Information

Aktenzeichen
C-217/97
ECLI
ECLI:EU:C:1999:395
Datum
9. September 1999
Gericht
Gerichtshof der Europäischen Union
Gesetz
Richtlinie 90/313/EWG (Umweltinformationsrichtlinie)
Richtlinie 90/313/EWG (Umweltinformationsrichtlinie)

Urteil: Gerichtshof der Europäischen Union am 9. September 1999

C-217/97

Der in der Richtlinie 90/313 gefasste Ausnahmetatbestand für Sachen, die Gegenstand eines Vorverfahrens sind, erfasst nur diejenigen Verfahren, die einem gerichtlichen Verfahren unmittelbar vorausgehen und entweder dazu geeignet sind, Beweise zu schaffen oder Ermittlungen durchzuführen. Zur Umsetzung einer Richtlinie ist die förmliche und wörtliche Übernahme in eine besondere Vorschrift des nationalen Rechts nicht zwingend, vielmehr kann, sofern die Rechtslage hinreichend bestimmt und klar ist, auch der allgemeine rechtliche Kontext des nationalen Rechts ausreichend sein. Allerdings ist die bloße Erwähnung der auszugsweisen Übermittlung in einem Gebührentatbestand zum Informationsgesetz nicht ausreichend, um die Verpflichtung der Richtlinie zur auszugsweisen Übermittlung von Informationen umzusetzen. Die Erhebung einer Gebühr für den Fall der Ablehnung eines Informationsantrags kann nicht als angemessen erachtet werden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Kosten Aussonderungen Entwürfe oder Vorarbeiten

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EUR-Lex - 61997J0217 - DE                                                                            Seite 1 von 9 Avis juridique important 61997J0217 Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 9. September 1999. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 90/313/EWG - Freier Zugang zu Informationen über die Umwelt - Begriff 'Behörden' - Ausschluß der Gerichte, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden - Auszugsweise Übermittlung von Informationen - Ausschluß des Anspruchs auf Informationen während der Dauer eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens - Höhe der Gebühren und Modalitäten ihrer Erhebung. - Rechtssache C- 217/97. Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-05087 Leitsätze Entscheidungsgründe Kostenentscheidung Tenor Schlüsselwörter 1 Vertragsverletzungsverfahren - Nachweis der Vertragsverletzung - Obliegenheit der Kommission - Vermutungen - Unzulässigkeit (EG-Vertrag, Artikel 169 [jetzt Artikel 226 EG]) 2 Umwelt - Freier Zugang zu Informationen - Richtlinie 90/313 - Ausnahme in Artikel 3 Absatz 2 dritter Gedankenstrich - Tragweite - "Vorverfahren" - Begriff - Verwaltungsverfahren, das der Vorbereitung einer Maßnahme der Verwaltung dient - Voraussetzung (Richtlinie 90/313 des Rates, Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 dritter Gedankenstrich) 3 Handlungen der Organe - Richtlinien - Durchführung durch die Mitgliedstaaten - Umsetzung einer Richtlinie ohne Tätigwerden des Gesetzgebers - Voraussetzungen - Bestehen eines allgemeinen rechtlichen Kontextes, der die vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleistet (EG-Vertrag, Artikel 189 Absatz 3 [jetzt Artikel 249 Absatz 3 EG]) 4 Umwelt - Freier Zugang zu Informationen - Richtlinie 90/313 - Pflicht zur auszugsweisen Übermittlung von Informationen - Erfuellung - Blosse Erwähnung einer auszugsweisen Übermittlung im Anhang zu einer Regelung, der die Festsetzung der Gebühren betrifft, nicht ausreichend (Richtlinie 90/313 des Rates, Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2) 5 Umwelt - Freier Zugang zu Informationen - Richtlinie 90/313 - Übermittlung von Informationen gegen Entrichtung einer Gebühr - "Angemessener Betrag" - Begriff (Richtlinie 90/313 des Rates, Artikel 5) Leitsätze 1 Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) ist es Sache der Kommission, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen, wobei sie sich nicht auf Vermutungen stützen kann. 2 Ein Verwaltungsverfahren im Sinne des deutschen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:61997J0217:...                     29.03.2006
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EUR-Lex - 61997J0217 - DE                                                                           Seite 7 von 9 Gebühren eine angemessene Höhe nicht überschreiten dürften, in den Vorschriften des UIG und der UIGGebV nicht finde. Der in diesen Regelungen aufgestellte Grundsatz der Kostendeckung führe dazu, daß im Einzelfall Gebühren erhoben würden, die so hoch seien, daß sie einer Zugangsbarriere gleichkämen, so daß auf diese Weise der Zweck der Richtlinie unmittelbar beeinträchtigt werde. Denn die Freiheit des Zugangs der Öffentlichkeit zu umweltrelevanten Informationen sei nicht mehr gegeben, wenn der Bürger aus Kostengründen von einem entsprechenden Antrag absehen müsse. Artikel 5 schließe zwar nicht aus, daß die erhobenen Gebühren den Umständen entsprechend gestaffelt würden. Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe nur ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Leistung der Verwaltung und der Gegenleistung des Gebührenzahlers gewollt, die auf keinen Fall prohibitiven Charakter haben dürfe. Diese Bestimmungen könnten aber bei der ausdrücklich vorgeschriebenen Anwendung des ungeschmälerten Kostendeckungsprinzips im Einzelfall zu prohibitiv hohen Gebühren führen. 43 Die Bundesregierung erwidert, daß nach der streitigen Regelung die Höhe der Gebühren zwar vom investierten Arbeits- und Zeitaufwand abhänge, jedoch stets in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Information für den Antragsteller stehen müsse, und daß die Behörden aus Billigkeitsgründen die Möglichkeit hätten, die Gebühr zu ermässigen oder von ihrer Erhebung ganz abzusehen. Eine Abstufung der Gebühren sei notwendig, um die sehr unterschiedlichen Sachverhalte zu berücksichtigen, die in der Praxis auftreten könnten. Daher setze die deutsche Regelung Artikel 5 der Richtlinie ordnungsgemäß um. 44 Artikel 5 der Richtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten bereits seinem Wortlaut nach, für die Übermittlung von Informationen über die Umwelt eine Gebühr zu erheben. Daher kann dem Vorbringen der Kommission, daß die Erhebung einer solchen Gebühr nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sei, nicht gefolgt werden. 45 Jedoch darf die Gebühr nach der erwähnten Bestimmung eine angemessene Höhe nicht überschreiten. 46 Da die Richtlinie selbst keine entsprechenden Anhaltspunkte enthält, muß die Bedeutung des Begriffes "angemessene Höhe" im Lichte ihres Zweckes bestimmt werden. 47 Wie der Generalanwalt in Nummer 23 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es Hauptzweck der Richtlinie, den einzelnen ein Recht auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt zu verleihen und diese Informationen allen natürlichen oder juristischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses zugänglich zu machen. Daher darf die Auslegung des Begriffes "angemessene Höhe" in Artikel 5 der Richtlinie einzelne, die Informationen erhalten möchten, hiervon nicht abhalten und ihr Recht auf Zugang zu diesen Informationen nicht beschränken. 48 Somit ist der Begriff "angemessener Betrag" in Artikel 5 der Richtlinie derart zu verstehen, daß die Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht ermächtigt, die gesamten den öffentlichen Haushalten durch eine Zusammenstellung von Unterlagen tatsächlich entstandenen, namentlich mittelbaren, Kosten auf einzelne abzuwälzen, die einen Antrag auf Information gestellt haben. 49 Nach § 1 UIGGebV werden für Amtshandlungen der Behörden des Bundes aufgrund des UIG Gebühren gemäß dem Gebührenverzeichnis in der Anlage zur Verordnung erhoben. Nach § 2 UIGGebV können die Behörden die Höhe der Gebühren insbesondere dann ermässigen, wenn dies aus Billigkeitsgründen geboten erscheint und die gewährten Informationen keinen wirtschaftlichen Wert besitzen. 50 Das Gebührenverzeichnis unterscheidet drei Fälle. Erstens sind mündliche und sogenannte einfache schriftliche Auskünfte gebührenfrei. Zweitens wird für eine umfassende schriftliche Auskunft eine Gebühr von 50 bis 1 000 DM erhoben. Drittens ist für die Zurverfügungstellung von Akten oder sonstigen Informationsträgern eine Gebühr von 20 bis 10 000 DM je nach Umfang des betreffenden Vorgangs zu entrichten. Im letzteren Fall unterscheidet das Gebührenverzeichnis zwischen drei Fallgruppen: In den sogenannten einfachen Fällen werden 20 bis 200 DM, bei umfangreichen Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen 200 bis 2 000 DM und im Einzelfall bei aussergewöhnlich aufwendigen Maßnahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher und privater Belange in zahlreichen Fällen Daten ausgesondert werden müssen, 2 000 bis 10 000 DM berechnet. 51 Weiter hat die Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts jede Gebühr, die in Deutschland für eine Amtshandlung erhoben werde, dem Grundsatz der http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:61997J0217:...                    29.03.2006
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EUR-Lex - 61997J0217 - DE                                                                           Seite 8 von 9 Verhältnismässigkeit entsprechen und dem Zweck der erbrachten Leistung angemessen sein müsse. 52 Im Licht der Argumentation, auf die die Kommission ihre Rüge stützt, wie auch des Inhalts der deutschen Regelung ist festzustellen, daß die Kommission nicht dargetan hat, daß diese Regelung dem Zweck des Artikels 5 der Richtlinie widerspricht, zu verhindern, daß die bei der Übermittlung einer Information über die Umwelt erhobene Gebühr einen angemessenen Betrag übersteigt. 53 Die Rüge der Kommission geht nur dahin, Artikel 5 der Richtlinie sei nicht ordnungsgemäß in das deutsche Recht umgesetzt worden, und bezieht sich nicht auf die Frage, ob die konkrete Anwendung der betreffenden Regelung in der Praxis dazu führt, daß Gebühren erhoben werden, die eine angemessene Höhe im Sinne von Artikel 5 überschreiten. 54 Daher ist der erste Teil der Rüge der Kommission nicht begründet. 55 Zum zweiten Teil der Rüge, Artikel 5 der Richtlinie sei nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden, macht die Kommission geltend, diese Bestimmung erlaube keine Erhebung von Gebühren für die Ablehnung des Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen. Denn bei einer Ablehnung finde keine "Übermittlung von Informationen" über die Umwelt im Sinne der Richtlinie statt. Auch widerspreche die in der UIGGebV vorgesehene Erhebung einer Gebühr auch bei einer Ablehnung der Grundintention der Richtlinie, die eine Beschränkung des freien Zugangs zur Information nur nach Maßgabe der von ihr festgelegten Kriterien und in den in ihr ausdrücklich genannten Fällen gestatte. 56 Die Bundesregierung vertritt dagegen die Ansicht, Artikel 130s EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 175 EG), der die Rechtsgrundlage der Richtlinie darstelle, ermächtige den Rat nicht, den Mitgliedstaaten Vorgaben in bezug auf Verwaltungsgebühren zu machen. Daher könne Artikel 5 der Richtlinie nur so verstanden werden, daß er der Erhebung unangemessen hoher Gebühren entgegenstehe, den Behörden jedoch nicht die Erhebung einer Gebühr für den Fall der Ablehnung eines Informationsantrags untersage. Ein solches Verbot ergebe sich auch nicht aus dem Begriff der "Übermittlung" von Informationen. Zudem könnten die deutschen Behörden bei der Ablehnung eines Antrags die Gebühr aus Billigkeitsgründen bis zu einem Viertel des vorgesehenen Betrages ermässigen oder von ihrer Erhebung ganz absehen. 57 Zum einen ermächtigt Artikel 5 der Richtlinie die Mitgliedstaaten, eine Gebühr für die "Übermittlung" einer Information zu erheben, nicht aber für die Durchführung von Amtshandlungen im Rahmen eines Informationsantrags. 58 Zum anderen steht der Zweck der Richtlinie, den freien Zugang zu den Informationen über die Umwelt zu gewährleisten und jede Beschränkung dieses freien Zugangs zu verhindern, einer Auslegung entgegen, die einzelne davon abhalten könnte, einen Antrag auf Information zu stellen. 59 Auch kann eine Gebühr, die im Fall der Ablehnung eines Informationsantrags erhoben wird, nicht als angemessen erachtet werden, da in einem solchen Fall tatsächlich keine Übermittlung von Informationen im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie stattfindet. 60 Daher ist die Rüge der Kommission in ihrem zweiten Teil begründet. 61 Nach allem ist festzustellen, daß die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 dritter Gedankenstrich und Unterabsatz 2 sowie Artikel 5 der Richtlinie verstossen hat, daß sie - einen Anspruch auf Zugang zu Informationen während der Dauer eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens nicht gewährt, soweit die Informationen der Behörde aufgrund des Verfahrens zugehen; - im UIG nicht vorgesehen hat, daß Informationen über die Umwelt auszugsweise übermittelt werden, sofern die Angaben ausgesondert werden können, die in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie aufgeführte Schutzgüter berühren, und - die Entrichtung einer Gebühr nicht auf die Fälle beschränkt, in denen tatsächlich eine Übermittlung von Informationen stattgefunden hat. Kostenentscheidung Kosten 62 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:61997J0217:...                   29.03.2006
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EUR-Lex - 61997J0217 - DE                                                                         Seite 9 von 9 Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Tenor Aus diesen Gründen hat DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 dritter Gedankenstrich und Unterabsatz 2 sowie Artikel 5 der Richtlinie verstossen, daß sie - einen Anspruch auf Zugang zu Informationen während der Dauer eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens nicht gewährt, soweit die Informationen der Behörde aufgrund des Verfahrens zugehen; - im Umweltinformationsgesetz nicht vorgesehen hat, daß Informationen über die Umwelt auszugsweise übermittelt werden, sofern die Angaben ausgesondert werden können, die in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt aufgeführte Schutzgüter berühren, und - die Entrichtung einer Gebühr nicht auf die Fälle beschränkt, in denen tatsächlich eine Übermittlung von Informationen stattgefunden hat. 2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens. http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:61997J0217:...                  29.03.2006
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