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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
BUND BVwG 6 C 12.14 Art 5
Datum
25. März 2015
Gericht
Bundesverwaltungsgericht
Gesetz
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)

Urteil: Bundesverwaltungsgericht am 25. März 2015

BUND BVwG 6 C 12.14 Art 5

Vertragsinhalte, die dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis unterfallen oder für deren Geheimhaltung fiskalische Interessen sprechen, sind im Bereich des staatlichen Liegenschaftswesens nicht abwägungsfest vom informatorischen Zugriff der Presse aufgrund des verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruchs gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgenommen. Je weitgehender die Beklagte zur Auskunft gegenüber der Presse gehalten ist, desto stärker wird dem Interesse der Öffentlichkeit entsprochen, sich über ihre Aktivitäten beim Gesetzesvollzug ein Bild machen zu können. Im Gegenzug nimmt die Gefahr zu, dass wirtschaftliche Interessen vom Gesetzesvollzug betroffener Privater, nämlich der Geschäftspartner der Beklagten, beeinträchtigt werden. Die in der Revisionsbegründung der Beklagten anklingende Auffassung, gegenläufige private oder öffentliche Vertraulichkeitsinteressen würden den verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruch ohne weiteres ausschließen, geht fehl. Entscheidend ist, ob der Gesetzgeber berechtigt wäre, dem betroffenen Vertraulichkeitsinteresse für die gegebene Sachkonstellation Vorrang vor dem Informationsinteresse der Presse einzuräumen. Greift der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch - wie hier - durch, ist verfassungsrechtlich determiniert, dass die Belange der Presse überwiegen.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Liegenschaftsverwaltung Vertraulichkeitsinteressen fiskalische Interessen BImA Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Inhalt eines Mietvertrags

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Sachgebiet:                                                        BVerwGE: ja Fachpresse: ja Rundfunkrecht einschl. Recht der Rundfunkanstalten, Filmrecht einschl. Filmförderungsrecht, Presserecht und Recht der neuen Medien Rechtsquelle/n: GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Titelzeile: Kein abwägungsfester Ausschluss privater Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vom Presseauskunftsanspruch Stichworte: Verfassungsunmittelbarer Presseauskunftsanspruch; Gesetzgebungskompetenz; Annexkompetenz; Pressefreiheit; Vermittlungs- und Kontrollfunktion der Presse; Pauschalisierungs- und Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers; Liegenschaftsverwaltung; Vertraulichkeitsinteressen; Betriebs- und Geschäftsgeheimnis; fiskalische Interessen. Leitsatz: Die Gesetzgebungskompetenzen der Art. 73 f. GG schließen als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen (Bestätigung von BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56). Vertragsinhalte, die dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis unterfallen oder für deren Geheimhaltung fiskalische Interessen sprechen, sind im Bereich des staatlichen Liegenschaftswesens nicht abwägungsfest vom informatorischen Zugriff der Presse aufgrund des verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruchs gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgenommen. Urteil des 6. Senats vom 25. März 2015 - BVerwG 6 C 12.14 I. VG Köln vom 27. Januar 2011 Az: VG 6 K 4165/09 II. OVG Münster vom 18. Dezember 2013 Az: OVG 5 A 413/11
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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL BVerwG 6 C 12.14 OVG 5 A 413/11 Verkündet am 25. März 2015 … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache
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-2- hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Möller, Hahn und Prof. Dr. Hecker für Recht erkannt: Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2013 wer- den zurückgewiesen.
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-3- Die im Revisionsverfahren entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Be- klagte und die Beigeladene zu 1 je zur Hälfte. Im Übrigen findet keine Erstattung der den Beteiligten im Revisions- verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten statt. Gründe: I 1 Die beklagte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie das Land Berlin, der Beigeladene zu 2, waren jeweils Eigentümer von Teilflächen des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof. Gemeinsam schlossen sie mit der Beigelade- nen zu 1 einen Mietvertrag über Teile des Geländes. Der Vertrag berechtigt die Beigeladene zu 1 zur Durchführung von zwei etwa vierwöchigen Modemessen pro Jahr. Die Wirtschaftlichkeit der Vermietung wurde in öffentlichen Stellung- nahmen, unter anderem von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses von Berlin, erörtert und teilweise angezweifelt. 2 Der Kläger ist Journalist. Er begehrte von der Beklagten Auskunft u.a. über den Inhalt des Mietvertrags. Diese erwiderte, sie mache gegenüber Außenstehen- den keine Angaben zum Inhalt von Mietverträgen. Ihre privaten Vertragspartner müssten sich auf deren vertrauliche Behandlung verlassen können. Der Kläger hat daraufhin Klage auf Auskunftserteilung erhoben. Diese hat das Verwal- tungsgericht abgewiesen. Nachdem zwischenzeitlich der Beigeladene zu 2 be- stimmte Passagen des Mietvertrages offen gelegt hatte, hat der Kläger sein Auskunftsbegehren hinsichtlich der verbleibenden, weiterhin geheim gehaltenen Passagen im Berufungswege weiterverfolgt. Hierbei handelt es sich im Wesent- lichen um Vertragsbestimmungen über Mietzinsen, Mietsicherheiten, Mietmin- derung, geschuldete Baumaßnahmen, Verlängerungsoptionen und Sonderkün- digungsrechte. 3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, ihm über diese Ver- tragsbestimmungen Auskunft zu erteilen. Dem Kläger stehe ein Auskunftsan-
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-4- spruch gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW zu. Die Vorschrift finde im vorliegen- den Fall Anwendung. Es bestehe keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der presserechtliche Auskunftsanspruch gehöre wesensmäßig zum Presse- recht. Hierfür seien die Länder gesetzgebungszuständig. Der Auskunftsan- spruch sei nicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW ausgeschlossen. Zwar stellten die Vertragsbestimmungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der übrigen Beteiligten dar. Ferner würden fiskalische Interessen für ihre Geheim- haltung sprechen. Das Informationsinteresse des Klägers besitze jedoch über- wiegendes Gewicht. 4 Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Aus dem Urteil des Se- nats vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - (BVerwGE 146, 56) folge, dass der lan- despressegesetzliche Auskunftsanspruch in Bezug auf Sachmaterien in Bun- deskompetenz keine Anwendung finde. Anwendbar sei daher der verfassungs- unmittelbare Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser ende dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen der Auskunftserteilung entgegenstehen würden. Da es sich bei den begehrten In- formationen um Geschäftsgeheimnisse der Beklagten sowie der Beigeladenen handle, bestehe jeweils ein berechtigtes schutzwürdiges Interesse, über sie keine Auskunft zu erteilen. Mit Blick darauf, dass Betriebs- und Geschäftsge- heimnisse Privater durch Art. 12 und Art. 14 GG geschützt seien, würde die Auskunftserteilung in Grundrechte der Beigeladenen zu 1 eingreifen. Ein sol- cher Eingriff bedürfe ohnehin einer gesetzlichen Grundlage. Der verfassungs- unmittelbare Auskunftsanspruch bilde keine hinreichende Eingriffsermächti- gung. Unabhängig hiervon stünden fiskalische Interessen der Auskunftsertei- lung entgegen. Die Beklagte und der Beigeladene zu 2 seien zur Erhaltung ihrer Akzeptanz im Markt darauf angewiesen, Vertraulichkeit über Vertragsinhalte wahren zu können. Selbst wenn § 4 PresseG NRW anwendbar wäre, verstieße das angefochtene Urteil gegen Bundesrecht, weil die betroffenen Belange feh- lerhaft abgewogen seien. Das Oberverwaltungsgericht überbewerte das öffent- liche Informationsinteresse an den begehrten Informationen. 5 Die Beigeladene zu 1 trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Das Oberverwal- tungsgericht habe bei seiner Abwägung die Tragweite der betroffenen Informa-
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-5- tionen für ihren Geschäftsbetrieb verkannt. Die Veröffentlichung eröffne die Ge- fahr der Ausforschung ihrer wirtschaftlichen Strukturen durch Wettbewerber und Kunden. Bei Kenntnis des Mietzinses könnte ihre Preiskalkulation für die Ver- mietung von Ausstellungsflächen annähernd genau nachvollzogen werden. Auch die Veröffentlichung anderer Vertragsinhalte wie etwa der Ausgestaltung des Sonderkündigungsrechts würde für sie zu erheblichen wettbewerblichen Nachteilen führen können. Im Übrigen würden mittlerweile keine Zweifel mehr hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Vermietung bestehen. 6  Der Beigeladene zu 2 verweist darauf, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg im Rahmen eines gegen ihn geführten Verwaltungsstreitverfah- rens seine Sperrerklärung (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO) hinsichtlich der streitbe- fangenen Mietvertragsbestimmungen bestätigt habe. 7  Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, insbesondere auch hinsichtlich dessen kompetenzrechtlicher Ausführungen. 8  Der Vertreter des Bundesinteresses verneint die Regelungskompetenz der Länder für Presseauskunftsansprüche gegen Bundesbehörden. II 9  Die Revisionen gegen das angefochtene Urteil sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Zwar verletzt das angefochtene Urteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), indem es den Auskunftsanspruch des Klägers auf das Landespressegesetz gestützt hat. Es stellt sich jedoch im Er- gebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Kläger kann die begehrten An- gaben aufgrund des hier anwendbaren verfassungsunmittelbaren Presseaus- kunftsanspruchs verlangen. Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). 10 1. Entgegen dem Berufungsurteil ist § 4 Abs. 1 PresseG NRW verfassungskon- form in der Weise auszulegen, dass die Beklagte nicht zu den Behörden zählt,
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-6- die nach dieser Vorschrift zur Auskunftserteilung gegenüber der Presse ver- pflichtet sind. 11 a. Die Beklagte nimmt Aufgaben der Liegenschaftsverwaltung des Bundes wahr (§ 1 Abs. 1 Satz 3, § 2 Abs. 1 BImAG). Sie soll eine einheitliche Verwaltung des Liegenschaftsvermögens des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen vor- nehmen und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich veräußern (§ 1 Abs. 1 Satz 5 BImAG). Kraft Natur der Sache liegt die gesetzliche Ausgestal- tung des Bundesliegenschaftswesens einschließlich der Art und Weise der Auf- gabenerfüllung durch die Beklagte in ausschließlicher Bundeskompetenz. Diese Kompetenz schließt wie bei anderen dem Bund zugewiesenen Sachmaterien als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 22 ff., 25). Mangels einer Ermächtigung gemäß Art. 71 GG besteht im vorliegenden Fall für die Anwendung des Landespresse- gesetzes kein Raum. 12 b. An den kompetenzrechtlichen Annahmen seines Urteils vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - hält der Senat fest. 13 aa. Der Senat hat in diesem Urteil den engen funktionellen Zusammenhang zwischen der Ausformung des gesetzlichen Steuerungsprogramms sowie des- sen Vollzug auf der einen Seite und der Entscheidung über die öffentliche Zu- gänglichkeit hierauf bezogener Verwaltungsinformationen auf der anderen Seite hervorgehoben. Diese Entscheidung bestimmt mit über den normativen Stel- lenwert oder das praktische Gewicht bestimmter von einer Sachmaterie erfass- ter materieller Belange und setzt so eine zentrale, auf die behördliche Umset- zung der fachgesetzlichen Regelungsanliegen einwirkende Rahmenbedingung des Verwaltungshandelns. Der notwendige Ausgleich zwischen Transparenz- und Vertraulichkeitsinteressen muss von dem für die Sachmaterie verantwortli- chen Gesetzgeber in enger Abstimmung auf die Sach- und Rechtsstrukturen der betroffenen Materie und deren spezifische Problemlagen und Regelungs- notwendigkeiten geregelt werden können. Für den Bereich von Presseauskünf-
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-7- ten gilt insoweit nichts prinzipiell anderes als für Regelungen über den Zugang von Bürgern zu Verwaltungsinformationen, wie sie der Bund mit dem Informati- onsfreiheitsgesetz geschaffen hat (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 24). 14 Den engen funktionellen Zusammenhang zur legislativen Sachmaterie illustriert gerade auch das hier betroffene staatliche Liegenschaftswesen: 15 Je weitgehender die Beklagte zur Auskunft gegenüber der Presse gehalten ist, desto stärker wird dem Interesse der Öffentlichkeit entsprochen, sich über ihre Aktivitäten beim Gesetzesvollzug ein Bild machen zu können. Im Gegenzug nimmt die Gefahr zu, dass wirtschaftliche Interessen vom Gesetzesvollzug be- troffener Privater, nämlich der Geschäftspartner der Beklagten, beeinträchtigt werden. Hiermit wiederum ist die Gefahr verbunden, dass wirtschaftliche Spiel- räume der Beklagten eingeengt werden, wodurch nachteilige finanzielle Folgen für die öffentliche Hand entstehen können. Denn je weitgehender sich die Be- klagte aufgrund presserechtlicher Auskunftsvorschriften über Vertraulichkeits- erwartungen von Vertragspartnern und -interessenten hinwegsetzen muss, des- to stärker kann ihre Akzeptanz im Markt leiden und können ihr deswegen Ge- schäftschancen entgehen. Unabhängig hiervon wird die Beklagte Verhand- lungsvorteile daraus ziehen können, wenn sie in der Lage ist, bestimmte eigene Geschäftsstrategien sowie Konditionen aus früheren Geschäften gegenüber dem Markt verdeckt zu halten. 16 Die Entscheidung über den Umfang von Auskunftspflichten legt insofern wichti- ge Rahmenbedingungen der Gesetzesausführung durch die Beklagte fest. Sie lenkt die behördliche Aufgabenerfüllung entweder in eine stärker kaufmännisch- marktorientierte Richtung oder in eine fiskalische Richtung klassischen Zu- schnitts, bei der Gesichtspunkten öffentlicher Transparenz und Kontrolle ver- gleichsweise höheres Gewicht gegenüber aufgabenspezifischen Gesichtspunk- ten wirtschaftlicher Ertragsfähigkeit sowie gegenüber den rechtlichen Belangen privater Drittbetroffener eingeräumt ist. Auf die eine wie die andere Weise de- terminiert sie Art und Weise der Umsetzung fachgesetzlicher Regelungsanlie- gen oder vermittelt diesen indirekt sogar eine bestimmte inhaltliche Ausprä-
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-8- gung. Die Entscheidungsmöglichkeit dem für die Sachmaterie verantwortlichen Gesetzgeber vorzuenthalten, würde diesen in seiner Kompetenzwahrnehmung beschneiden, vor allem aber die Möglichkeit eröffnen, dass bestimmte Rege- lungsanliegen, so wie er sie definiert hat - etwa im vorliegenden Fall die Vorga- be, den Gesetzesvollzug an kaufmännischen Grundsätzen auszurichten (§ 1 Abs. 1 Satz 5 BImAG), also nach Marktgepflogenheiten zu arbeiten -, gegen seine Intention abgeschwächt oder sogar übersteuert werden. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen eine Annexkompetenz begründet ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <215>; Beschluss vom 9. Dezember 1987 - 2 BvL 16/84 - BVerfGE 77, 288 <299>; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 23). 17 bb. Eine andere Sichtweise ist nicht aufgrund der Einwände veranlasst, die im Schrifttum gegen das Senatsurteil vom 20. Februar 2013 erhoben worden sind. 18 (1) Die Regelung behördlicher Auskunftspflichten gegenüber der Presse lässt sich wesensmäßig dem Presserecht zuordnen, für das die Länder zuständig sind, da Art. 73 f. GG es nicht dem Bund zuweisen (vgl. Sachs/Jasper, NWVBl. 2013, 389 <392>; Cornils, DÖV 2013, 657 <659>; Kloepfer, JZ 2013, 892). Hie- rauf kommt es jedoch nicht an. Eine Annexkompetenz des Bundes kommt ge- rade in Themenbereichen in Betracht, die grundsätzlich in der Gesetzgebungs- zuständigkeit der Länder liegen. 19 (2) Es ist nicht belegt, dass in der bisherigen Staatspraxis in kompetenzrechtlich erheblicher Weise eine allseitige Rechtsüberzeugung vorgeherrscht hätte, die Regelung behördlicher Auskunftspflichten stehe auch in Bezug auf Sachmate- rien in Bundeskompetenz den Ländern zu. Eine höchstrichterliche Entschei- dung lag hierzu bis zum Senatsurteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - nicht vor. Ferner ist nicht ersichtlich, dass zu dem Thema in amtlichen Verlautbarun- gen von Verfassungsorganen des Bundes und der Länder - die Frage möglicher Rechtswirkungen solcher Verlautbarungen außen vor gelassen - in die eine oder andere Richtung Position bezogen worden wäre; von dem auch im ange- fochtenen Urteil (UA S. 24 f.) erwähnten "Entwurf der Bundesregierung für ein
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