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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
BUND BVwG 1 B 18.65 1966 Art 5
Datum
25. März 1966
Gericht
Bundesverwaltungsgericht
Gesetz
Gesetz über die Presse (Landespressegesetz) – Baden-Württemberg
Gesetz über die Presse (Landespressegesetz) – Baden-Württemberg

Beschluss: Bundesverwaltungsgericht am 25. März 1966

BUND BVwG 1 B 18.65 1966 Art 5

Die im Grundgesetz gewährleistete Informationsfreiheit umfasst nicht den - in mehreren Landespressegesetzen normierten - Anspruch der Presse, amtliche Bekanntmachungen von Behörden nicht später als die Mitbewerber zugeleitet zu erhalten. Eine bestimmte Form der Auskunftserteilung können sie nicht verlangen. Vielmehr steht die Art und Weise der Auskunftserteilung im Ermessen der Behörde.

Informationsanspruch der Presse gegenüber Behörden

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Stichworte:                             Rechtsquellen: Pressefreiheit                          Grundgesetz Art. 5 Abs. 1 Informationsanspruch der                Menschenrechtskonvention Presse gegenüber Behörden               (BßBl. 1952 II S. 686) Art. 10 Landespressegesetz Baden-Württ. vom 14. Januar 1964 (GBl. s. 11) § 4 Abs. 4 Leitsatz: Die im Grundgesetz          gewährleistete Informationsfreiheit umfaßt nicht den -          in mehreren Landespressegesetzen nor- mierten - Anspruch         der Presse, amtliche Bekanntmachungen von Behörden nicht          später als die Mitbewerber zugeleitet zu erhalten. Beschluß des I. Senats vom 25. März l9b6·- BVerwG I B 18.65 I. Verwaltungsgericht Stuttgart II. Verwaltungsgerichtshof Mannheim ].....~&}{ -1-• All--.\ J,.. ,;r j    ) v3e &c  S7 s-
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BVerwG I B 18.65 VGH !I 619/64 B e s c h 1 u ß In der Verwaltungsstreitsache hat der I. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 25. März. 1966 durch den·Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts .. Prof. Dr. W e r n e r     und die Bundesrichter Dr. E'u e und   0 p p e n h e i m e r beschiossen: Die
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- 2 - Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Dezember 1964 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde- verfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 000 DM festgesetzt. Gr ü n d e I. Die beklagte Gemeinde gibt ein wöchentlich erscheinendes Mitteilungsblatt heraus, das ihre amtlichen Bekannt- machungen,· daneben auch andere Mitteilungen von lokalem Interesse ~owie gewerbliche Anzeigen enthält. Sie läßt dieses Mitteilungsblatt durch den Beigeladenen drucken. Der Kläger-~ibt· für mehrere andere Gemeinden ähnliche Mit- teilungsblätterheraus und beabsich~igt, auch in Hemmingen ein solches herauszubringen. Er hat erfolglos von der Be- klagten verlangt, ihm ihre amtlichen Bekanntmachungen nicht später als dem Beigelade.nen zuzuleiten ( § 4 ··Abs. 4 des _baden-württembergischen· Gesetzes über die Presse vom 14. Januar· .196·4 [ GBl. S. 11] - LPG ~). Seiner· mit diesem Begehren erhob~nen Klage hat das Verwaltungsgericht Stutt- gart durch Urteil vom 23. Juni 1964 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verw~ltungsgerichtshof Baden- Württemberg durch Urteil vom 4. Dezember 1964 d~s im ersten Rechtszuge ergangene Urteil aufgehoben und die Klage ab- gewiesen,- im wesentlichen mit der Begr~ndung, dem Kläger stehe ein Anspruch gemäß § 4 Abs. 4 LPG nicht ··zu, weil das Mitteilungsblatt, das er herauszugeben beabsichtige, keine "Zeitung
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- 3 - "Zeitung oder Zeitschrift" im Sinne dieser Vorschrift, nämlich nicht de~ Tagespresse und den weit verbreiteten l . .                       • .  - Zeitschriften vergleichbar sei. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelass~n. Mit der Beschwerde beantragt der Kläger, die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Dezember 1964 zuzulassen. Er hält es für eine grundsätzlich bedeutsame Frage des Bundesrechts (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichts- ordnung vom 21. Januar 1960 [BGBl. I s. 17]- VwGO -), ob nicht das Berufungsgericht durch eine unrichtige Auslegung des § 4 Abs. 4 LPG die durch Art. 5 Abs. 1 des Gruna- gesetzes und durch Art. 10 der.Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 I I S~ 686) gewährleistete Informationsfreiheit sowie den Gleichheits- grundsatz (Art. 3 GG) verle~zt habe. Ir. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Recht~sache hätte riur dann gr~ndsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn im Revisions- verfahren die Klärung einer grundsä~zlichen klärun~s­ bedürftigen Frage des allein revisibl~ri Bundesrechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten wäre; Das ist jedoch hier nicht der Fall. § 4 Abs. 4 des.iande~~~essege~etzes vom 14. Januar 1964 (GBl. S. 11) - LPG -, von'dessen Aus- legung der Erfolg oder Mißerfolg der Klage abhängt, lautet: "Der Verleger einer Zeitung oder Zeit- schrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nidht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden." Das
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- 4 - Das B~_rufungsgericht hat diese Vorschrift hier für unan- wendbar gehalten mit der BegrUndung, das vom Kläger vor- gesehene .Mitteilungsblatt habe nicht die Bedeutung einer "Zeitung oder Zeitschrift" im Sinne dieser Vorschrift, weil damit nach dem Sinn der Regelung nur die meinung- bildenden Tageszeitungen und weit verbreiteten Zeit- schriften gemeint seien. Diese Auslegung der Vorschrift könnte - etwa als nicht "verfassungskonform" - nur dann gegen revisibles Bundesrecht verstoßen, wenn.Bs im Bundes- recht einen für das Land Baden-Württemberg verbindlichen Rechtssatz des Inhaltes gäbe, daß die Organe der -Presse von den Behörden verlangen können, deren amtliche Bekannt- machungen nicht später als. ihre Mitbewerber zugeleitet zu erhalten. Einen solchen Rechtssatz enthält jedodh das Bundesrecht nicht. Art. 5 Aös. 1 des Grundgesetzes gewähr- laist et jedermann das Recht, "sich au.s allgemein zugäng- lic_hen Quellen ungehindert zu unterrichten" (Informations- freiheit) sowie die "Pressefreiheit" einschließlich der "Freiheit der Berichterstattung". Die·jedermann zustehende Informationsfreiheit umfaßt nicht den Anspruch, Auskünfte von Behörden zu erlangen; denn hierbei handelt es sich nicht um "allgemein zugängliche Quellen" (vgl. Ridder in Neumann-Nipperdey-Scheuner,· Die Grundrechte, II. Band 1954, s. 276; von Mangoldt-Klein, Das Banner Grundgesetz, 2. Auf- lage 1957, Art. 5 Anrn. V 2 a und c;·Löffler, Der Infor- mationsanspruch der Pre.sse und ·des Ruhdfunks, NJW 1964 S. 2277 [2278 oben]). Die "Pressefreiheit" mag allerdings, wie Löffler a.a.o. meint, einen "auf Art. 5 Abs. 1 GG gestützten Rechtsanspruch auf ausreichende und richtige Information durch die BeLörden" haben, weil sonst die· grund- gesetzlich gewährleistetete "Freiheit der Berichterstattung" leiden würde. Auch ein so weit gehender Informatibnsan~ spruch umfaßt aber jedenfalls nicht den Anspruch, die Aus- kunft in. bestimmter Form zu erhalten; vielmehr steht "die Art und Weise der Auskunfterteilung im Ermessen der Behörde" (Löffler a.a.O. S. '2279 unten). Deshalb umfaßt auch ein solcher Informationsanspruch der Presse nicht den Anspruch eines
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- 5 - eine.s Presßeorgans ,. amtliche· Bekanntmachungen zu einem bestimmten, Zei t;punkt, insbesondere nicht· ·spät-er zu erhal- ten als die Mitbewerber. Die· gleichzeitige Belieferung mehrerer Presseorgane mit amtlichen Bekanntmachungen unter- stützt zwar deren Wettbewerbsfähigkeit ~nd ~~rdert so mi ttelpar eine au-sgeglichene Unterrichtun·g der Öffentlich- keit durch Presseerzeugnisse verschiedener Richtungen auch über andere als· ·amtliche· Nachrichten. LandesgesetzliChe Vorschriften wie § 4 Abs. 4 LPG dienen deshalb:durchaus sinnvoll der Pressefreiheit. Eine entsprechende Vorschrift von Verfassungsrang enthält jedoch das Grundgesetz·nicht. Entsprechendes gilt für Art. 10 der - als Bundesrecht rezipierten - Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 686), der "die Frei- heit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder ' Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rück- sicht auf Landesgrenzen" gewährleistet. Auch die hier nor- mierte Informationsfreiheit umfaßt nicht den Anspruch auf Auskunfterteilung durch Behörden und keinen dem § 4 Abs. 4 LPG entsprechenden Anspruch. Daß hiernach die unrichtige Anwendung des § 4 Abs. 4 LPG nicht gegen Art. 5 Abs. 1 GG oder gegen Art. 10 der genann- ten Konvention verstoßen kann, bedarf demnach keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Ob der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dadurch verletzt wird, daß die Beklagte ihre amtlichen Bekannt- machungen in ihrem eigen~n Mitteilungsblatt früher als der Kläger veröffentlichen kann, wäre in einem Revisions- verfahren nicht zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat die Vorschrift des § 4 Abs. 4 LPG, die allein dem Kläger den von ihm geltend gemachten Anspruch geben könnte, schon deshalb hier für unanwendbar gehalten, weil das vom Kläger vorgesehene Mitteilungsblatt keine "Zeitung oder Zeitschrift,; im Sinne der Vorschrift sei. Da diese Auslegung die Anwendung irrevisiblen
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- 6 - irrevisiblen Landesrechts betrifft und - wie erörtert - nicht gegen revisibles Bundesrecht verstößt, wäre sie im Revisionsverfahren für das Revisionsgericht verbindlich (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 562 ZPO) und würde - ohne daß eine Verletzung des Art. 3 GG in Betracht zu ziehen wäre - die angefochtene Berufungsentscheidung tragen. Hiernach ist die Beschw.erde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Prof. Dr. Werner          Dr. Eue         Oppenheimer
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