von der Gruppe „Osteuropa und Zentralasien“ behandelten Fragen sei und keine Informationen über den Inhalt der fraglichen Akten enthalte, beschreibe das Dokument SD 27/98 (Informationsvermerk EU/Vereinigte Staaten bezüglich der Ukraine) sehr genau den Standpunkt und die Ziele der Europäischen Union im Rahmen der mit den Vereinigten Staaten bezüglich der Ukraine zu führenden Verhandlungen. Dies gelte auch für das Dokument SD 40/98, das detaillierte Informationen über den Standpunkt der Europäischen Union in der ersten Sitzung des Kooperationsrates EU-Ukraine enthalte. http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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Seite 10 von 16 52.       Das Dokument Nr. 1239/98 betreffend den Entwurf einer Erklärung EU/Vereinigte Staaten zu den Energieressourcen des Kaspischen Meeres enthalte nicht nur den Entwurf des Textes der öffentlichen Erklärung, sondern gehe auch auf einige heikle Punkte ein, die während der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten aufgetreten seien, und gebe an, wie sie bei der Ausarbeitung der Erklärung berücksichtigt worden seien. 53.       Hinsichtlich des teilweisen Zugangs zu den in Rede stehenden Dokumenten macht der Rat geltend, dass das am 19. Juli 1999 verkündete Urteil Hautala/Rat nicht zu berücksichtigen sei, da es nach Erlass seiner Entscheidung vom 12. Juli 1999 ergangen sei. 54.       Zudem bestehe nach dem Beschluss 93/731 keine Verpflichtung, teilweisen Zugang zu den Dokumenten zu gewähren. Insoweit weist der Rat darauf hin, dass das Urteil Hautala/Rat Gegenstand eines derzeit beim Gerichtshof anhängigen Rechtsmittels sei. 55.       Jedenfalls sei es aufgrund der Natur der in Rede stehenden Dokumente nicht möglich, dem Kläger teilweisen Zugang zu gewähren. 56.       Die Kommission weist darauf hin, dass sie über ein weites Ermessen verfüge und dass sich die Kontrolle des Gerichts auf die Prüfung beschränken müsse, ob die Verfahrensbestimmungen und die Bestimmungen über die Begründung der angefochtenen Entscheidung eingehalten worden seien, ob der Sachverhalt zutreffe, ob bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler unterlaufen sei und ob kein Ermessensmissbrauch vorliege. 57.       Sie macht sodann dieselben Argumente wie der Rat geltend, um zu rechtfertigen, dass dem Kläger der Zugang verwehrt wurde. Sie weist darauf hin, dass die internationalen Beziehungen der Gemeinschaft mit Russland betroffen seien, d. h. Fragen, die unter die Bestimmungen des Titels V des Vertrags über die Europäische Union fielen, und dass sie eine konkrete Beurteilung der Gefahren vorgenommen habe, die mit der Verbreitung der in Rede stehenden Dokumente verbunden seien. Aufgrund der Besonderheit der Dokumente sei es erforderlich gewesen, die Antwort der Kommission der des Rates anzupassen. 58.       Selbst wenn eine Verpflichtung bestehen sollte, einen teilweisen Zugang in Betracht zu ziehen, wäre es im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen, eine Unterscheidung zwischen den Dokumenten und den darin enthaltenen Informationen vorzunehmen. Wenn nämlich die Informationen, die der Rat und die Kommission als von der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses gedeckt ansähen, geschwärzt worden wären, hätten die übermittelten Dokumente so wenig Informationen enthalten, dass sie für den Kläger wertlos gewesen wären. Würdigung durch das Gericht 59.       Die beklagten Gemeinschaftsorgane haben mit den angefochtenen Entscheidungen Zugang zu den streitigen Dokumenten verweigert und sich dafür auf die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen berufen. Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen durch das Gericht muss sich auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensbestimmungen und die Bestimmungen über die Begründung eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutrifft, ob bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler unterlaufen ist und ob kein Ermessensmissbrauch vorliegt. 60.       Unter diesen Umständen befreit die Tatsache, dass der Kläger eine gewisse Kenntnis der Dokumente hat und sich deswegen zur Begründung seiner Klage auf ihren Inhalt beruft, ihn nicht davon, darzutun, dass die beklagten Gemeinschaftsorgane bei der Begründung der angefochtenen Entscheidungen einen Fehler begangen haben, der zu deren Nichtigkeit führen kann. 61.       Im vorliegenden Fall macht der Kläger geltend, die beklagten Gemeinschaftsorgane hätten die in den Beschlüssen 93/731 und 94/90 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen falsch ausgelegt. 62.       Nach dem zwingenden Wortlaut dieser Ausnahme verweigern die „Organe ... den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch deren Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in Bezug auf ... den Schutz des öffentlichen Interesses (... internationale Beziehungen ...)“. Folglich sind die Organe verpflichtet, den Zugang zu den Dokumenten zu verweigern, die nachweislich unter diese Ausnahme fallen (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. März 1997 in der Rechtssache T-105/95, WWF UK/Kommission, Slg. 1997, II-313, Randnr. 58). http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=... 09.05.2011
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