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Aktenzeichen
23 B 95.1954
Datum
17. Februar 1998
Gericht
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Gesetz
Sonstige
Sonstige

Urteil: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof am 17. Februar 1998

23 B 95.1954

Außerhalb eines Verwaltungsverfahrens kann ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht in Betracht kommen, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse geltend macht (Ermessensentscheidung der Behörde). Im vorliegenden Fall stellt der Verwaltungsgerichtshof jedoch keine Ermessensfehler im Hinblick auf die von der Behörde abgelehnte Akteneinsicht fest. Der Antragsteller interessierte sich vor dem Hintergrund einer Beitragserhebung für Unterlagen über die Erweiterung und Verbesserung einer Entwässerungsanlage. (Quelle: LDA Brandenburg)

23 B 95.1954 M 10 K 94.499

Großes Staatswappen Verkündet am 17. Februar 1998

als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

Kläger - bevollmächtigt: Rechtsanwälte Dr. B....................... ,

gegen

Zweckverband zur Abwasserbeseitigung im $.......nusreerren- tal, vertreten durch den Verbandsvorsitzenden,

Beklagter - bevollmächtigt: Rechtsanwälte Gerhardt und Lutz, Marktplatz 1, 83714 Miesbach,

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen

Entwässerung/Verbesserungsbeitrag (Akteneinsicht), hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. April 1995, erläßt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 23. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Friedl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Beuntner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Abel, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Februar 1998 am 17. Februar 1998 folgendes

Urteil:

I.Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. April 1995 wird die Klage abgewiesen.

Il. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist bzw. war Eigentümer der Grundstücke mit der postalischen Bezeichnung K....weg 11 und K.....weg 14 des Marktes S......, die an die öffentliche Entwässerungsanlage des Beklagten angeschlossen sind. Der Beklagte hat nach 8 3 Abs. 1 der Satzung des Zweckverbandes zur Abwasserbeseitigung iM S............. tal (Verbandssatzung) vom 21. Juli 1967 die Aufgabe, im Bereich seiner Mitgliedsgemeinden, zu der nach $ 2 Abs. 1 der Verbandssatzung

auch der Markt S...........- gehört, eine Abwasserbeseitigungs- und Reinigungsanlage mit Hauptsammlern, Sammelkläranlagen und Ortskanalisationsanlagen zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Gemäß 8 3 Abs. 2 der Verbandssatzung haben sich die Mitgliedsgemeinden das Recht zum Erlaß von Satzungen über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren vorbehalten. Der Markt S........... zog den Kläger mit Bescheiden vom 12. Dezember 1988 zu Herstellungsbeiträgen für die Erweiterung und Verbesserung der Entwässerungsanlage des Beklagten heran; diese Bescheide sind bestandskräftig, nachdem alle hiergegen eingelegten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind (vgl. die beigezogene Akte des Verwaltungsgerichtshofs Az. 23 B 92.881).

Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 16. August 1993 beim Beklagten Einsicht in die Verwaltungsakten hinsichtlich der Erweiterung und Verbesserung der Entwässerungsanlage. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1993 ab. Der Kläger habe gegenüber dem Zweckverband kein Recht auf Akteneinsicht. Er setze sich wegen des dort erhobenen Ergänzungsbeitrags mit der Marktgemeinde S........- auseinander und habe innerhalb dieses Verfahrens gegen die Marktgemeinde ein Recht auf Akteneinsicht (Art. 29 und Art. 13 BayVwVfG).

Nachdem über seinen hiergegen eingelegten Widerspruch nicht entschieden wurde, erhob der Kläger am 31. Januar 1994 Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. September 1993 zu verpflichten, ihm die mit Schreiben vom 16. August 1993 beantragte Akteneinsicht zu gewähren.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles bestehe darin, daß in der Verbandssatzung des Beklagten eine Rückdelegation der Ergänzungsbeitragsbefugnis auf die einzelnen Mitgliedsgemeinden enthalten sei. Das führe zu einer Aufspaltung der Aktenführung. Der Beklagte betreibe die Planung und bauliche Ausführung der Erweiterung der Abwasserbeseitigungsanlagen, während die einzelnen Mitgliedsgemeinden lediglich die Umlegung der dadurch anfallenden Gesamtkosten nach Maßgabe des von ihnen satzungsgemäß zu tragenden Anteils an den Gesamtkosten auf ihre Gemeindebürger betrieben. Der Kläger sei von der Rechtswidrigkeit der Vorausleistungsbescheide überzeugt, die nicht allein von der Ordnungsgemäßheit der entsprechenden Berechnungen des Marktes S........... ' sondern auch in erster Linie

von der durch den Beklagten durchgeführten Kalkulation abhänge. Es sei bisher nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen diese Kalkulation von 16.000.000,-- DM auf 56.000.000,-- DM gestiegen sei. Es könne dem Kläger daher nicht verwehrt werden, hinsichtlich der Planung des Gesamtkonzepts Einsicht in die Akten des beklagten Zweckverbands zu nehmen. Die bisherige Akteneinsicht in die Akten des Marktes S............... habe nicht zum Erfolg geführt.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 6. April 1995 gab das Verwaltungsgericht der Klage statt. Der Ansspruch des Klägers auf Akteneinsicht ergebe sich aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen, weil die Kenntnis des Inhalts der Akten des Beklagten Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung sei. Die bloße Akteneinsicht in die Unterlagen des Marktes S............. sei insoweit nicht ausreichend.

Hiergegen richtet sich die vom Beklagten am 9. Juni 1995 eingelegte Berufung. Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. April 1995 die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Dem Kläger gehe es nicht darum, allgemein Akteneinsicht zu erhalten, sondern er wolle die Ausschreibungen der zahlreichen Gewerke nachprüfen und nachvollziehen, was sich aus seinen Schriftsätzen vom 9. und 24. Juni 1992 ergebe. Ein Anspruch auf gerade diese vom Kläger gewünschte Einsicht in die Ausschreibungsunterlagen bestehe nicht.

In der mündlichen Verhandlung am 17. Februar 1998 präzisiert der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen den Klageantrag,

den beklagten Zweckverband zu verpflichten, in sämtliche beim Beklagten vorhandenen Akten bezüglich des Baus und der Abrechnung der Baumaßnahme "Verbesserung der Abwasserbeseitigungsanlage S.onneeeeeeennnenenn " Einsicht zu gewähren, soweit diese nach Eintritt der Rechtskraft des Normenkontrollbeschlusses im Verfahren 23 N 89.18

datiert sind, insbesondere: - Bauverträge mit den ausführenden Firmen - Bautagebücher, soweit erstellt - Schlußrechnungen mit Prüfvermerken des Architekten - Unterlagen über die Kostenkontrolle durch die Architekten gem. $ 15 Abs. 2 Leistungsphase 8 HOAI - Schriftverkehr mit der Wasserrechtsbehörde (Wasserwirtschaftsamt

  • Schriftverkehr mit dem Architekten, insbesondere hinsichtlich der Kostensteigerung,

hilfsweise festzustellen, daß die Versagung der Akteneinsicht in der oben erklärten Form rechtswidrig gewesen sei und den Kläger in seinen Rechten verletzt habe; im übrigen beantragt er, die Berufung zurückzuweisen.

Das Akteneinsichtsinteresse des Klägers sei nach wie vor vorhanden. Es sei nicht auszuschließen, daß bei der streitgegenständlichen Errichtung der Kläranlage des Beklagten strafbare Handlungen begangen worden sein könnten. Zudem sei über die beim Verwaltungsgericht anhängige Klage (Az. M 10 K 95.3718), die auf die Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides des Marktes S.......nnene- vom 16. September 1992 (Nr. 010084902) gerichtet sei, noch nicht rechtskräftig entschieden.

Die Vertreterin des Öffentlichen Interesses stellt keinen eigenen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze, die Gerichts- und Behördenakten sowie die beigezogenen Akten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Az. M 10 K 95.3718 und M 10 K 96.6941 einschließlich der dazugehörigen Verwaltungsakten, die beigezogenen Akte des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Az. 23 B 92.881 sowie den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Mai 1991 Az. 23 N 89.18 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Ablehnung der vom Kläger beantragten Akteneinsicht mit Bescheid des Beklagten vom 14. September 1993 ist rechtmäßig

und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten ($ 113 Satz 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten führt daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.

An der Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage (vgl. Knack, VwVfG, 5. Aufl., RdNr. 8 zu $ 29 m.w.N.) bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Abgesehen davon, daß der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 17. Februar 1998 den Klageantrag präzisiert hat, ist für die begehrte gerichtliche Entscheidung auch das allgemeine Rechtsschutzinteresse gegeben (vgl. Kopp, VwGO, 10. Aufl., RdNr. 30 ff. Vorb. zu $ 40). Dieses dürfte zwar hinsichtlich der bereits bestandskräftigen Vorausleistungsbescheide des Marktes S.............- vom 12. Dezember 1988 nicht mehr vorliegen, weil mit der Unanfechtbarkeit von Verwaltungsakten auch das Recht auf Akteneinsicht in diesem Zusammenhang erloschen ist (vgl. BVerwG Buchholz 316 $ 29 VwVfG Nr. 8; BVerwGE 67, 300), es besteht aber noch insoweit, als das Verfahren Az. M 10 K 95.3718 - trotz eines zwischenzeitlich ergangenen klageabweisenden Urteils - im für die hier erhobene Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. Kopp, VwGO, RdNr. 95 ff. zu $ 113) nicht rechtskräftig abgeschlossen und der angefochtene Vorauszahlungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist. Der Zulässigkeit dieser Klage steht auch $ 44 a VwGO nicht entgegen, weil es hier nicht um die Verweigerung einer Akteneinsicht in einem laufenden Verfahren nach Art. 29 BayVwVfG geht, und somit der Normzweck des $ 44 a VwGO, eine Verzögerung der Sachentscheidung durch Rechtsmittelverfahren zu verhindern, nicht gegeben ist (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Aufl, RdNr. 8 zu $ 44 a m.w.N.; Knack, a.a.0., RdNr. 8 zu $ 29).

Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kann der Kläger mit seinem Begehren jedoch nicht durchdringen.

Das Recht auf Akteneinsicht ist ein wesentlicher Teil der im Rechtsstaat grundsätzlich unverzichtbaren Parteiöffentlichkeit des Verfahrens; es ist insoweit Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips und, wenn in der Sache Grundrechte berührt werden, auch dieser Grundrechte. Es dient vor allem der Selbstbestimmung des Bürgers im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG im Verwaltungsverfahren und stellt zur Wahrung wegen seiner personalen Würde sicher, nicht lediglich Objekt, sondern Subjekt des Verwaltungsverfahrens zu sein (vgl. BayVGH vom 5.9.1989 NVwZ 1990, 775/777). Die Akteneinsicht dient insbesondere auch der

Verwirklichung des rechtlichen Gehörs und der "Waffengleichheit" der Beteiligten. Darüber hinaus ist die Akteneinsicht in der Demokratie ein notwendiger Bestandteil der öffentlichen Kontrolle der Verwaltung und wesentliche Voraussetzung eines sinnvollen Vertrauensverhältnisses zwischen Bürger und Behörde (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., RdNr. 2 zu 8 29 sowie Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 4. Aufl. RdNr. 3 zu $ 29 jeweils m.w.N.).

Der Durchsetzung dieses Rechts ist in Art, 29 BayVwVfG Rechnung getragen, wonach die Behörde den Beteiligten Einsicht in die einzelnen Teile der das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten hat, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Diese Vorschrift regelt allerdings nur die Akteneinsicht für die Beteiligten (Art. 13 BayVwVfG) innerhalb eines Verwaltungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen vor, so besteht ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht, wenn nicht die Ausnahmen nach Art. 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 Abs. 2 BayVwVfG eingreifen. Ein Ermessensspielraum ist insoweit nicht gegeben (vgl. Knack, a.a.O., RdNr. 4.5 zu $ 29).

Ein darüber hinausgehender allgemeiner Rechtsanspruch auf Akteneinsicht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 61, 15/22) grundsätzlich nicht, kann jedoch dann in Betracht kommen, wenn der Anspruchsteller ein berechtigtes Interesse hieran geltend macht (BVerwGE 69, 278). Unter dieser Voraussetzung ist Akteneinsicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung (Art. 40 BayVwVfG) zu gewähren und dabei soviel an Informationen aus dem Akteninhalt zu geben, daß unter Berücksichtigung des Grundprinzips des rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens eine beiderseits sachgerechte Interessenwahrung möglich ist. Das berechtigte Interesse ist glaubhaft zu machen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., RdNr. 14 zu $ 29 m.w.N.). Die Kenntnis des Akteninhalts muß auch Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung sein (vgl. Kopp, VwVfG, a.a.O., RdNrn. 3 a und 11 zu $ 29 m.w.N.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die vom Beklagten im Bescheid vom 14. September 1993 getroffene Ermessensentscheidung (Art. 40 BayVwVfG) rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei hat sich die gerichtliche Kontrolle gemäß $ 114 VwGO darauf zu beschränken, ob der Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Das Gericht kann keine eigene

Ermessensentscheidung treffen.

Soweit der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht aus Art. 29 BayVwVfG (unmittelbar) unter Hinweis auf eine fehlende Beteiligtenstellung nach Art. 13 BayVwVfG verneint, ist diese Entscheidung rechtmäßig, ohne daß es einer Ermessensausübung bedurft hätte, weil die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG erkennbar nicht vorliegen. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlt es an einem Verwaltungsverfahren im Sinn von Art. 29 BayVwVfG. Der Beklagte war nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BayVwVfG nicht an einem solchen Verfahren beteiligt. Auch in allen verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen (vgl. die beigezogenen Akten) im Zusammenhang mit Abgabenerhebungen durch den Markt 8..........- für dessen Entwässerungsanlage waren ausschließlich der Markt 8... als Beitragsgläubiger (Satzungsgeber) und der Kläger als Beitragsschuldner Beteiligte im Sinne von Art. 13 BayVwVfG bzw. von $ 63 Nm. 1 bis 3 VwGO.

Die Ablehnung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs im Rahmen der vom Beklagten getroffenen Ermessensentscheidung genügt dem Begründungserfordernis nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVf@G.

Der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides kann entnommen werden, daß der Beklagte Ermessen (Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt hat. Zum einen hat er die zwischen ihm und dem Kläger bestehende Rechtsbeziehung erkannt und ausreichend gewürdigt, wenn er ihn auf die Möglichkeit der Akteneinsicht beim Markt Sean verweist und den geltend gemachten Anspruch somit nicht grundsätzlich in Frage stellt. Damit hat der Beklagte die Interessen des Klägers auf Akteneinsicht berücksichtigt und abgewogen. Darüber hinaus hat der Beklagte, was dem Schriftsatz vom 24. April 1994 (Blatt 48 der VG-Akte Az. M 10 K 94.499) zu entnehmen ist, dem Kläger, bevor dieser den Antrag auf Akteneinsicht stellte, mehrere Unterlagen (eine Übersicht über den Mittelbedarf für die Erweiterung der Kläranlage mit einer baufachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft, einen Haushalts- und Finanzplan, mehrere Sitzungsprotokolle des Beklagten und andere Unterlagen) übersandt und ihm dadurch genügend Information für eine sachgerechte Interessenswahrnehmung ermöglicht (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., RdNr. 14 zu $ 29). Damit war auch für den Kläger ausreichend erkennbar, daß der Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen wollte, wenn er ein über die bereits übermittelten Unterlagen hinausgehendes

Akteneinsichtsrecht verweigerte (vgl. Kopp, VwVfG, a.a.O., RdNr. 19 zu $ 39 m.w.N.).

Die Ermessenserwägungen des Beklagten im Bescheid vom 14. September 1993, den Kläger auf sein Akteneinsichtsrecht und das Verfahren beim Markt S............ zu verweisen, hält sich innerhalb des dem Beklagten zustehenden Ermessensspielraums und ist deshalb auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden (8 114 VwGO). Der Kläger hat nämlich im konkreten Fall die Möglichkeit, den vom Beklagten gegenüber dem Markt S........... geltend gemachten Investitionsaufwand für die Entwässerungsanlage, dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen und dessen Höhe er in Zweifel zieht, einer rechtlichen Überprüfung zuzuführen und damit seine Rechte wirksam zu verfolgen, ohne unmittelbar Akteneinsicht beim Beklagten nehmen zu müssen.

Denn in einem Verwaltungsverfahren zwischen dem Kläger und dem Markt S.......- une können substantiierte Rügen gegen die Beitragskalkulation und die Höhe der Beitragssätze (für den Markt S........n: ) Anlaß geben, den zugrundegelegten Investitionsaufwand näher zu erläutern, die Vorlage der maßgeblichen Unterlagen des Beklagten zu verlangen oder den Beklagten selbst nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayVwVfG zum Verfahren hinzuzuziehen; das Akteneinsichtsrecht fände dann unmittelbar in Art. 29 BayVwVfG eine rechtliche Grundlage. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bieten substantiierte Rügen (vgl. BayVGH v. 7.5.1982 BayVBl 1983 S. 305) oder eigene Zweifel des Gerichts an der Höhe des Investitionsaufwands im Regelfall Veranlassung, diesen näher zu überprüfen. Das Gericht wird dann von Amts wegen (8 86 Abs. 1 VwGO) oder auf Antrag den Beklagten verpflichten, die maßgeblichen Unterlagen vorzulegen, was in dem Gebot der Amtshilfe ($ 14 VwGO) seine Grundlage findet (BVerwGE 30, 154/157). In die dem Gericht vorgelegten Akten, die Bestandteil der Gerichtsakten sind (8 99 VwGO), kann dann nach $ 100 Satz 1 VwGO Einsicht genommen werden. Zudem kann dem Markt S....... aufgegeben werden, den geltend gemachten Investitionsaufwand konkret nachzuweisen und die ordnungsgemäße Ermittlung der Beitragssätze zu belegen. Aufgrund der zwischen dem Markt S............. und dem Beklagten geschlossenen Zweckvereinbarung hat der Markt S............ ohne weiteres die Möglichkeit, Einsicht in die Unterlagen des Zweckverbandes zu nehmen und diesen Anspruch auch - rechtlich - durchzusetzen. Sollte der Nachweis nämlich nicht gelingen, daß die Beitragssätze anhand des zu überprüfenden Investitionsaufwands ordnungsgemäß ermittelt worden sind, wird das im Regelfall zum Erfolg einer auf Aufhebung von Beitragsbescheiden gerichteten

  • 10 -

Klage führen.

Die Entscheidung des Beklagten ist somit unter Berücksichtigung des $ 114 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Die Frage, ob und welche Unterlagen des Beklagten einer Geheimhaltungspflicht unterliegen (vgl. dazu Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl. 1996, RdNrn. 45 ff. zu 8 22 m.w.N.) bedarf deshalb keiner Klärung.

Soweit der Kläger das Akteneinsichtsrecht darauf stützt, daß bei der streitgegenständlichen Errichtung der Kläranlage des Beklagten strafbare Handlungen nicht ausgeschlossen werden könnten, fehlt es hierfür an einem berechtigten Interesse (vgl. BVerwGE 69, 278). Es ist ausschließlich Sache der Strafverfolgungsbehörden, solchen Verdachtsmomenten näher nachzugehen.

Über den vom Kläger gestellten Hilfsantrag (8 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend, vgl. Eyermann, a.a.O., RdNr. 97 zu $ 113) war nicht mehr zu entscheiden, nachdem der Senat das Rechtsschutzinteresse für die vorliegende Verpflichtungsklage bejaht hat.

Nach alldem erweist sich der Bescheid des Beklagten vom 14. September 1993 als rechtmäßig ($ 113 Abs. 5 VwGO), was unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage führt.

Lediglich klarstellend weist der Senat noch darauf hin, daß das im Verfahren 23 B 92.881 ergangene gerichtliche Schreiben vom 31. Mai 1994 den Kläger möglicherweise in seiner Absicht, das vorliegende Klageverfahren zu betreiben, bestärkt haben mag, jedoch keine Ausführungen darüber enthält, ob und inwieweit diese Klage erfolgversprechend sein könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf $ 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf $ 167 VwGO i.V.m. 8 708 Nr. 10 und $ 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in $ 132 Abs. 2 VwGO genannten Fälle vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach $ 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Berlin angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muß die angefochtene Entscheidung bezeichnen, In der Beschwerdebegründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen.

Richter am VGH Beuntner ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert

Friedl Friedl Abel

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Beschluß:

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 8.000,-- DM festgesetzt ($ 13 Abs. 1 Satz 2, & 14 GKG).

Richter am VGH Beuntner ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert

Friedl Friedl Abel